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Fribourg: Gegen die Erhöhung der Studiengebühren!

Wie auch an zahlreichen anderen Universitäten und Hochschulen in der Schweiz wurden auch in Fribourg kürzlich die Studiengebühren erhöht. Dagegen regt sich Widerstand. Dieser Artikel stellt diese Politik in einen grösseren Zusammenhang und zeigt auf, dass es  Alternativen gäbe. (Red.)
von BFS Fribourg
Eine Erhöhung der Semestergebühren von ca. 35% an der Universität Fribourg ab September 2018: Das ist die schlechte Nachricht, die wir plötzlich in diesem neuen akademischen Jahr erfahren haben. Nach der jüngsten skandalösen Erhöhung der Krankenkassenprämien für 2018, von der Jugendliche in allen Kantonen stark betroffen sind, steigen nun auch die Studiengebühren. Zur Erinnerung: In Fribourg sind sie im Vergleich zu den anderen französischsprachigen Kantonen bereits die höchsten. So müssen die Studierenden ab September 2018 ihre jährlichen Ausgaben für Studiengebühren um rund 400 CHF erhöhen, von 655 CHF auf 855 CHF pro Semester (bzw. von 805 CHF auf fast 1100 CHF für ausländische Studierende). Warum diese Erhöhung? Die Präsidentin der Universität, Frau Epiney, äusserte sich sehr deutlich zu diesem Thema: “Es ist richtig, dass die Studierenden auch an der Entwicklung der Universität beteiligt sind, was ihnen zugute kommt” (LaLiberté, 18. Oktober 2017). Solch eine Aussage zeigt deutlich, dass die Studierende nur noch als „Nutzer*innen von Dienstleistungen“ gesehen werden. Dies entspricht einer Vision der Universität, die von der neoliberalen Doktrin inspiriert ist, d. h. einer Sicht, welche die sozialen Ungleichheiten noch einmal verstärkt.

Die Universität als Unternehmen

Mit der Verabschiedung des neuen Universitätsgesetzes in Fribourg wurde bereits 2015 der Weg für eine Stärkung der Management-Logik an der Universität geebnet. Tatsächlich hatte die von der Expertengruppe gewünschte Autonomie im Hochschulmanagement zwei grundlegende politische Ziele. Einerseits sollten Kompetenzen und Befugnisse beim Rektorat zentralisiert werden zuungunsten des Senats der Universität sowie der verschiedenen Fakultäten (die fünf Dekane hatten damals diesen Schritt durch ein Schreiben an den ehemaligen Rektor, Herrn Vergauwen, kritisiert). Damit sollten demokratische Diskussions- und Entscheidungsfindungsprozesse innerhalb und ausserhalb der Universität eingeschränkt oder gar ausgelöscht werden. Andererseits sollten die Bestimmungen des Gesetzes den Boden für eine ganze Reihe von strukturellen Veränderungen bereiten, die der Staatsrat im Rahmen der generellen Austeritätspolitik im Kanton plant (z.B. Umstrukturierung der Fakultäten, Abschaffung bestimmter Studienrichtungen und effiziente Umverteilung der Ressourcen in attraktiveren Gebieten). Kurzum, dieses neue Gesetz sollte die Universität “wettbewerbsfähiger und dynamischer” machen, ganz im Sinne des Strategiepapiers “Horizont 2020” des Rektorats. Die unsoziale Politik der Studiengebührenerhöhung muss in diesem Kontext betrachtet werden.

