Menu Schließen

Klima und Kapitalismus

In wenigen Tagen finden die Climate Games in Basel statt. Sie werden nicht nur ein wichtiges Moment sein, um auf vielfältige Art und Weise gegen die fortdauernde Zerstörung unserer Lebensgrundlagen zu protestieren. Für die radikale Linke bieten sie die Gelegenheit, um auf den Zusammenhang zwischen Kapitalismus und Umweltzerstörung aufmerksam zu machen und eigene Positionen und Strategien zu entwickeln. Da der Klimawandel vor allem die Klasse der Lohnabhängigen und Menschen in ärmeren Ländern bedroht, sollten wir den Kampf gegen den Klimawandel immer als eine Klassenfrage und eine Frage der internationalen Solidarität verstehen!

David Ales, BFS Basel

Hurrikan Harvey, der stärkste Sturm in Texas seit rund 50 Jahren, überraschte Millionen Menschen mit Windgeschwindigkeiten von mehr als 200 km pro Stunde, sintflutartigen Regenfällen, mehreren Toten und verheerenden Verwüstungen. Betroffen ist ein fast 400 km langer Küstenabschnitt und ein Einzugsgebiet mit rund 16 Millionen EinwohnerInnen.

Kapitalistisches Krisenmanagement

Spätestens seit Hurrikan Katrina, der 2005 grosse Teile der Millionenstadt New Orleans unter Wasser setze, wissen wir, dass wir von der Art und Weise, wie in solchen Fällen mit Menschen umgegangen wird, viel über den Kapitalismus lernen können: Im Rahmen des Wiederaufbaus wurden Zehntausende Sozialwohnungen (Public Housing Projects) von privaten Immobiliengesellschaften abgerissen und durch Wohnraum für zahlungskräftigere Schichten ersetzt. Natürlich wäre es (kurzfristig) kostengünstiger gewesen, die bestehenden Wohnungen wieder in Stand zu setzen und so auch den ärmeren Bevölkerungsteilen zu ermöglichen, weiterhin in ihrer Stadt zu leben. Doch die Aussicht auf lukrative Profite ebendieser Firmen mit überteuerten Luxusbauten obsiegte.
Da auch in New Orleans die afro-amerikanische Bevökerung weit häufiger von Armut betroffen war (und ist), veränderte sich mit Hurrikane Katrina auch die ethnische Zusammensetzung der Stadt. Der Schriftsteller James Graham Ballard bezeichnete die Vorgänge als “eine Art ethnische Säuberung, wobei der Hurrikan die Rolle spielte, die etwa der Bürgerkrieg im früheren Jugoslawien hatte. Katrina bot den Vorwand, die unterprivilegierten Schwarzen zu attackieren.”
Der Erfolg mit den aufgewerteten Stadtteilen von New Orleans war übrigens von kurzer Dauer. Zwei Jahre später brach die sogenannte Immobilienkrise aus, die nicht nur viele Immobilienfirmen und Banken ins Schleudern brachte, sondern auch für Hundertausende überschuldete und arbeitslos gewordene Familien weltweit Zwangsräumungen oder andere katastrophale Folgen hatte. Und natürlich durften Firmen wie Lehman Brothers oder die UBS – im Gegensatz zur lohnabhängigen Bevölkerung –­ auf staatliche Nothilfe zurückgreifen und Milliarden Kredite beanspruchen.
Es wird also deutlich: Egal ob Wirtschaftskrisen oder Naturkatastrophen den Menschen zusetzen, die Konsequenzen für die Betroffenen variieren je nach Klassenzugehörigkeit, wirtschaftlicher Stärke, ethnischer Zugehörigkeit und Geschlecht.

Klima, Migration, Widerstand

WissenschaftlerInnen in aller Welt sind sich darin einig, dass Naturkatastrophen wie diejenige in Texas in den kommenden Jahrzehnten zunehmen werden. Dazu zählen nicht nur Tropenstürme und Überschwemmungen, sondern auch Dürreperioden und die damit verbundene Ausweitung unfruchtbarer Wüstengebiete. Und während die Auswirkungen schon innerhalb der reichen Länder je nach Lebenssituation höchst ungleich sind, so sind die Folgen des Klimawandels für ärmere Länder um ein Vielfaches dramatischer: In Bangladesch beispielsweise würde ein Anstieg des Meeresspiegels von einem Meter rund 30’000 km2 Land überfluten und 15 Millionen Menschen heimatlos werden lassen. Im Südwesten der Küste Bangladeschs befinden sich die grössten zusammenhängenden Mangrovenwälder der Welt, welche wiederum die Lebensgrundlage für über 10 Millionen Menschen bilden. Ein Meeresspieglanstieg von über einem Meter würde auch ihre Existenz gefährden.
Dina Ionexo und Daria Mokhnacheva haben in ihrem dieses Jahr veröffentlichenten “Atlas der Umweltmigration” dargelegt, wie stark sich künftig Fragen der Umwelt und der Migration überschneiden werden. Sie halten es für möglich, dass in den kommenden Jahrzehnten bis zu 200 Millionen Menschen in Folge von Umwelteinflüssen auf der Flucht sein werden. Denn in Folge des durch die kapitalistische Produktions- und Konsumweise verursachten Klimawandels steigt mit zunehmender Temperatur nicht nur der Meeresspiegel, sondern es werden sich ganze Wettersysteme (Luft- und Wasserströme, Temperatur- und Niederschlagsverhalten usw.) ändern.

Kämpfen wir gegen den Klimawandel!

Für die radikale Linke sind die zahlreichen Probleme, die mit dem Klimawandel verbunden sind, eine gigantische Herausforderung. Entscheidend dabei wird sein, wirksam und konstruktiv auf folgende Punkte aufmerksam zu machen:

1. Der Klimawandel ist nicht das Ergebnis unvernünftig handelnder Menschen. Er ist das Ergebnis von Menschen, die nach kapitalistischen Gesichtspunkten und auf undemokratische Weise die Produktion, Distribution und Konsumtion von Gütern organisieren und lenken.

2. Der Kampf gegen den Klimawandel muss ein Kampf um die demokratische Kontrolle über all diese Bereiche sein. Er ist somit längerfristig nur in einer antikapitalistischen und ökosozialistischen Perspektive denkbar. Nur wenn die Linke klar macht, dass ein nachhaltiger Kapitalismus erstens nicht zu haben ist und zweitens eine gänzlich andere Gesellschaft möglich und notwendig ist, wird sie es auch schaffen, eine radikal ökologische und antikapitalistische Bewegung konstruktiv zu unterstützen.

3. Da ärmere Länder ungleich härter vom Klimawandel betroffen sein werden und auch innerhalb der reichen Länder vor allem die Klasse der Lohnabhängigen unter dem Klimawandel leiden wird, müssen wir konsequent darauf hinweisen, dass Klimagerechtigkeit auch eine Klassenfrage und eine Frage der internationalen Solidarität ist.

Die in wenigen Tagen beginnenden Climate Games bieten eine wichtige Gelegenheit, um auf diese Zusammenhänge hinzuweisen und den Widerstand gegen die kapitalistische Umweltzerstörung voranzubringen.

Verwandte Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert