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«Je mehr ihr uns unterdrückt, umso mehr erheben wir uns!» – Die Revolte gegen den Militärcoup in Burma

Burmas Militär hat am 1. Februar einen Putsch gegen die Ergebnisse einer demokratischen Wahl durchgeführt. Die Wahl hätte der National League for Democracy (NLD) von Aung San Suu Kyi eine überwältigende Mehrheit in der Regierung gegeben. Aus Angst, dass dies seine Macht im Lande gefährden würde, nahm das Militär Suu Kyi und einen Grossteil der übrigen Führung des Landes fest und errichtete eine Militärdiktatur. Der Putsch hat einen Massenaufstand des Volkes mit riesigen Demonstrationen und Generalstreiks im ganzen Lande ausgelöst. Das Militär hat mit äußerster Brutalität geantwortet, Demonstrierende niedergeschossen und unzählige Menschen verhaftet. Ashley Smith sprach mit Me Me Khant über den Aufstand, die Demokratie und die ambivalente Rolle von Suu Kyi der NLD. Sie ist eine Aktivistin und Dichterin aus Myanmar1, die derzeit in den USA lebt.

Interview mit Me Me Khan; aus tempestmag.org

Ashley Smith: Das Militär hat eine allumfassende Kampagne der Massenunterdrückung gegen den demokratischen Aufstand gestartet, um seinen Putsch zu verteidigen. Wie haben die Widerständigen darauf reagiert?

Me Me Khan: Die Medien haben die Unterdrückung aufgedeckt. Alle haben wahrscheinlich die entsetzlichen Szenen der Gewalt gesehen. Das Militär hat seine Kräfte entfesselt, um Demonstrant:innen brutal anzugreifen und einzuschüchtern. Auf Befehl der Führung haben Soldaten etliche Grausamkeiten begangen.

Was besonders beunruhigend ist, sind die öffentlichen Erklärungen einiger Soldaten, dass es ihnen Spaß macht, diese Angriffe und Morde auszuführen. Sie haben sich in den sozialen Medien damit gebrüstet, dass sie all das gerne tun, nicht nur weil es ihnen befohlen wird. Das sieht nach Faschismus aus.

Das Militär selbst ist eine faschistische Institution, die gegen friedliche Demonstrierende vorgeht. Aber diese Repression hat die Demonstrierenden nicht von der Straße vertrieben. Sie sind empört. Wenn überhaupt, hat die Gewalt die Illegitimität des Militärs bestätigt und die Entschlossenheit der Menschen gestärkt, sich zu erheben und es zu stürzen.

Bis jetzt sind die Proteste weitgehend friedlich verlaufen. Die Menschen bleiben standhaft und ruhig. Dabei entwickelten sie kreative Taktiken, um dem Militär und seiner Gewalt zu widerstehen.

Zum Beispiel tötete und verletzte das Militär eines Tages in einem bestimmten Quartier (North Okkala) in Yangon viele Menschen. Aber anstatt sich zurückzuziehen, gingen die Menschen noch in der gleichen Nacht mit Kerzen auf die Strassen, um für ihre toten Kameraden zu beten und ihr anhaltendes Engagement für den Kampf auszudrücken.

Jüngere Menschen haben begonnen, sich zu organisieren, um sich gegen die Brutalität zu schützen. Sie haben begonnen, Helme zu tragen und Schilde an die Demonstrationen mitzubringen. Die Repression hat die Menschen also nicht davon abgeschreckt, sich weiter zu organisieren. Aktivist:innen haben die Parole ausgegeben: „Je mehr ihr uns unterdrückt, umso mehr erheben wir uns, und wenn ihr uns anfasst, werden wir zurückschlagen.“

In Mandalay wurde letzte Woche ein neunzehnjähriges Mädchen getötet. Ihre Ermordung durch das Militär bewegte das ganze Land. Trotz dieser Gräueltat kehrten die Menschen schon am nächsten Tag auf die Straßen zurück. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass sich der Kampf zurückzieht.

AS: Warum entschied sich das Militär, gegen Aung San Suu Kyi und ihre National League for Democracy (NLD) nach deren Sieg in der jüngsten Wahl zu putschen? Warum hat das Militär dies getan, nachdem es jahrelang mit ihrer Partei zusammengearbeitet hatte?

MMK: Der Vorwand des Militärs lautete  Wahlbetrug. Natürlich wissen wir, dass es für diese Behauptung keine Grundlage gibt. Die Gründe für den Putsch liegen tiefer.

Der erste ist, dass das Militär weiterhin die volle Kontrolle über das Land haben will und aufgrund der Wahlergebnisse zur Einschätzung gelangte, dass die weitere Entwicklung der Demokratie für ihre Macht zur Bedrohung werden könnte. 

Zwar hatte das Militär auch schon vor dem Putsch die Kontrolle. Aber Aung San Suu Kyi und die NLD waren in der Lage, Schlupflöcher in der Verfassung von 2008 auszunutzen, um die Macht des Militärs zu beschneiden. Zum Beispiel gelang es der NLD, eine Position für Aung San als State Counselor zu sichern.

Die NLD konnte auch eine Reihe gesetzlicher Reformen durchführen, wie z.B. Verbesserungen im Bildungs- und Gesundheitswesen. Und da sie deren Popularität spürten, drängten sie auf weitere Verfassungsreformen.

Das Militär fühlte sich also bedroht. Vor allem General Min Aung Hlaing hat ein persönliches Interesse an diesem Putsch. Seine Amtszeit näherte sich ihrem Ende. Er griff zum Mittel des Putsches, um seine Herrschaft und die Kontrolle über das Militär zu verlängern.

Es gibt eine zweite, feministische Dimension des Putsches. Das Militär ist eine sexistische, patriarchalische Institution. Sie sehen es also nicht gerne, wenn eine Frau das Land mit so viel Unterstützung der Bevölkerung anführt. Das ist eine zusätzliche Dimension. Aber der Hauptgrund ist die Entschlossenheit des Militärs, an der Macht festzuhalten, die sie seit den frühen 1960er Jahren innehaben.

AS: Wie ist Ihre Einschätzung der NLD? Was war deren wirtschaftliches und politisches Projekt? Ist es korrekt, sie als eine bürgerliche Partei zu bezeichnen, die sich der Öffnung Myanmars für den globalen Kapitalismus verschrieben hat? Welchen Einfluss hatte ihre Herrschaft auf die verschiedenen Klassen und ethnischen Gruppen?

MMK: Die NLD ist eine Partei der Bamar-Elite2, die sich für die Demokratie in Myanmar einsetzt, zumindest in einigen Aspekten. Ich erinnere mich, als ich 2015 zum ersten Mal wählen durfte, war ich so voller Hoffnung, dass sich das Land zum Besseren verändern würde und dass die NLD Reformen durchsetzen würde, um das Land zu transformieren.

Aber es gab eine Menge Dinge, die die NLD nicht zustande brachte. Ihr politisches und wirtschaftliches Projekt verband milde Reformen mit der Öffnung der nationalen Wirtschaft für den globalen Kapitalismus.

Das förderte die Interessen einiger Teile der Gesellschaft, besonders der urbanen Ober- und Mittelschichten, die von erhöhten ausländischen Direktinvestitionen profitierten. Aber viele der von ethnischen Minderheiten bewohnten Regionen und viele der ländlichen Gebiete gingen leer aus.

Aber wie ich schon sagte, einiger der Reformen der NLD im Gesundheits- und Bildungsbereich waren positiv. Sie brachten auch COVID-19 unter Kontrolle und schützten Teile der verarmten Bevölkerung, die sonst von der Krankheit übel betroffen gewesen wären.

Gleichzeitig, wenn man sich die Mitglieder der NLD, ihre Rhetorik und ihr Programm anschaut, so ist sie eine Elitenpartei, eine bürgerlich-nationalistische Partei. Die Mehrheit der Leute, die gewählt werden, kommen aus der Bamar-Elite, aus den wohlhabenden Klassen, und haben einen Uni-Abschluss. Es gibt eine kleine Fraktion von Eliten der ethnischen Minderheiten in der Partei und ihren gewählten Vertreter:innen, aber sie ist sehr klein.

Die NLD stellt die nationale Einheit und die kapitalistische Entwicklung an die erste Stelle und alle Fragen über Klasse und ethnische Minderheiten an die letzte Stelle der Prioritätenliste. Das ist sehr typisch für die liberale Bamar-Elite in Myanmar. Fragen der Ausbeutung und Unterdrückung beschäftigen sie nicht besonders.

Während dieser Revolution kann man jedoch sehen, dass der Standpunkt der NLD in Frage gestellt wird. Sogar die NLD-Führung im Parlament hat begonnen, mit Vertreter:innen der ethnischen Minderheitengruppen zu sprechen. Hoffentlich ist das ein Zeichen für tiefgreifende Veränderungen, die kommen werden.

AS: Eine der grossen Enttäuschungen der Herrschaft von Aung San Suu Kyi war ihre Zusammenarbeit mit dem Militär bei der ethnischen Säuberung der Rohingya in Rakhine. Warum hat sie dies getan?

MMK: Ich habe mir die gleiche Frage gestellt. Als sie das Militär vor dem Internationalen Gerichtshof verteidigte, war ich schockiert. Für viele von uns war dies der letzte Strohhalm. Der Hauptgrund, den die Leute anführen, um ihre Unterstützung des Militärs zu erklären, war, dass sich Aung San und die NLD hauptsächlich der Bamar-Elite und der nationalen Einheit verpflichtet fühlen. Aber ich denke, wir müssen uns mehr einfallen lassen, um zu erklären, warum sie die ethnischen Säuberungen des Militärs mitgemacht hat.

AS: Myanmar ist seit langer Zeit ein Schlachtfeld imperialer Mächte. Heute streben sowohl die USA als auch China nach der Vorherrschaft über das Land. Die USA kultivieren seit Jahren eine Beziehung zu Aung San Suu Kyi, und China hat dies in jüngerer Zeit auch getan. Wie haben die beiden Staaten auf den Coup reagiert?

MMK: Vor dem Übergang zur Demokratie war die Sache klar. Die USA unterstützten Aung San, während China gute Beziehung zu den Militärs hatte. Sie standen also auf entgegengesetzten Seiten. Aber nach dem Übergang distanzierten sich die U.S.A. von Aung San wegen ihrer Kollaboration bei der ethnischen Säuberung der Rohingya.

Sie näherte sich dann China an. Sowohl die USA als auch China haben den Putsch verurteilt. Insbesondere China investiert stark in die Belt and Road-Infrastrukturprojekte in Myanmar, und die Instabilität im Lande bedroht deren Fertigstellung.

In gewisser Weise stehen also China und die USA also auf der gleichen Seite. Aber sowohl China als auch Russland beliefern das Militär Myanmars mit Waffen und fürchten ebenfalls das Aufbrechen des Militärs und sicherlich auch eine erfolgreiche Revolution. Deshalb haben sie sich gegen Sanktionen gegen das Land ausgesprochen, da sie den Putsch für eine interne Angelegenheit halten.

Aber auch andere Mächte sind involviert. Russland und Indien haben ebenfalls Interessen in dem Land. Es ist also durchaus eine globale Machtdynamik im Spiel. Die Bewegung muss natürlich unabhängig von all diesen Mächten bleiben und an ihren Forderungen festhalten.

AS: An der Revolution sind viele Klassen und Gruppen beteiligt. Eines der auffälligsten Dinge am Aufstand ist die prominente Rolle von jungen Aktivisten und vor allem von Frauen, insbesondere von Frauen aus der Arbeiter:innenklasse. Was sind die Wurzeln und Organisationen dieser Gruppen? Warum spielen sie eine so bedeutende Rolle?

