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Konversion von unten! Allianz zwischen Arbeiter:innen und Klimaschützer:innen in München

In München wehren sich Arbeiter:innen und Klimaaktivist:innen gemeinsam gegen die Schliessung eines BOSCH-Werkes, in dem bisher Teile für Diesel-Motoren hergestellt wurden. Anstatt die Produktion einfach in andere Länder zu verlagern, fordern sie den Erhalt des Werkes und die Umstellung der Produktion auf umweltfreundliche Produkte. Wir veröffentlichen ihr Argumentarium in der Hoffnung, dass es einen wichtigen Beitrag zu strategischen Debatten über Klimagerechtigkeit und sozialökologische Konversion leistet. (Red.)

von Klimaschutz und Klassenkampf

Warum der Kampf für das Klima bedeutet, die BOSCH-Belegschaft zu unterstützen:

1.) Wir dürfen die doppelte Lüge von den Entlassungen für den Klimaschutz nicht stehen lassen

215.000 Menschen, so sagt das eine Studie des ifo-Instituts, würden bis 2025 aufgrund des „Umbaus zur E-Mobilität“ ihre Jobs verlieren. Die „Nationale Plattform Zukunft der Mobilität“ spricht von 410.000 Arbeitsplätzen bis 2030. Gleichzeitig werden Politiker:innen und Wirtschaftsvertreter:innen nicht müde, zu beteuern, dass es das E-Auto brauche, um dem Klimawandel entgegenzuwirken.Behauptet wird also: „für den Klimaschutz“ „werden Menschen entlassen werden“. Aber das ist eine doppelte Lüge.
E-Autos sind nicht gut für die Umwelt und sie werden auch nicht „alternativ“ zu Verbrennern produziert. Sie sind nichts als ein weiterer Markt, der den Konzernen einen Vorwand bietet, die arbeitsintensivere Verbrenner-Produktion ins Ausland outzusourcen.
Aber die Behauptung von den Entlassungen für den Klimaschutz treibt einen Spalt zwischen Klimabewegung und die mehr als 800.000 Menschen, die in Deutschland direkt in der Automobil-Industrie beschäftigt sind – und verhindert damit den gemeinsamen Kampf gegen die Klimakatastrophe. Das dürfen wir nicht hinnehmen. 

2.) Wir müssen der „Transformation von oben“ die Konversion von unten entgegenstellen

„Transformation“ ist aktuell ein beliebtes Wort. Alle planen sie eine „Transformation“: Daimer. Otto. Schaeffler. In der Zeitung liest sich das dann so: „Schaeffler treibt mit Ab- und Umbau die Transformation der Gruppe voran. (…) Insgesamt sind in Europa rund 4400 Stellen vom Abbau betroffen, von denen der weitaus größte Anteil auf Deutschland entfällt.“ „Transformation“, das ist unter den Managern und CEOs die neue Worthülse für: Entlassungen. Die werden zumeist gleichzeitig mit der „Eröffnung von Kompetenzzentren“, Einführung „neuer Technologien“ oder „Umstrukturierungen“ verkündet. Die Übersetzung von „Transformation“, wie die Manager sie verstehen, lautet: Menschen rauswerfen – und dann lustig weiter für den Profit produzieren.
Dabei bräuchten wir aktuell dringender denn je eine tatsächliche Umstellung der Produktion. Fossile Energien und die von ihr abhängigen Branchen haben angesichts der Klimakrise keine Zukunft. Aber das Transformations-Geschwätz der Management-Riegen bietet keine Perspektiven für die Beschäftigten dieser Branchen. Statt ihnen Alternativen zu bieten, sollen sie bis zum bitteren Ende ihrer Branchen in diesen arbeiten – und dann auf die Straße gesetzt werden. So wird die Klimakrise einmal mehr auf den Rücken der arbeitenden Bevölkerung umgewälzt.
Die einzig wirkliche Alternative ist die Konversion von unten: die Umstellung der Produktion in diesen Branchen, nicht nach dem Maßstab des Profits, sondern anhand der Frage, was wir als Gesellschaft brauchen. Die Beschäftigten dieser Branchen haben die Fähigkeiten, die es braucht, um all jene Dinge zu produzieren, auf die wir als Gesellschaft so dringend angewiesen sind. 
Diese Umstellung wird uns aber nicht geschenkt werden. Wir müssen sie erkämpfen – und der Transformation von oben eine Konversion von unten entgegenstellen.

3.) Der Kampf um das Werk ist auch ein Kampf gegen Outsourcing und Weiterbetrieb der Verbrenner

Egal, wie oft sie beteuern, es ginge um einen „Wandel der Automobilindustrie“, in Wirklichkeit geht es BOSCH nur um eines: Darum, niedrigere Löhne zu zahlen. Die Einspritzventile für Dieselmotoren, die bislang in Berg am Laim gefertigt wurden, sollen in der Zukunft nämlich trotzdem weiter produziert werden. Nur eben fortan im Ausland: In Brasilien oder Tschechien, wo die Löhne günstiger sind. 
Der Kampf der Belegschaft danach, das Werk in München zu erhalten und darin fortan klimafreundliche Produkte herzustellen, ist damit also auch ein Kampf gegen das Outsourcing und den Weiterbetrieb von Verbrennern im Ausland. Denn ein Werk, das hier klimafreundliche Produkte herstellt, kann woanders keine Teile von Verbrennern produzieren.

