Der folgende Text wird von der BFS/MPS als Flyer an der heutigen Klimademo (28. September 2019) in Bern verteilt. (Red.)
von BFS/MPS
Manch eine*r mag sich mit Verwunderung die Augen gerieben haben: Als der Amazonas brannte und alle mit Angst und Schrecken auf die umweltzerstörerische Politik Bolsonaros blickten, kündigte Bundesrat Parmelin mit Stolz den Abschluss eines Freihandelsabkommens zwischen südamerikanischen und europäischen Staaten, darunter die Schweiz, an. Allen scheinheiligen Verlautbarungen zum Trotz wird dieses Freihandelsabkommen die Abholzung der Regenwälder und somit den Klimawandel zweifellos weiter anheizen.
Doch bei genauerem Hinsehen hat diese Haltung seit Jahrzehnten System. Obwohl sich die Staaten schon Anfang der 1990er Jahren für die Bekämpfung des Klimawandels verpflichtet hatten, förderten sie weiterhin munter fossile Energien, eine umweltschädliche Agrarwirtschaft oder den Ausbau des Privat- und Luftverkehrs.
Wie konnte es so weit kommen?
Die grundlegende Ursache der gegenwärtigen Klimakatastrophe liegt in der Unvereinbarkeit zwischen einer nachhaltigen Gesellschaft und einer auf Profit und Wachstum basierten kapitalistischen Form des Wirtschaftens. Die Geschichte der Klimakrise ist eine Geschichte der Ausnutzung der Natur durch eine Wirtschaftsweise, welche nur auf Profit ausgerichtet ist. Wir leben in einer Gesellschaft, in der die Mehrheit der Bevölkerung nicht darüber entscheiden kann, wie und was produziert wird. In einer Welt, in der Konkurrenz und Maximierung der Gewinne oberste Priorität haben, gibt es für langfristige ökologische Planung keinen Platz. Wenn also die Warnungen von Wissenschaftler*innen seit Jahrzehnten ignoriert werden, hat dies einen triftigen Grund: In unserer Gesellschaft wirft die Ausbeutung von Mensch und Natur allzu saftige Gewinne ab.
Es sitzen nicht alle im selben Boot
Von der Klimakrise sind alle auf die eine oder andere Art betroffen. Doch nicht alle im selben Mass. Während die einen schon jetzt vor Dürren, Unwettern und Überschwemmungen flüchten, können sich andere in ihren klimatisierten Villen verschanzen und sich dank privaten Sicherheitsfirmen geborgen fühlen. Dass Letztgenannte nicht an griffigen Massnahmen gegen den Klimawandel interessiert sind, liegt somit auf der Hand. Denn gleichzeitig verdienen nicht wenige von ihnen viel Geld mit umwelt- und klimaschädlichen Tätigkeiten. Es darf also nicht erstaunen, dass der SVP-Präsident Albert Rösti gleichzeitig auch Präsident von Swissoil ist, dem Dachverband der Brennstoffhändler. Dass die SVP sich keinen Dreck ums Klima schert noch weniger. Wie bei allen rechtsextremen Parteien weltweit hat das Hetzen gegen Umweltaktivist*innen und das Leugnen des Klimawandels auch bei der SVP System. Es sind Teile derselben menschenverachtenden, rassistischen, frauenfeindlichen und homophoben Ideologie, mit der die Rechten tagtäglich Diskriminierung, Unterdrückung und Ausbeutung rechtfertigen.
Doch auch von der sogenannten «Mitte» ist bei der Bekämpfung des Klimawandels keine Hilfe zu erwarten. Nehmen wir Ruedi Noser, Zürcher FDPler im Ständerat und Mitglied der parlamentarischen Kommission für Umwelt: Obwohl er sich gerne als freisinniger Umweltschützer präsentiert und die Gletscherinitiative unterstützt, sitzt er zugleich im Verwaltungsrat der Crédit Suisse, die ihr Geld gerne mit der Förderung von Erdöl verdient. Und während die Erde unter dem untätigen Blick von Grosskonzernen und Regierungen buchstäblich brennt, möchte uns die FDP immer noch weismachen, dass Grossunternehmer*innen irgendwann freiwillig etwas gegen die Umweltzerstörung unternehmen werden.
System Change – Jetzt erst recht!
In einem Punkt liegen die Rechten somit richtig: Sie haben Recht, wenn sie uns vorwerfen, dass wir mit unserem Kampf gegen die Umweltzerstörung linke Politik betreiben. Denn tatsächlich ist ein wirksamer Kampf gegen die Klimakatastrophe von einem Kampf gegen Ausbeutung, Rassismus und Frauenfeindlichkeit und für Gleichheit, Solidarität und Demokratie nicht zu trennen. In anderen Worten: Der Kampf gegen die Klimakatastrophe muss antikapitalistisch sein.
Daraus folgt, dass es im Kampf gegen die Umweltzerstörung keine einfache und schnelle Abkürzung gibt. Es gibt keine wundervolle Technologie, die uns vom Alptraum der Klimakatastrophe befreit. An einer radikalen Umgestaltung der Art und Weise, wie wir konsumieren, produzieren, uns fortbewegen oder uns ernähren, führt kein Weg vorbei.
Ein wirklich nachhaltiges Wirtschaften ist somit nur möglich, wenn die Allgemeinheit in der Lage ist, demokratisch darüber zu entscheiden, wie und was wir produzieren. Nachhaltigkeit ist eine gesellschaftliche Entscheidung, die nicht dem «Markt» überlassen werden kann.
Eine solche radikale Umgestaltung ist jedoch nur möglich, wenn wir die Macht von Banken, Agrarmultis, Ölfirmen und anderen Grosskonzernen brechen. Ein gut ausgefüllter Wahlzettel, eine einzelne Volksinitiative oder eine einmalige Demonstration werden nicht ausreichen, um der Klimakatastrophe Einhalt zu gebieten. Es braucht eine breit abgestützte, demokratisch organisierte Massenbewegung, die in den Strassen, den Schulen und Unis sowie am Arbeitsplatz für radikale Veränderungen einsteht.
Die heutige Demo sollte der Startpunkt einer breiten Bewegung sein, die verschiedene Kämpfe zusammenführt. Nur so können wir uns eine lebenswerte Zukunft erkämpfen.
Wir fordern
Einen raschen und definitiven Ausstieg aus fossilen Energien!
Eine radikale Arbeitszeitverkürzung bei gleichbleibendem Lohn!
Eine demokratische Kontrolle der Produktion durch die Beschäftigten!
Den massiven Ausbau des öffentlichen Verkehrs und eine radikale Einschränkung des Privat- und Luftverkehrs!
Eine konsequent ökologische Landwirtschaft und eine demokratische und öffentliche Kontrolle über die Agrarkonzerne!