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Am Rande vermerkt: Der Export von Schweizer Waffen in Bürgerkriegsländer ist ein Skandal!

Immer wieder haben linke Kräfte in der Schweiz versucht den Export von Waffen zu unterbinden oder einzuschränken. Ihren Bemühungen war kein Erfolg beschieden. Im Gegenteil: Laut dem Willen des Parlaments soll das Verbot von Waffenexporten in Kriegsländer gelockert werden.
Überaus deutlich verwarfen Volk und Stände in der Schweiz am 29. November 2009 eine Initiative der “Gruppe Schweiz ohne Armee”, die ein allgemeines Ausfuhrverbot von Kriegsmaterial gefordert hatte. Ähnliche Anläufe der Bewegung waren bereits 1972 und 1997 gescheitert. Und auch eine 2018 eingereichte Initiative, die verlangt, dass die Nationalbank, Pensionskassen und Stiftungen nicht mehr in Unternehmen investieren, die Kriegsmaterial produzieren, dürfte wohl kaum mehr Erfolg haben.
Tragischerweise versteht die bürgerliche Mehrheit im Parlament diese Misserfolge anscheinend umgekehrt als Aufforderung, den Export von Waffen noch weiter zu erleichtern. So soll das Verbot von Waffenexporten in Kriegsländer gelockert werden, wie die Kommissionen von National- und Ständerat aktuell fordern.
Zur Zeit sind Exporte noch verboten, wenn das Bestimmungsland in einen internen oder internationalen bewaffneten Konflikt verwickelt ist. Doch geht es nach dem Willen des Parlaments, sollen Exporte in solche Länder bewilligt werden können, wenn “kein Grund zur Annahme besteht, dass das Kriegsmaterial in diesem Konflikt eingesetzt wird”.
Als ob dies nicht schon genug wäre, hat der Bundesrat noch weitere Anpassungen ganz nach dem Gusto der hiesigen Waffenindustrie beschlossen: Waffenexportbewilligungen sollen künftig zwei Jahre statt nur ein Jahr gültig sein und um ein Jahr statt sechs Monate verlängert werden können. Bei Bedarf können Bewilligungen suspendiert oder widerrufen werden.
In den Bewilligungsverfahren will die Landesregierung zudem dem Kriterium Rechnung tragen, dass “die industrielle Kapazität aufrechterhalten wird”. Erst im vergangenen Herbst hatten Rüstungsfirmen eine Lockerung der Regeln verlangt, die damals – wen mag es noch erstaunen – mit dem drohenden Verlust von Arbeitsplätzen begründet wurde.
Einmal mehr verfängt diese perfide Argumentationslogik, die in letzter Konsequenz die Beschäftigung einiger Personen hierzulande höher gewichtet als das Überleben vieler Menschen auf der ganzen Welt. Dabei hatte die Gruppe Schweiz ohne Armee bereits vor langem aufgezeigt, dass die Bedeutung der Rüstungsindustrie an der Leistung der gesamten Schweizer Wirtschaft marginal ist.
So tragen Kriegsmaterial-Exporte bloss knapp 0,1 Prozent zur schweizerischen Wertschöpfung bei. Direkt beschäftigt die Rüstungsexportindustrie gut 3’300 Personen, zusätzlich schafft die Branche etwa 1’800 Arbeitsplätze bei Zulieferfirmen. Das sind nicht mehr Personen als beispielsweise ungefähr im Zürcher Unispital arbeiten.
Umso absurder ist die weitere Lockerung bei den Gesetzen zum Export von Kriegsmaterial, wenn man bedenkt, dass in den vergangenen Jahren vielen Schweizer Rüstungsfirmen erfolgreich der Umstieg oder Neuaufbau anderer Geschäftsfelder gelungen ist. So macht der bekannte Rüstungsbetrieb RUAG heutzutage nur noch gut einen Zehntel seines Konzernumsatzes mit klassischen Waffenexporten.
Letztlich gibt es keinen einzigen legitimen Grund, weshalb die Schweiz überhaupt Waffen ins Ausland verkaufen soll. Es wäre also an der Zeit, diese Praxis ein für allemal zu unterbinden, statt – wie Landesregierung und Parlament dies tun – der Profitgier nachzugeben und sich von der Waffenlobby kaufen zu lassen.
von Georg Lobo
[Am Rande vermerkt] ist eine Serie von Kurzartikeln. Wir wollen damit tagesaktuelles Geschehen kommentieren, einordnen, auf Veränderungen aufmerksam machen. Eine konsequente linke, antikapitalistische Politik zeichnet sich unseres Erachtens nicht nur dadurch aus, die grossen Analysen abzuliefern. Vielmehr gehört es für uns dazu, auch kleinere, unscheinbare Entwicklungen, skandalöse Aussagen und Auffälliges einordnen zu können.
Die kurze Form, der eher flüchtige Charakter und die zeitliche Nähe, die allesamt diese Artikelserie ausmachen, führen dazu, dass die hier geäusserten Einschätzungen vorübergehend sein können und nicht zwangsläufig mit den Ansichten unserer Organisation übereinstimmen müssen. Die Autor*innen und die verwendeten Quellen sind deshalb jeweils gekennzeichnet. Textvorschläge sind jederzeit herzlich willkommen.

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