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„Wir können nicht frei sein, bis alle frei sind!“

Frauenkämpfe verbinden in vielen Ländern feministische Forderungen mit antikapitalistischen Kämpfen wie der Frauenstreik in Polen gegen das Abtreibungsverbot, die Frauenstreiks und Märsche in Lateinamerika gegen die männliche Gewalt oder die Proteste zur Verteidigung der Reproduktionsrechte in Südkorea und Irland. Warum ist es so wichtig antipatriarchale und antikapitalistische Kämpfe zusammen zu denken? Der Grund ist, dass das patriarchale und kapitalistische Herrschaftssystem eng miteinander verbunden sind. Zudem können wir feministische Bewegungen und ihre Forderungen nur vollständig vor dem Hintergrund ihres historischen Kontextes begreifen. Aus diesen Gründen werden wir in diesem Artikel kurz das Zusammenwirken des patriarchalen und kapitalistischen Herrschaftssystems ausführen und anschliessend aufzeigen, inwiefern sich feministische Bewegungen des 20. Jahrhunderts entwickelt haben und wie Teile ihrer Forderungen durch den Kapitalismus vereinnahmt wurden.

von BFS Basel

Das Zusammenwirken patriarchaler und kapitalistischer Herrschaftsverhältnisse

Feministinnen bezeichnen mit dem Patriarchat zum einen die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung, wie die Übernahme der Reproduktionsarbeit[1] zum Grossteil durch Frauen*, zum anderen den Besitz der Frauen* durch die Männer, die vor allem innerhalb patriarchaler Familienverhältnisse sichtbar werden. Das Patriarchat gab es bereits lange vor dem Kapitalismus, allerdings wurden die patriarchalen Machtverhältnisse erfolgreich in den Kapitalismus als entscheidende Herrschaftsformen integriert.
Mit Beginn des industrialisierten Kapitalismus entstand parallel zur Lohnarbeit die räumliche und zeitliche Trennung zwischen der (sozialen) Reproduktion und der Lohnarbeit[2] Aufgrund der geschlechterspezifischen Arbeitsteilung bedeutet die nebeneinander existierende Haus- und Lohnarbeit für die Frauen* eine doppelte Ausbeutung im Kapitalismus. Dies sowie die Aneignung der weiblichen Sexualität und die „Kontrolle der Fruchtbarkeit der Frauen*“ ist nur durch patriarchale Machtverhältnisse möglich, die für die geschlechterspezifische Arbeitsteilung sorgen.
Die weilbliche Sexualität wird im Kapitalismus auf dreifache Weise angeeignet: Erstens durch den Mann in patriarchalen Familienstrukturen, zweitens in vielen Fällen am Arbeitsplatz und drittens durch die Medien sowie die Werbung, in der Frauen*körper zur Vermarktung genutzt werden, um die Marktprofite zu erhöhen. Im Rahmen kapitalistischer Vermarktung von Produkten besitzt die Kontrolle der weiblichen Sexualität eine eindeutig ökonomische Dimension. Die Fruchtbarkeit der Frauen* wird neben den Männern in patriarchalen Beziehungsstrukturen, durch die Pillenindustrie, die Propaganda der religiösen Institutionen, durch den Staat in Form von Familienplanungsprogrammen und Abtreibungsgesetzen kontrolliert. Diese Kontrolle der weiblichen Sexualität und Fruchtbarkeit sind wiederum wesentlich, um die geschlechterspezifische Arbeitsteilung aufrechtzuerhalten. Aus diesem Grund können Aktionen, mit denen Feminist*innen das Recht auf Selbstbestimmung über ihren Körper fordern, nicht ausserökonomisch gesehen werden, sondern haben auch einen direkten Bezug zu kapitalistischen Produktionsverhältnissen.
Gleichzeitig ist das Patriarchat in die Produktionsverhältnisse übertragen worden, indem spezifische Charakteristika für „weibliche“ Arbeit assoziiert wurden: der geringe Preis der weiblichen Arbeit ist eng mit dem patriarchalen Familienmodell verbunden, in dem „der Mann“ als Hauptverdiener fungiert, während den Frauen* die Rolle der Zuverdienerin zugeschrieben wird. Dies bedeutet eine klare ökonomische Abhängigkeit, die ein Grund für den „Besitz“ der Frau durch den Mann darstellt. Des Weiteren zählen Frauen* am Arbeitsmarkt zur Reservearmee: In wirtschaftlichen Wachstumsphasen des Kapitalismus sind sie als billige Arbeitskräfte erwünscht, in Krisenphasen wie jene ab 2007/08 sind Frauen*, neben anderen prekarisierten Gruppen wie Migrant*innen, die ersten, die entlassen werden. Dieses Abhängigkeitsverhältnis stellt ein entscheidendes Machtverhältnis für die Reproduktion einer gewissen „Unterwürfigkeit“ und „Unterordnung“ der Frauen* am Arbeitsplatz dar. Drittens werden Aufgaben wie die Sorgearbeit naturalisiert und als typisch weibliche Charaktereigenschaften deklariert. Mit dieser Naturalisierung „weiblicher“ Tätigkeiten werden zahlreiche Arbeiten, die zum Grossteil aufgrund der geschlechterspezifischen Arbeitsteilung von Frauen* durchgeführt werden, abgewertet und können somit geringer entlöhnt werden.
Diese Ausführungen zeigen auf, inwiefern patriarchale Machtstrukturen kapitalistische Produktionsverhältnisse durchziehen und umgekehrt kapitalistische Herrschaftsverhältnisse das Patriarchat reproduzieren. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit feministische Kämpfe mit antikapitalistischen Kämpfen zu verbinden.

Sozialistischer Feminismus

Diesen Anspruch verfolgten sozialistische Feministinnen am Anfang des 20. Jahrhunderts, indem sie über die Forderungen der bürgerlichen Feministinnen hinaus, nicht nur das Recht auf Bildung und politische Partizipation in Form des Wahlrechtes forderten, sondern die volle Emanzipation der Frauen* wollten. Sozialistinnen wie Clara Zetkin oder Alexandra Kollontai wiesen darauf hin, dass die sozialen Gegensätze durch die kapitalistische Produktionsweise verursacht werden und meinten deswegen, dass eine Frauen*emanzipation nicht loszulösen ist von der Überwindung des Kapitalismus. Die marxistisch-feministische Soziologin Frigga Haug bringt dies folgendermassen auf den Punkt: „[Es geht] nicht darum, genau die Hälfte in einer schlecht und ungerecht eingerichteten Gesellschaft zu erstreiten und dies dann als gerecht zu [bezeichnen]“.[3]
Mit der langsamen Einführung des Frauen*wahlrechts in weiten Teilen Europas nach Ende des Zweiten Weltkrieges (in der Schweiz erst 1971!) flachte der Grossteil der ersten Frauen*bewegung (der bürgerlichen und sozialistischen Feminismen) wieder ab. Das unmittelbare Nachkriegselend drückte die Frauen*fragen wieder in den Hintergrund.

