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1. Mai: Schluss mit Massenentlassungen, Sozialabbau und rechter Hetze!

Der diesjährige 1. Mai 2015 – der Kampftag der Lohnabhängigen – findet vor dem Hintergrund von sich krass verschärfenden Angriffe der Unternehmen und der bürgerlichen Parteien auf unsere Arbeits- und Lebensbedingungen statt. Alternativen zur schweizweiten Entlassungswelle, zum Sozialabbau und zur grassierenden rechten Hetze sind dringend nötig.

von BFS Zürich

Die Umverteilung des Reichtums stoppen!

Die Schweizer Konzerne offerieren eine Runde – für ihre Aktionär*innen: Die 20 grössten börsenkotierten Unternehmen der Schweiz zahlten 2015 – notabene im Jahr der Frankenstärke – Dividenden in der Höhe von 40 Milliarden Schweizer Franken aus! Hätte man diese 40 Milliarden auf die in der Schweiz wohnhafte Bevölkerung verteilt, hätte jede Person einen Zustupf von 4800 Schweizer Franken erhalten.
Aufgrund der Unternehmenssteuerreform II von 2008 ist es den Konzernen zudem möglich, den Aktionär*innen die Dividenden steuerbefreit – in Form von Kapitalrückzahlungen – auszurichten. Nicht nur grosse Unternehmen wie ABB, Glencore, Roche, UBS oder Zurich haben von dieser Regelung in den letzten Jahren milliardenschweren Gebrauch gemacht.
Die stetig steigenden Dividendenausschüttungen sind nicht zuletzt eine Folge der 2007/08 ausgebrochenen Überproduktionskrise des globalen Kapitalismus, welche profitträchtige Investitionen verunmöglicht und die Konzerne dazu drängt, ihr Kapital entweder an den Finanzmärkten oder im Immobiliensektor zu investieren oder eben an ihre Kapitaleigner*innen auszuzahlen.
Das parasitäre Verhalten der globalen Konzerne wurde der Welt durch die Enthüllungen der «Panama Papers» einmal mehr deutlich vor Augen geführt. Obwohl es eigentlich niemanden überraschen sollte, verdeutlichen die «Panama Papers», mit welcher Sorgfalt die Konzerne und die Eliten dafür sorgen, den kleinstmöglichen Betrag an Steuern an den Fiskus abzuliefern. Es grenzt an Hohn, dass sich die selben Unternehmen und Bonzen noch als Heilsbringer der Gesellschaft inszenieren, indem sie behaupten, dass sie den Lohnabhängigen Arbeitsplätze zur Verfügung stellen und für deren Wohlstand sorgen würden.
Mittels den Dividendenausschüttungen und den globalen Praktiken der Steuerhinterziehung eignen sich die Kapitalbesitzer*innen immer grössere Teile des globalen, von den Lohnabhängigen produzierten Reichtums an und verschärfen die weltweite, soziale Ungleichheit.

Schluss mit den Angriffen auf unsere Arbeitsbedingungen!

Die Kreativität und die Vielfalt, mittels derer die Kapitalist*innen unsere Arbeits- und Lebensbedingungen angreifen, ist enorm. Die wohl wichtigste Antwort der Schweizer Kapitalist*innen auf die «Frankenstärke» war die massive Anhebung der Arbeitszeit im Industriesektor im Frühjahr 2015. Dutzende Unternehmen, allen voran grosse Industriekonzerne wie ABB, Bühler, Georg Fischer, Stadler Rail etc., erhöhten die Wochenarbeitszeit auf bis zu 45 Stunden – bei gleichbleibendem Lohn. Die Unternehmen gaben vor, dass diese Erhöhung notwendig sei, um einen Arbeitsplatzabbau zu verhindern. Die gesteigerte Ausbeutung der hiesigen Arbeitskräfte wurde von den Gewerkschaften widerstandslos toleriert.
Nicht wirklich überraschend vergassen dieselben Unternehmen ihre Versprechungen von der Sicherung des «Werkplatzes Schweiz» und begannen massenhaft Arbeiter*innen zu entlassen, sobald sich gegen Ende 2015 die Auftragsbücher leerten. Seither wurden in der Industrie (ABB, Alstom, Rieter, Schindler, Sulzer, uvm.), im Detailhandel, im Banken- und Versicherungssektor (CS, Zurich), bei den ehemals staatlichen Betrieben wie der Swisscom und der SBB bereits Zehntausende Arbeiter*innen und Angestellte auf die Strasse gestellt.
Die regelrechte Entlassungswelle, welche die Schweiz überrollt, wird den Druck auf die Löhne und Arbeitsbedingungen für alle anderen Lohnabhängigen noch zusätzlich verstärken.