4.) Klimaschutz wird von den Beschäftigten umgesetzt, nicht von den warmen Worten der Politiker:innen

Zur Zeit reden alle gern von Klimaschutz: Politiker:innen, Manager:innen und Professor:innen. Aber ebenso wie die Klimakrise ist auch Klimaschutz kein abstraktes Gedankengebäude, sondern eine handfeste Angelegenheit. Umgesetzt wird er nicht von den warmen Worten von Politiker:innen, sondern vor allem von den Beschäftigten in den Werken. Denn sie sind es, die all jene Dinge herstellen können, die wir so dringend brauchen, um den steigenden Temperaturen Einhalt zu gebieten. Und: sie sind diejenigen, die diese Veränderungen in der Produktion am wirksamsten durchsetzen können. Denn der Schlüssel zum Kampf gegen die Klimakrise liegt nicht in einem veränderten Konsum von Einzelpersonen. Er liegt in der Produktion: Wenn wir die Emissionen stoppen wollen, müssen wir grundlegend anders produzieren. Aber da die Produktion in den Händen von privaten Konzernen liegt, lassen sie sich durch Demonstrationen nur wenig beeinflussen. Einen großen Einfluss nehmen können dagegen die Beschäftigten in den Werken. Wenn sie für eine andere Produktion eintreten – und im Zweifel dafür streiken – können sie tatsächliche Umstellungen bewirken. Und: sie können diese dann auch umsetzen. Wenn Belegschaften wie die des BOSCH Werkes in Berg am Laim für eine andere, eine klimafreundliche Produktion kämpfen, sollten wir deswegen alles tun, um sie zu unterstützen.

5.) Konversion von unten ist das wirksamste Mittel gegen Überproduktion

Die Klimakrise ist längst für jeden Menschen spürbar geworden, aber trotzdemwerden immer noch immer mehr Autos produziert. Autos, für die es überhaupt keine Abnehmer gibt: Denn besonders in Deutschland hat schon eigentlich jede:r, der es sich leisten kann, ein Auto. 
Um trotzdem weiter Profite zu machen, versucht die Automobil-Industrie, eine künstliche Nachfrage zu schaffen: in möglichst hoher Frequenz werden neue Modelle auf den Markt geworfen, die ihre Vorgänger-Versionen veraltet aussehen lassen und den Wunsch nach einem neuen Auto wecken sollen. So sollen Menschen, die eigentlich schon ein fahrtüchtiges Auto haben, dazu animiert werden, ein weiteres Modell zu kaufen. Das wohl markanteste Beispiel hierfür ist das E-Auto, das in Deutschland fast ausschließlich von Haushalten gekauft wird, die bereits eines oder sogar zwei andere Autos besitzen.Da es schlicht keine ausreichende Nachfrage für die stetig steigende Zahl an produzierten Autos gibt, hilft der deutsche Staat mit Abwrackprämien und Prämien für den Kauf von E-Autos. 
Statt die Arbeitszeiten der Beschäftigten zu senken und einfach weniger Autos herzustellen, lassen die Konzerne ihre Belegschaften weiter die immer gleiche Menge an Automobilen, die keiner braucht, produzieren. Weil sie die gleiche Zahl an Beschäftigten durch die fortschreitende Automatisierung aber in der gleichen Zeit immer mehr Autos produzieren kann, stehen die Konzerne so regelmäßig vor der Wahl, sich entweder noch absurdere Tricks zu überlegen, wie man Menschen Autos andrehen kann, die sie nicht brauchen – oder Beschäftigte zu entlassen.
Ein wirksames Mittel gegen Überproduktion ist also Arbeitszeitverkürzung. Ein noch wirksameres die Umstellung der Produktion – hin zu Produkten, die wir als Gesellschaft brauchen und die nicht bereits im Übermaß vorhanden sind.

6.) Das BOSCH Werk in Berg am Laim ist erst der Anfang

Die Entwicklung, die wir aktuell bei BOSCH und anderen Zulieferern sehen, ist erst der Anfang einer Entwicklung, vor der wir in den nächsten Jahren noch viel häufiger stehen werden. Der Grund dafür sind zwei Entwicklungen, die sich in den nächsten Jahren noch verschärfen werden: Zum einen die Klimakrise, die jedes Jahr schlimmere Wetterextreme mit sich bringen wird und die spätestens beim Überschreiten der nächsten Kipp-Punkte Veränderungen in unserer Produktionsweise zwingend erfordern wird, wenn wir auch in 50 Jahren noch einen bewohnbaren Planeten haben wollen. Und zum anderen die immer weiter verstärkten Versuche der Konzerne, Produktionsstandorte ins Ausland zu verlagern, um die Löhne zu drücken und sich im Inland ein grünes Image zu verpassen. Wenn wir zulassen, dass die Grundlage für die Entscheidungen über die Produktion weiter ausschließlich anhand von Profitüberlegungen getroffen werden, dann werden wir die Klimakrise nicht aufhalten – und werden dafür aber hunderttausende Menschen in Deutschland ihre Jobs verlieren. Die Forderungen der BOSCH-Belegschaft weisen einen Ausweg aus dieser Situation. Das macht ihr Werk zu einem Vorbild für die kommenden Jahre. Die Unterstützung ihrer Forderungen kann damit ein Vorbild sein – auch für die kommenden Jahre. Der Zeitpunkt für die Zukunft zu kämpfen, ist jetzt.

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1 Kommentar

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