Zweite Frauen*bewegung

Die sogenannte zweite Frauen*bewegung kam im Zuge der Studentenproteste 1968 auf. Angetrieben von der allgemeinen Umbruchsstimmung gingen unzählige Frauen* für ihre Anliegen auf die Strassen. Diesmal standen nicht mehr Wahlrecht oder Zugang zu Bildung im Fokus, sondern die sexuelle und körperliche Selbstbestimmung. Häusliche und sexualisierte Gewalt wurden nicht länger als individuelles Problem angesehen, sondern als ein alltägliches und strukturelles. Zudem wurde das Recht auf Abtreibung nun vehement gefordert.
Die neu aufkommenden linken Bewegungen Anfang der 1970er Jahre stellten jedoch die geschlechterspezifischen Hierarchien innerhalb der eigenen Organisationen selbst oftmals nicht in Frage. Die feministischen Proteste richteten sich gegen diese als normal wahrgenommenen patriarchalen Strukturen. Mit dem Slogan „das Private ist Politisch“ wiesen sie darauf hin, dass die Kämpfe im Alltag zu führen seien. Ein erster Schritt in Richtung Emanzipation der Frauen* wurde in Frauen*orten gesehen, in denen Frauen* ihre Sprache, ihre Einsichten, ihre Fähigkeiten entwickeln konnten. Es entstanden zahlreiche Frauen*projekte: Frauen*häuser, Frauen*notrufe gegen Gewalt an Frauen*, Frauen*verlage, -bauchläden, -bibliotheken, Frauen*forschung an Universitäten. Diese Projekte waren ein grosser Erfolg, da sie erstmals einen weitflächigen Austausch zwischen zahlreichen Frauen* ermöglichten und einen Schutzort boten. Nicht selten berichteten Frauen* davon, wie viele Frauen* durch Frauen*häuser und -notrufe vor häuslicher Gewalt gerettet werden konnten.
Allerdings kam es mit der Zeit zu einer Institutionalisierung zahlreicher Projekte dieser Art und somit zu einer Vereinnahmung wesentlicher Forderungen der feministischen Bewegung in das kapitalistisch-patriarchale Herrschaftsmodell. Dies wird deutlich an eingeführten Frauen*beauftragten, die später Gleichstellungsbeauftragte genannt wurden, an den Landesgleichstellungsgesetzen (1995) oder am Gendermainstreaming seit dem Amsterdamer Vertrag von 1997 (verbindliche Richtlinie für alle EU-Mitgliedsstaaten). Das Gendermainstreaming ist eine politische Strategie, die die Gleichstellung von Frauen* und Männern in allen Entscheidungsprozessen anzustreben versucht. Massnahmen wie das Gewaltschutzgesetz – die Offizialisierung von Gewaltdelikten in Ehe und Partnerschaften (Schweiz 2007), Betroffene von häuslicher Gewalt dürfen im Haus bleiben, während Täter gehen müssen, das Rayonverbot und das Kontaktverbot – sind ohne Zweifel wichtige Elemente, für die Frauen* lange kämpfen mussten. Nichtsdestotrotz ist es auch wichtig zu sehen, dass diese zu einer Stellvertreterpolitik geworden sind, also zu einer „Politik für Frauen*“. Daran knüpft sich ein weiterer Kritikpunkt an. Die gesetzlichen wie politischen Massnahmen gehen nicht weit genug, wenn wir beispielsweise an das Gesetz zum Schutz vor Vergewaltigung denken, welches die Willensäusserung der Frauen* dahingehend nicht anerkennt, als dass ein „Nein“ nicht ausreicht oder aber, dass ausschliesslich die Penetration der Vagina als Vergewaltigungsakt anerkennt wird, nicht jedoch das erzwungene Eindringen mit anderen Gegenständen etc. (Für mehr Informationen zu diesem Thema siehe unser Artikel zu Rape Culture in der Rubrik Feminismus).

Die Hausarbeitsdebatte

Ein weiterer Punkt, der Anfang der 1980er für öffentlichkeitswirksame Diskussionen sorgte, war die Debatte um die Hausarbeit. Was bis anhin als natürlich galt, wurde zum Skandal: Frauen* leisten unendlich viele Stunden unbezahlter Arbeit im Haushalt und diese Arbeit wird nicht einmal als Arbeit anerkannt. Charakteristisch für diese Debatte ist, dass die Geschlechterverhältnisse als Produktionsverhältnisse innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise aufgefasst wurden. Die vor allem durch die Frauen* geleistete unbezahlte Reproduktionsarbeit (Kinder aufziehen, erziehen, Haushalt erledigen, auf Alte und Kranke schauen usw.) stelle unentbehrliche Arbeit für das kapitalistische System dar, weil sie die Ware Arbeitskraft herstellt und dauerhaft erneuert. Aus diesem Grund sei Hausarbeit produktiv. Es ging um die Anerkennung der Reproduktionsarbeiten als wesentlicher Beitrag zur gesellschaftlichen Produktion sowie um die Sichtbarmachung der Hausarbeit. Aufgrund dessen forderten einige Feminist*innen in dieser Debatte „Lohn für die Hausarbeit“.
Wenn jedoch die Hausarbeit die Domäne der Frauen*unterdrückung ist, so argumentieren Kritiker*innen der „Lohn für Hausarbeit-Position“, sollte sie nicht entlohnt werden, weil damit die Frauen* noch stärker in den Familienrahmen eingebunden würden. Die Stellung im Haushalt würde naturalisiert und verewigt werden. Zudem böte die Entlohnung eine weitere Möglichkeit zusätzlicher Kontrolle der Frauen*. Feminist*innen wie Frigga Haug meinten hingegen, bei der Hausarbeitsdebatte sei es nicht allein darum gegangen, die Reproduktionsarbeit in die Lohnform zu überführen. Vielmehr ging um den Aufbau einer anderen Gesellschaft, indem die Reproduktionsarbeit nicht mehr nur einem Geschlecht überlassen werde, sondern stattdessen von allen Mitgliedern der Gesellschaft gleichermassen wahrgenommen werde. Ins Zentrum der Kritik rückten die bestehenden kapitalistischen Verhältnisse, in denen nur zählt, was Geld bringt.

