Menu Schließen

Get Organized!

Editorial der neusten Ausgabe der BFS-Zeitschrift Antikap. In den folgenden Tagen werden wir weitere Artikel aus der Zeitschrift publizieren. (Red.)

von BFS Basel

Die Wahl Trumps ist nur ein Symptom einer globalen und besorgniserregenden Entwicklung: Der neoliberale Kapitalismus, der sowohl von der von den herrschenden Klassen weltweit seit den 80er Jahren vorangetrieben wird, verliert immer mehr an Zustimmung in der Bevölkerung. Die Illusionen in eine Zukunft in relativem Wohlstand und sicheren Lebensperspektiven für alle verlieren an Glaubwürdigkeit. Begünstigt durch eine schwache revolutionäre Linke und der daraus resultierenden Perspektivlosigkeit, scheinen eine immer offensichtlichere Law-and-order-Politik, zunehmend chauvinistisches Gedankengut und ein nationalkonservatives Gesellschaftsmodell die einzig vermeintliche „Alternative” zum modernen Kapitalismus neoliberaler Prägung geworden zu sein. Die USA, die Türkei, Grossbritannien, Frankreich, Finnland, Ungarn, Österreich – die Liste der Länder, in denen rechtskonservative, mitunter auch faschistische Parteien und Bewegungen Zulauf haben und teilweise dominieren, wird immer länger und besorgniserregender.

Gefährliche Entwicklungen

Die mit dem Erstarken der reaktionären und nationalistischen Rechten einhergehende Dynamik ist gefährlich: Soziale Ungleichheiten und Prekarisierung nehmen zu und werden auf individuelles Fehlverhalten zurückgeführt; Militarisierung, Überwachung und Ausgrenzung gewinnen an Akzeptanz; die sozialdemokratischen und sonstigen „moderaten“ Parteien rutschen immer weiter nach rechts; in zahlreichen Ländern wird das Recht auf Schwangerschaftsabbruch wieder in Frage gestellt; die Angst vor dem Terror und die Islamophobie werden erfolgreich dazu verwendet, um globales Wettrüsten und ausländische Militärinterventionen zu rechtfertigen; Länder wie Syrien oder Teile Jemens werden durch Bürger- und Stellvertreterkriege verwüstet, Flüchtlinge mit immer menschenfeindlicheren Methoden „abgewehrt“ und marginalisiert.
Auch wenn es sich hierbei um einen globalen Trend handelt, sind die jeweiligen Länder in ganz unterschiedlichem Ausmasse davon betroffen. Während Länder wie Griechenland durch Privatisierungen, Entlassungen und Sparmassnahmen an den Rand der Überlebensfähigkeit gebracht werden, Millionen von Menschen weltweit vor Krieg und Elend fliehen und sich in den USA ein notorischer Narzist und Chauvinist gegenüber einer begeisterten Militaristin durchsetzt, scheinen die Probleme in der Schweiz vergleichsweise noch moderat.
Doch auch die Schweiz ist Teil des globalen Kapitalismus und damit eines politischen Systems, das von einer ökonomischen und politischen Elite kontrolliert wird, die einen äusserst erfolgreichen Klassenkampf von oben betreibt. Obgleich die Schweiz bezüglich der offiziellen Wirtschaftsindikatoren (Wirtschaftswachstum, Arbeitslosigkeit, Produktivität, Finanzhaushalt) im internationalen Vergleich gut darsteht, nimmt auch hier die soziale Ungleichheit zu: Die Anzahl der Multimillionäre in der Schweiz ist in den letzten Jahren stark angestiegen. Gerade mal 0,26% aller steuerpflichtigen Personen – in Zahlen ausgedrückt 13‘246 Personen – besitzen zusammen ein Vermögen von 485 Milliarden Franken. Damit besitzen sie alleine 29% Prozent des gesamten Reichtums der Schweiz. Dies zeigt einmal mehr, dass die Finanzkrise, die 2008 begann und zu Bankenrettungen im grossen Ausmass führte, in keiner Weise zu einer Reduktion der sozialen Ungleichheit beigetragen hat. Am anderen Ende des sozialen Spektrums befinden sich rund 25% der steuerpflichtigen Personen, die gar kein Vermögen besitzen. Das ärmste Drittel der Steuerpflichtigen besitzt lediglich 2% des gesamten Reichtums!
Die mit der Politik der leeren Kassen verbundenen Sparrunden haben auch in der Schweiz ihre Spuren hinterlassen. Auch hier spüren viele Menschen die Belastung, die durch Sozialabbau, die Umverteilung von unten nach oben, steigende Mieten und immer höher werdende Krankenkassenbeiträge wächst. Und wie in anderen Ländern finden auch hier fremdenfeindliche und nationalistische Pseudoantworten auf die Sorgen der Menschen mehr Gehör als linke Ideen.

Es gibt Widerstand

Doch es gibt auch Grund zur Hoffnung: Seit der Wahl Trumps sind weltweit Millionen von Menschen ‒ allen voran Frauen ‒ auf die Strasse gegangen, um gegen Sexismus, Chauvinismus und Islamophobie zu demonstrieren. Die marxistische Feministin Cinzia Arruzza spricht diesbezüglich von der möglichen Geburt einer neuen feministischen Bewegung. Die Black Lives Matter-Bewegung in den USA kämpft gegen rassistisch motivierte Polizeigewalt und Diskriminierung, die Nuit debout-Bewegung in Frankreich wehrt sich gegen die Schwächung der Arbeiter*innenrechte. Die kurdische Freiheitsbewegung in Nordsyrien und der Türkei baut seit 2014 eigene Selbstverwaltungsstrukturen auf, kämpft gegen den IS sowie gegen die türkische Repression und treibt die Gleichstellung von Männern und Frauen voran. In zahlreichen Ländern existieren solidarische und antirassistische Kollektive, Netzwerke und NGOs, die sich mit den Geflüchteten solidarisieren und täglich versuchen, konkrete Hilfe zu leisten und gegen die Festung Europa anzukämpfen.

Organisieren wir uns!

Solange kapitalistische Verhältnisse unsere Gesellschaften prägen, wird es Ansätze und Ausdrucksformen gesellschaftlicher Alternativen zum Kapitalismus geben. Es ist die Aufgabe der Linken, progressive soziale Bewegungen und Organisationen zu unterstützen und mit all denjenigen solidarisch zu sein, die unter kapitalistischer Ausbeutung leiden und für ihre Rechte einstehen wollen.
Die Stärke der Rechten ist die Schwäche der Linken! Um sich dem aktuellen Rechtsrutsch entgegenzustellen und konkrete Alternativen zum Kapitalismus zu entwickeln, müssen wir uns organisieren! Dabei reicht es nicht, sich über die aktuelle Politik zu ärgern und sie ideell abzulehnen. Widerstand erfordert Engagement. Gemeinsam müssen wir uns darüber verständigen, mit welchen Aktionsformen, Konzepten, Ideen und Strategien es möglich ist, eine glaubhafte antikapitalistische Kraft aufzubauen, die konkrete Antworten auf die politischen Probleme unserer Zeit liefert und mit der Systemfrage in Verbindung bringt!

Verwandte Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert