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Filmrezension: Marvel und die Mossad-Agentin

Der Film «Captain America: New world Order» kommt erst in zwei Jahren in die Kinos, sorgt jedoch jetzt schon für viel Kritik. Der Staat Israel soll nämlich seinen eigenen Charakter bekommen: Sabra. Wer ist Sabra? Und ist es richtig, Israel diese Bühne zu bieten?

von Juan Almeida Revmir & Lotta Rossi (beide BFS Jugend Basel); aus antikap

Hintergrund und Geschichte

Sabra ist das Alter Ego von Ruth Bat-Seraph. Sie ist in der Nähe Jerusalems geboren und in einem speziellen Kibbuz aufgezogen worden, welches von der israelischen Regierung geführt wird. Ein Kibbuz ist eine Art Kollektivsiedlung in Israel, die auf gemeinsamem Eigentum und basisdemokratischen Strukturen basiert. Die Tatsache, dass diese von der Regierung geführt wird, ist bereits die erste rote Flagge. Der Grund, wieso sie dort aufgezogen wurde ist, weil sie Mutantin ist, die übermenschliche Fähigkeiten beisitzt. Sie wird dort zu einer Mossad-Agentin (israelischer Geheimdienst) ausgebildet. Ihre Aufgabe ist es, «Terroristen» zu bekämpfen. Das ist auch der Grund, wieso sie Hulk bekämpft, da sie davon ausgeht, dass er Teil einer arabischen Terrororganisation ist. In ihrer Auseinandersetzung mit Hulk stirbt ein palästinensisches Kind, worauf Hulk mit Wut reagiert und ihr vorwirft, dass das Kind gestorben ist, weil Israel das Land nicht teilen will. Anschliessend realisiert Sabra ihre Fehler und die Tatsache, dass sie eine Kriegsmaschine ist. Sie sieht ein, dass Araber:innen kein Monolith sind und nimmt sich vor, ihren Rassismus einzugrenzen. Das hält aber nicht lang. Im Verlauf ihrer Geschichte fällt sie recht schnell wieder in ihre alten rassistischen Haltungen zurück und kommt später auch in Konflikt mit einem arabischen Helden.

Sabra ist die Verkörperung eines Staates, der grosse Teile seiner Bevölkerung systematisch benachteiligt und unterdrückt, weil sie einer anderen Ethnie angehören.

Sabra ist die Verkörperung eines Staates, der grosse Teile seiner Bevölkerung systematisch benachteiligt und unterdrückt, weil sie einer anderen Ethnie angehören. Israel enteignet die Häuser und Wohnungen von Palästinenser:innen, um Israelis Platz zu machen. Palästinenser:innen werden von Israelis per Gesetz räumlich voneinander getrennt, kontrolliert und überwacht. Palästinenser:innen werden absichtlich finanziell schwächer gehalten, durch eine Unterfinanzierung öffentlicher Dienstleistungen in Gebieten, in denen Palästinenser:innen leben.

An sich ist es lobenswert, der jüdischen Community einen explizit jüdischen Charakter schenken zu wollen, der über die üblichen Stereotype hinausgehen soll. Jedoch hat dieser vermeintlich progressive Charakter in der Vergangenheit nicht der Repräsentanz der jüdischen Community gedient, sondern der Beschönigung der Politik Israels. Wir kennen zu diesem Zeitpunkt noch nicht die Rolle, die Sabra in diesem Film spielen soll, und wissen auch nicht, ob sich ihr Charakter grundlegend verändern soll. Doch selbstverständlich sollten bei Allen die Alarmglocken läuten, wenn ein Charakter, der in der Vergangenheit für rassistische und koloniale Strukturen stand, sein Comeback feiern soll.

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Name

Doch woher kommt der Name «Sabra»? «Sabra» nennt man in Palästina Jüd:innen, die dort schon vor 1948 gelebt haben. Aber auch Kaktusfeigen nennt man so. Diese sollen aussen hart und stachelig sein, jedoch innen weich und süss. Deshalb wird dieses Wort oft als Metapher für Dinge verwendet, die nach Aussen stark und bedrohlich scheinen, jedoch innen wunderschön sind. Der Name ist jedoch aus einem anderen Grund problematisch. Während dem libanesischen Bürgerkrieg flüchteten viele Palästinenser:innen in Richtung Beirut, unter anderem in die Flüchtlingslager Sabra und Schatila. Zu der Zeit waren diese Flüchtlingslager von israelischen Soldat:innen umstellt. Zwischen dem 16. und 18. September 1982 stürmten rechte libanesische und maronitisch-katholische Soldaten, die Pro-Israel waren, die Flüchtlingslager und verstümmelten, folterten, vergewaltigten und töteten die palästinensischen Flüchtlinge. Dieses Massaker hatte sich gezielt gegen Zivilist:innen gerichtet und wird je nach Quelle auf 460-3500 Opfer geschätzt. Der Superheldin Sabra erschien schon zwei Jahre zuvor in einem Comic, doch Kaktusfrucht hin oder her eine Namensänderung wäre angesichts des gleichnamigen Massakers mehr als nur angebracht. Durch die Ankündigung eines israelischen Charakters gibt Marvel bekannt, dass sie die ungerechtfertigte Besetzung Palästinas und die zionistischen Siedlungskolonien unterstützen und sogar glorifizieren. Israelische Gewalt, Armee und Polizei wird als richtig und gerecht dargestellt und Palästinenser:innen werden entmenschlicht.

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