Gegen staatlich verordnetes Lohndumping!

Es sind aber nicht nur die privaten Unternehmen, die mit allen Mitteln versuchen, die Löhne zu drücken und die Arbeitsbedingungen der Lohnabhängigen anzugreifen. Ende März 2016 wurden die Mindestlohnvorschläge der Tripartiten Kommission des Kantons Zürich publik. In dieser sind der Kanton, die Unternehmen und die Gewerkschaften vertreten. Die Vorschläge hätten angeblich zum Ziel gegen das Lohndumping im Kanton vorzugehen. Die Kommission schlägt für den Detailhandel einen Mindestlohn von 3415 Franken und für die Maschinenbaubranche 3850 Franken monatlich vor – unabhängig von Alter, Ausbildung und Berufserfahrung –, was sogar den Blick am 29. März 2016 zur Aussage verleiten liess, dass die Schweiz ein «Lohndumping-Problem» habe.
Diese Vorschläge werden das Lohndumping mitnichten eindämmen, im Gegenteil, sie zementieren das Lohndumping mittels staatlichen Regelungen. Obwohl die Gewerkschaft Unia die Vorschläge kritisiert, befindet sie sich argumentativ in der Sackgasse. Denn sie selbst hat 2013 in der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (MEM) einen Gesamtarbeitsvertrag unterschrieben, in dem erbärmliche Mindestlöhne zwischen 3300 und 3850 Franken festgesetzt wurden! Die erstmalige Festlegung von Mindestlöhnen in der MEM-Industrie wurde damals sogar als grosser Erfolg gefeiert! Dementsprechend unglaubwürdig ist die Kritik der Unia an den Vorschlägen der Tripartiten Kommission.
Den Bürgerlichen sind sogar diese staatlich verschriebenen Hungerlöhne zu hoch. In der Argumentation ihres Sprachrohrs, der NZZ, werden die Lohnabhängigen dabei regelrecht in Geiselhaft genommen. So schreibt diese am 29. März 2016, dass zu hohe Mindestlöhne dazu führen würden, dass besser qualifizierte Grenzgänger*innen den hiesigen Lohnabhängigen die Arbeit wegnehmen würden und man deshalb auf reglementierte Arbeitsbedingungen und Löhne verzichten solle. Dabei ist es offensichtlich, dass ein tatsächlich greifender Schutz der Löhne – inklusive genügend Kontrollen an den Arbeitsplätzen sowie massiv ausgebauten flankierenden Massnahmen in Bezug auf die Personenfreizügigkeit mit der EU – die einzig sinn- und wirkungsvolle Antwort auf das grassierende Lohndumping in der Schweiz ist.

Schluss mit Sozialabbau!

