Menu Schließen

Universität Zürich: Irgendwas mit Digitalisierung

Die an der Universität Zürich angedachte „Bibliothek der Zukunft“ ist einmal mehr eine undemokratische und technokratisch durchgesetzte Massnahme der Unileitung. Auch wenn die Universität betont, dass es sich erst um eine „Vorstudie“ handle, wären die Konsequenzen einer zentralisierten Bibliothek für die Studierenden und die einzelnen Fakultäten und Seminare einschneidend. Doch Widerstand regt sich.

von BFS Zürich

Viele Stunden des Studiums verbringen wir in Bibliotheken. Es ist nicht gerade der aufregendste Teil des Studierens, aber gerade für die Geisteswissenschaften ein entscheidender Ort wo unterschiediche Fragestellungen, verschiedene Forschungsinteressen und diverse Bedürfnisse nach Fachliteratur zusammenkommen. Mit Hilfe des Personals findet man erste Übersichtswerke, in der Reihe darüber entdeckt man eine bisher über die Internetrecherche übersehene Trouvaille, via Literaturverzeichnisse stösst man auf weitergehende Literatur und so weiter. Die Prozesse wirken etwas chaotisch, doch das müssen sie auch sein, denn Sozialwissenschaft ist keine sterile Laborsituation sondern ein stetes Stöbern und neues Zusammenhängen. Doch all das soll es nach der Universitätsleitung nicht mehr geben. Mit ihrem Projekt „Bibliothek der Zukunft“ sollen die bisher 80 einzigartigen Institutsbibliotheken in wenigen Jahren zu einer zentralen „Universitätsbibliothek Zürich“ zusammengefasst werden. In dieser Speicherbibliothek müssten die Studierenden Bücher bestellen, die Präsenzbestände fielen grösstenteils weg.

Exzellenz und Ökonomisierung

Erklärt wird das Vorgehen durch „internationale Vergleiche“ in denen die UZH schlecht abschneiden würde. Mit mehr Digitalisierung und Zentralisierung sollte die Uni international wieder konkurrenzfähiger werden. Dabei orientiert sich die Universitätsleitung vor allem an den sogenannten LERU (League of European Research Universities) Universitäten, also eigentlichen Elite-Unis die durch hohe Selektion und starker Orientierung an Wirtschaftlichkeit und naturwissenschaftlichen Forschungsmethoden in den internationalen Rankings immer wieder ganz oben stehen. Die Uni schaut dabei auch zur Nachbarin ETH, wo schon lange mehr auf Digitalisierung als auf Präsenzbibliotheken gesetzt wird. Dies meint schlussendlich eine Angleichung der Arbeitsweise aller Fächer an die Informationstechniken der Natur- und Ingenieurswissenschaften, was den Sozialwissenschaften ohne tatsächliche demokratische Miteinbeziehung einfach übergestülpt wird. Hier geht es um eine weitere Ökonomisierung der Universität und wie immer sind es vor allem die Sozialwissenschaften, speziell die sogenannten „Orchideenfächer“ deren Bedürfnisse ignoriert werden.

Die Kleinen lässt man fallen

Kleinere und mittlere Institute haben hoch spezialisierte Bibliotheksapparate mit Mitarbeiter*innen, die durch ihr jahrelanges Fachwissen eine enorme Hilfe im Studium sein können. All das soll durch die neue Reform wegfallen. Bereits durch die Abschaffung der 30er-Nebenfächer sind diese Institute zunehmendem ökonomischen Druck ausgesetzt. Schon damals wurden ihre Interessen grösstenteils übergangen. Hat sich die Unileitung mal ein Projekt in den Kopf gesetzt, gibt es nur wenig, was sie stoppen könnte. Die überragende Mehrheit der Betroffenen, die Studierenden, werden zu Informationsanlässen eingeladen wo immer wieder Argumente fallen, dass „vieles noch offen sei“ und wenn die Kritik zu stark wird, dass „die meisten von euch ja nicht mehr davon betroffen sind“. Es wird versucht die Debatte über die Zukunft der Universität komplett zu entpolitisieren und als Problem der Technologie und des internationalen Wettbewerbs darzustellen. Dabei bleibt die eigentliche Debatte auf der Strecke, dabei bleiben wir Studierenden höchstens Feigenblätter in der sogenannten universitären Demokratie und dabei werden kleinere Studiengänge mit ihren Bedürfnissen ignoriert und zunehmend in ihrer Existenz bedroht. Die Entwicklungen der Universität der letzten Jahre zeigen alle in diese Richtung, es wird Zeit diesen Prozess umzukehren. Aus der Studierendenschaft gingen schon einige Initiativen gegen die „Bibliothek der Zukunft“ hervor, was bisher fehlt ist eine Koordination dieser Bemühungen und eine klare Antwort an den Universitätsrat, dass unsere Stimmen nicht länger ignoriert werden können.

 Wie wir aus Flugblättern entnommen haben, beginnt sich der Widerstand gegen das langfristige Strukturprojekt langsam zu formieren. Wer weitere Informationen bezüglich der Bibliothek der Zukunft und dem Widerstand dagegen wünscht, die verweisen wir gerne an die Mailadresse: stop.ubzh@gmail.com

 

Der vorliedende Text wurde zuerst in der Hochschulzeitung der BFS Zürich imÜbrigen veröffentlicht. 

Verwandte Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert