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Der neue Malthusianismus

Im Zusammenhang mit der Ecopop-Initiative, über die in der Schweiz am 30. November 2014 abgestimmt wird, ist das Thema Bevölkerungswachstum im Zusammenhang mit ökologischen Fragen in der öffentlichen Debatte wieder sehr präsent. Die BFS Jugend Zürich setzt sich im folgenden Artikel mit den theoretischen und historischen Hintergründe dieser Debatte auseinander.

von BFS Jugend Zürich

Viele Menschen fürchten sich vor einer Überbevölkerung. Als erstes brachte 1798 Thomas Robert Malthus das Thema in seinem ‘Essay on the Principle of Population‘ in die öffentliche Debatte ein. In seinem Bevölkerungsgesetz geht er davon aus, dass die Bevölkerung in einer geometrischen Reihe wächst (1 – 2 – 4 – 8 usw.), während die Nahrungsmittelproduktion mit einem arithmetischen Wachstum (1 – 2 – 3 – 4 usw.) nicht mehr nachkommt. Dies hat sich, wie auch nicht anders zu erwarten, nicht bestätigt. Der Grund dafür besteht darin, dass die Überbevölkerungstheorie von Malthus einem statischen Verständnis von menschlichem Verhalten unterliegt. Hätte Malthus dialektisch gedacht, hätte er erkannt, dass Verhaltensmuster meist einen Bezug zur Lebensrealität haben. Ob Malthus überhaupt etwas selbst gedacht hat, ist umstritten. Marx wirft Malthus vor, dass dessen Werk “nicht einen einzigen selbstgedachten Satz enthält” (Marx, 1975) und von Sir James Stewart, Townsend, Franklin, Wallace usw. zusammengeklaut sei.
Malthus war durch und durch reaktionär. So schreibt er in der zweiten Auflage des Essays(1803): “Ein Mensch, der in eine bereits in Besitz genommene Welt geboren wird, und keinen Unterhalt erhält von seinen Eltern, an die er berechtigte Forderungen hat, und dessen Arbeit die Gesellschaft nicht will, hat kein Recht, die kleinste Menge an Nahrung zu beanspruchen, und in der Tat keine Veranlassung da zu sein, wo er ist.” Seine weitere Argumentation gegen die Armen ist allen aus der Flüchtlingsdebatte bekannt. Das Boot ist voll. So erstaunt es auch nicht weiter, dass die Ecopop-Initiative sich als neues Feindbild die Migrant*innen ausgesucht hat. Malthus richtete sich damals gegen das Armengesetz in England. Daraufhin wurde das Gesetz 1834 überarbeitet und die Armen erhielten nur noch in Arbeitshäusern Unterstützung, wodurch die Proletarisierung gefördert wurde. (Meek, et al., 1956) Malthus war weiter der Meinung, so August Bebel (1994), dass “derjenige … nicht heiraten [dürfe], der nicht genügend Mittel zur Ernährung einer Familie besitze, weil sonst am “Tisch der Natur” kein Platz für die Nachkommen vorhanden sei.”
Der Wohlstand der herrschenden Klasse soll durch die Diskriminierung der Armen gesichert werden. Malthus verteidigt, so Rosa Luxemburg(1975), die „… kapitalistische Produktion. […] Nicht etwa in dem Sinne, dass er ihre Widersprüche leugnete, […] sondern umgekehrt, dass er diese Widersprüche brutal zum Naturgesetz erhebt und absolut heiligspricht.“ Somit ist das Elend unumgänglich und hat nichts mit dem Kapitalismus zu tun. Weiter wirft Rosa Luxemburg Malthus vor, „dass [für ihn] die Akkumulation der einzige Zweck der Produktion sei und [er befürworte] die schrankenlose Akkumulation auf Seiten der Kapitalisten [….]“ Ähnlich verhält es sich mit den Neomalthusianer*innen von Ecopop: Sie erkennen, dass das kapitalistische System Umweltprobleme verursacht, jedoch setzen auch sie nicht an der Ursache an, sondern versuchen den westlichen Lebensstandard der Bourgeoisie und den privilegierten Menschen in Europa und Nordamerika vorzubehalten. Die Neomalthusianer*innen sehen das Problem nicht mehr hauptsächlich bei der Reproduktion der armen einheimischen Bevölkerung, sondern in der Migration und dem Bevölkerungswachstum der Länder des Südens.