Parallel zu den Angriffen auf die Löhne forciert das Zürcher Bürgertum Abbaumassnahmen des Service Public. Seit 25 Jahren reihen sich nun bereits Steuersenkungen für die Reichen und Unternehmen sowie Sozialabbaumassnahmen aneinander. Alleine zwischen 1996 und 2006 wurden im Kanton Zürich Steuersenkungen von insgesamt 1 Milliarde Franken durchgesetzt, die seither jährlich in der Kasse fehlen. Parallel dazu baute der Kanton in derselben Höhe seine öffentlichen Leistungen ab. Mit dem Sanierungsprogramm 2004, dem Massnahmenplan Haushaltsgleichgewicht 2006 (zweiteilig) sowie dem Sanierungsprogramm 2010, welches notabene erst 2014 ausgelaufen ist, wurden die Ausgaben um insgesamt 5,7 Milliarden Franken gekürzt; knapp 2/3 davon in den Bereichen Bildung (1,2 Milliarden), Gesundheit (1,1 Milliarden) und bei den Angestellten des öffentlichen Dienstes (1,1 Milliarden).
An seiner Pressekonferenz vom 13. April 2016 konkretisierte nun der Zürcher Regierungsrat die im Herbst 2015 beschlossenen Abbaupläne in der Höhe von jährlich 694 Millionen Franken bis 2019. Am stärksten betroffen sind einmal mehr der Bildungsbereich, das Gesundheitswesen sowie der öffentliche Verkehr.
Diesen Teufelskreis von Steuersenkungen und darauffolgenden Sparpaketen – flankiert von immer weiter fortschreitenden Privatisierungen (insbesondere im Gesundheitswesen) – gilt es zu durchbrechen. Denn in der Tat entsprechen die Sparmassnahmen, ebenso wie die direkten Lohnkürzungen, einem Abbau unserer (Sozial-)Löhne.

Widerstand gegen Rassismus und rechte Hetze!

Die Angriffe auf unsere Arbeits- und Lebensbedingungen werden begleitet von einer permanenten rechten Hetzkampagne und ständigen Angriffen auf die Rechte der migrantischen Bevölkerung in der Schweiz, indem letzterer der Zugang zu gleichen Lohn- und Arbeitsbedingungen, Bildungsmöglichkeiten oder gleichen Sozialhilfestandards verwehrt wird. Die SVP und ihre bürgerlichen Verbündeten versuchen den Schweizer Lohnabhängigen dabei vorzugaukeln, dass ein Herr Spuhler (Stadler Rail) oder die Familie Schindler (Schindler Group), die massgeblich für Arbeitszeiterhöhungen und Entlassungen verantwortlich sind, unsere Freunde seien. Migrantische Arbeitskräfte hingegen werden als unsere Konkurrent*innen bezeichnet. Solche Verleumdungen sind – angesichts der von den rechten Hetzern eingenommenen Machtpositionen in den Unternehmen und den Entlohnungen, welche sich diese Kapitalist*innen jährlich gönnen – schlichtweg absurd und hetzerisch.
Die Stigmatisierung der Migrant*innen zu Sündenböcken für jegliche gesellschaftlichen Missstände geschieht nicht nur auf ideeller Ebene, sondern hat auch eine konkrete, materielle Seite, indem Migrant*innen als «billige» Arbeitskräfte und als «Lohndrücker*innen» eingesetzt werden. So werden geflüchtete Menschen unter anderem dazu angehalten in «Beschäftigungsprogrammen» zu arbeiten. Diese Beschäftigung ist für viele Geflüchtete eine willkommene Ablenkung von den Erinnerungen an Flucht und Krieg oder von dem eintönigen Alltag in Asylunterkünften. Doch anstatt angemessen entlohnt zu werden, verdienen sie im Normalfall 150 Franken pro Monat – zynischerweise zum Beispiel für das Ausreissen von invasiven, fremden Pflanzen. Auch in anderen Bereichen, wie der Landwirtschaft, führen Migrant*innen zu Tausenden mies bezahlte Lohnarbeit aus. Diese „Integration“ in die Arbeitswelt entspricht in Tat und Wahrheit schlicht einer krassen Ausbeutung migrantischer Lohnabhängiger und macht deutlich, wie die rassistisch legitimierte, strukturelle Unterdrückung und Ausbeutung von Menschen Teil des kapitalistischen Herrschaftssystems ist.
Auch die anstehende Asylgesetzrevision, über welche am 5. Juni 2016 abgestimmt wird, wird die Lebensbedingungen von asylsuchenden Menschen weiter verschlechtern. Dass die geplante Beschleunigung der Asylverfahren, welche unter anderem eine skandalöse Verkürzung der Rekursfristen für abgelehnte Asylverfahren vorsieht, nicht den Migrant*innen, sondern dem Budget des Staatssekretariat für Migration (SEM) zu Gute kommt, belegen bereits durchgeführte Tests in den neuen Bundeszentren.

