Menu Schließen

USA: What the fuck happened?

Die Wahl von Trump als Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika ist eine Katastrophe. Dies zu verharmlosen oder sich vorstellen, alles könne wie früher weiterlaufen, sind allerdings die schlechtesten Optionen damit umzugehen. Was tun?

von BFS Basel/Zürich
What the fuck happened?! So oder ähnlich wird es am Tag nach dem 9. November vielen gegangen sein. Anzeichen gab es viele, in ihrer ganzen Tragweite richtig gedeutet haben sie wenige (auch wir nicht!).
Erklärungen wird es jetzt viele geben, aber lasst uns festhalten, dass noch kurz vor der Wahl die New York Times Hillarys Wahlchancen auf 85% gesetzt hat. Und auf seinem Weg zur Präsidentschaft wurde Trump immer belächelt, für unfähig und ohne Chance erklärt. Es war aber nicht das einzige Fehlurteil, das aus den liberalen, weltoffenen Medienhäusern der Ostküste kam.
Amerikanische Leitmedien haben monatelang Trump wegen seinen Angriffe gegen Frauen und Migranten – zu Recht – gebrandmarkt, und plötzlich kam es nach der Wahl zu einem ganz anderen, versöhnlichen Ton: Zusammenarbeit, „geregelten Übergang“, Vier-Augen-Gespräche. Obama sagte: „Wir gehören alle zum selben Team“. Bald waren Berichte zu lesen, die Trump bei der Arbeit an seiner zukünftigen Regierung (administration) zeigten und den Eindruck eines Rückkehrs zur Normalität vermitteln sollten. Auch die Schweizer NZZ beteiligte sich am diesem traurigen Schauspiel. Spätestens seitdem Trump den Rassist und rechter Publizist Stephen Bannon als ein von seinen engsten Beratern ernannt hat, sollte es allen klar sein: Trump wird einen ultrakonservativen, fremdenfeindlichen Agenda durchsetzen, das die Grundrechte von Millionen von Menschen in den USA gefährdet. Jeglicher Versuch, diesen Kurs, der jetzt vor unseren Augen bestimmen wird, zu verharmlosen oder zu bagatellisieren ist nicht nur fehl am Platz, es unterschätzt fatal die zerstörerische Kraft eines Politikers wie Trump, wenn er die Exekutivmacht bekommt.

Du bist Trump!

Trump geht auch dich etwas an! Die Zeiten, in denen uns egal sein konnte, wer in einem anderen Erdteil gerade regiert sind vorbei. Wir leben im globalen Dorf.
Wie stellst du dir ein sinnvolles Klimaabkommen vor, wenn in den USA eine Partei an der Macht ist, die den Klimawandel für Humbug hält? Kann die Welt 4-8 Jahre warten, um ein dringend nötiges Klimaprotokoll auszuarbeiten?
Und das ist bei weitem nicht das einzige Problem in einer Trump-Präsidentschaft. Internationale Beziehungen, Atomwaffenverträge, Weltwirtschaftskrisen, und Kriege sind alles Bereiche, bei denen Trump nun die Weltmacht Nummer eins befehligt und die uns hoffentlich nicht egal sind. Und Trump ist nicht allein; die Vorsitzende der rechten Partei Front National in Frankreich, Le Pen war die erste, welche Trump zum Sieg gratulierte. Und allein ist sie nicht, es warten von AfD, Front National bis zu der griechischen rechtsradikalen Partei „goldene Morgenröte“ überall rechte politische Parteien, welche gerne in die Fusstapfen von Trump treten würden.

Die Gründe

Lasst uns eines ganz klar stellen: Die Demokratische Partei trägt eine enorme Verantwortung für das Debakel. Die Demokraten haben nicht nur alles unternommen, um die Kandidatur von Bernie Sanders zu torpedieren, wie Enthüllungen von wikileaks zeigen. Mit Hillary Clinton haben sie die schlechteste aller Kandidat*innen aufgestellt… Eine ehemalige Konzernführerin des Spitzenausbeuter Wal-Mart, die schon von seiner Biographie her, eine krasse Absage an den vielen Hoffnungen der supporters von Sanders brachte: keine kostenfreie Bildung für alle, keinen korrekten Mindestlohn, kein Ende der Misere in den maroden service publics. Die Botschaft von Hillary war, vereinfacht: „Gebt mir die Stimme, aber geht gefälligst weg von den Straßen!“ Hillary Clinton hat dann die Mehrheit der Stimmen bekommen, sogar mit einem Vorsprung von 2,2 Millionen Stimmen. Die Gründe dafür sind unterschiedlich, anschlaggebend war es wahrscheinlich dass viele Menschen trotzdem eine Trump-Präsidentschaft verhindern wollten. Weil das Wahlsystem der USA jedoch aus der Zeit der Sklaverei kommt, und tiefst ungerecht ist, hat diese rechnerische Mehrheit aber nicht gereicht, was die Demokraten massiv unterschätzt haben. Außerdem haben die Demokraten die wichtigsten Bedürfnisse der Lohnabhängigen von urbanen Ballungszentren wie Chicago, Houston oder Los Angeles vernachlässigt, sie wurden in Wahlkampfspots kaum thematisiert. Während dessen hat Trump die Wähler in gezielten Regionen agitiert, wo er wusste, er konnte die Mehrheit zu seinem Gunsten zu kippen bringen (in den so genannten „swing states“). Jahrelanger sozialer Abstieg, Krieg und gleichzeitige Rettungspakete für die Banken sowie skrupelloses Verhalten der Grosskonzerne haben ihres dazu beigetragen, dass die Wahlberechtigten in desindustrialisierten Städten die Schnauze voll haben und jede Gelegenheit ergreifen, um es „denen da oben“ zu zeigen. Und auch hier sprechen wir nicht von einem isolierten Phänomen, siehe beispielsweise Brexit.
Als die Demokraten eine Establishment-Kandidatin aufgestellt haben, gaben sie den Republikanern die Möglichkeit, einen populistischen Kandidaten aufzustellen. Sie haben frei Haus alle Waffen gestreckt und zugelassen, dass alle begründete Abneigung der Menschen, gegen das politische System, ihre schlechten Zukunftschancen nun von Trump aufgegriffen werden. Dieser wiederum hat all den Hass auf Minderheiten umgelenkt, in dem er alle zu Sündenböcke gemacht hat die nicht in sein Weltbild passen. Sie hätten es wissen müssen: Warum wurde Hillary Clinton fast von Bernie Sanders bei den Vorwahlen geschlagen? Weil die Amerikaner*innen lieber einen sich selber als Sozialisten bezeichnenden Knacker gewählt hätten, als noch einmal 4 Jahre Business as ususal zu ertragen.

Breitester Widerstand ist nötig, es fängt bei dir an!

Wer in einer solchen Situation versucht, mit seiner Kritik zurückzuhalten, um gewisse kurzzeitige Kompromisse durchzusetzen, macht sich im besten Fall etwas vor, im schlimmsten Fall ist es eine Gefahr für uns alle. Genau so gibt man den rechten Parteien jede Möglichkeit, die Not der Menschen, ihre angestaute Unzufriedenheit und ihre Ohnmacht in hässliche sexistische, homophobe und rassistische Parolen zu verwandeln! In einer solchen Zeit hilft nur, das System, welches die Menschen in den Abgrund treibt, offen, ehrlich und in Theorie und Tat zu bekämpfen. Alle anderen machen sich lächerlich in den Augen derer, die seit Jahrzehnten verlieren!
Für alle, die den staatlich verordneten Rassismus verabscheuen, und die brutalste Enteignung der lohnabhängigen Klassen nicht tatenlos zugucken wollen, kann es nur eine Antwort geben: organize and demonstrate! Zusammen mit anderen Organisationen, die in Amerika seit Jahren für die Interesse aller Ausgebeuteten und Unterdrückten kämpfen, heisst es für uns , den breitesten Widerstand gegen die Trump-Politik und seine Nachahmer in Europa ist aufzubauen. Schon in der Nacht der Wahlergebnisse gingen viele spontan auf die Straße, mussten ihre Empörung und – ja – ihr Eckel angesichts einer trüben Zukunft unter Trump einfach kundgeben. Die vielen Bilder von Demos waren ermutigend, es geschieht aber gerade mehr: überall in den USA bilden sich Gruppen von Aktivisten, die nicht bereit sind, Trump als „Naturkatastrophe“ zu akzeptieren und sein Regime zuzulassen. Welche Form dieser Widerstand nehmen wird, ist noch offen. Eines können wir aber schon sagen: für die Migranten, die um ihr Bleiberecht kämpfen, für die antirassistischen Aktivist*innen der Bewegung „Black Lives Matter“, für die vielen Lohnabhängigen, die für Mindestlöhne kämpfen, für die hunderten von Frauengruppen, die sich gegen die chauvinistische Verachtung zu Wehr setzen, für alle diesen Menschen im Widertand ist es existenziell wichtig, dass ihren Stimmen international Gehör finden und dass ihre Anliegen auch hier in Europa Unterstützung erfahren. Da ist eine echte Linke gefragt, die fähig ist, alle Kämpfe gegen Rassismus mit den Kämpfen für soziale und ökologische Gerechtigkeit zusammenzubringen. Dies kann nur gelingen, wenn wir anfangen, Mauer zu überwinden und auf die Fähigkeit der Menschen in Sozialkämpfen vertrauen, den Mächtigen die Macht zu entreißen. In den Worten unseres amerikanischen Genossens (Edito von Socialist Worker, 30.11.2016):
„As Socialist Worker has always maintained, the idea that fighting for the rights of the oppressed can or should be separated from the working class struggle is completely alien to socialist politics.”

Verwandte Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert