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Schweiz: Streik auf dem Lago Maggiore

Seit dem letzten Sonntag, 26. Juni 2017 streiken die MitarbeiterInnen der Schiffahrtsgesellschaft Navigazione Lago Maggiore NLM. Grund dafür ist die Entlassung aller 34 Mitarbeitenden im Rahmen der Neukonzessionierung des Betriebs. Wir solidarisieren uns mit dem Streik und fordern die bedingungslose Rücknahme der Kündigungen sowie die Aufrechterhaltung des service public!
von BFS Zürich

Die Schifffahrt als Service Public

Der Lago Maggiore ist ein beliebtes Ausflugsziel. Tausende Personen nutzen jedes Jahr die verschiedenen Schifffahrtslinien und die damit verbundenen Angebote. Ob Hochzeit oder Scheidungsparty – kaum ein Anlass, der nicht auch auf dem Wasser ausrichtbar wäre.
Durch einen Staatsvertrag zwischen Italien und der Schweiz wurde definiert, dass der Schiffsverkehr auf dem Lago Maggiore durch ein italienisches und auf dem Lago di Lugano durch ein schweizerisches Unternehmen betrieben wird.
Normalerweise hat der Bund das alleinige Recht zur regelmässigen und gewerbsmässigen Personenbeförderung, um so die flächendeckende Versorgung durch den öffentlichen Personennahverkehr zu gewährleisten. Jedoch kann der Bund Konzessionen an Privatunternehmen erteilen, die diesen Auftrag dann erfüllen. Die Konzessionen für den Schiffsverkehr auf dem Lago Maggiore sowie dem Lago di Lugano wurden 2016 erneut den beiden traditionellen Gesellschaften NLM und der Società Navigazione del Lago di Lugano SNL zugesprochen. Im Kontext dieser Konzessionen wurde festgelegt, dass bis Ende Dezember 2017 keine Änderungen am Fahrplan sowie am Personalbestand vorgenommen werden.

Entlassungen als „Synergie-Nutzung“

Nun ist aber schon bald Ende 2017. Und prompt haben die beiden Unternehmen in einer gemeinsamen Medienmitteilung am 9. Mai 2017 von SNL und NLM angekündigt, dass sie zukünftig “eng zusammenarbeiten” wollen. Im Zuge dieser Zusammenarbeit wurde eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, mit dem Ziel das Schiffahrtsangebot im Tessin auf regionale Bedürfnisse auszurichten und zwar mit Blick auf den Grundsatz eines kostendeckenden Betriebes. Im Vordergrund der Zusammenarbeit steht jedoch eine gemeinsame Betriebsleitung (Konsortium), welche für beide Seebecken die touristische Entwicklung fördern soll.
Im Fahrwasser dieses Schulterschlusses, im Namen von Angebotsverbesserungen und der Synergien-Nutzung der beiden Unternehmen, folgt nun ein massiver Angriff auf die Lohnabhängigen, denn was mit den Angestellten der NLM sowie der SNL passiert bzw. mit was sie zu rechnen haben, über dies verlor die Medienmitteilung kein Wort.
Kurz danach kündigte die NLM, auf  Ende 2017, der gesamten 34-köpfigen Belegschaft auf der Schweizer Seite des Lago Maggiore die Stelle.

Streik als Antwort

Als Reaktion haben nun am Freitag, 23. Juni 2017 die 34 entlassenen Angestellten der NLM einen Streik beschlossen. Dieser begann am Sonntag, 25. Juni und wurde am nächsten Tag um einen weiteren Tag verlängert. Die Schifffahrt auf dem Lago Maggiore ist zurzeit blockiert.
Involviert in den Streik sind insgesamt drei Gewerkschaften. Die grösste Schweizer Gewerkschaft UNIA ist dabei, daneben der SEV (Gewerkschaft des Verkehrspersonals) und die Organizzazione Cristiano Sociale ticinese OCST, eine christlich-soziale Gewerkschaft. Alle drei haben angekündigt, den Streik gemeinsam zu begleiten und zu unterstützen.
Dabei scheint die Arbeitsniederlegung in den Augen der Gewerkschaften ein notwendiger, aber eigentlich zu radikaler Schritt zu sein. Viel lieber hätte man sich wohl zuvor in direkten Verhandlungen mit der NLM, dem Bundesamt für Verkehr und der Tessiner Regierung auf einen Kompromiss geeinigt. Trotz vorangegangenen Aktionen wie dem Tragen von „ich bin entlassen worden“-Buttons und dem Verteilen von Flugblättern haben aber scheinbar die Regierung und das Schifffahrts-Unternehmen nicht zum Einlenken bewegt werden können. Dennoch bleiben die Gewerkschaftssekretäre trotz Streik in ihrer Rhetorik zahm und wollen möglichst kooperativ wirken. Bei SEV-Gewerkschaftssekretär Angelo Stroppini klingt das dann so: „Es geht nicht darum, jemandem die Schuld zuzuschieben“. Und: „Es braucht den Beitrag aller, damit eine Lösung für die betroffenen Mitarbeiter zustande kommt.“[1]

Medienkonferenz zum Streik am Sonntag, 25. Juni 2017

Was machen die Gewerkschaften?

Damit ist auch schon angedeutet, dass sich die MitarbeiterInnen der NLM besser nicht zu sehr auf die Gewerkschaften verlassen sollten. Schon zu oft haben alle drei bewiesen, dass sie ohne Weiteres bereit sind, dem Arbeitsfrieden zuliebe grosse Kompromisse einzugehen und denkbar schlechte Lösungen zu akzeptieren. Oftmals auch hinter dem Rücken der eigentlich Betroffenen und Kämpfenden. So geschehen beispielsweise beim Streik bei Spar in Dättwil 2013.
Dabei sind die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Arbeitskampf ausgesprochen gut. Die Belegschaft ist geschlossen betroffen und streikt ohne Ausnahme, zudem ist die Solidarität in der Bevölkerung gross. In extra dafür ausgelegten Soli-Büchern finden sich unzählige Botschaften und Aufforderungen von AnwohnerInnen und PassagierInnen, sich nicht unterzukriegen lassen.
Wenn sich die kämpfenden MitarbeiterInnen der NLM daran orientieren und weiterhin selbstbestimmt über den Fortgang ihres Streiks entscheiden, steht einer erfolgreichen Kampagne nichts im Weg.

Fotos: sev-Website/TiPress/Samuel Golay
Sowohl der sev als auch die UNIA berichten in unregelmässigen Abständen vom Streik in deutsch. Für aktuelle Informationen dazu lohnt sich ein Besuch auf deren Website.
[1] http://sev-online.ch/de/aktuell/kontakt.sev/2017/nlm/

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1 Kommentar

  1. Pingback:Streik auf dem Lago Maggiore | Maulwuerfe

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