„Unternehmerischer Feminismus“

Zu einer Vereinnahmung und Umdeutung der feministischen Forderungen nach einer Anerkennung der Hausarbeit und nach gleicher Verteilung der Reproduktionsarbeit kam es, indem Hausarbeit in Form von Lohn unter den kapitalistischen Wertmassstab Geld gefasst wurde. Dies geschieht beispielsweise, wenn gutverdienende Frauen* aus der Mittel- und Oberschicht ihre Hausarbeit vor allem an Migrant*innen auslagern. Dabei kommt die ideologische Perspektive der Work-Life-Balance zum Tragen, nach der Frauen* erfolgreich seien, wenn sie möglichst gut sowohl die Reproduktionsarbeit als auch die Lohnarbeit meistern würden. Diese Perspektive ist Teil eines „unternehmerischen Feminismus“, der auf das neoliberale Denkmuster des Selbstmanagements abzielt: Frauen* könnten in die Führungsschichten der Unternehmen und Politik aufsteigen, wenn sie sich reinhängen würden.
Solche Formen von „unternehmerischem Feminismus“ stellen in keiner Weise eine emanzipatorische Perspektive der Befreiung der Frauen* aus kapitalistisch-patriarchalen Herrschaftsverhältnissen dar, sondern reproduzieren letztgenannte im Gegenteil! Zum einen zielt ein solcher Feminismus nur auf Frauen* der Ober- und Mittelschicht ab und ignoriert die strukturelle Benachteiligung der Frauen* aus sozial schwächeren Schichten. Verschiedene Unterdrückungsverhältnisse aufgrund der Klassenfrage werden ignoriert, die Soziolog*innen als „Gläserne Decke“ bezeichnen. Diese Gläserne Decke steht metaphorisch für die strukturelle Diskriminierung der Frauen* am Arbeitsplatz, die diese daran hindert in leitende Positionen aufzusteigen.
Zweitens verschieben sich die Reproduktionsarbeiten mit dem „unternehmerischen Feminismus“ nicht zwischen den Geschlechtern, sondern von Frauen* aus der Mittel- und Oberschicht hin zu sozial benachteiligten Frauen*, oftmals Migrant*innen, die als Hausfrauen* für die Betreuung der Kinder oder als billige Care-Arbeiter*innen in westlichen Industrieländern weit unter dem durchschnittlichen Lohnniveau ausgebeutet werden. In diesem Kontext sind Frauen* anderer Herkunft, People of Color und Frauen* aus ärmeren Schichten zusätzlichen Unterdrückungsverhältnissen ausgesetzt. Im Gegensatz zu weissen Frauen* sind diese in dreifacher Hinsicht unterdrückt: als Arbeiter*innen im Kapitalismus, als Frauen* im Patriarchat und als Women of Color in einer von weissen Menschen dominierten Gesellschaft. Dieser Zusammenhang von unterschiedlichen Machtverhältnissen wird mit dem Begriff der Intersektionalität ausgedrückt. Dabei beschreibt Intersektionalität das Vorhaben, rassistische, genderspezifische Unterdrückung und Klassendomination in ihren Beziehungen zueinander zu analysieren.

