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Ökosozialistische Strategien im Anthropozän

Die Regierungen haben sich in den ersten beiden Novemberwochen in Glasgow zur COP 26 Klimakonferenz getroffen. Sinnvolle Beschlüsse wurden nicht gefasst. Die Regierungen weigern sich, Klimaschutz vor Kapitalinteressen zu stellen. Die Klimabewegung muss nun international Gegenmacht von unten aufbauen. Eine Artikelreihe unterbreitet hierfür strategische Vorschläge.

von Christian Zeller; aus die Freiheitsliebe

Die Brüche im Erdsystem, die Erderhitzung und die bereits laufende Klimakatastrophe werden schon bald die Grundlagen der bisherigen Politik und gesellschaftlichen Debatten wegreißen. Mit dem Anthropozän-Kapitalismus treten wir in eine Phase voller Ungewissheiten und Instabilitäten, wobei Anthropozän die gegenwärtige Erdepoche meint, in der der Mensch zu einem maßgeblichen Gestalter geworden ist. Die Dynamiken des Erdsystems mit seinen Kipppunkten werden den Gesellschaften abrupte Veränderungen aufzwingen.

Sogar Aktivist:innen in sozialen Bewegungen und linken Organisationen unterschätzen die Tragweite dieser Veränderungen. Noch immer meinen Exponent:innen von Gewerkschaften und linken Parteien, die „Umweltpolitik“ stünde gar im Widerspruch zu sozialen Anliegen. Diese Haltung kommt einer Leugnung der gesellschaftlichen Herausforderungen der ökologischen Zerstörung gleich. Der Kampf gegen die Erderhitzung ist nicht ein „spezielles Thema“, sondern zieht sich durch alle gesellschaftlichen Konflikte hindurch.

Auch viele Menschen, die für eine sozialökologische Transformation der Gesellschaft oder einen Green New Deal einstehen, unterschätzen die Dringlichkeit abrupter gesellschaftlicher Veränderungen, um die Klimakrise abzuschwächen. Für schrittweise sozialökologische Transformationsperspektiven gibt es keinen Spielraum mehr. In den imperialistischen Ländern und noch viel mehr auf globaler Ebene fehlt diesen jede materielle, ökonomische und politische Grundlage.

Den Kipppunkten und Brüchen im Erdsystem sowie den damit verbundenen gesellschaftlichen Herausforderungen angemessen und realistisch sind nur noch Strategien des revolutionären Bruchs, die allerdings erst in unscharfen Umrissen erkennbar sind. Darum gilt es, eine Debatte zu führen über Strategien zu einem umfassenden gesellschaftlichen Umbruch hin zu einer Gesellschaft, die gemeinsam entscheidet, mehr teilt und weniger produziert. Das ist eine ökosozialistische Gesellschaft. Revolutionäre ökosozialistische Strategien müssen konkrete Antworten auf lokaler, regionaler, nationaler, transnationaler, kontinentaler und globaler Ebene geben. Doch der erforderliche Aufbau gesellschaftlicher Gegenmacht, die schließlich hin zur Doppelmacht und Infragestellung der bestehenden Herrschaftsstrukturen mündet, steht vor komplett neuen und bislang unbekannten Herausforderungen.

In den Beiträgen dieser Artikelserie verbinde ich wesentliche Befunde der Erdsystemforschung mit einer Verarbeitung strategischer Debatten in der sozialistischen Bewegung. Nach einer Darstellung der wesentlichen Prozesse und Folgen der Erderhitzung in Teilen 1 und 2 kennzeichne ich in Teil 3 die Grundzüge des Anthropozän-Kapitalismus. Gestützt auf diese Analyse argumentiere ich in Teil 4, dass nur noch eine revolutionäre Strategie den Brüchen im Erdsystem und den Widersprüchen des Kapitalismus angemessen ist. Diese Orientierung konkretisiere ich in Teil 5 mit der Skizze einer Übergangsstrategie. Aus dem Aufbau von Gegenmacht erwächst die Herausforderung der Doppelmacht, was ich im Teil 6 erörtern werde. In Teil 7 stelle ich Überlegungen zur Diskussion, wie in einer ökosozialistischen Perspektive der global ungleichen und kombinierten ökologischen und ökonomischen Entwicklung im Anthropozän-Kapitalismus zu begegnen ist. Schließlich argumentiere ich in Teil 8 für den Aufbau einer revolutionären ökosozialistischen Strömung, die sich vorerst in unterschiedlichen Zusammenhängen artikulieren kann, mittelfristig aber zu einer Organisation zusammenfinden sollte.

Übersicht

  1. Die Erde brennt, das Erdsystem bricht
  2. Die Zeit läuft uns ab
  3. Anthropozän-Kapitalismus: „grün“ in die Barbarei
  4. Wir brauchen eine ökosozialistische Revolution!
  5. Durch gesellschaftliche Aneignung Industrien um- und zurückbauen
  6. Von der Gegenmacht zur Doppelmacht
  7. Ungleiche und kombinierte Entwicklung im Anthropozän-Kapitalismus
  8. Zur ökosozialistischen Organisierung

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1 Kommentar

  1. Pingback:Ökosozialismus: Eine strategische Debatte eröffnen (Teil 4)

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