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Die Schüler*innenproteste in der Schweiz gehen in die nächste Runde

Nach Blockadeaktionen am Zürcher Bellevue, einer Platzbesetzung am Paradeplatz und der Schulbesetzung mit anschliessender Demo am Zürcher Gymnasium Stadelhofen haben sich die Schüler*innen entschlossen, auf den 5. April 2017 wieder zu mobilisieren. Ursprünglich haben die Luzerner Schüler*innenorganisationen zum Protesttag am 5. April aufgerufen. Weil der Sozialabbau aber in vielen Kantonen aktuell Thema ist, wird nun in verschiedenen Städten mobilisiert, darunter im Aargau, in Bern und in Zürich. Herzstück des Tages wird eine Demonstration um 14:00 Uhr ab der Stadthausanlage (Bürkliplatz) sein. Wir fordern alle solidarischen Menschen auf, an dieser Demo teilzunehmen und ein starkes Zeichen gegen Sozialabbau im Allgemeinen und Bildungsabbau im Speziellen zu setzen! (Red.)

von BFS Jugend Zürich

Sparpolitik betriff uns alle!

Vor ungefähr einem Jahr hat die Zürcher Regie­rung ihr asoziales Sparprogramm der Öffentlich­keit genauer vorgestellt. Der gesamte Umfang von 1,8 Milliarden CHF Kürzungen, verteilt über drei Jahre ist riesig und wurde mit Phrasen à la „wir müssen ALLE den Gürtel enger schnallen“ gerechtfertigt. So wurden die Kürzungen auf 125 Einzelmassnahmen – vor allem in den Bereichen Bildung, Gesundheit und öffentlicher Verkehr – aufgeteilt, um die riesige Summe im Einzelnen als klein und verkraftbar erscheinen zu lassen und den Widerstand der Beschäftig­ten und der Nutzer*innen des Service Public, den öffentlichen Leistungen, zu unter­binden. Die neusten Sparpläne sind die Fortsetzung ei­ner mittlerweile jahrzehntealten Tra­dition der allpaar­jährlichen Sparpro­gramme, bei welchen immer wieder ein paar Milliarden dem Service Public entrissen wurden. Begleitet wurde dies durch Steuergeschenke für die Reichen und grosse Firmen. Durch diese Steuerredukti­onen gingen dem Kanton Milliarden verloren, welche durch die Sparprogramme ausgeglichen werden sollen. Dieser Umverteilung nach oben müssen wir etwas entgegensetzen!
In Widerstand gegen Abbaupläne zeigten und zeigen sich immer wieder die Schüler*innen am aktivsten, auch weil die Schulen oftmals sehr stark von Sparprogrammen betroffen sind. Dies gilt auch für das aktuelle Sparpaket, bei welchem in der Bildung insgesamt 100 Millionen gespart werden sollen. Die Schüler*innen werden für die Regierung als leichtes Ziel wahrgenommen, weil sie über wenig Mitsprachemöglichkeiten verfügen und oftmals noch nicht einmal abstimmen dürfen! Ganz grundsätzlich richten sich die Sparprogram­me stark gegen Menschen, welche sowieso schon weniger Rechte und Möglichkeiten haben: Lehr­linge, geflüchtete Menschen, Suchtkranke und Menschen mit Beeinträchtigungen. So werden Deutschkurse für Geflüchtete gestrichen, die Bei­träge für die dezentrale Drogenhilfe und Sonder­schulen gekürzt und die kantonalen Lehrwerk­stätten geschlossen.
Sparmassnahmen im öffentlichen Bereich betreffen alle Menschen, die sich keine teuren Pri­vatkliniken und Privatschulen leisten können. Dazu in besonderem Mas­se auch die Ange­stellten in den Bereichen Ge­sundheit, ÖV und Bildung, die ohnehin bereits unter prekären physi­schen und psychischen Bedingungen ar­beiten müssen. Gespart wird also bei Gruppen, die wenig besitzen, keine starke Lobby haben und nur selten in den Medien vorkommen. Anstatt bei der grossen Mehrheit zu sparen, könnte man auch bei jenen 2.2% der Zürcher*innen ansetzen, wel­che gleich viel besitzen wie die restlichen 97.8%.

Eine andere Bildung ist möglich!

Doch was passiert, wenn man bei der Bildung spart? Die Klassen werden grösser, die Qualität lei­det, Wahlfreiheiten werden abgebaut. Die gleichen Leute, die mit ihrer Politik die Schulen kaputtspa­ren, beschweren sich dann über ungenügende Leistungen bei den Maturand*innen! Gleichzeitig wird immer wieder betont, wie wichtig die Bildung als Ressource für den „Wirtschaftsstandort“ sei und wie verschiedenste soziale Probleme durch mehr und bessere Bildung gelöst werden sollen. Doch Schüler*innen sind mehr als eine Kapitalanlage für möglichst hohe Profite von Firmen. Bildung ist eine Voraussetzung für kritisches Hinterfragen von scheinbar naturgegebenen Zusammenhängen, von Unterdrückung und dem aktuellen Funktio­nieren der Gesellschaft. Das schafft Bildung vor al­lem dann, wenn sie kollektiv und selbstorganisiert gestaltet wird und sich an den Bedürfnissen und Interessen der Lernenden ausrichtet. Damit mei­nen wir aber nicht beispielsweise das selbstorga­nisierte Lernen (SOL), in welchem Schüler*innen vor allem Selbstdisziplin und Eigenverantwortung eingetrichtert werden soll. Mit Selbstorganisation meinen wir, dass Schüler*innen ihren Unterricht, ihre Bildungsinhalte und die Bildungsformen selbst bestimmen können. Es ist schon erstaun­lich: Schüler*innen machen den Grossteil von Menschen aus, die von der Art und Weise wie Schule organisiert ist, betroffen sind. Trotzdem haben sie kaum die Möglichkeit über den Schul­alltag mitzubestimmen, geschweige denn auf politische Entscheide, die sie betreffen (Sparmass­nahmen!) einzuwirken. Ansätze, die zumindest die Wahlfreiheit von Schüler*innen über ihre Bil­dungsinhalte erhöhen, wie Freifächer oder Wahl­projekte, fallen den Sparmassnahmen deshalb auch immer zuerst zum Opfer. Schule soll nach Ansicht der Sparer*innen und Streicher*innen nicht der Ort für politische Mitbestimmung sein, sondern in erster Linie der Ausbildung für einen später möglichst guten Job dienen. Die einzigen institutionellen Vertretungen der Schüler*innen an den Gymis, die Schüler*innenorganisationen, beschäftigen sich oft mehr mit der Organisation von Partys als mit grundlegenden demokratischen Fragen oder den Bedürfnissen der Menschen an der Schule.
Jedoch gibt es auch immer wieder Ansätze von basisdemokratischen Organisationsformen in der Bildung. Am Aktionstag „Abbau Stoppen“ im September 2016 haben verschiedene Schulen selbstverwaltete Unterrichtsformen ausprobiert und viele Schüler*innen beteiligen sich an basis­demokratischen Initiativen ausserhalb der SOs. Hier liegt die Möglichkeit für eine grundlegende Hinterfragung der kapitalistischen Gesellschaft und einen Widerstand, der weit über dieses Ab­baupaket hinausgehen kann.
Für einen wirksamen Widerstand braucht es heu­te die Solidarität mit allen Bereichen, die von Abbauplänen betroffen sind. Gemeinsam gegen Abbaupolitik – Überall!
Flyer der BFS Jugend Zürich für die Schüler*innendemo am 5. April 2017.

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