Pandemie, Inflation, aufziehende Finanzkrise, Care-Krise, Eroberungskriege, brutale Unterdrückung durch diktatorische Regime und der fehlende Wille, den Klimawandel zu beschränken – wegen dieser Krisen leben aktuell Millionen von Menschen in Existenznot oder sind sogar vom Tod bedroht. Für die kapitalistischen Krisen bezahlen wir Lohnabhängigen, insbesondere Frauen, Lesben, Inter, Nonbinäre, Trans und Agender Personen (FLINTA*) sowie von Rassismus oder Marginalisierung betroffene Personen. Die Antworten der Bürgerlichen oder der gemässigten Linken auf diese Krisen sind wirkungslos, da sie das System nicht grundlegend verändern. Im Kapitalismus können diese Krisen nicht bewältigt werden, denn es ist eben dieses Wirtschaftssystem, das sie hervorbringt. Ständiges Wachstum kann es nur geben, wenn Menschen und Natur ausgebeutet werden. Wir wollen nicht mehr für ihre Krisen bezahlen und geben uns nicht mit ihren ungenügenden Massnahmen zufrieden! Wir leisten Widerstand von unten, indem wir uns kollektiv organisieren und solidarisch kämpfen!
von BFS Zürich
Wir haben viel zu kämpfen, denn wir wollen mehr zum Leben!
Preise steigen, die Löhne bleiben tief. Schweizweit haben Menschen Mühe, über die Runden zu kommen, allen voran FLINTA*, Familien und migrierte Menschen. Die Mieten sind in der Schweiz seit 2006 um mehr als 50% gestiegen, die Prämien für die Krankenkasse um fast 100%. Gleichzeitig sind die tiefen bis mittleren Löhne nur um gerade mal 10% gestiegen. Aber wo ist das ganze Geld eigentlich hin? Und was hat das mit dem feministischen Streik am 14. Juni 2023 zu tun?
Gegen unsere Ausbeutung für ihren Profit…
Was passiert ist und weiterhin passiert, ist eine Umverteilung von unten nach oben. Die Antworten der kapitalistischen Staaten auf die drängendsten Fragen unserer Gegenwart sind in diesem Sinne zu verstehen: Finanzkrise? Grenzen für Cash-Flows abbauen! Krieg, Tod und Vergewaltigung? Grenzen für Geflüchtete aufrüsten! Business mit Despoten? Ja, aber… ja! Waffenproduktion? Ja klar, denn Krieg ist eine profitable Sache! Bankencrash? Bankenrettung! Altersarmut? Rentenkürzung! Zu wenig KiTa-Plätze? Privat finanzieren! Klimawandel? Greenwashing! Umweltzerstörung, Massenentlassung und Lohndumping? Millionenboni! Umweltschutz, Streik und Solidarität? Repression!
Die Wirtschaft muss immer weiter wachsen, sonst fällt der Kapitalismus in sich zusammen. Arbeiter:innen und Umwelt müssen ausgebeutet werden. Es muss mehr produziert werden, als gebraucht wird. Alles muss kommerzialisiert werden und Profit generieren – auch Betreuung und Pflege. Krisen sind die zwangsläufigen Folgen dieses Wirtschaftssystems. Deshalb leben wir in einem dauerhaften Krisenzustand.
Der Druck auf die Lohnabhängigen wird immer weiter erhöht – betrieblich mit Entlassungen, der Intensivierung der Arbeit und Outsourcing, staatlich durch Sparmassnahmen und Privatisierungen. In den gesellschaftlich wichtigsten – und zugleich feminisierten – Berufen wie in der Bildung, Betreuung und Pflege ist es vor allem der Staat, der die Arbeiter:innen immer weiter unter Druck setzt und dem privaten Markt ausliefert. Der konstante Druck schafft existentielle Sorgen, indem er die Gesundheit der Lohnabhängigen gefährdet. Längere Arbeitszeiten pro Tag oder auf das ganze Leben gerechnet und die höhere Belastung gefährdet gefährden die Gesundheit der Arbeiter:innen. Depressionen nehmen zu, körperliche Schäden ebenso. Wir verlieren Lebenszeit und -freude, damit Wenige mehr Profit gewinnen können.
…und gegen die Krise der sozialen Reproduktion…
In der binären Geschlechterordnung sind es Frauen, die aufgrund der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung «doppelt belastet» sind. Frauen leisten den Grossteil der Haus- und Familienarbeit; ohne diese unbezahlte Arbeit aber könnte niemand einer Lohnarbeit nachgehen. Die meisten Frauen müssen jedoch ebenso einem bezahlten Job nachgehen, damit genügend Geld für Wohnen, Krankenkasse, zwei Tage KiTa etc. da ist. Lohnarbeit und unbezahlte Care-Arbeit stehen somit im Konflikt: Entweder ist genügend Geld zum Leben oder genügend Zeit zum Leben vorhanden. Beides gibt’s im Kapitalismus für uns nicht.
Zu all dem kommt noch hinzu, dass der Staat in öffentlichen Care-Bereichen ständig spart und privatisiert. Vor allem die Bürgerlichen stemmen sich dagegen, dass die soziale Reproduktion kollektiv getragen wird. Sie wollen, dass sie überwiegend von den Lohnabhängigen finanziert oder von Frauen gratis geleistet wird, anstatt das Geld dafür bei den Unternehmen und Bonzen zu holen. Davon betroffen sind vor allem Sektoren und Berufe, in denen viele FLINTA* tätig sind. Die Löhne im Care-Bereich reichen ohnehin schon nicht zum Leben und der Personalbestand reicht nicht, damit die Mitarbeiter:innen gesund bleiben.
…müssen wir uns wehren!
Aber wie sollen wir uns gegen diese scheinbare Übermacht von Staat, Kapital und Repression wehren? Wir wehren uns kollektiv und solidarisch und greifen dort an, wo es am meisten weh tut: bei der Arbeit – indem wir sie verweigern! Wir streiken!
Da der Kapitalismus wachsen muss, um nicht zusammenzufallen, und nur wachsen kann, wenn wir Lohnabhängigen uns bei unserer bezahlten oder unbezahlten Arbeit ausbeuten lassen, trifft ein Streik den Kapitalismus in seinem Kern. Streiks sind Ausdruck von konstruktiver Wut und kollektiver Solidarität, wie die Streikwellen in Grossbritannien, Frankreich, Indien und vielen anderen Orten in den letzten Monaten und Jahren zeigen. Indem wir streiken, organisieren wir uns selbst und schaffen die kollektive Grundlage für eine bessere Gesellschaft. So können wir Machtverhältnisse stürzen und eine gerechtere und lebenswertere Gesellschaft erkämpfen. Eine Gesellschaft für Viele und nicht für Wenige, in der nicht für Profit, sondern für die Gemeinschaft gearbeitet wird, und in der die Umwelt geschützt statt zerstört wird.
Deshalb findet am 14. Juni 2023 schweizweit der dritte grosse feministische Streik statt. Wie 1991 und 2019, als Hunderttausende sich die Strassen nahmen, legen FLINTA* am 14. Juni wieder ihre bezahlte und unbezahlte Arbeit nieder.
Am 14. Juni 2023 arbeiten wir nicht! Bereiten wir uns jetzt schon vor!