Es ist jedoch falsch zu glauben, Malthus wäre ein Unterstützer der bürgerlichen Revolution. Vielmehr war er ein Verteidiger der Grundbesitzer und der Aristokratie. Marx schrieb, „Malthus will die bürgerliche Produktion, soweit sie nicht revolutionär ist, kein geschichtliches Moment, bloss eine breitere und bequemere materielle Basis für die alte Gesellschaft schafft.“ (Meek, et al., 1956)
Das von Malthus als geometrische Reihe beschriebene Bevölkerungswachstum hielt in Europa über einige Generationen an, pendelte sich jedoch, den neuen Gegebenheiten angepasst, auf einem stabilen Level ein. In Europa ist die Bevölkerung heute relativ stabil und wäre ohne Migration und steigende Lebenserwartung sogar rückläufig. In der Schweiz kamen 2012 1.5 Kinder auf eine Frau(Bundesamt für Statistik, 2014), in Deutschland liegt der Schnitt bei 1,4. Der einzige EU-Staat, in welchem eine Frau zwei Kinder zur Welt bringt, ist Frankreich. Dies ist dadurch zu erklären, dass in Frankreich die Kinderanzahl zwar bei den Steuern berücksichtigt wird, die Familie im Vergleich zu Deutschland jedoch erst nach dem dritten Kind stärker profitiert. Hinzu kommt, dass in Frankreich Krippenplätze zur Verfügung stehen und die Schulen ganztägig geöffnet sind, was den positiven Nebeneffekt hat, dass die Erwerbsquote bei Frauen höher liegt als in Deutschland, wodurch das traditionelle Familienbild aufgebrochen und die Unabhängigkeit der Frauen gefördert wird. (ARTE Journal, 2013)
“Unsere Malthusianer bilden sich ein … eine sozialistische Gesellschaft, in der freie Liebeswahl bestehe und für alle eine menschenwürdige Existenz vorhanden sei, werde zu einem “Kaninchenstall” werden; sie würde dem ausschweifendsten Geschlechtsgenuss und massenhafter Kinderzeugung verfallen.”(Bebel, 1994) Den Sozialismus gab es in Europa zwar nie, doch das Proletariat der Nachkriegszeit wurde vom Kapital durch die soziale Marktwirtschaft und einen steigenden Lebensstandard bestochen. Die darauffolgende 68er-Generation brach das traditionelle Familienbild auf und war näher an der freien Liebe als die Generationen von heute. In der Tendenz möchte die Jugend der Gegenwart möglichst früh eine Familie gründen und Kinder kriegen(Hollstein, et al., 2013). Es scheint, dass eher das Gegenteil der Wahrheit entspricht und die Konservativen jene sind, welche sich früher und häufiger fortpflanzen. In Bezug auf eine sozialistische Gesellschaft war Bebel der Meinung, dass „das Gegenteil […] eintreten [dürfte]”, als was die Prophezeiung der Malthusianer*innen besagte. „Bisher haben durchschnittlich nicht die bessersituierten Schichten die größte Zahl der Kinder, sondern umgekehrt die schlechtestsituierten.” In einer klassenlosen Gesellschaft wird es keine finanzielle Armut mehr geben. Es ist zu hoffen, dass es sich mit der geistigen gleich verhält und wir uns in einer sozialistischen Gesellschaft nicht mehr mit Malthusianer*innen herumschlagen müssen.
