Die Corona-Pandemie brachte die Missstände in den Gesundheitssystemen aller Länder offen zutage. Die Zustände sind die Folge der neoliberalen Gegenreformen der letzten Jahrzehnte, unter denen nicht nur die Patient*innen, sondern vor allem die Angestellten des Gesundheitswesens leiden. Zu Beginn der Pandemie wurden von allen Seiten grosse Versprechen abgegeben, die Arbeitsbedingungen in der Pflege endlich zu verbessern. Da sich diese Versprechen erwartungsgemäss als leere Worte herausgestellt haben und die Angestellten ihre Miete nicht mit Applaus bezahlen können, unterstützen wir die Aktionswoche der Gewerkschaft VPOD im Gesundheitswesen.
von BFS Zürich
Neoliberalismus mit erheblichen Nebenwirkungen
Die Folgen der neoliberalen Umgestaltung des Gesundheitswesen sind drastisch: Die materielle, organisatorische und personelle Unterausstattung der Einrichtungen; die massive Arbeitsbelastung im Spital- und Pflegebereich; die unsolidarische Verteilung der Kosten und der ungleiche Zugang zu den Leistungen (Zwei-Klassen-Medizin); äusserst undemokratische Entscheidungsinstanzen v.a. im privatwirtschaftlichen Bereich; die Priorisierung von profitorientierten, betriebswirtschaftlichen Kriterien gegenüber der Gesundheit der Bevölkerung; und schliesslich die für den Kapitalismus typische Individualisierung der Verantwortung in Bezug auf die eigene Gesundheit. All dies sind unmittelbare Konsequenzen der neoliberalen Privatisierungs- und Sozialabbaupolitik.
Sieben Forderungen für ein soziales Gesundheitssystem
Angesichts dieser langjährigen, systemischen Mängel im Gesundheitssystem sowie der Abwälzung der Folgen der Pandemie auf die Schultern der Angestellten und der Patient*innen, ist eine Kehrtwende in der Organisation des Gesundheitssystems dringend nötig:
- Aufbau eines egalitären, durch die Beschäftigten und die Benutzer*innen kontrolliertes Gesundheitswesen, das mit entsprechenden materiellen und personellen Ressourcen ausgerüstet und pandemieresistent ist.
- Massiver Ausbau der Personalkapazitäten im Gesundheitswesen mit einer deutlichen Reduktion der Arbeitszeit und mit einer Verbesserung der Anstellungsbedingungen und Löhne.
- Soziale Einheitskrankenkasse. Finanzierung durch Einkommens-, Vermögens- und Unternehmenssteuern. Abschaffung der Kopfsteuer. Alle, auch Geflüchtete, Obdachlose und Sans-Papiers, müssen versichert werden.
- Die Massnahmen zur Ausrichtung des Gesundheitswesens an Markt und Wettbewerbsfähigkeit (u.a. Fallpauschalen) müssen ebenso wie die Privatisierungen entschädigungslos rückgängig gemacht werden. Oberste Priorität hat die Gesundheit der Bevölkerung, denn Gesundheit darf keine Ware sein.
- Pharma- und Diagnostikindustrie unter öffentliche Kontrolle stellen. Beseitigung des Patentschutzes auf pharmakologischen Wirksubstanzen und Herstellungsverfahren.
- Hohe Besteuerung der multinationalen Konzerne (Roche, Novartis, Nestlé u.a.). Diese Gelder sollten für den Aufbau von umfassenden Gesundheits- und Sozialsystemen hier und im Globalen Süden eingesetzt werden.
- Die staatlichen Institutionen, die die neoliberale Gesundheitspolitik zu verantworten haben, darunter auch das Bundesamt für Gesundheit (BAG), müssen durch andere öffentliche, demokratische Strukturen ersetzt werden.
Gesundheit statt Profit!
Für ein egalitäres, demokratisches Gesundheitssystem!
Dieser Text wird im Rahmen der nationalen Aktionswoche im Gesundheitswesen, die vom 26.-31. Oktober 2020 von der Gewerkschaft VPOD organisiert wird, an verschiedenen Spitälern verteilt.
Pingback:Für ein egalitäres, demokratisches Gesundheitssystem | Maulwuerfe