Kämpferische Perspektiven und Forderungen entwickeln!

Das Ziel von Arbeitszeiterhöhungen, Lohnkürzungen, Entlassungen und der damit verbundenen Intensivierung der Arbeit für die verbliebenen Arbeiter*innen, dem Abbau des Soziallohns und der Erhöhung der Arbeitsproduktivität ist es, die Ausbeutung der hiesigen Arbeitskräfte absolut und relativ zu erhöhen. Damit sollen die Profite der Unternehmen gesteigert und das Kräfteverhältnis zwischen Kapital und Arbeit weiter zu Gunsten des Kapitals verschoben werden.
Unsere Antwort auf diesen Klassenkampf von oben kann nur in der gemeinsamen Mobilisierung der Beschäftigten an den Arbeitsplätzen, der Jugend und der Nutzer*innen des Service Public zu finden sein. Die Lohnabhängigen in Frankreich machen es uns zurzeit vor. In Frankreich demonstrieren und streiken seit März 2016 Hunderttausende Arbeiter*innen und Jugendliche gegen die von der sozialdemokratischen Regierung geplante Arbeitsrechtsreform, welche u.a. eine Aufweichung der 35-Stunden-Woche und des Kündigungsschutzes sowie weitere Flexibilisierungsmassnahmen vorsieht. In dieser vorbildlichen und breiten Mobilisierung gehen die Forderungen über die Rücknahme der Reform hinaus und geben der Protestbewegung eine längerfristige Perspektive.
Auch in der Schweiz sollten wir versuchen, Forderungen zu entwickeln, die allfälligen Mobilisierungen – an den Arbeitsplätzen oder gegen den Abbau des Service Public – konkrete Handlungsmöglichkeiten und Perspektiven aufzeigen können. Einige Punkte scheinen uns dabei zentral:
Erstens müssen jegliche Angriffe auf unsere Löhne, Arbeitsbedingungen oder Arbeitsplätze rigoros und durch die kollektive, direkte Aktion der Betroffenen verhindert werden.
Zweitens gilt es die Solidarität zwischen uns Lohnabhängigen – egal welcher Herkunft – zu stärken und auszubauen. Rechten Demagogen und Hetzern müssen wir entschieden entgegentreten.
Drittens sollten wir gemeinsam den Ausbau des Service Public fordern (es ist ja unser Lohn!) und wenn immer möglich die Beteiligung und Kontrollmöglichkeiten durch die Beschäftigten und die Nutzer*innen verlangen.
Viertens sollten wir offensiv für eine echte, radikale Steuerreform eintreten. Eine solche Reform müsste es ermöglichen, die Steuerhinterziehung rigoros zu bekämpfen, Steuerschlupflöcher zu stopfen (u.a. Steuererleichterungen in 2. und 3. Säule, im Stiftungswesen oder den weit verbreiteten Steuererlass für Unternehmen, insbesondere bei Neuansiedlung oder in wirtschaftlichen Notlagen), Kapitalsteuern sowie Erbschaftssteuer zu erheben, generell die Harmonisierung der Steuern auf Schweizer Niveau anzustreben, sowie die Mehrwertsteuer abzuschaffen. Indem wir das Kapital zur Kasse zwingen, könnten wir das Kräfteverhältnis auf dieser Ebene zu unseren Gunsten verschieben und uns zurückzuholen, was uns eh gehört!
Schluss mit dem Abbau des Service Public – für eine radikale Steuerreform!
Gegen die Ausspielung von Lohnabhängigen aufgrund ihrer Herkunft – gleiche Rechte für alle in Gesellschaft und am Arbeitsplatz!
Stopp aller Entlassungen – für eine massive Arbeitszeitverkürzung!
Dieser Text wird an den 1. Mai-Demos in Zürich und Basel als Flyer verteilt.

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