Schliesslich hat sich gezeigt, dass Malthus nicht Recht behielt. Dadurch, dass sich die Basis, also die wirtschaftlichen Bedingungen, verändert haben, d.h. die Überlebenschancen und die Nahrungsmittelproduktion stiegen, während die Kindersterblichkeit sank, passte sich auch der Überbau den neuen Gegebenheiten an. Es gab keine Notwenigkeit mehr, möglichst viele Kinder zu zeugen, da ein grösserer Anteil das Erwachsenenalter erreichte. Kinder wurden immer weniger als billige Arbeitskräfte genutzt und nur noch indirekt als Altersvorsorge benötigt. Nachwuchs ist heute viel mehr ein zusätzlicher Aufwand neben der Lohnarbeit und ein Kostenfaktor.
In vielen Ländern des Südens, in welchen die wirtschaftlichen Bedingungen noch vergleichbar mit jenen in Europa zu Malthus’ Zeit sind, oder bis vor kurzem waren, findet noch immer ein starkes Bevölkerungswachstum statt. Die Neomalthusianier*innen glauben dieses Wachstum durch die sogenannte “freiwillige Familienplanung” stoppen zu können. Wie die europäische Geschichte zeigt, wird dem Bevölkerungswachstum, welches durch eine höhere Überlebenschance ausgelöst wird, ein Rückgang der Fertilität folgen. Eine durch die schweizerische Entwicklungshilfe finanzierte Familienplanung in Entwicklungsländern ist bevormundend, sexistisch und kolonialistisch. Frauen werden auf das Kinder bekommen reduziert und zum Verhüten genötigt. Wenn auch die Initiant*innen von “freiwilliger Familienplanung” und nicht mehr wie Malthus von Eheverbot sprechen, schwingen immer noch Aspekte von Eugenik mit. Um die Schweiz als Idylle zu erhalten, soll Migration verhindert, oder noch besser, potentielle Migrant*innen gar nicht erst geboren werden. Vor allem aber wird die Initiative ihr Ziel verfehlen, solange sich die wirtschaftliche Situation nicht verbessert. Und dies wird nicht durch Familienplanung erreicht werden.
Es kommt nicht von ungefähr, dass Kuba mit 1.5 Kindern pro Frau die tiefste Fertilität von allen süd- und nordamerikanischen Staaten hat. Eine geringere Anzahl Kinder pro Frau haben nur europäische Staaten, gewisse koloniale Überbleibsel derer und einige westliche, relativ wirtschaftsstarke asiatischen Staaten und chinesische Sonderverwaltungszonen. (Wikipedia, 2014) Gleich verhält es sich mit der Kindersterblichkeit und mit der Lebenserwartung der Männer. Die Alphabetisierungsrate ist mit 97 % vergleichsweise hoch. (CIA, 2007) Ohne Kuba als sozialistischen Staat hochjubeln zu wollen, muss anerkannt werden, dass der Karibikstaat ein funktionierendes Bildungs- und Gesundheitsystem bietet, welches allen zur Verfügung steht. Kuba hat nie wie China eine Ein-Kind-Politik eingeführt. Dieses Beispiel zeigt, dass die Kinderzahl abnimmt, wenn sich die Lebensbedingungen verbessern, auch ohne irgendwelche gezielten politischen Massnahmen zur Begrenzung der Geburtenrate. Hinzu kommt, dass Kuba ein relativ geringes Bruttoinlandprodukt hat und seit Dekaden durch ein Embargo eingeschränkt ist. Das BIP ist jedoch kein Mass für die Lebensqualität der breiten Masse, sondern höchsten für eine kleine Schicht. Entscheidender für das Leben der Menschen, wenn auch nicht perfekt, ist der Human Development Index (HDR, 2013), welcher verschiedene Kategorien wie Bildung, Gesundheit, Gleichheit, Gender usw. enthält. In Bezug auf Ökologie beweist Kuba, dass ein hoher Lebensstandard nicht zwangsläufig zu einem hohen Fussabdruck führen muss. Das Global Foodprint Network hat den HDI mit dem Ecological Footprint (GFN, 2012) kombiniert und einen Zielbereich für ein sogenanntes sustainable human development erstellt. Das einzige Land, welches sich bereits in diesem Bereich befindet, ist Kuba.
