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Der „Heiße Herbst“ in Deutschland – gescheitert oder verschoben?

Im Sommer 2022 erwarteten sowohl die deutsche Regierung als auch viele Linke einen „Heißen Herbst“ mit Massenprotesten und Streiks. In der Presse kriegte man fast schon den Eindruck, dass Aufstände bevorstünden. Gründe dafür waren Befürchtungen vor einer Explosion der Preise, insbesondere der Gas- und Strompreise, wie auch die Erfahrungen in Großbritannien, wo wir die größte Streikwelle seit vier Jahrzehnten erleben. Die Vorhersagen haben sich in dieser Form nicht erfüllt. Haben Linke und Arbeiter:innenbewegung versagt? Ist massenhafte Gegenwehr im Land der scheinbar stabilen Sozialpartnerschaft damit gescheitert oder steht sie erst noch bevor?

von Christoph Wälz

Die Inflation erreichte 2022 in Deutschland die höchsten Werte seit 1951 und lag im Herbst teilweise über 10 Prozent, im Jahresdurchschnitt bei 7,9 Prozent. Dabei lag die Inflationsrate bei Energieprodukten (34,7 Prozent) und Lebensmitteln (13,4 Prozent) deutlich über diesen Werten. Da die Löhne schon lange nicht mehr substantiell gestiegen sind, kam es 2022 zu deutlichen Reallohnverlusten.

Seit der Krise von 2008 haben es Regierung und Kapital in Deutschland jedoch immer wieder geschafft, die Auswirkungen der kapitalistischen Krise für große Teile der Arbeiter:innenklasse abzumildern. Durch die dominante Position des deutschen Kapitals in Europa hatten sie dafür bisher immer noch Spielräume. In der Erwartung von Massenprotesten war die Regierung 2022 bereit, kurzfristig eine Reihe von „Entlastungspaketen“ zu beschließen. So gab es zum Beispiel Einmalzahlungen an Arbeiter:innen und Familien. „200 Milliarden Euro zur Abfederung der Energiekosten, Preisbremsen, 49-Euro-Ticket, Übergewinnsteuer auf EU-Ebene – alles zentrale Forderungen der Sozialproteste“, resümiert die taz (30.12.2022)

Außerdem zog die deutsche Regierung im Herbst ihre Pläne für eine Gasumlage zurück. Mit der Gasumlage sollten eigentlich alle Konsument:innen von Gas die ausgefallenen Profite der Gas-Importeure bezahlen. Die Gasumlage hatte im August und September zu einer deutlich spürbaren Proteststimmung in der Bevölkerung geführt. Es war offensichtlich: wir zahlen für die Profite der Konzerne. Stattdessen zahlte die Regierung dann direkte Staatshilfen in Höhe von 15 Milliarden Euro an den Gas-Importeur Uniper. Vom Ergebnis her ist das fast dasselbe: die Konzerne kriegen unser Geld. Aber die Rechnung für die Bevölkerung kommt jetzt erst später.

Um eine Rezession ist die deutsche Wirtschaft vorerst herumgekommen. Trotz Inflation, Krieg, Energiekrise, Corona, Material- und Lieferengpässen wuchs die deutsche Wirtschaft 2022 überraschend um 1,9 Prozent, so das Handelsblatt (13.01.2023). Das Bruttoinlandsprodukt war erstmals größer als vor dem Corona-Einbruch 2020. Dabei spielte eine Rolle, dass die starke deutsche Ökonomie im Gegensatz zu vielen anderen Volkswirtschaften in der Lage war, bei ausbleibenden russischen Gaslieferungen schnell Alternativen auf dem Weltmarkt zu beschaffen. Entgegen mancher Befürchtungen kam es damit nicht zu einer Gasmangellage zum Ende des Jahres 2022. Außerdem wuchs der private Konsum um 4,6 Prozent. Denn nach der Rücknahme der Corona-Beschränkungen kam es 2022 zu Nachholeffekten in den Bereichen Gastronomie, Tourismus und Kultur. Wie lang diese bei steigender Inflation anhalten werden, ist fraglich.

Sozialproteste von links und rechts

Die deutsche Linkspartei ist zwar schwach und tief gespalten. Aber die Proteststimmung gab ihr im Spätsommer und Herbst einen kurzen Aufschwung. Sie mobilisierte bundesweit zu lokalen Aktionen für einen „Heißen Herbst“. Sie stellte soziale Forderungen auf, zum Beispiel für einen Gaspreisdeckel und für die Vergesellschaftung der Energiewirtschaft. In abgeschwächter Form wurden Teile dieser Forderungen von der Regierung übernommen, zum Beispiel eine Gas- und Strompreisbremse, die aber erst ab März 2023 greifen soll.

Es entstanden mehrere linke Protestbündnisse mit unterschiedlichen Akteur:innen und unterschiedlicher inhaltlicher Schwerpunktsetzung:

  • Die Kampagne „Genug ist genug!“ versuchte, das Konzept der britischen Kampagne zu kopieren und mit Saalkundgebungen („Rallies“) insbesondere die Verbindung von Sozialprotesten und gewerkschaftlichen Tarifkämpfen zu erreichen. Im Unterschied zur britischen Kampagne wurde von Anfang an versucht, bundesweit lokale Gruppen aufzubauen. Es wurden konsensfähige soziale Forderungen aufgestellt. Auf Forderungen zu Klima und Frieden wurde verzichtet. Ein großer Erfolg waren einige Saalkundgebungen.
  • Die zweite Kampagne nannte sich „Solidarischer Herbst“. Sie war ein breit getragenes Bündnis von Sozialverbänden und Gewerkschaften, das von oben initiiert wurde. Es betonte neben den sozialen Forderungen die Solidarität mit der Ukraine und die Notwendigkeit einer schnellen ökologischen Transformation, um unabhängig von fossilen Energieträgern zu werden.
  • Das Bündnis „Heizung, Brot und Frieden“ wurden von linken, vor allem trotzkistischen, Organisationen ins Leben gerufen. Es richtete sich darauf aus, Anlaufpunkt für die Wut breiter Volksmassen zu werden. Die beteiligten Organisationen wollten zwar Kontroversen um Krieg und Frieden nach hinten stellen. Letztlich wurde das Bündnis jedoch zum Sammelpunkt derjenigen Linken, die viel Verständnis für die Sicherheitsbedürfnisse des russischen Imperialismus haben. So waren Forderungen nach einem Ende der Sanktionen und bedingungslosen Friedensverhandlungen sehr präsent.

Die größte linke Demo des letzten halbes Jahres mobilisierte unter dem Motto „umverteilen“ am 12. November 10‘000 Menschen in Berlin. Keines der Bündnisse hatte richtig Erfolg dabei, Leute in größerer Zahl dauerhafter auf die Straße zu bringen. Wesentlich dafür war, dass sich die sozialen und wirtschaftlichen Perspektiven seit Oktober deutlich veränderten.

Die Mobilisierung der Rechten war zahlenmäßig erfolgreicher, allerdings mit einem regionalen Schwerpunkt auf die Bundesländer Sachsen und Thüringen. Es gelang dort faschistischen Kräften einige Wochen lang eine relativ große Mobilisierung in vielen ostdeutschen Klein- und Mittelstädten. Die rechten Proteste waren inhaltlich diffus, richteten sich aber in der Regel gegen die Unterstützung der Ukraine durch die Bundesregierung, insbesondere gegen die Wirtschaftssanktionen gegen Russland. Die rechte Mobilisierung baute auf einem in den letzten Jahren entstandenen Milieu auf. Die Themen Migration, Frieden, Corona-Maßnahmen, Klimapolitik und jetzt der russische Krieg und die Energiepolitik werden dabei aufgegriffen und mit einer aggressiven Polemik gegen den Staat und „die Systemparteien“ oder „die Altparteien“ verbunden. Die rechte Mobilisierung geht seit Anfang Oktober wieder stark zurück, ähnlich wie linke Proteste, allerdings mit verfestigten regionalen Kernen.

