Der Zürcher Regierungsrat will im Rahmen des kantonalen Sparprogramms («Leistungsüberprüfung 16») auch die Unterstützungsbeiträge für die Lehrwerkstätte für Möbelschreiner (LWZ) streichen, was deren Schliessung und den Abbau von über 40 Lehrstellen zur Folge hätte. In Absprache mit dem kantonalen Arbeitgeberverband der Schreiner versucht nun der Chef, Markus Bosshard, die LWZ zu privatisieren. Sowohl die Schliessung durch den Kanton, als auch die Privatisierung durch den Chef sind nicht tolerierbar.
von BFS Jugend Zürich
Nein zur Schliessung der LWZ!
Die Lehrwerkstätte für Möbelschreiner (LWZ) bietet in der Stadt Zürich seit mehr als 125 Jahren dutzenden angehenden Schreiner*innen einen angenehmen Berufseinstieg und eine breite, umfassende Ausbildung im Berufsfeld. Dies steht nun auf dem Spiel, weil der Regierungsrat im April 2016 bekannt gab, dass er seine jährlichen Unterstützungsbeiträge von circa zwei Millionen Franken – im reichen Kanton Zürich ein Klacks auf die Hand! – streichen will. Davon betroffen wären zudem die Lehrwerkstätte für Schneider*innen in Winterthur, die ebenfalls geschlossen oder privatisiert würde, sowie 40 Lehrplätze an der Mechatronik Schule Winterthur. Insgesamt sind über 130 Lehrstellen und dutzende Arbeitsplätze vom Abbau bedroht.
Auf diesen Lehrstellenabbau angesprochen, meinte der in der kantonalen Bildungsdirektion für die Berufsbildung zuständige Marc Kummer mit einer Gleichgültigkeit und einer Arroganz, die alles übertrifft: «Dann verschwinden diese Lehrstellen halt.»[1] Das vorerst letzte Wort haben die mehrheitlich sparfreudigen Kantonsrät*innen, welche im Herbst 2016 definitiv über die Schliessung der LWZ entscheiden werden.
Nein zu den Privatisierungsplänen des Chefs!
Mitte April 2016 lancierte der LWZ-Chef Bosshard eine öffentliche Kampagne für den Erhalt der LWZ. Schon am 9. Juni 2016 kam er allerdings zum Schluss, dass «Gespräche mit Frau Regierungsrätin Silvia Steiner [CVP] und verschiedenen Kantonsräten und Kantonsrätinnen aufgezeigt haben, dass die Führung einer Lehrwerkstätte keine Staatsaufgabe ist und die Lehrwerkstätte in eine neue Trägerschaft überführt werden muss.»[2] Die «Überführung in eine neue Trägerschaft» bedeutet nichts anderes als die Privatisierung der LWZ.
Abgesehen davon, dass diese Argumentation jeglicher Logik entbehrt – heisst das nun, dass die LWZ 125 Jahre lang zu blöd war, um zu begreifen, dass ihre ganze Tätigkeit eigentlich eine Aufgabe der Privatwirtschaft wäre? – hätte eine Privatisierung schwerwiegende Folgen für die Lehrlinge. Denn sobald die LWZ in offener Konkurrenz mit anderen Buden steht und sie am Ende des Monats profitabel sein muss, sind auch all die Errungenschaften der LWZ – Einführungsjahr, weniger Druck und Stress in der Lehre, Ausbildung in allen Berufsbereichen, etc. – in Gefahr.
Dass die Leidtragenden einer Privatisierung die Lehrlinge sein werden, liegt auf der Hand. Bosshard selbst, für den die Privatisierung auch ein beruflicher Aufstieg bedeuten könnte, da er danach immerhin Direktor einer privaten Firma wäre, gab offen zu, dass man Einsparungen vornehmen könnte, in dem man Lehrstellen streiche oder Lehrlingslöhne kürze![3]
Es überrascht im Allgemeinen wenig, dass Bosshard bei seinem Privatisierungsvorhaben vom kantonalen Schreinerverband, dem Gewerbeverband, der Bildungsdirektion sowie von verschiedenen bürgerlichen Kantonsrät*innen unterstützt wird, denn all diese Verbände und Personen unterstützen die Spar- und Privatisierungspolitik des Kantons – ausser wenn in ihrem eigenen Gärtchen gespart wird.
Nein zu Überwachung und Repression im Betrieb!
Sinnbildlich für das Berufsbildungssystem insgesamt, wurden die Lehrlinge der LWZ nie nach ihren Wünschen oder Interessen gefragt. Als ein linkes Lehrlingskollektiv am 29. Juni 2016 deshalb versuchte, eine Lehrlingsversammlung durchzuführen, verbot der Chef kurzerhand den Lehrlingen die Teilnahme, schüchterte die Lehrlinge mittels Drohungen ein und liess die Aktivist*innen des Kollektivs durch die Polizei und die Möchtegern-Polizei SIP («Sicherheit, Intervention, Prävention») überwachen und kontrollieren.
Damit verhinderte der Chef vorerst, dass sich die Lehrlinge eigenständig zur Angelegenheit äussern konnten, was das Ziel des Lehrlingskollektivs war. Das Kollektiv war immer der Überzeugung, dass die bürgerlichen Sparpolitiker*innen nicht wegsehen könnten, wenn sich die Lehrlinge kollektiv und unabhängig für ihre Interessen einsetzen würden.
Für den bedingungslosen Erhalt der LWZ!
Insbesondere die bürgerlichen Sparpolitiker*innen, die ständig wiederholen, dass das duale Berufsbildungssystem in der Schweiz mitverantwortlich sei für wirtschaftliches Wachstum, Wohlstand und geringe Jugendarbeitslosigkeit und nun trotzdem die Schliessung bzw. die Privatisierung der Lehrwerkstätten unterstützen, sollten sich schämen. Ebenso beschämend ist es, wenn der Regierungsrat Ernst Stocker [SVP] Sparmassnahmen bei Lehrlingen als «verkraftbar»[4] bezeichnet und gleichzeitig Steuergeschenke für Unternehmen und Superreiche gutheisst.
Es liegt im Interesse der Lehrlinge und der Nutzer*innen des öffentlichen Dienstes im Kanton Zürich, dass die LWZ so bleibt, wie sie ist. Wir fordern deshalb den bedingungslosen Erhalt der LWZ als öffentliche Institution des Kantons Zürich.
Für den Erhalt der LWZ! Nein zur Schliessung, Nein zur Privatisierung!
Nein zum Abbau von Lehrstellen, Nein zu Lohnkürzungen bei Lehrlingen!
Für mehr Mitspracherecht der Lehrlinge im Betrieb!
Für eine Berufsbildung im Interesse der Lehrlinge!
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[1] http://www.srf.ch/news/regional/zuerich-schaffhausen/widerstand-gegen-schliessung-der-kantonalen-schneiderinnen-lehre
[2] http://www.bbzh.ch/lwz/aktuelles-zur-lwz/detail/?tx_news_pi1[news]=241&tx_news_pi1[controller]=News&tx_news_pi1[action]=detail&cHash=db258e3c27391e002cfcc91c9d094ca5
[3] http://www.nzz.ch/zuerich/sparmassnahmen-gewerbe-soll-zuercher-lehrwerkstaetten-retten-ld.89980
[4] http://www.nzz.ch/zuerich/aktuell/kantonaler-finanzhaushalt-zuercher-regierung-budgetiert-schwarze-null-ld.114327
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