Nachdem wir uns im März 2017 bereits einmal intensiv dem Charakter der Alternative für Deutschland (AfD) und dem Widerstand gegen diese so genannte „Neue Rechte“ gewidmet haben, wollen wir im folgenden Artikel die Netzwerke der AfD beleuchten. So „neu“, wie die Rechte sich gibt, ist sie nämlich gar nicht und ihre internationalen Kontakte sind sehr aufschlussreich.
aus sozonline.de
Die Adelsclique
Beatrix von Storch (stellvertretende Bundesvorsitzende AfD und Landesvorsitzende in Berlin) nennt sich Herzogin von Oldenburg und ist Mitinitiatorin vom «Marsch für das Leben» oder auch «1000 Kreuze Marsch gegen Abtreibung», der «Demo für alle» u.a.
Paul von Oldenburg ist ihr Cousin, Mitglied der Deutschen Gesellschaft zum Schutz von Tradition, Familie und Privateigentum (TFP). Deren polnischer Ableger hat das Referendum für das komplette Verbot der Abtreibung gestartet, woraufhin die regierende PiS-Partei im Parlament einen Gesetzentwurf eingebracht hat, der Abtreibung vollständig verbieten wollte (mit der einzigen Ausnahme der Gefahr für das Leben der Schwangeren) – bei Strafe von fünf Jahren Haft für die Schwangere und die beteiligten Ärzte. Nur mit einer gewaltigen Mobilisierung von hunderttausenden Frauen konnte dieses Gesetz verhindert werden. Paul von Oldenburg sitzt zusammen mit Beatrix von Storch und Markus Pretzell (Mitglied des Europäischen Parlaments für die AfD) in Brüssel und koordiniert dort die Interessen der europäischen TFP.
Zur Clique gehört auch Georg Habsburg, angeheirateter Bruder des Thronfolgers von Österreich-Ungarn. Er ist verwandt mit Christine von Habsburg («Regnum Christi») und Paul von Habsburg («Legionäre Christi»). Ebenso Philipp von Preußen, ein Cousin von Storch zweiten Grades, Nachfahre von Willem Zwo, evanglischer Pfarrer und Monarchist.
Die Völkischen
Björn Höcke (einflussreicher AfD-Politiker und Fraktionsvorsitzender in Thüringen) wiederum hat Kontakt zu verschiedenen Gruppen der extremen Rechten:
- Einmal zur Neuen Rechten um Götz Kubitschek. Diese sieht sich selbst als intellektuelle Speerspitze und bezieht sich auf die konservative Revolution der Weimarer Republik – also der Weg-von Weimar-Bewegung der 20er und frühen 30er Jahre. Die war antidemokratisch, elitär und männlich, und das soll wiederbelebt werden.
- Dann zur ehemaligen Stahlhelmfraktion der CDU in Hessen. Vertreter davon sind etwa Heiner Hofsommer – er musste seine Stelle als Lehrer aufgeben wegen rassistischer Äußerungen; oder Alexander Gauland, Spitzenkandidat der AfD in Brandenburg.
- Höcke arbeitet auch mit dem rechten Flügel der Burschenschaften zusammen. Die Burschenschaften haben sich an Hand der Frage des «Ariernachweises» gespalten – ob man also normaler Deutscher oder «Biodeutscher» sein muss, um Burschenschafter zu werden. Die ganz rechte Position hat sich durchgesetzt und Torben Braga wurde 2015 zum Sprecher der Burschenschaften gewählt, bis ihn Björn Höcke 2016 als Sprecher der AfD-Fraktion ins Thüringer Parlament holte.
- Schließlich seine Verbindungen zur NPD, hier vor allem zu Jürgen Gansel. Gansel war von 2004 bis 2014 Landtagsabgeordneter der NPD in Sachsen und hat die sog. «Dresdner Schule» mitgegründet. Sie will die Frankfurter Schule, also die Tradition der Kritischen Theorie ablösen.
Gansel wie Höcke haben in den 90er Jahren in Gießen und Marburg Geschichte studiert. Eine weitere Gemeinsamkeit zwischen beiden ergibt sich aus ihrer Beziehung zur Landsmannschaft Ostpreußen. Gansel war Sprecher der jungen Landsmannschaft und Höcke kommt aus einem Elternhaus, in dem schon die Großeltern und der Vater zur Landsmannschaft gehörten. Viele der Phrasen von Jürgen Gansel finden sich in den Reden Höckes wieder.