Queer-Feminismus

Mit der sogenannten dritten Frauen*bewegung Anfang der 1990er Jahre kam das Konzept der Geschlechtsidentität verstärkt in den Fokus. Kritisiert wurde das universelle Subjekt „die Frau“. Schwerpunkt der dritten feministischen Bewegung ist die Ablehnung einer Dichotomie von Frauen* und Männern. Eine wichtige Rolle spielte hierbei das Buch »Gender Trouble« von Judith Butler, 1990 erschienen, indem sie die Unterscheidung von Sex und Gender, also biologischem und sozialem Geschlecht hinterfragt. Gemäss Butler ist auch das biologische Geschlecht kein statischer Zustand des Körpers, sondern ein ideales Konstrukt, welches jeden Tag zwangsweise materialisiert wird. Das soll heissen, dass Geschlecht durch alltägliche Praxen hergestellt wird. So zum Beispiel über die Festschreibung eines Neugeborenen als Mädchen oder Jungen oder über alltägliche Ansprache als Mann oder Frau.
Queer-feminist*innen wollen das Bild der Frau oder des Mannes in Frage stellen und dadurch Handlungsspielräume für Abweichungen eröffnen. Kategorien sollen abgeschafft oder zumindest durchlässiger werden. Die Geschlechterbinaritäten sollen verwirrt werden, was sie auch müssen, damit bisher ausgeschlossene Identitäten wie Intersexualität oder Transidentitäten überhaupt sichtbar werden können. Insofern wird das Patriarchat, das sich auf die Zweigeschlechtlichkeit und die Unterordnung von Frauen* unter Männer stützt, untergraben, indem diese Kategorien aufgelöst werden. Das heisst es wird ihm seine Legitimation entzogen. Aus diesen Ansätzen bildete sich die Queerbewegung, die in ihrer radikalen Ausprägung jegliche Form von Normativität ablehnt und für flexible Identitäten kämpft.

Für einen Intersektionalen Feminismus!

Mit der Queerbewegung wurde zu Recht die Verallgemeinerung von Standpunkten einzelner Gruppen (weiße privilegierte Frauen* z.B.), als sprächen sie für alle, kritisiert. Das „Wir“ ist nicht gegeben noch ist es aufzugeben, sondern es ist erst noch zu erringen. Das kollektive Subjekt bleibt Perspektive, in die die konkreten, je verschiedenen Interessen und Ziele erst einzutragen sind. Dabei ist es wesentlich, die Verschiedenheiten nicht als Gegensätze oder Ausschließungen zu leben, sondern nach Möglichkeit füreinander produktiv zu machen. Das heißt auch, eine eigene aufmerksame Strategie zu entwickeln, die auf Prozesse der Ausschließung und Marginalisierung achtet, gegen alle Spaltungen, die die Herausbildung eines kollektiven Subjekts zu verhindern suchen.
Audre Lorde meinte bereits 1984 in ihrem Buch „Sister Outsider“, dass verschiedene Systeme der Unterdrückung zwar historisch betrachtet unterschiedliche ökonomische, politische Wurzeln haben, jedoch sind all diese Unterdrückungssysteme in der durch weisse Menschen dominierten, kapitalistischen, heteronormativen und patriarchalen Gesellschaft präsent und kommen zum Tragen. Deswegen müssen wir eine solidarische, intersektionale Analyse dieser Machtbeziehungen vornehmen, um sie zu verstehen und gemeinsame Strategien dagegen zu entwickeln. Eine Emanzipation der Frauen* kann nur eine wahre sein, die alle Frauen* einschliesst. In diesem Sinne meinte das von Women of Color und lesbischen Frauen* 1974 gegründete Combahee River Collective in ihrem Statement von 1977: Wir können nicht frei sein, bis alle frei sind![4]
[1] Reproduktionsarbeit, auch biologische Reproduktion genannt, meint jegliche Arbeiten die zur Wiederherstellung der menschlichen Arbeitskraft nötig sind. Dazu zählen die Erziehung und Fürsorgearbeit für Kinder, kranke oder ältere Menschen sowie jegliche Arbeiten, die im Haushalt anfallen. Mit dem Begriff sozialer Reproduktion ist die biologische Reproduktion gemeint sowie die für die Reproduktion der sozialen und kulturellen Werte einer Gesellschaft notwendige Arbeit (Haidinger & Knittler 2013: 124).
[2] Vgl. Feministische Ökonomien von Bettina Haidinger und Käthe Knittler 2013
[3] Frigga Haug (2014): Marxismus-Feminismus – ein Projekt: die Spannung von Marxismus und Feminismus produktiv machen. S. 129–142 in: Feminismen heute. transcript Verlag.
[4] Im Original: We can’t be free, till everyone is!

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