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Zürich: Fertig Lustig! Über den polizeilichen Versuch die Schüler*innenbewegung einzuschüchtern

Am 16. Juni protestierten Schüler*innen gegen die Sparmassnahmen im Kanton Zürich. Sie setzen damit die Reihe von Protesten fort, die mittlerweile seit 1.5 Jahren andauert. Frühmorgens fand in diesem Rahmen eine Aktion am Zürcher Hauptbahnhof statt, bei der Parolen mit Kreidespray auf den Boden gesprüht wurden.Im Laufe des Tages kam es noch zu weiteren Aktionen, welche den Unmut der Schüler*innen gegen das Spardiktat der bürgerlichen Regierung zum Ausdruck brachten. Nach einem Protest-Theater auf der Gemüsebrücke wurden mehrere Schüler*innen kontrolliert und ihre Personalien aufgenommen. In den letzten Wochen wurden einige der Kontrollierten von der Kantonspolizei Zürich vorgeladen, mit dem Vorwurf Landfriedensbruch und Sachbeschädigung begangen zu haben.
von BFS Jugend Zürich

Anhaltende Schüler*innenproteste

Die seit September 2016 anhaltenden Aktionen von Schüler*innen zeugen von einer gewissen kämpferischen Dynamik, die sich entwickelt hat. Kaum ein Monat verging, ohne dass Treffen stattgefunden, Flyer verteilt, Plakate aufgehängt oder Protestaktionen durchgeführt wurden. Die Bandbreite bewegte sich dabei von auf Medienwirksamkeit ausgerichtetem Protest, wie der Aktion gegen den Seezuschlag, über Diskussionsveranstaltungen an Schulen, bis zur Schulhausbesetzung. Immer auch wurde der Protest auf die Strasse, zum Rathaus und zur Bildungsdirektion getragen – und zwar spontan, laut und ungefragt. Das Vorgehen der Polizei war stets dasselbe: Sie markierte Präsenz und begleitete die Umzüge, griff jedoch nicht ein, sondern liess die Demo laufen.
Dies war nicht immer so. Wir erinnern uns an die Zeit der regelmässig stattfindenden „Refugees-Welcome“-Demos, die ebenfalls von Schüler*innen organisiert wurden. Die erste solche Demo fand im Dezember 2015 statt. Damals wurde dazu aufgerufen, sich auf dem Platz vor dem Bahnhof Stadelhofen zu versammeln. Die Polizei war sichtlich überfordert mit der ungewohnten Situation. Viele junge Menschen waren da, an einem für die Polizei eher ungewöhnlichen Ort. Was folgte war ein Polizeikessel, brutale Festnahmen und der Versuch, die Demonstration zu verhindern. Schlussendlich konnten die Schüler*innen trotzdem loslaufen und der Blick titelte tags darauf in Boulevard-Manier: „Polizei stoppt Mädchen-Demo“. Einen guten Monat später, im Januar 2016 dann dasselbe Spiel: Eine Schüler*innen-Demo startete unter gleichem Motto vom Kunsthaus – und endete in einem Polizeikessel. Nach kalten drei Stunden hatte die Polizei die letzten Schüler*innen kontrolliert.
Nach diesen zwei Vorfällen schien die Polizei ihre Strategie zu überdenken.  Es folgten mehrere Aktionen, die ungestört verliefen, begleitet von Polizei in Zivil, mit Sperren an wichtigen Strassen. Bei Aktionen mit dem Präfix „Schüler*innen-„ auf dem Flyer und in der Medienmitteilung hielt sich die Stadtpolizei fortan mehrheitlich zurück.
Dass es jedoch eine rote Linie gibt, die nicht überschritten werden darf, zeigte sich exemplarisch, als jemand mit Kleister während einer Aktion ein Plakat an die Bildungsdirektion kleben wollte. Sofort griff ein Zivilpolizist ein.

Der böse Wolff und die Kreide

Die Friedfertigkeit der Polizei fand nun vor einigen Wochen ein abruptes Ende. In den letzten Tagen flatterten Vorladungen für polizeiliche Einvernahmen in die Briefkästen von Personen, welche am Aktionstag am 16. Juni kontrolliert wurden. Die Anschuldigungen stehen im Zusammenhang mit der Kreidesprühaktion im HB und sind folglich ziemlich absurd: Landfriedensbruch und Sachbeschädigung. Und das aufgrund einer Kontrolle nach einem Theater?! Selbst die NZZ zeigte sich erstaunt ab der braven Aktionsform.

Auf jeden Fall scheint es, als wäre die Zeit der Narrenfreiheit für Schüler*innen vorbei. Die absurde Anschuldigung des Landfriedensbruchs, für eine absolut friedliche Aktion einer kleinen Anzahl Schüler*innen, sowie Sachbeschädigung für das Sprayen von Parolen mit Kreide (gerne benutzt in der Schule, da leicht abwaschbar!), lässt darauf schliessen, dass es sich um ein politisch motiviertes Vorgehen handelt. Denn Landfriedensbruch findet nach geltendem Recht statt, wenn an einer öffentlichen «Zusammenrottung» teilgenommen wird, an der mit vereinten Kräften Gewalttätigkeiten begangen werden. Das mag auf ziemlich vieles zutreffen – diesen Artikel auf eine Kreideaktion anzuwenden, bedarf allerdings schon einiges an Fantasie. Es scheint, als wäre es einfacher schwammige Paragraphen an-, als Schwämme zu verwenden.

Wir lassen uns davon nicht einschüchtern!

Absurde Vorwürfe hin oder her. Was uns bleibt, ist die Vorgänge als das zu benennen was sie sind: Gewollter Druck auf aktive Schüler*innen, ihr politisches Engagement gefälligst sein zu lassen. Friedlicher Protest wird kriminalisiert und zur Datensammlung missbraucht.
Das lassen wir uns nicht bieten und werden untereinander die notwendige Unterstützung organisieren, um den drohenden Kosten und den Umständlichkeiten zu begegnen. Denn die Schüler*innen protestieren zu Recht gegen die Politik der bürgerlichen Regierung des Kanton Zürichs, wenn dieser den Service Public reduziert, um mit allen Mitteln weiter Steuergeschenke an Unternehmen und Reiche zu machen. Wenn dann mit Repression in Form von Kontrollen, Vorladungen und Bussen gegen sie vorgegangen wird, ist das nicht nur ungerechtfertigt, sondern reine Schikane und höchst skandalös! Doch wie gesagt, wir lassen uns davon sicherlich nicht einschüchtern. Wenn wir den Verantwortlichen der Kürzungspolitik so auf die Nerven gehen, dass sie sich genötigt fühlen, in diesem Ausmass gegen friedliche Schüler*innenproteste vorgehen, dann haben wir mit Sicherheit etwas richtiggemacht. Und nicht vergessen: Wir können auch anders.

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