Ein ungerechter Bildungszugang

Die Politik der Studiengebührenerhöhung des Rektorats, die bereits von den Mitgliedern des Staatsrates und des Senats der Universität unter dem Vorsitz von Herrn Castella (FDP-Abgeordneter des Grossen Rates) faktisch unterstützt wird (und wahrscheinlich hinter den Kulissen bereits beschlossen wurde), würde die Alma Mater auf das Podium der teuersten Universitäten der Schweiz führen (hinter St. Gallen und der Universität der italienischen Schweiz). Zusätzlich zu den Studiengebühren werden die Studierenden zur „Selbstverantwortung“ gedrängt, indem Einschreibegebühren von 10 bis 30 CHF für jede Prüfung eingeführt werden. Diesbezüglich besteht ein Unterschied zu anderen Universitäten, wo diese Gebühren bereits mit den Semestergebühren bezahlt werden.
Diese Philosophie setzt die in Fribourg tief verankerte neoliberale Vision der universitäreren Bildung auf zwei Ebenen um. Erstens sind die Studierenden aus dieser Perspektive “Klienten und Klientinnen” der Universität und werden gebeten, einen Preis für ihre Investition in Humankapital zu zahlen. Dieses Prinzip wird im Fachjargon “user-pays Prinzip” genannt. [demnach würden Ressourcen am besten genutzt, wenn die Konsumierenden den vollen Preis dafür bezahlen müssen, Anm. d. Red.]. Zweitens werden sich Investitionen in Humankapital gemäss dieser Auffassung von Bildung für die Studierenden auf dem Arbeitsmarkt im Anschluss an das Studium auszahlen.
Was aber sind die sozialen und wirtschaftlichen Folgen dieser Konzeption? Zunächst einmal gibt es Schwierigkeiten bei der Deckung aller Ausbildungskosten. Zusätzlich zu den Kosten für Bücher und Studienmaterialien müssen die meisten Studierenden auch Miete zahlen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Schweizer Universitäten stammen mehr als 75% der Studierenden von ausserhalb des Kantons. Dazu kommt die Häufung von Teilzeitarbeit, die oft prekär ist und von der drei Viertel der Studierenden in der Schweiz abhängig sind. Hiermit wird eine gute Ausbildung für die Studierenden erschwert und die Studienzeit oftmals verlängert. Ausgehend von dieser objektiven Grundlage können wir von einer klassenabhängigen Bildung in der Schweiz ausgehen. Zudem sind Stipendien in der Schweiz sehr gering (der Gesamtbetrag der Studienförderung ist zwischen 1990 und 2011 um 6% gesunken). Somit gehört das schweizerische Hochschulsystem zu den selektivsten der OECD-Länder.

Es gibt Alternativen!

Diese Politik folgt jedoch keiner Notwendigkeit. Vielmehr ist sie Teil einer politischen Vision, die von der politischen Führung dieses Kantons und dem Rektorat geteilt wird. Jedoch wären andere Politiken möglich und auch notwendig, um die Hochschulbildung wirklich egalitär zu gestalten. Ein wichtiger Bestandteil dieser Alternative ist die freie und kostenlose Schulbildung. Diese wird sogar im Artikel 13 des UNO-Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte erwähnt, den die Schweiz ebenfalls ratifiziert hat. Freier und kostenloser Zugang bedeutet, „gemeinsam für das zu bezahlen, was uns allen gehört”, wie die Studierenden aus Quebec im Frühjahr 2012 sagten. Das ist auch in Fribourg bereits Realität. Studierende beteiligen sich bereits an der kollektiven Finanzierung unserer Hochschule. Zum Beispiel zahlen sie – wie jede*r andere auch – die Mehrwertsteuer. Ist die Mehrwertsteuer nicht die wichtigste Einnahmequelle für den Bund, mit der unter anderem auch die Universität Freiburg finanziert wird (ca. 19,6% der Ausgaben im Jahr 2016)? Hinzu kommt, dass ein wachsender Anteil der Studierenden bereits Steuern (vor allem kantonale Steuern) bezahlt. Werden diese Steuern nicht kollektiv genutzt, um z. B. die Universität Fribourg zu finanzieren? Vor diesem Hintergrund sind wir der Meinung, dass die halbjährlichen Studiengebühren sowie die sonstigen Gebühren, die den Studierenden nachträglich und individuell in Rechnung gestellt werden, als solche ungerecht sind. Insgesamt machen diese Beiträge gemäss dem Geschäftsbericht von 2016 5,6% des gesamten Budgets der Universität aus.
Deshalb sind wir davon überzeugt, dass die Mobilisierung gegen die Studiengebührenerhöhung nur ein Ausgangspunkt sein kann für eine Mobilisierung, welche den Widerstand gegen die Erhöhung der Studiengebühren mit der Forderung nach einer demokratischen, pluralistischen und egalitären Universität verbindet, die kostenlos jeder und jedem zur Verfügung stehen soll. Die Mobilisierung begann mit einer Online-Petition, die von fast 5000 Personen unterzeichnet wurde, und einer Demonstration, die am 9. November vom Freiburger Studierendenverband (AGEF) organisiert wurde.
Es gibt politische Alternativen. Das Vermögen des Kantons Fribourg, das Ende 2016 auf rund CHF 1’087 Mrd. geschätzt wurde, zeigt uns einmal mehr, welche Mittel in diesem Kanton zur Verfügung stehen. Es liegt an uns, eine andere Politik für eine andere kollektive Entwicklung der Universität zu fordern.

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