Während ein Virus geschlechterblind ist und auch zwischen Arbeiter*innen und Besitzenden keine Unterschiede macht, so trifft doch der gesellschaftliche Umgang mit der Krise lohnabhängige Frauen, Lesben, Inter-, Non-Binäre-, Transpersonen (FLINT) am härtesten. In allen «systemrelevanten» Bereichen arbeiten vor allem FLINT. Und es sind meistens Bereiche, die in den letzten Jahrzehnten abgewertet wurden und prekarisiert, schlecht oder gar nicht bezahlt und unsichtbar verrichtet werden mussten.
Sei es in der Pflege, wo die Privatisierungspolitik der letzten Jahrzehnte «Effizienzsteigerung» hätte bringen sollen, dies aber auf dem Rücken der Pfleger*innen durchgeführt wurde, die mehr Stress, Fallpauschalen und unregelmässigen Arbeitszeiten auszuhalten hatten. Sei es im Detailhandel, wo flexible Arbeitszeiten, körperliche Anstrengung und miserable Bezahlung gang und gäbe sind. Sei es in der Betreuung, wobei sowohl die unbezahlte als auch die bezahlte Betreuung vorwiegend von FLINT verrichtet wird. Auch Fachpersonen Betreuung (shoutout an die Trotzphase) hatten in den letzten Jahren immer wieder darauf hingewiesen, dass die Privatisierungs- und Sparpolitik bei Kindern zu nichts als Stress und Problemen führt.
FLINT verrichten momentan unter widrigsten Umständen diejenige Arbeit, welche für das Weiterfunktionieren unserer Gesellschaft unbedingt notwendig ist. Sie werden von allen Seiten gelobt, beklatscht und mit dem Adjektiv «systemrelevant» versehen, doch niemand denkt daran, sie gut zu bezahlen oder ihnen bessere Arbeitsbedingungen zu verschaffen. Im Gegenteil werden wir wohl genau in diesen Bereichen in den nächsten Jahren wieder mit Sparmassnahmen konfrontiert sein, da diese Krise ja «bezahlt werden muss». Gerade dagegen müssen wir uns wappnen – denn bezahlen sollen die, die in den letzten Jahren massenhaft Profite gemacht haben mit der Spekulation unserer Gesundheit: Die Pharmakonzerne. Bezahlen sollen diejenigen, die in den letzten Jahren nach der Finanzkrise dennoch massenhaft Dividenden und Bonis ausbezahlt bekommen haben, während gleichzeitig Sozialleistungen gekürzt und privatisiert wurden. Und bezahlen sollen schlussendlich auch diejenigen, die massenhaft Profite gemacht haben mit Tätigkeiten, die schon längst auf den Müllhaufen der Geschichte gehören: die umweltschädlichen Kohle-, Öl- und Gas-Industrien sowie die Kriegsindustrie.
Frauen, Lesben, Inter-, Non-Binäre-, Transpersonen verrichten aber nicht nur all diese gesellschaftlich wichtige Arbeit im Privaten oder im Öffentlichen. Sie sind dabei auch noch besonderen Gefahren ausgesetzt. Die Gewalt gegen Frauen und Kinder, die Gewalt gegen Trans, Inter-, Non-Binäre Menschen, die Gewalt gegen homosexuelle Menschen nimmt in Krisenzeiten und gerade in dieser ausserordentlichen Situation der Quarantäne drastisch zu.
Schon acht Frauen wurden in diesem Jahr in der Schweiz ermordet – acht Femizide!
Es zeigt sich also schon jetzt ein Anstieg der häuslichen Gewalt.
Der 14. Juni letztes Jahr, der feministische Streik in der Schweiz, hat gezeigt, welche Macht FLINT besitzen – wenn wir aufhören, steht die Welt still. Wir werden uns nicht weiter ausbeuten lassen. Tag für Tag und unter immer widrigeren Umständen.
Oder, wie Tommy Vercetti das sagt:
„eui Firme, eui Banke, eue Staat stö uf wiibleche Bei, u di gheiä we si wei“
von Sarah Friedli