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Am Rande vermerkt: Budgetiert wird rot, abgeschlossen wird schwarz

Das Finanzdepartement unter Bundesrat Ueli Maurer (SVP) liess am 14. Februar 2018 verlauten, dass der Bund im Jahr 2017 einen gewaltigen Überschuss von 2.8 Milliarden Franken erzielt hat. Das ist auf den ersten Blick verwunderlich, wenn man sich die Budgetierung, die Ende 2016 für das Jahr 2017 gemacht wurde, anschaut. Damals wurde die Finanzlage der Schweiz schwarzgemalt und ein Defizit von 250 Millionen Franken prophezeit. Aufgrund dieses prognostizierten Loches in der Staatskasse – welches zu dieser Zeit noch gar nicht existierte – wurde im letzten Jahr schweizweit eine Sparübung nach der anderen durchgeboxt. Gespart wurde sowohl in einzelnen Kantonen als auch auf Bundesebene. Dazu gehört auch das Stabilisierungsprogramm 2017-2019 mit Einsparungen von einer Milliarde CHF. Betroffen von diesen Kürzungen waren und sind hauptsächlich die sozialen Einrichtungen und der öffentliche Dienst, wie Gesundheit oder Bildung. Diese sind ein Teil unseres Lohnes in Form des Soziallohns.
Aber eigentlich sollte dieser Verlauf wenig überraschen. Das Spiel der zu tiefen Budgetierung, des darauffolgenden Sozialabbaus und dem schlussendlichen Plus in der Staatskasse wird seit Jahren mit viel Raffinesse gespielt. Angegriffen werden dabei in erster Linie die sozialen Errungenschaften wie Bildung, Gesundheit und öffentlicher Verkehr. Denn es ist bemerkenswert, wie jedes Jahr aufs Neue die Möglichkeit einer Steuererhöhung für Reiche gar nicht erst zu Rede gestellt wird, sondern immer mit dem Grundsatz „alle müssen etwas beitragen“ die Last auf all jene abgewälzt wird, welche die öffentlichen Dienste benutzen und brauchen – also der grosse Teil der Bevölkerung, welcher sich nicht einfach so private Alternativen leisten kann. Diese alljährlichen Angriffe auf die sozialen Errungenschaften für die grosse Mehrheit der Arbeitenden – und die gleichzeitigen Geschenke für die Reichen – sind klassenspezifische Angriffe. Es ist eine Verteilung von unten nach oben.
Noch absurder wurde es aber, als die Information herauskam, dass der Überschuss nicht etwa 2.8 Milliarden, sondern sogar satte 4.8 Milliarden Franken beträgt. Maurer und seine Beamten haben zu einem kleinen Trick gegriffen und 2 Milliarden Franken als sogenannte „Rückstellung“ einfach aus der Rechnung „hinausgezaubert“. Das eidgenössische Finanzdepartement erklärt diese Lüge mit der Angst, Unternehmen könnten durch den hohen Überschuss in der Staatskasse dazu verleitet werden, Zinskosten zu sparen, indem sie ihre Steuern später zurückfordern. Viel eher sieht es aber danach aus, dass es dem SVP-Finanzchef peinlich ist, eine so krasse Fehleinschätzung eingestehen zu müssen. Ausserdem: Wer würde ihm in diesem Falle im nächsten Jahr bei der Budgetierung das Defizit noch glauben?
Wer aber meint, diese überschüssigen Milliarden würden in den nächsten Jahren zu mehr Ausgaben im sozialen Bereich führen, liegt falsch. Denn das Ganze hat System. (Siehe dazu auch die Grafik weiter unten.) Die seit 2003 in der Schweizer Verfassung verankerte Schuldenbremse zwingt den Bund, nicht mehr auszugeben, als er einnimmt. Und allfällige Überschüsse können auch nicht für weitere Ausgaben verwendet werden, sondern fliessen allesamt in den Schuldenabbau.
Die laufenden Angriffe auf unseren öffentlichen Dienst unter dem Deckmantel des „Spardrucks“ müssen gestoppt werden. Wir sehen immer wieder, dass wir uns dabei eben nicht auf unsere Abgeordneten verlassen können, sondern selber Hand anlegen müssen. Dabei sollten wir uns nicht darauf einlassen, bei künftigen Sparübungen einfach das „kleinere Übel“ zu wählen, wie es die angeblich linken Parteien im Parlament ständig tun. Im Gegenteil: Wir müssen den Ausbau des Service Public und Steuererhöhungen für Reiche und Unternehmen fordern. Denn der Reichtum in den Staatskassen wird auf der ganzen Welt von der arbeitenden Bevölkerung gemacht und dieser soll er auch zugute kommen!

von Sarah Friedli
[Am Rande vermerkt] ist eine Serie von Kurzartikeln. Wir wollen damit tagesaktuelles Geschehen kommentieren, einordnen, auf Veränderungen aufmerksam machen. Eine konsequente linke, antikapitalistische Politik zeichnet sich unseres Erachtens nicht nur dadurch aus, die grossen Analysen abzuliefern. Vielmehr gehört es für uns dazu, auch kleinere, unscheinbare Entwicklungen, skandalöse Aussagen und Auffälliges einordnen zu können.
Die kurze Form, der eher flüchtige Charakter und die zeitliche Nähe, die allesamt diese Artikelserie ausmachen, führen dazu, dass die hier geäusserten Einschätzungen vorübergehend sein können und nicht zwangsläufig mit den Ansichten unserer Organisation übereinstimmen müssen. Die Autor*innen und die verwendeten Quellen sind deshalb jeweils gekennzeichnet. Textvorschläge sind jederzeit herzlich willkommen.

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