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Aufruf: Christine Lagarde – not welcome!

Am 7. Mai soll die Chefin des Internationalen Währungsfonds IWF an der Uni Zürich einen Vortrag halten. Die Studierendengruppe „uni von unten“ ruft zu einer Protestveranstaltung auf: 7. Mai 2012 um 17:00 vor dem Uni- Hauptgebäude. 

von Uni von unten

Die Uni ist keine PR-Plattform

Der neoliberale Think Tank SIAF (Schweizerisches Institut für Auslandforschung) hat für den 7. Mai Christine Lagarde, die Direktorin des IWF (Internationaler Währungsfonds) zu einem Vortrag eingeladen. Es ist nicht das erste Mal, dass das SIAF versucht, die Räumlichkeiten der Universität Zürich als Plattform für den Neoliberalismus und seine Apologetinnen zu missbrauchen. In den vergangenen Jahren organisierte das SIAF zum Beispiel eine Veranstaltung mit dem Nestlé-CEO Peter Brabeck – unter anderem in der Kritik, da er nur allzu gerne das Wasser privatisieren möchte und wegen den Arbeitsbedingungen bei Nestlé– oder mit Bundesrat Ueli Mauerer – genügend Geld für Kampfjets, während im Sozial- und Gesundheitswesen gespart wird. Doch schon in den letzten Jahren wurde Protest dagegen laut. Und auch in diesem Semester werden wir nicht ruhig zuschauen, wenn das SIAF Grossunternehmen und neoliberalen Institutionen die Möglichkeit bietet, ihre Geschäfte in ein gutes Licht zu rücken. Die Uni muss ein Ort der kritischen Reflektion sein und darf nicht zur PR-Plattform für Neoliberale verkommen.

IWF, der Retter in der Not?

Wie immer, wenn seit den 80er Jahren irgendwo auf der Welt Krisen auftreten, spielt sich der IWF auch in der der aktuellen Finanzkrise als grosser Retter auf. Er tut das, was er in solchen Situationen immer tut und gewährt den betroffenen Ländern unter der Bedingung von Strukturanpassungsmassnahmen Kredite. Das heisst, dass die Länder ihre wirtschaftlichen Strukturen so ändern müssen, wie dies der IWF vorschreibt. In der Realität bedeutet dies aber nichts anderes als Privatisierung, Sozialabbau und Sparmassnahmen. Was die Folgen solcher durch den IWF erzwungenen Strukturanpassungen sind, haben unzählige Menschen in Lateinamerika, Afrika und Asien schon längst zu spüren bekommen. Der Privatisierung öffentlicher Bereiche, wie beispielsweise der Wasserversorgung oder des Sozial- und Gesundheitswesens hat zur Folge, dass unzählige Menschen mangels finanzieller Möglichkeiten keinen Zugang mehr dazu haben. Der forcierten Integration in den internationalen Markt, folgt nicht nur die rücksichtslose Zerstörung der Natur, um gewinnbringend Rohstoffe abbauen zu können, sondern auch die Zerstörung unzähliger Arbeitsplätze, die in einer internationalen Konkurrenz nicht überleben können. Das Abbauen und Sparen führt zu Entlassungen, Arbeitslosigkeit und Armut. Das immer gleiche Resultat dieser immer gleichen Politik des IWF: Die Gewinne der westlichen Unternehmen stimmen, die Menschen und die Natur vor Ort haben das Nachsehen.

One Dollar – One Vote

Getreu dem kapitalistischen Motto „wer mehr Geld besitzt, hat mehr Macht“ funktioniert auch die Mitbestimmung im IWF. Die Stimmverteilung erfolgt hauptsächlich nach dem Anteil an einbezahltem Geld. Die USA und die westlichen Industrienationen besitzen hierbei eine eindeutige Mehrheit. Damit haben die reichen Länder die Definitionsmacht darüber, wie die Entwicklung und Kreditverteilung in der restlichen Welt vonstattengehen soll. Die USA hat mit knapp 17% gar so viele Stimmen, dass sie gegenüber jeglichen Änderungen in der IWF Charta, die mit 85% angenommen werden müssen, ein Vetorecht besitzt. Kein Wunder also, dass es den IWF nicht interessiert, was die Menschen vor Ort über sein Eingreifen denken und dass ihm Proteste der lokalen Bevölkerung gegen solche Massnahmen wie aktuell in Griechenland völlig egal sind. Denn so selbstlos sich der IWF auch gibt ist er de facto eine Institution, die im Interesse der reichen Nationen und deren Unternehmen handelt.

Die Dialektik des IWF: Rücksichtslose Praxis und neoliberale Theorie

Der IWF forciert nicht nur weltweit eine neoliberale Politik, sondern er betätigt sich – wie Christine Lagarde mit ihrem Vortrag – auch in der ideologischen Reproduktion des Neoliberalismus. So sind die Ursachen für die aktuelle Krise Griechenlands für Christine Lagarde und den IWF schnell gefunden: Die Staatsschulden und das Verhalten einzelner Politiker und Institutionen sind schuld. Natürlich stimmen die eifrigen Medien gleich mit ein und kreieren das Bild der faulen Griechen, deren individuelle Charaktereigenschaften und deren falsch handelnder Staat die Schuld für die ganze Misere tragen sollen. Dass die Griechen durchschnittlich mehr arbeiten und weniger Ferien haben als beispielsweise die Menschen in Deutschland spielt dabei keine Rolle.1 Der Argumentation des IWF folgend habe nicht das System versagt, sondern einzelne. Nicht der Markt habe versagt, sondern die Staaten, die zu viel Einfluss darauf hatten. Geht es nach der neoliberalen Theorie des IWF, dann soll das System der Marktwirtschaft reingewaschen und von all seiner Schuld befreit werden.

Der IWF ist nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems

Einer solchen Beweihräucherung der Marktwirtschaft wollen wir nicht weiter taten- und wortlos zuschauen. Nicht einzelne haben versagt, sondern die Marktwirtschaft als System muss überdacht werden. Keine Strukturanpassung konnte bisher verhindern, dass neue Krisen entstanden, keine Intervention des IWF konnte dafür sorgen, dass der Bevölkerung vor Ort wirklich geholfen wurde. Nur eine grundsätzliche Veränderung der herrschenden Verhältnisse kann dafür sorgen, dass wir eines Tages frei von Krisen, Interventionen und erzwungenen Strukturanpassungen leben können. Krisen entstehen in diesem System nicht, weil einzelne Staaten oder Individuen falsch handeln. Es sind die Widersprüche der Marktwirtschaft selbst, die immer wieder zu Krisen führen. Zu diesem System gehört auch der IWF. Seine Rolle in der aktuellen Krise, sein Verhalten in vergangenen Interventionen und seine Demokratieauffassung müssen hinterfragt und kritisiert werden. Damit gehören der IWF und Christine Lagarde auf den Semesterplan kritischer Seminare und Untersuchungen und nicht auf ein Podium in der Aula.

Wer über Krisen spricht, darf den Kapitalismus nicht verschweigen.
Der IWF ist nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems.
In weltweiter Solidarität mit den von Austeritätsprogrammen betroffenen, kämpfenden Bevölkerungen.
Christine Lagarde – not welcome.

Uni von unten – März 2012

 weitere Infos unter: noiwf.blogsport.de

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