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Zürich: Proteste gegen Sozialabbau

Der Regierungsrat des Kantons Zürich will bis 2019 1,8 Milliarden Franken an öffentlichen Ausgaben einsparen. Während vor allem in den Bereichen Bildung, Gesundheit und öffentlicher Verkehr weiter abgebaut werden soll, winken für Reiche und Konzerne erneut Steuererleichterungen. Ein Bündnis aus verschiedenen linken Organisationen, Parteien und Gewerkschaften ruft nun zum Protest.
von Albert Olter; aus Vorwärts
Als «ein einig Gremium» beschrieb die NZZ jene sieben Personen, die als Gesamtregierungsrat des Kantons Zürich am 13. April 2016 vor die Medien traten, um zu verkünden, wie sie in den nächsten Jahren fast zwei Milliarden Franken einzusparen gedenken. Und einig wirkten sie tatsächlich, die ExponentInnen von SVP, FDP, CVP und SP, als sie der Reihe nach die Massnahmen präsentierten, die sie sich für ihre Direktionen ersonnen hatten: Insgesamt sollen es 125 Einzelmassnahmen sein, die den kantonalen Haushalt um einige 100 000 Franken bis hin zu Millionenbeträgen im dreistelligen Bereich entlasten würden. Und wenn man dem Regierungsrat glauben möchte, dann ist diesen Massnahmen insbesondere eines gemeinsam: Sie seien nun mal notwendig. Sie seien notwendig in einer Zeit, in der alle den Gürtel etwas enger schnallen müssten. Sie seien fair, weil kein Bereich von den Sparvorgaben verschont würde. Und sie seien dann schlussendlich doch nur eine Korrektur in der Ausgabenpolitik des Kantons, die aus dem Ruder gelaufen sei und in keinem Verhältnis mehr zu den Einnahmen stehe.

Von Steuererleichterungen zur Ausgabenbremse

Tatsächlich ist der Kanton Zürich gemäss des Finanzhaushaltsgesetzes dazu verpflichtet, über eine Zeitspanne von jeweils etwa acht Jahren ein ausgeglichenes Budget zu präsentieren. Aktuell läuft diese Frist bis 2019. Diese sogenannte «Ausgabenbremse» ist seit 2001 gesetzlich verankert und hält fest, dass der Kanton Massnahmen zur dauerhaften Senkung der Ausgaben ergreifen muss, wenn absehbar ist, dass das Budget nicht ausgeglichen ausfallen wird. Genau dies ist nun geschehen – allerdings nicht zum ersten Mal. Mit dem Sanierungsprogramm 2004, dem Massnahmenplan «Haushaltsgleichgewicht» 2006, sowie dem Sanierungsprogramm 2010, welches erst 2014 ausgelaufen ist, wurden die Ausgaben des Kantons um insgesamt 5,7 Milliarden Franken gekürzt; knapp zwei Drittel davon in den Bereichen Bildung (1,2 Milliarden), Gesundheit (1,1 Milliarden) und beim Personal (1,1 Milliarden). Dabei hat der Regierungsrat seine Abbaupolitik stetig verfeinert: Während er zu Beginn der 2000er Jahre noch spezifische Abbaupläne vorlegte und damit den Protest und den Widerstand der betroffenen Abteilungen und Angestellten hervorrief (man erinnere sich an die Bewegung gegen den Kahlschlag 2003/2004), befiehlt er heute nur noch Generalkürzungen pro Departement. Die DepartementsvorsteherInnen sind danach beauftragt, die Abbaumassnahmen auszuarbeiten und zu konkretisieren. Die gesamthafte Infragestellung der Abbaupolitik gerät dadurch in den Hintergrund und der kollektive Widerstand wird erschwert.
Die Ausgaben sind jedoch nur eine Seite dieser sich regelmässig wiederholenden Abbautragödie. Dem vielbeschworenen «Sparzwang» liegen zurückgehende Einnahmen zugrunde, die ihrerseits Ergebnis jahrzehntelanger Fiskalpolitik zugunsten reicher Einzelpersonen und Grossunternehmen ist. In den vergangenen 20 Jahren reihten sich Steuergeschenke für Reiche und Steueroptimierungen für Konzerne aneinander. Alleine zwischen 1996 und 2006 wurden Steuersenkungen von insgesamt einer Milliarde Franken durchgesetzt, die seither jährlich in der Kasse des Kantons fehlen. Dazu kommen komplexe Steuerreformen wie die Unternehmenssteuerreform II, die ein riesiges Loch in die Kasse des Kantons gerissen hat. Ein Ende dieser Politik ist nicht abzusehen. Mit der Unternehmenssteuerreform III steht bereits wieder eine Vorlage in den Startlöchern, welche die Unternehmen vor Steuerzahlungen in Milliardenhöhe «bewahrt». Der daraus resultierende Druck auf die öffentlichen Haushalte wird politisch in Kauf genommen. Das nächste Kürzungs- und Abbauprogramm ist demnach nur eine Frage der Zeit.

Ein breiter Widerstand ist möglich!

Die aktuelle Leistungsüberprüfung 16 – auch gerne beschönigend als «Saldoverbesserung» bezeichnet – entspricht in Tat und Wahrheit einem extensiven Abbau des Service public. Insgesamt sollen ab 2016 jährlich 694 Millionen Franken gekürzt werden. Und auch wenn die 125 Einzelmassnahmen oftmals gut versteckt oder sprachlich verschleiert werden, lässt sich doch erkennen, welche Bereiche am härtesten betroffen sein werden: Es sind die Bereiche Bildung mit 88 Millionen Franken, Gesundheit mit 367 Millionen und der öffentliche Verkehr mit 134 Millionen Franken. Nachdem sich bereits im Januar 2016 rund um den «Tag der Bildung» gezeigt hat, dass ein breiter Widerstand möglich ist, hat sich ein Bündnis verschiedener linker Organisationen, Parteien und Gewerkschaften zusammengefunden, um das neueste Abbaupaket nicht ungehindert durchkommen zu lassen. Beim Protest stehen jedoch nicht einzelne Bereiche oder Massnahmen im Vordergrund, sondern eine grundsätzliche Kritik an dieser unsozialen Abbaupolitik. Aus diesem Grund organisiert das Bündnis am 28. September 2016 einen kantonalen Aktionstag. Tagsüber finden in den betroffenen Bereichen dezentrale Aktionen statt, die am Abend um 18 Uhr in einer gemeinsamen Demonstration mit Startpunkt Bürkliplatz münden. Zeigen wir gemeinsam, dass wir nicht länger bereit sind, die Abfolge aus Steuererleichterungen und Abbauprogrammen hinzunehmen!
Kantonaler Aktionstag am 28.09.2016
Demo 18:00 Uhr Bürkliplatz
Alle Infos unter: http://kaputtgespart.ch
Facebook: https://www.facebook.com/GemeinsamGegenSparpolitik/
FB-Veranstaltung: https://www.facebook.com/events/1150601851630056/
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Foto vom Zürcher Regierungsrat (von links nach rechts): Dr. Silvia Steiner (CVP), Ernst Stocker (SVP), Markus Kägi (SVP, Vizepräsident 2016/2017), Beat Husi (Staatsschreiber), Mario Fehr (SP, Präsident 2016/2017), Dr. Thomas Heiniger (FDP), Carmen Walker Späh (FDP), Jacqueline Fehr (SP)

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