Die Regierungen treffen sich in den ersten beiden Novemberwochen in Glasgow zur Klimakonferenz (COP 26). Allerdings sind erneut keine sinnvollen Beschlüsse zu erwarten. Die Herrschenden weigern sich, Klimaschutz vor Kapitalinteressen zu stellen. Die Klimabewegung muss Gegenmacht von unten aufbauen. International werden Gegenproteste zur COP26 organisiert. In Zürich finden am 6. und 7. November 2021 eine Demonstration und ein ökosozialistisches Forum statt.
von BFS Zürich
Wetterextreme werden die neue Normalität
2021 war geprägt von extremer Hitze, Dürren, Waldbränden, Überschwemmungen, Starkregen und Stürmen. Ganze Landstriche wurden verwüstet, viele Menschen haben alles verloren oder starben. Diese Ereignisse bestätigen einmal mehr, wovor Klimaforscher:innen seit Jahrzehnten warnen. Wetterextreme sind die neue Normalität. Und die Bedrohung rückt näher. Massive Unwetterereignisse gibt es längst nicht mehr nur in den USA, Afrika oder Asien, sondern auch in Europa. In der Schweiz waren es dieses Jahr vor allem Hagelunwetter. Die versicherten Schäden an landwirtschaftlichen Kulturen übersteigen 120 Mio. Franken und die Schäden an Gebäuden belaufen sich nur schon nach der aktuellen Schätzung der Gebäudeversicherung Luzern auf 400 Mio. Franken.
In der Schweiz sorgt das reichlich vorhandene Geld längst wieder für einen scheinbar normalen Gang der Dinge: Die meisten Dächer sind inzwischen neu gedeckt, die Totalausfälle in der Landwirtschaft werden durch Importe aus dem Ausland kompensiert. Hunger wegen der schlechten Ernte wird hier niemand leiden müssen; auch in den nächsten Monaten werden die Auslagen der Grossverteiler gut gefüllt sein.
Der Umgang mit der Klimakrise wird auf dem Rücken des Globalen Südens ausgetragen
Andere Länder, insbesondere im Globalen Süden, sind auf finanzielle Unterstützung angewiesen, um der Krise zu begegnen. Und so wird es auch bei der diesjährigen 26. UN-Klimakonferenz (COP26) um Geld gehen: viel Geld, das zur Klimaanpassung, der Kompensation von Schäden und Verlusten sowie Klimaschutzmassnahmen benötigt wird. Beim Weltklimagipfel in Paris 2015 hatten die reichen Industrienationen zugesagt, dass sie hierfür ab 2020 jährlich 100 Mia. Dollar mobilisieren wollen. Doch diese Zusage existiert bislang nur auf Papier. Genauso wie die in Paris von vielen Staaten abgegebene Verpflichtung, ihren CO2-Ausstoss deutlich zu reduzieren, um die Erderhitzung auf 1,5° C zu begrenzen.
Spätestens mit dem sechsten Bericht des Weltklimarats IPCC ist jedoch klar, dass sich dieses Ziel nicht mehr erreichen lässt. Selbst wenn sich die Regierungen in Glasgow auf eine schnelle und umfassende Reduktion der Treibhausgasemissionen einigen sollten – doch dies gilt als ausgeschlossen. Längst sind Prozesse wie das Schmelzen des arktischen Meereises nicht mehr aufzuhalten. Die Unwetterkatastrophen, die immer häufiger und stärker auch Europa treffen, sind damit nur der Anfang der globalen Klimakrise. Noch drastischere Verwerfungen werden auf die Menschheit zukommen. Sie werden Zündstoff sein für neue Konflikte um Wasser, Boden und andere Ressourcen, vor allem im Globalen Süden, sie werden Treibstoff sein für Konflikte weltweit und sie werden neue Migrationsbewegungen auslösen.
Der Fehler liegt im System: Gegen die Verwertungslogik des Kapitals hilft keine Klimakonferenz!
Angesichts dieser düsteren und bedrohlichen Aussichten fragen sich inzwischen nicht mehr nur die Klimaaktivist:innen: Wieso gelingt es international nicht endlich, eine wirksame Klimapolitik durchzusetzen? Sind die Politiker:innen unfähig, sind die Klimakonferenzen nichts anderes als Foren für ein «institutionalisiertes Geschwafel» der Mächtigen oder wurden die Regierungsvertreter:innen von der Lobby der fossilen Energiegiganten gekauft? Weder noch. Tatsächlich wollen die Herrschenden und ihre Regierungen die Verwertungsbedingungen für «ihr» Kapital erhalten und Klima- und Umweltschutz als neue Felder für lukrative Investitionen erschliessen.
Wenn sich die Staatspräsident:innen der Welt treffen, um ein Klimaabkommen zu beschliessen, dann geht es also vielleicht auch darum, die Erwärmung zu mindern. Dies ist aber nicht das Hauptziel der Verhandlungen. Zugleich und viel entscheidender wird hier festgelegt, unter welchen Bedingungen die Geschäfte mit dem Klima mit- und gegeneinander verfolgt werden sollen. Wenn z. B. die Schweiz, wie Ende 2020 geschehen, bilaterale Klimaabkommen mit Ghana und Peru abschliesst, dann geht es darum, mit geförderten Projekten den CO2-Ausstoss in diesen Ländern (vielleicht) zu senken, statt endlich hierzulande den enormen Verbrauch von Treibhausgasen zu reduzieren.
Für einen Bruch mit dem Kapitalismus, für eine ökosozialistische Perspektive!
Auch ein «grüner» Kapitalismus wird die Klimakrise nicht lösen. Im Gegenteil! Die Staaten des Nordens werden auch an der COP26 in Glasgow an Massnahmen tüfteln, um den Globalen Süden als «natürliche» Ausgleichs-, Puffer- und Entwicklungszone in den Dienst zu nehmen, damit das ökonomische Wachstum im Norden (zumindest noch eine Weile) weiter gehen kann. Die weitere Entwicklung dieses imperialistischen, «grünen» Kapitalismus muss daher umgehend gestoppt werden.
Um die Klimaerwärmung wirksam begrenzen zu können, ist nur eine Massnahme wirklich zielführend: der Bruch mit der Akkumulation des Kapitals, ganz besonders in Europa, Nordamerika, Russland und China. Jede realistische Strategie der sozialen und ökologischen Transformation der Gesellschaft muss daher die bestehende Macht- und Eigentumsordnung herausfordern.
Veranstaltungshinweis am 7. November 2021 in Zürich