Die Fassade der Sozialpartnerschaft bröckelt

Die Gewerkschaften befinden sich noch nicht auf der Höhe der Zeit. Sie sind es im Allgemeinen noch gewohnt, mit wenig Streiks Tarifverträge (in der Schweiz „Gesamtarbeitsverträge“) mit geringer Entgelterhöhung und viel zu langen Laufzeiten abzuschließen. Sie halten also an der traditionellen deutschen Sozialpartnerschaft fest. Diese Tarifpolitik kollidiert nun vollständig mit der Inflation, die für die Gewerkschaften überraschend kam. Es gibt bisher keine überzeugenden Antworten der Gewerkschaften auf die drängenden Fragen nach dem Erhalt des Lebensstandards der Lohnabhängigen. Diejenigen Spitzenfunktionär:innen in den Gewerkschaften, die Mitglied der Sozialdemokratischen Partei sind, setzen darauf, dass die Entlastungspakete der sozialdemokratisch geführten Bundesregierung das Problem insoweit lösen, dass die Gewerkschaften ihre Tarifpolitik nicht grundlegend ändern müssen. Diese Hoffnung wird nicht aufgehen.

In den Branchen Chemie, Metall und Elektro schlossen die verantwortlichen Gewerkschaften 2022 erneut Tarifverträge mit einer langen Laufzeit von zwei Jahren ab. Dabei machten Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften von der Möglichkeit eines „Inflationsgeldes“ Gebrauch. Die Regierung hatte diese Möglichkeit von steuerfreien und sozialversicherungsfreien Einmalzahlungen der Arbeitgeber an die Beschäftigten geschaffen. Diese dienen dazu, die Arbeiter:innen kurzfristig zu beruhigen und längerfristige Lohnsteigerungen für das Kapital zu verhindern. Obwohl die potentiell stärksten Bataillone der deutschen Arbeiter:innenklasse mit diesen Tarifabschlüssen deutliche Reallohnverluste hinnehmen müssen und zwei Jahre lang nicht erneut streiken dürfen, gibt es an der Gewerkschaftsbasis eine weit verbreitete Stimmung, dass es viel schlechter hätte ausgehen können.

In der Chemie-Industrie hat die Gewerkschaft (IG BCE) kaum noch Kampferfahrung. Ihr Tarifabschluss kam erneut ohne Streiks zustande. In der Metall- und Elektroindustrie kam es jedoch zu der größten Welle von Streiks seit vielen Jahren. Auch wenn kein unbefristeter Erzwingungsstreik geführt wurde, um die Forderungen der Gewerkschaft IG Metall durchzusetzen, haben viele Aktive an der Basis das Gefühl, dass das Ergebnis dem Kräfteverhältnis entspricht. Es wird hingenommen. Ein Hintergrund ist dabei auch die tiefe Verunsicherung der Autoarbeiter:innen über die Zukunft ihrer Jobs.

Keime neuer Klassenkämpfe

Die Hafenarbeiter:innen und ihre Gewerkschaft ver.di haben im Sommer 2022 den heftigsten Arbeitskampf geführt, den es seit vier Jahrzehnten in den norddeutschen Häfen gegeben hat. Die Auseinandersetzung für einen echten Inflationsausgleich stand kurz vor einer Urabstimmung über einen unbefristeten Erzwingungsstreik. Dann gab es doch noch eine Einigung. Für ein Jahr wurde eine Erhöhung der Löhne zwischen 7,9 und 9,4 Prozent vereinbart, für ein weiteres Jahr um 4,4 Prozent. Obwohl wir solche relativ hohen Tarifabschlüsse in Deutschland nicht mehr gewohnt sind, bleibt für die Arbeiter:innen dennoch ein Reallohnverlust.

Die Gewerkschaft wollte einen Tarifvertrag für ein Jahr, die Arbeitgeber für zwei Jahre. Es ist die übliche Routine, dass sich dann die Arbeitgeber mit zwei Jahren durchsetzen. Ein besonders wichtiger Erfolg ist deshalb dieses Mal, dass die Gewerkschaft sich das Recht gesichert hat, den Hafen-Tarifvertrag vorzeitig zu kündigen, wenn die Inflation 2023 so hoch sein sollte wie 2022.