MMK: Die Streiks waren unglaublich. Aber das kam nicht aus heiterem Himmel. Die Gewerkschaften haben seit der Kolonialzeit eine zentrale Rolle in unserer Geschichte der Kämpfe und Revolutionen gespielt.

Es gibt ein Sprichwort, mit dem ich aufgewachsen bin, dass es drei Kräfte gäbe, die für die Revolution gebraucht würden – die Student:innen, die Arbeiter:innen und die Mönche. Die Arbeiter:innen waren also immer zentral.

Der Eintritt der Frauen in den Kampf ist die Frucht der vergangenen Jahre der Freiheit, als viele junge Menschen feministische Perspektiven kennenlernten. Viele feministische Organisationen setzten sich für die Ermächtigung von Frauen ein.

Wir begannen, die sexistischen Ideen und Strukturen unserer Gesellschaft in Frage zu stellen. Das legte den Grundstein für die zentrale Rolle, die die Frauen in dieser Revolution spielen. Frauen sind in der Führung der Gewerkschaftsstreiks und bei den Demonstrationen in den Vordergrund getreten. Aber es sind nicht nur junge Frauen, es sind Frauen aus allen Generationen, wobei auch ältere Frauen eine führende Rolle spielen.

Die Entwicklung des Internationalen Frauenstreiks in den letzten Jahren hat diese Entwicklungen in Myanmar gefördert, aber seine Wurzeln sind sehr speziell für das Land. Es hat viel damit zu tun, dass die Bewegung gezwungen ist, sich mit dem Sexismus des Militärs auseinanderzusetzen.

Vorurteile gegen Frauen sind im Militär, wie auch in unserer Gesellschaft insgesamt, sehr tief verwurzelt. Zum Beispiel glauben Männer besonders im Militär, dass, wenn sie die Kleidung von Frauen berühren, besonders den traditionellen Longyi, es ihre Willenskraft oder Männlichkeit reduziert.

Weibliche Aktivistinnen haben dies ausgenutzt, indem sie ihre Longyi auf Wäscheleinen um Demonstrant:innen herum aufreihen um diese zu schützen. Sie marschieren auch mit ihren Longyi auf Mahnwachen, um die Soldaten einzuschüchtern.

Protestierende Frauen hängen ihre Longyis auf, um das Militär einzuschüchtern. 

AS: Die Arbeiter:innenklasse hat auch eine herausragende Rolle bei der Organisation von Massenstreiks gespielt. Während alle Protestierenden die Wiederherstellung der Demokratie und den Respekt vor den Wahlergebnissen unterstützen, gibt es irgendwelche Anzeichen dafür, dass die Arbeiter:innenklasse ihre eigenen Organisationen und Parteien als Alternativen zur NLD entwickelt?

MMK: Die Bewegung wurde von Beschäftigten im Gesundheitswesen gestartet. Ihnen schlossen sich dann Lehrer:innengewerkschaften, Student:innengewerkschaften und Bekleidungsarbeiter:innen an. Sie alle waren bereits vor dem Putsch an Aktionen beteiligt. So waren sie in der Lage, die Revolution gegen das Militärregime anzuführen.

Die Teilnahme von Arbeiter:innen und unterdrückten Gruppen hat für viele den Raum geöffnet, mit dem Versagen und den Verbrechen der NLD, wie dem Völkermord an den Rohingya, kritisch auseinanderzusetzen. Sie hat auch ein Bewusstsein für viele andere Formen sozialer Ungleichheit im Land geschaffen.

All dies hat drückt sich in dem Aufstand aus.  Menschen aus allen verschiedenen ausgebeuteten und unterdrückten Schichten der Gesellschaft – Frauen, LGBTQ, Arbeiter:innenklasse, Arme – erscheinen auf den Protesten und bringen ihre Probleme und Forderungen vor.

Der gemeinsame Feind – das Militär – hat viele Menschen geeint. Viele Protestierende sind auch gut belesen in Bezug auf revolutionäre Literatur. Sie sind sich des Klassenkampfes und der verschiedenen globalen Unterdrückungssysteme bewusst.

