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Frauen*streik: Warum auch Lernende streiken sollen

Lernende und ihre Probleme sind in politischen Kampagnen in den allermeisten Fällen unterrepräsentiert. Gleichzeitig ist das politische Interesse von Lernenden vielfach gering, weil sie nach harten und langen Arbeitstagen verständlicherweise anderes im Kopf haben. Diese Feststellungen gelten auch für die aktuelle Frauen*streik-Kampagne. Der folgende Text soll dem entgegenwirken und zeigt auf, warum sich die Frauen*streikkollektive für die Anliegen der Lernenden interessieren sollen und gleichzeitig Lernende allen Grund haben, sich am Frauen*streik zu beteiligen. (Red.)

von lernendenkollektiv.ch

Am 14. Juni 2019 findet in der Schweiz der zweite Frauen*streik der Geschichte statt. Bereits 1991 streikten 500‘000 Frauen im ganzen Land, um endlich eine echte Gleichstellung zwischen Männer und Frauen durchzusetzen. Zwar wurde 1996 als Folge des Streiks die Gleichstellung im Gesetz verankert – in der Realität sieht es aber immer noch ganz anders aus: Denn Frauen verdienen auch heute noch weniger als Männer. Sie sind viel stärker von sexualisierter Gewalt betroffen und erfahren immer wieder Belästigungen. Kurz: von einer echten Gleichberechtigung zwischen Männer und Frauen sind wir immer noch weit entfernt. Deshalb rufen Streikkollektive in der ganzen Schweiz am 14. Juni zu einem Frauen*streik- und Aktionstag auf.

Was fordert der Frauen*streik?

Die Forderungen des Frauen*streiks sind sehr breit. Neben einer allgemeinen gesellschaftlichen Gleichberechtigung, fordern die Frauen*streikkollektive gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit, die Aufwertung von sogenannten „Frauenberufen“, eine bessere Verteilung und Anerkennung der Haus- und Sorgearbeit (die vor allem von Frauen erledigt wird), eine generelle Reduktion der Arbeitszeit für alle, das Ende der Gewalt und der Belästigungen an Frauen, die Solidarität mit allen geflüchteten Frauen und vieles mehr. Der Frauen*streik stellt also die männerdominierte und kapitalistische Gesellschaft an sich in Frage.

Warum geht der Frauen*streik auch Lernende etwas an?

Die Berufswahl von jungen Lernenden ist auch heute noch sehr stark von verstaubten Geschlechterrollen bestimmt. In der Schweizer Berufswelt gibt es eine klare Unterteilung zwischen „Männer- und Frauenberufen“. Während sich Männer überwiegend für industriell-gewerbliche Lehren entscheiden, orientieren sich Frauen eher an Berufen im Dienstleistungs- oder Pflegebereich. Dies liegt unter anderem daran, dass uns allen seit der Kindheit eingeredet wird, dass Frauen anscheinend von Natur aus gut pflegen, betreuen und bedienen könnten und von Geburt an fleissig, brav und gewissenhaft seien. Demnach seien z.B. Gesundheitsberufe passender für Frauen als handwerkliche Lehren.

Die folgende Grafik zeigt diese Unterteilung in „Frauen- und Männerberufe“ für den Kanton Zürich ganz deutlich:

Alle feminisierten Berufe zeichnen sich aus durch eine deutlich schlechtere Bezahlung, geringere Wertschätzung sowie weniger Aufstiegs- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Deshalb hat die Entscheidung, welche Lehre man macht, einen grossen Einfluss auf den Rest des Arbeitslebens – insbesondere für Frauen. Denn die „geschlechterspezifische Arbeitsteilung“ – also, dass Frauen einen Beruf aufgrund ihres Geschlechts ausüben – ist der wichtigste Grund für die nach wie vor bestehende soziale Ungleichheit zwischen Frauen und Männern. Der Frauen*streik geht also sehr wohl auch Lernende etwas an. Als Lernende fordern wir die Aufwertung von feminisierten Berufen und damit verbundene Lohnerhöhungen, welche jeder (lernenden) Frau ein unabhängiges, selbstbestimmtes Leben ermöglicht.

Wie kann ich mich am Frauen*streik beteiligen?

Bei einem Frauen*streik geht es längst nicht nur darum, die Arbeit im Betrieb niederzulegen wie bei einem „klassischen“ Streik. Es geht auch um eine Bestreikung der Hausarbeit, die auch heute noch vor allem von Frauen geleistet wird. Oder um eine Weigerung, in die Schule zu gehen, weil Frauen auch in den Bildungsinstitutionen diskriminiert werden. Hier einige Tipps, wie du dich am Streik beteiligen kannst.

  • Arbeit niederlegen
  • Pause in die Länge ziehen
  • Violettes oder pinkes T-Shirt tragen
  • Hausarbeit verweigern
  • Schule „schwänzen“
  • an Streikaktionen in den Städten teilnehmen
  • Streik auf Social Media spreaden

Aber vor allem gilt: Sei kreativ, sprich dich mit deinen Freundinnen ab und organisiert selbstständig Streikaktionen, um gegen die Diskriminierung von Frauen zu protestieren!

Alle Männer können sich insofern beteiligen, dass sie den Frauen in ihrem Umfeld ermöglichen, am Streik teilzunehmen, indem sie die Haus- und Sorgearbeit übernehmen, im Betrieb solidarisch sind oder sich im Unterstützungskollektiv engagieren.

Kann die Teilnahme am Frauen*streik Konsequenzen haben?

Jein. Grundsätzlich berechtigt das in der Bundesverfassung verankerte Streikrecht jede Frau, für die Beseitigung der Diskriminierung Kampfmittel einzusetzen wie Protestpausen, Kleiderstreik, Arbeitsniederlegung.

Die Teilnahme an einem Streik kann aber trotzdem zu rechtlichen und betrieblichen Konsequenzen führen. In allen Branchen und Betrieben, in denen es Gesamtarbeitsverträge (GAV) gibt, ist das Streikrecht für die Dauer des Vertrages ausgesetzt. Da Lernende aber bis auf wenige Ausnahmen nicht den GAV unterstellt sind, gilt das Streikverbot für Lernende nicht.

Manchmal wird argumentiert, dass der Frauen*streik kein arbeitsrechtlicher, sondern ein politischer Streik sei – und es deshalb in jedem Fall verboten sei zu streiken. Das stimmt aber nicht! Der Frauen*streik stellt nicht nur politische Forderungen auf, sondern fordert auch Lohngleichheit und eine generelle Reduktion der Arbeitszeit.

Nichts desto trotz kann es sein, dass ein Chef mit Konsequenzen droht. In diesem Falle gilt, dass je mehr Frauen aus deinem Betrieb mitstreiken, desto geringer ist das Risiko von Repressalien. Falls man trotzdem Problemen mit seinen Vorgesetzten bekommt, meldet euch bei uns (lernendenkollektiv.ch). Wir können unterstützen!

Wer sind wir?
Wir sind junge linke Lernende und ehemalige Lernende aus dem Raum Zürich. Wir engagieren uns für die Rechte von Lernenden und setzen uns für bessere Arbeitsbedingungen während der Lehre ein. Zurzeit beteiligen wir uns an der Kampagne für den Frauen*streik, der am 14. Juni 2019 in der Schweiz stattfinden wird.
Falls du Lust hast dich mit uns auszutauschen und dich für die Rechte der Lernenden zu engagieren, dann schreib uns an. Einige von uns engagieren sich zudem in der Bewegung für den Sozialismus (BFS). Egal ob du noch in der Lehre bist oder nicht, es gibt genügend Gründe sich für bessere Arbeits- und Lernbedingungen in der Lehre zu engagieren! Mehr Infos findest du unter lernendenkollektiv.ch.

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