Der monatelange Kampf um die Häfen hat zur Entstehung eines neuen Klassenbewusstseins beigetragen, auch weil es Angriffe auf das Streikrecht durch die Gerichte gab. Die Arbeiter:innen mussten gegen diese Angriffe protestieren.

Im öffentlichen Dienst haben die Gewerkschaften ver.di (Dienstleistungen) und GEW (Bildung) bei Kämpfen um Flächentarifverträge (also Tarifverträge auf nationaler Ebene) nur schwache Positionen. Stärke wurde in den letzten Jahren vor allem an Krankenhäusern aufgebaut, wo Pflegekräfte erfolgreich mit Organizing und Streiks für Entlastung und mehr Personal kämpfen. In Berlin waren Krankenhausbeschäftigte 2021 sieben Wochen lang im Erzwingungsstreik. Im Bundesland Nordrhein-Westfalen haben Pflegekräfte 2022 elf Wochen lang unbefristet gestreikt.

Im Januar 2023 haben Verhandlungen um mehr Lohn für den öffentlichen Dienst der Bundesbehörden und der kommunalen Behörden sowie bei der bei der Post, wo ver.di 15 Prozent fordert, begonnen. Die kampferfahrenen Bereiche aus dem Gesundheitswesen hatten für die Auseinandersetzung im öffentlichen Dienst überdurchschnittlich hohe Forderungen eingebracht. Die Beschäftigten der Berliner Krankenhäuser forderten zum Beispiel 19 Prozent mehr Gehalt und eine gleitende Lohnskala zur Anpassung der Löhne an die Inflation. Bundesweit beschlossen wurde jedoch eine Forderung nach 10,5 Prozent. Das ist einerseits fast das Doppelte der sonst üblichen Lohnforderungen von 5 bis 6 Prozent. Andererseits hält selbst diese Forderung von 10,5 Prozent kaum mit der Inflation mit. Selbst wenn wir die Forderung von 10,5 Prozent vollständig durchsetzen, sichern wir gerade mal den Reallohn.

Die gewerkschaftliche Tarifpolitik befindet sich also in einer Krise. Beschäftigte mit Kampferfahrung zeigen, in welche Richtung es mit Forderungen und Streikpraxis gehen muss. Die Berliner Krankenhausbeschäftigten hatten nur deshalb das Selbstbewusstsein, einen wirklich beispielhaften und mutigen Kampf um unsere Lebensbedingungen zu führen, weil sie einen erfolgreichen Kampf um Entlastung und mehr Personal hinter sich haben. Die Ergebnisse der jetzt angelaufenen Kämpfe werden für den weiteren gewerkschaftlichen Umgang mit der Inflation maßgeblich sein.

Die gewerkschaftliche Organisierung und elementare Sicherungssysteme von Arbeitsverhältnissen, also Tarifverträge und Betriebsräte, befinden sich in Deutschland auf einem historischen Tiefpunkt. Eine Verbindung zu sozialen Bewegungen und Protesten spielt für die Tarifpolitik der Gewerkschaften bisher kaum eine Rolle. Gleichzeitig brauchen Lohnabhängige diese Waffen so dringend wie seit Langem nicht, um ein drastisches Sinken des Lebensstandards zu verhindern.

Die Gewerkschaft ver.di hat jetzt begonnen, Bündnisstrukturen mit der Kampagne „Genug ist genug!“ zu entwickeln, um die Streiks bei der Post, im öffentlichen Dienst und bei den studentischen Beschäftigten der Hochschulen durch öffentlichen Druck zu unterstützen. Die Streiks werden eine Machtprobe zwischen Gewerkschaft und Regierung werden. Die Gewerkschaft ver.di muss beweisen, dass sie im Ernstfall einen Nutzen für die Lohnabhängigen hat. Bei der Post geht es – nachdem ver.di dort 2015 nach langem Kampf ein schlechtes Ergebnis erzielt hatte – geradezu um die Existenz der Gewerkschaft in einem der größten deutschen Konzerne mit fast 600‘000 Beschäftigten.