Die Rede, die Höcke in Dresden gehalten hat – die dann soviel Staub aufwirbelte, weil er darin eine «verengte Erinnerungskultur» anprangerte –, hielt er genau an dem Tag, an dem das Bundesverfassungsgericht über das NPD-Verbot entschied. Vermutlich war das an die Adresse der NPD gerichtet, der hat er quasi gesagt: Passt mal auf, jetzt bin ich in Dresden und ihr müsst euch neu erfinden, das, was bislang NPD gewesen ist, bin ich jetzt.
Enge Beziehungen gibt es auch zu Thorsten Heise. Heise ist ein Neonazi mit Knasterfahrung (12 Vorstrafen!), hat Polizisten verprügelt, versucht einen Nigerianer zu überfahren, und organisiert die Rechtsruck-Konzerte in Thüringen. Er koordiniert die NPD- und Nazikontakte im Dreieck Niedersachsen, Hessen, Thüringen. Er war Chef der FAP in Niedersachsen, bis diese aufgelöst wurde; später hat er die Kamerdschaftsszene in die NPD reingeholt. Er betrieb auch völkische Magazine, die jedoch alle wegen ihrer Nähe zum Nationalsozialismus verboten wurden.
Heise und Höcke wohnen in Nachbardörfern und wurden gemeinsam auf Nazidemos fotografiert. Ein Foto in Dortmund zeigt Heise zusammen mit Roman Schmiemann, einem Brieffreund von Beate Tschäpe. Heise hat mit dem Thüringer Heimatschutz zu tun und indirekt auch mit dem NSU; sein Name taucht in allen Aktenordnern zum NSU auf.
Compact
Am Rande der Neuen Rechten steht Jürgen Elsässer mit seiner Zeitschrift Compact. Elsässer wollte einmal mit Kubitschek zusammen einen Marsch auf Berlin organisieren, mit einer Platzbesetzung, die zum Systemsturz führen sollte – von einem deutschen Majdan war die Rede. Das hat nicht geklappt. Elsässer ist aber weiter Stichwortgeber für reaktionäre, umstürzlerische Aktionen. So hat er die Bundeswehr aufgefordert, sie solle in den Kasernen diskutieren, eigenständig Grenzbahnhöfe und Grenzen zu besetzen, um die angebliche Invasion der Geflüchteten aufzuhalten. Höcke hat das nachgemacht und die Bundespolizei aufgefordert, sie solle den Vorgesetzten nicht mehr folgen, die Merkels Linie durchsetzten.
Compact-Veranstaltungen werden u.a. vom Institut für Demokratie und Entwicklung in Paris finanziert, das wiederum russische Spendengelder erhält.
Putin und Trump
Der gemäßigte Flügel der AfD um Frauke Petry und Markus Pretzell arbeitet mit den großen Parteien der europäischen extremen Rechten zusammen: dem Front National, der FPÖ, der Wilders-Partei PVV, der Lega Nord usw., die in der Fraktion «Europa der Nationen und der Freiheit» zusammengeschlossen sind. Über diese Schiene gibt es auch eine Zusammenarbeit mit Putin. Die FPÖ hat mit der Putin-Partei «Einiges Russland» einen Kooperationsvertrag geschlossen. Petry war letztens noch in Petersburg und hat sich dort mit Vertretern der Putin-Partei, aber auch mit dem Vorsitzenden der rechtsextremen Liberaldemokratischen Partei, Shirinowski, getroffen.
Auf der anderen Seite des Atlantiks gibt es eine enge Zusammenarbeit mit Trump-Unterstützern. Der Herausgeber der Breitbart-News, Steve Bannon, war erst Wahlkampfmanager von Trump, avancierte dann zum engsten Berater und Miglied des Natinalen Sicherheitsrats. Breitbart News bezieht sich auf die konservative Revolution der Weimarer Zeit. Es gibt davon einen Ableger in London, der mit Nigel Farage von der UKIP-Partei zusammenarbeitet. Geplant ist eine Gründung von Breitbart News Paris und Berlin, um den Front National bzw. die AfD zu unterstützen.