Weiter sei erwähnt, dass das “Gesetz zum abnehmenden Bodenertrag”, welches ein entscheidender Stützpfeiler für Malthus Überbevölkerungstheorie ist, davon ausgeht, dass nur die Arbeit und das Kapital “variable Faktoren” sind, nicht aber der Boden. Dadurch, dass der Boden als “fester Faktor” betrachtet wird, nimmt der Ertrag zwangsläufig im Verhältnis zum verstärkten Kapital- und Arbeitseinsatz ab. Die grössere Anzahl Arbeitskräfte bekommt also immer weniger Kalorien für ihre Arbeit. Malthus vernachlässigt dabei voll und ganz, dass durch technische Fortschritte der Boden auch höhere Erträge bringen kann, und dies nicht nur durch einen höheren Energieeinsatz. (Meek, et. al., 1956) Heute wird Nahrung für zwölf Milliarden Menschen produziert, trotzdem müssen viele Menschen Hunger leiden.
Wenn man nach Bebel (1994) geht, ist es nicht verwunderlich, dass es ein Revival des Übervölkerungswahns gibt. Bebel analysiert, dass „die Furcht vor Überbevölkerung … stets in Perioden [auftritt], in denen der bestehende Sozialzustand im Zerfall begriffen ist. Die allgemeine Unzufriedenheit, die dann entsteht, glaubt man in erster Linie dem Überfluss an Menschen und dem Mangel an Lebensmitteln und nicht der Art, wie sie gewonnen und verteilt werden, zuschreiben zu müssen.” In der Zeit der industriellen Revolution wurden viele Flächen brach liegen gelassen, Ackerland in Weideland umgewandelt, oder gar als Jagdrevier verwendet. Der Boden wurde monopolisiert und das künstlich verknappte Angebot an Nahrungsmitteln öffnete „Tür und Tor dem Kornwucher”. Übertragen auf die heutige Situation sehen wir ebenfalls in vielen Ländern ein Zerfall des bestehenden Sozialsystems. Die Ängste der Bevölkerung der Schweiz haben sich etwas verschoben. Nahrung ist für uns genügend vorhanden und mehr oder weniger erschwinglich. Andere Grundbedürfnisse wie Wohnraum sind eher beschränkt vorhanden und werden durch Aufwertung und Spekulation verknappt und verteuert. Die Arbeitslosigkeit in den südlichen Ländern Europas ist extrem hoch. Bebel meint, dass „unter solchen Umständen […] jeder Zuwachs […] oder ein neuer Konkurrent als eine Last empfunden wird.” Die verkürzte Analyse des kapitalistischen Systems lässt Migrant*innen als Konkurrent*innen um Arbeitsplätze, Wohnraum und den gelebten Standard erscheinen. Dass Effizienzsteigerungen in den Unternehmen nicht an die Arbeiter*innen in Form von mehr Freizeit und mehr Lohn weiter gegeben werden, sondern das Kapital den Mehrwert stiehlt, ist einem grossen Teil der Bevölkerung nicht bewusst. In einer klassenfreien Gesellschaft müssten wir uns nicht davor fürchten, sondern würden alle davon profitieren. Für die “Zubetonierung der Schweiz”, so die Ecopop-Initiant*innen, sind die Migrant*innen verantwortlich. Sie verschweigen dabei, dass die Versiegelung durch die sogenannte Politik der dezentralen Zentralisierung gefördert wurde. Noch immer ist es der Traum vieler Leute, ein Einfamilienhaus auf dem Land zu besitzen. Die Initiant*innen sehen darin kein Problem, vielmehr scheint es, dass es den Schweizern auch weiterhin möglich sein soll, denn gewohnten Lebensstil beizubehalten.