Sie haben ihre Stimme gegen die Ungleichheiten des globalen Systems, das Erbe des Kolonialismus und die Realitäten des Neokolonialismus erhoben. Das hat die Kämpfe von ethnischen Minderheiten, Arbeiter:innen und Frauen als Teil des größeren Kampfes für Freiheit und Gleichheit wirklich verstärkt.

All dies hat Druck auf die von der NLD dominierten vorläufigen Parallelregierung, das Committee Representing Pyidaungus Hluttaw (CRPH), ausgeübt.

Die Bewegung drängt darauf, dass das CRPH die ethnische Unterdrückung anerkennt, die Verfassung von 2008 abschafft und Forderungen aufnimmt, die den größeren Kampf um Gleichheit und Freiheit ansprechen.

Sie üben Druck auf die Führungselite aus, ihr Schweigen zu diesen Fragen zu beenden. Die Menschen beginnen, die Idee in Frage zu stellen, dass die Reichen die Gesellschaft nur aufgrund ihres Reichtums anführen sollten. Die Menschen aus der Arbeiter:innenklasse erheben nicht nur Forderungen nach der Wiederherstellung der Demokratie, sondern auch nach mehr Gleichheit.

AS: Wie haben die verschiedenen ethnischen Gruppen auf den Putsch reagiert? Hat der Aufstand die Grundlage für eine größere Solidarität zwischen der Bamar-Mehrheit und den unterdrückten ethnischen Minderheiten gelegt?

Die Situation ist wirklich kompliziert. Die bewaffneten ethnischen Organisationen haben weitgehend geschwiegen, mit Ausnahme einiger weniger, die den Putsch verurteilt haben. Aber eine Menge Leute aus den ethnischen Gruppen, einschliesslich der Rohingya, haben sich der Massenbewegung angeschlossen.

Das hat die Wahrnehmung der Bamar verschoben. Viele Menschen kommen heraus und entschuldigen sich dafür, dass sie über den Kampf der Minderheiten geschwiegen haben. Das ist eines der schönen Dinge, die wir inmitten dieses Aufstandes sehen.

Dieses Bewusstsein war schon vor dem Putsch unter den jungen Menschen gewachsen. Aber jetzt entwickeln mehr Menschen, auch ältere, die der NLD gegenüber loyal sind, ein stärkeres Bewusstsein. Ich denke also, dass diese Bewegung von einer wachsenden Einheit über ethnische Spaltungen hinweg ausgezeichnet wird.

Gleichzeitig haben sich die ethnischen Militärorganisationen und Parteien dem Kampf nicht angeschlossen. Einige haben sich sogar mit dem Militär verbündet. Wir haben also eine widersprüchliche Situation.

Es gibt scharfe Spaltungen zwischen den organisierten Kräften, während es eine potentielle Einheit im Kampf selbst gibt. Aber wir haben noch einen langen Weg vor uns, um die ethnische Unterdrückung zu überwinden.

AS: Das Militär scheint um jeden Preis entschlossen zu sein, an der Macht zu bleiben. Was wird es brauchen, damit der demokratische Aufstand gewinnt? Welche Rolle kann regionale Solidarität wie die Milk-Tea Alliance spielen? Was können Aktivist:innen im Rest der Welt tun, um den Kampf zu unterstützen?

Das Militär wird alles tun, um seine Herrschaft zu verteidigen. Also, was würde es brauchen, um zu gewinnen, das ist die Frage. An diesem Punkt brauchen wir Druck an allen Fronten. Niemand, schon gar nicht die UNO oder die USA, wird kommen, um uns zu retten.

Ob wir gewinnen oder nicht, hängt in erster Linie von der Graswurzelbewegung selbst ab. In diesem Kampf wird es entscheidend sein, Teile des Militärs und der Polizei dafür zu gewinnen, überzulaufen und sich der Revolution anzuschließen. Das wird es für das Militär unmöglich machen, die Repression aufrecht zu erhalten.

Dies beginnt im Ansatz zu passieren. Schon jetzt haben einige Polizisten begonnen, sich der Revolution anzuschließen. Einer der Kommandeure der Polizei ist übergelaufen und hat verraten, dass es eine Menge anderer Leute im Militär gibt, die sich uns anschließen wollen.

Und warum? Weil das Militär selbst eine sehr hierarchische, unterdrückerische und entmenschlichende Institution ist. Das gilt für alle Militärs auf der Welt, aber weil dieses Militär praktisch faschistisch ist, ist es noch schlimmer als normale Militärs.

Viele in der Basis sind damit nicht einverstanden. Das eröffnet Raum, um sie für uns zu gewinnen. Wenn wir das tun können, haben wir eine echte Chance, die Macht des Militärs zu brechen und die Revolution zu gewinnen.

Was ist nun die Rolle der regionalen Solidarität? Wenn man sich die Staaten in der Association of South-East Asian Nations ansieht, ist das praktisch ein Diktatorenclub. Eine Revolte in einem von ihnen bringt  alle in Gefahr.

Ein Sieg unserer Bewegung könnte eine Schockwelle über die Region schicken. Wir könnten einen Dominoeffekt von Revolutionen von Thailand bis Hongkong und darüber hinaus auslösen. Das zeigt, wie wichtig die Milk Tea Alliance ist, um Solidarität mit Kämpfen in ganz Südostasien aufzubauen. Wir sehen den Kampf in Myanmar nicht nur als unseren, sondern auch für unsere Brüder und Schwestern in der Region.

Die Milk Tea Alliance hat junge Aktivist:innen in der ganzen Region zusammengebracht, um diese Solidarität zu organisieren. Sie hat die sozialen Medien genutzt, um das Bewusstsein darüber zu schärfen, was in Myanmar, Thailand, Hongkong und anderen Ländern geschieht. Wir alle erkennen, dass wir vor gemeinsamen Problemen der Demokratie und Gleichberechtigung stehen.

Daher wird es sehr wichtig sein, die Milk Tea Alliance für Proteste zur gegenseitigen Unterstützung jedes unserer Kämpfe zu mobilisieren. Diese Allianz kann eine grosse Rolle dabei spielen, alle äusseren Mächte, besonders China, unter Druck zu setzen, das Militär in Myanmar nicht zu unterstützen.

Schliesslich haben Aktivist:innen in der ganzen Welt eine grosse Rolle dabei zu spielen, die Stimmen unserer Bewegung zu verstärken, ihre Regierungen unter Druck zu setzen, das Militär mit Sanktionen zu belegen und Proteste in Solidarität mit unserem Kampf zu organisieren.

Übersetzung und kleinere Anpassungen durch die Redaktion.


Fussnoten:

1 Beide Namen, Burma und Myanmar, sind problematisch in ihrer Verwendung. 1989 benannte das Militär das Land in „Republik der Union Myanmar“ um. Der vorherige Landesname Burma leitet sich von der zahlenmässig grössten ansässigen Ethnie, den Bamar ab. Insbesondere im Lichte der Verfolgung der Ethnie der Royingha, welche sich im Herbst 2017 wieder verschärft hatte, stellt sich damit das Problem der Inklusivität des Namens gegenüber anderen ansässigen Ethnien. Im Geiste des derzeitigen demokratischen Aufstandes gegen das Militär ist es uns ein Anliegen, allen arbeitenden und demokratiefreundlichen Bewohner:innen ihre Unterstützung auszusprechen. (Red.)

2 Die Bamar bilden die grösste ethnische Gruppe in Burma. Seit Jahrzehnten verfolgt die Zentralregierung eine Politik der kulturellen und ökonomischen Marginalisierung anderer ethnischen Gruppen und deren Assimilation an die Bamar Mehrheitskultur. Dies ist einer der Gründe, warum im Staat Myanmar seit seiner Gründung 1948 Dutzende von bewaffneten ethnischen Organisationen existieren.

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