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Am Rande vermerkt: „Warmer-Pulli-Tag“ oder „Rechte Hetze gegen bürgerliche Konsumkritik“

Die Aktion des „Warmer-Pulli-Tages“ strahlt nun von den Niederlanden bis nach Deutschland aus, wie „20-Minuten“ ganz getreu dem Nicht-wir-nicht-Hier-Journalismus berichtete.

Doch was ist denn ganz konkret passiert? Laut dem WDR (Westdeutscher Rundfunk), wurde an der Martin-Luther-Grundschule in Düsseldorf am Freitag den 08. Februar unter anderem die Heizung runtergedreht, um die Schüler*innen zu sensibilisieren, wie im Alltag einfach Energie gespart werden kann. Dies geschah in gemeinsamer Planung mit der Elternschaft und wurde von den Kindern positiv aufgenommen.

Wieviel bringt das? Laut der Homepage des „Warme Truiendag“ (landesweiter Aktionstag in den Niederlanden) werden 6% CO2-Emissionen pro Grad eingespart. So konnten 200‘000 Schüler*innen in den Niederlanden im Jahr 2016 an einem Tag rund 300 Tonnen CO2 pro Grad einsparen (basierend auf diesen Zahlen). Dies entspricht dem Jahresausstoss von 33 Niederländer*innen im Jahr 2016. Es ist daher eher eine symbolische Aktion auf dem Weg in die richtige Richtung. Denn der Bericht des IPCC hat eine klare Sprache, nämlich dass bis 2030 die CO2-Emissionen auf Null sinken müssen, um die Klimaerwärmung auf 1.5°C zu begrenzen. Und wenn Daniel Tanuro in seinem Buch „Klimakrise und Kapitalismus“ schreibt, dass die Heizung einen grossen Teil des individuellen Treibhausgasausstosses ausmacht, dann ist es offensichtlich, dass in diesem Bereich etwas getan werden muss.

Jetzt ist es aber falsch aus einer vereinzelnden Konsumkritik – laut der jede*r einzelne für die Rettung des Klimas verantwortlich ist – die Forderung abzuleiten, nur mit einer verstopften Nase könne man einen Beitrag leisten. Dieser Ansatz wälzt die Verantwortung für Einzelpersonen ab – trifft daher tendenziell sozial Benachteiligte – und ist daher zurecht unpopulär und zudem ineffizient.

Da der Klimawandel ein gesamtgesellschaftliches Problem ist, verlangt er auch nach einer gesamtgesellschaftlichen Antwort. Im Fall der Heizung wäre eine konkrete Forderung nach staatlich getragener energetischer Sanierung sämtlicher alten Gebäude, sowie das Bereitstellen von CO2-neutralen Alternativen zur Heizung von Gebäuden, wie z.B. Holzbriketts.

Aber die Krux liegt jedoch nicht in der Art wie wir konsumieren, sondern eben zum Grossteil, wie wir produzieren. So entfällt der Löwenanteil von 70% der globalen CO2-Emissionen auf nur 100 Energiekonzerne. Da muss also angegriffen werden, wenn wir die 1.5°C nicht noch überschreiten wollen!

Nun aber noch etwas zur breiten Welle Aufmerksamkeit – wenn man zynischen Spott und Anfeindungen bis hin zu Morddrohungen so bezeichnen will – die so ein Sensibilisierungsprojekt einer einzelnen Grundschule erzeugt hat.

Dass eine falsche Formulierung in einem Elternbrief – darin stand, man würde die Heizung ausschalten anstatt auf 19°C runterfahren – einen solchen internationalen Shitstorm ausgelöst hat, zeigt deutlich, dass im Kampf gegen den Klimawandel die massiven sozialen Spannungen in unserer Gesellschaft nicht ignoriert werden können. Vielmehr müssen die Massnahmen unter möglichst breiter Beteiligung der Betroffenen erfolgen und verständlich kommuniziert werden.

Dass die „20-Minuten“ mit ihrem Bericht die Reichweite des Shitstorms nur noch vergrössert, ohne eine weitergehende Recherche anzustellen, ist ein journalistisches Armutszeugnis. Zusätzlich kommt die JSVP zu Wort, welche den Klimawandel zwar nicht leugnet, sich aber gegen politisches Engagement für Klimaschutz ausspricht. Hier kommt der Antagonismus von herrschender Klasse und Klimaschutz zum Vorschein. Daraus wird auch klar: Mit denen, die ein Interesse am Status Quo haben, wird sich die Klimakrise nicht aufhalten lassen.

von Raphael Liebermann

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