Der Verein Ecopop schreibt auf seiner Website zur Initiative, dass „[…] das jährliche Bevölkerungswachstum in der Schweiz zwischen 1.1% und 1.4% [liegt]. Rund 80% davon entfallen auf die Zuwanderung. Damit wächst die Einwohnerzahl ca. fünfmal schneller als diejenige Europas, die Zuwachsrate erreicht Werte wie im Schwellenland Indien.“ (Ecopop, 2014) Diese Feststellung mag vielleicht richtig sein, jedoch wird schon hier deutlich, dass es den Initiant*innen an der Fähigkeit mangelt, Zusammenhänge logisch zu analysieren. Sie verkennen, dass schon immer die Arbeiter*innen dahin gingen, wo sie Arbeit fanden. Europa befindet sich in der Krise, die Jugendarbeitslosigkeit liegt in vielen südeuropäischen Ländern wie dem spanischen Staat, Griechenland und Italien noch immer um die 50%. Viele dieser jungen Leute sind gut ausgebildet, haben studiert, werden jedoch in ihrer Heimat nicht gebraucht, oder wie es eine Kapitalist*in nennen würde, verwertet. Die Schweiz ist von der Krise ebenfalls betroffen, jedoch in einem weitaus geringeren Ausmass. Das schweizerische Kapital trägt gar ein Interesse an der Staatsverschuldung und den Sparprogrammen in den Ländern des Südens und profitiert davon. Auf der anderen Seite brauchen Standorte wie Zürich, Genf, Basel oder Zug und die ansässigen Banken, Handelsunternehmen oder Industriebetriebe eine grosse Anzahl an hochqualifizierten Fachkräften, welche sie oftmals gar nicht in der Schweiz finden können, und daneben noch eine viel grössere Anzahl an Arbeiter*innen, welche die “Drecksarbeit” (Baugewerbe, Reinigung usw.) machen. Viele Personen mit Schweizerpass wollen diese Arbeit nicht erledigen und noch viel weniger zu den Löhnen, welche die Unternehmen bereit sind zu bezahlen. Eine womöglich gar studierte Person aus einem krisengeschüttelten Land ist oft froh, wenn sie überhaupt Arbeit hat.
Es spielt keine Rolle, nach welchem Mass eine Überbevölkerung diagnostiziert wird, dabei wird in jedem Fall Ursache und Wirkung vertauscht. Die Bevölkerungsdichte eignet sich höchstens zur Betrachtung von lokalen Gegebenheiten. Ein Bauer mag eine Stadt als überbevölkert betrachten, ein Städter wird jedoch die Vorteile, wie z.B. ein grosses Angebot an Dienstleistungen auf kleinem Raum, entgegenhalten. Der Selbstversorgungsgrad ist noch weltfremder und kann nur von Gruppen genannt werden, welche uns in die Steinzeit zurück wünschen, oder die Entwicklungen der letzten Jahrhunderte wie Arbeitsteilung und Globalisierung, ohne welche wir auf viele Rohstoffe und Konsumgüter verzichten müssten, nicht mitbekommen haben. Der Flächenverbrauch ist ebenfalls kein Mass dafür, weil der Zusammenhang in einem viel höheren Mass davon abhängt, wie wir leben und produzieren, als von der Anzahl Menschen, die den Planet bewohnen. Genauso verhält es sich auch mit den Umweltschäden und der Lebensqualität.