Erneuerung der Gewerkschaften

Seit über zehn Jahren experimentieren Teile der hauptamtlichen Gewerkschaftsapparate wie auch ehrenamtliche Aktive mit offensiven Streikstrategien und beteiligen die betroffenen Arbeiter:innen mehr an Entscheidungen, als es in der traditionellen Stellvertreterpolitik üblich war. Dieser Prozess einer kämpferischen Erneuerung gewerkschaftlicher Organisationsmacht findet unter anderem in den Streikkonferenzen der Rosa-Luxemburg-Stiftung einen Ausdruck. Einen großen Schub für die gewerkschaftliche Erneuerung gab es mit den internationalen „Organizing 4 Power“- Schulungen rund um die US-Organizerin Jane McAlevey. Diese hatten direkten Einfluss auf die erfolgreichen Kämpfe im Gesundheitswesen. Vor allem die Gewerkschaft ver.di übernimmt Teile von offensiven Organizing-Konzepten, weil sie viele Kämpfe ansonsten kaum noch gewinnen kann.

Seit Anfang 2021 gibt es Anzeichen dafür, dass kämpferische Entwicklungen in prekären und migrantischen Bereichen an den traditionellen Gewerkschaften vorbeigehen. So sind nach selbstorganisierten Streiks von Arbeiter:innen bei dem Lieferdienst Gorillas eine ganze Reihe von „Workers Collectives“ entstanden. Ihnen gelingt dort eine Organisierung, wo die großen Gewerkschaften kaum vorankommen. Sie fordern auch das restriktive deutsche Streikrecht heraus. Nach Auffassung der Gerichte dürfen Arbeiter:innen nur für Tarifverträge streiken. Das wurde durch spontane Streiks bei dem Lieferdienst Gorillas in Berlin teilweise durchbrochen. Sie haben zum Beispiel für ihren unmittelbaren Gesundheitsschutz gestreikt.

Bereits Anfang der 1970er Jahre ebneten Kämpfe von Migrant:innen den Weg für breitere Klassenkämpfe. In Zukunft müssen wir in Frage stellen, nur für Tarifverträge streiken zu können, so wie es Arbeiter:innen der Lieferdienste vorgemacht haben. Denn Tarifverträge sind zwar einerseits eine historische Errungenschaft der Arbeiter:innenbewegung, andererseits aber auch immer ein Mittel zur Befriedung des schwelenden Klassenkonflikts und zur Disziplinierung der Beschäftigten. Ein gemeinsamer Kampf gegen steigende Lebenshaltungskosten kann nicht ausschließlich mit den Mitteln der Tarifpolitik erreicht werden.

Entwicklungen wie diese können Vorboten für kommende größere Kämpfe sein. Die Bewegung in Großbritannien macht den leidgeprüften Linken in den deutschen Gewerkschaften Mut, dass sich soziale Tendenzen nach Jahrzehnten wieder umkehren lassen, auch wenn dieser Prozess langwierig und widersprüchlich verlaufen mag.

Hohe Energiepreise schlagen bei vielen Haushalten und Unternehmen erst jetzt nach dem Jahreswechsel durch. Inflation und geringe Zuwächse bei den Nominallöhnen werden zu einem Einbruch des Konsums führen. Die Regierung, die das dritte Jahr in Folge einen Haushalt mit roten Zahlen abgeschlossen hat, wird den Lohnabhängigen noch Rechnungen präsentieren für die Rettung von Konzernen, für die Entlastungspakete, für die Ausgaben der Corona-Politik der letzten Jahre und für die immense Aufrüstung seit dem russischen Überfall auf die Ukraine.

Die deutsche Industrie steht mit den Herausforderungen der Dekarbonisierung vor riesigen Umbrüchen. Unter kapitalistischen Bedingungen drohen dabei Deindustrialisierung und Erwerbslosigkeit. Die Arbeiter:innen werden auch in Deutschland kämpfen müssen.


Christoph Wälz ist Lehrperson und aktiv in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Berlin. Der Text basiert auf einem Vortrag, den er im Rahmen des Anderen Davos 2023 in Zürich gehalten hat.

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