Marx geht davon aus, „dass jede Entwicklungsstufe ihr eigenes Bevölkerungsgesetz hat”. Er analysiert im Kapitel Relative Zuschuss-Bevölkerung im Kapitalismus des Kapitals, dass es im Kapitalismus eine Tendenz zur zunehmenden Akkumulation gibt. Die Akkumulation wird durch den vermehrten Maschineneinsatz verstärkt, da dadurch der Anteil der menschlichen Arbeit reduziert werden kann. Wenn beispielsweise der Lohn (variables Kapital) ursprünglich 1/2 des Gesamtwerts ausmachte, war es später nur noch 1/3, 1/4, 1/5, 1/6 usw. Dagegen nahm der Anteil der Produktionsmittel (konstantes Kapital) von 2/3 auf 3/4, 4/5, 5/6 usw. am Gesamtkapital zu. „Die Nachfrage nach Arbeit [wird] nicht durch den Umfang des Gesamtkapitals, sondern durch den seines variablen Bestandteils bestimmt […]” Das Gesamtkapital wächst, der Bedarf an menschlicher Arbeit nimmt proportional ab. “Mit der durch sie selbst produzierten Akkumulation des Kapitals produziert die Arbeiterbevölkerung also in wachsenden Umfang die Mittel ihrer eigenen relativen Überzähligmachung.” Dabei handelt es sich nicht um eine Überbevölkerung, sondern um eine, durch die kapitalistische Produktion geschaffene Reservearmee. Fände keine Akkumulation statt, d.h. würden entsprechend der verhältnismässigen Zunahme des konstanten Kapitals die Arbeitszeit verkürzt bei gleichem Lohn, gäbe es keine Arbeitslosigkeit. (Meek, et al., 1956) Diese Reservearmee dient dem Kapital einerseits dazu die Löhne zu drücken, andererseits als “Reserve” bei einer schnellen Zunahme der Akkumulation.
Wie hier aufgezeigt wurde, gibt es keine Überbevölkerung und wird es auch nie eine geben. Die Ursache für Umweltprobleme beim Bevölkerungswachstum von Entwicklungsländern zu suchen ist rassistisch und vor allem falsch. Der grösste Teil des Ressourcenverbrauchs findet in den westlichen Staaten statt und ist durch das kapitalistische Wirtschaften verursacht. Damit wir bei uns nichts ändern müssen und den Lebensstandard halten können, müssen die Länder des Südens weiter unterdrückt und deren Ausbeutung aufrechterhalten bleiben. Von den Lügen der Neomalthusianer*innen, wie sozial und ökologisch sie auch vorgeben zu sein, lassen wir uns nicht täuschen und werden sie genauso wie alle anderen reaktionären Tendenzen bekämpfen.

Literaturverzeichnis

ARTE Journal. 2013. [Online] 03. 10 2013. http://www.arte.tv/de/kinderparadies-frankreich/6857714,CmC=6857758.html.
Bebel, August. 1994. Die Frau und der Sozialismus. Bonn : J.H.W. Dietz Nachf., 1994. S. 431-444. Bd. 9.
Bundesamt für Statistik. 2014. [Online] 2014. [Zitat vom: 26. 09 2014.] http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/01/06/blank/key/02/05.html.
CIA. 2007. [Online] 02. 02 2007. http://www.welt-in-zahlen.de/.
Ecopop. 2014. [Online] 21. 08 2014. http://ecopop.ch/joomla/index.php/de/initiative-topmenu-330.
GFN. 2012. Global Foodprint Network. [Online] 05. 08 2012. http://www.footprintnetwork.org/de/index.php/GFN/page/trends/cuba/.
HDR. 2013. [Online] 2013. http://hdr.undp.org/en/countries/profiles/CUB.
Hollstein, Miriam und Siems, Dorothea . 2013. So bürgerlich tickt die deutsche Jugend. Die Welt. 09. 06 2013.
Luxemburg, Rosa. 1975. [Hrsg.] Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED. Gesammelte Werke – Die Akkumulation des Kapitals. Berlin : s.n., 1975, Bd. 5, 14, S. 181.
Malthus, Thomas Robert. 1803. Essay on the Principle of Population. 2. England : s.n., 1803.
Marx, Karl. 1975. Karl Marx/Friedrich Engels – Werke. Über P. J. Proudhon. 6. Berlin : (Karl) Dietz Verlag, 1975, Bd. 16, S. 26.
Meek, Ronald L., Marx, Karl und Engels, Friedrich. 1956. Marx und Engels über Malthus. Berlin/DDR : Dietz Verlag, 1956.

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