Menu Schließen

Die fortschreitenden Angriffe auf die Hochschulbildung

Die Hochschulen verändern sich weiter. Zwar sind die ersten Bologna-Reformen bereits normalisiert, verdrängt und vergessen. Weitere Reformen finden aber statt und werden geplant. Gleichzeitig werden im Rahmen von Abbau- und Sparmassnahmen Beiträge an Hochschulen gekürzt und Studiengebühren erhöht. Die Studierenden sind bisher relativ ruhig. Das soll sich ändern.

von BFS Zürich

Verschlechterungen für die Studierenden

Im Herbst 2017 wurde an verschiedenen Schweizer Hochschulen bekanntgegeben, dass die Studiengebühren erhöht werden sollen. An den Universitäten Basel, Fribourg, und Bern wurde dies bereits definitiv entschieden. Für die beiden ETHs in Zürich und Lausanne wird über eine Erhöhung der Gebühren um 500.- pro Jahr anfangs März entschieden. Für eine Erhöhung an der Universität Zürich ist immer noch ein Antrag im Kantonsrat offen.
Nebst den sehr konkreten Verschlechterungen finden auch nuanciertere statt. So wurde an der Philosophischen Fakultät der UZH das Fächerangebot durch das Streichen der 30er-Nebenfächer reduziert, die Bachelorstudiengänge verallgemeinert und das Major/Minor (120/60 ECTS) durchgesetzt. Diese Verallgemeinerung des Bachelors ist im Interesse der bürgerlichen Parteien und der neoliberalen Verbände wie Avenir Suisse oder Economiesuisse. Ihre Hauptinteressen sind eine Orientierung der (Aus-)Bildung an den Interessen der Privatwirtschaft, eine höhere Selbstfinanzierung der Studierenden (d.h. Erhöhung der Studiengebühren und möglichst geringe Finanzierung der Hochschulen durch Steuergelder.) Die privatwirtschaftlichen Unternehmen haben wenig Verwendung für eine grosse Masse spezialisierter Bachelorstudierten. Gleichzeitig haben sie ein hohes Interesse an hochspezialisierten (Master)-Abgänger*innen (ausser vielleicht in den Geisteswissenschaften.) Die Abkoppelung der universitären Masterstudiengänge vom Bachelor ist schon seit den Bologna-Reformen der Nullerjahre ein Ziel, konnte aufgrund der Proteste um die Unibesetzungen 2009/2010 jedoch vorübergehend verhindert werden. An den Fachhochschulen sind Bewerbungsprozesse für Masterstudiengänge schon länger Realität.

Avenir Suisse und ihre Vision

In diesem Sinne lässt sich auch das 10-Punkte-Strategieprogramm von Avenir Suisse „Exzellenz statt Regionalpolitik im Schweizer Hochschulraum“, welches im Januar 2018 veröffentlicht wurde, verstehen. Nebst Studiengebührenerhöhungen und mehr privaten Drittmitteln wird auch eine höhere Selektion durch Aufnahmeverfahren wie Eignungstests und Bewerbungen sowohl vor dem Bachelor, wie auch dem Master gefordert. Grundsätzlich geht es ihnen darum, dass die Universitäten zu einem Ausbildungstool der Schweizer Wirtschaft wird. Da diese zum grössten Teil aus hochspezialisierten Industrie-, Chemie-, Pharma- und Finanzunternehmen besteht, ist also für diese auszubilden. Die ganze Vision bezieht sich natürlich auch nicht nur auf das Studienangebot der Hochschulen, sondern auch auf die Forschungsfinanzierung, beispielsweise des Schweizer Nationalfonds (SNF). Bei diesen soll das Wettbewerbselement gestärkt werden, gleichzeitig sollen private „Investoren“ mehr investieren und bestimmen können.

Avenir Suisse und ihr Einfluss

Leider lassen sich die Visionen von Avenir Suisse nicht als neoliberale Hirngespinste abtun. Der Einfluss von Avenir Suisse ist real und lässt sich beispielsweise dadurch ausdrücken, dass der Präsident des ETH-Rates Fritz Schiesser dazu noch Stiftungsrat von Avenir Suisse ist.[1] Auch ihre Freunde von der Economiesuisse sitzen in diesen Gremien, in den Uniräten von Basel und Zürich sitzen deren Vertreter. Die Zusammenarbeit von Avenir Suisse und Economiesuisse ist bedeutsam, ihre 2004 gemeinsam angelegte Studie für „neue Wege zur Hochschulfinanzierung“ war die strategische Grundlage für das erfolgreiche Fordern der Bürgerlichen nach Studiengebührenerhöhungen. Zwischen 2004 und 2013 erhöhten sich an den Unis die durchschnittlichen Studiengebühren pro Semester um 100 Franken. (An den FHs um 200 Franken zwischen 2007 und 2013)
Nebst ökonomischen Angriffen finden auch ideologische statt. Nebst dem generellen Hetzen gegen die „linken“ Hochschulen, beziehungsweise vor allem die Geisteswissenschaften, finden auch Kampagnen gegen einzelne Dozent*innen. Sei es mit der Weltwoche-Kampagne um die Entlassung Mörgelis oder der breiteren Hetzkampagne der BaZ gegen die Basler Geschlechterforscherin und Soziologin Franziska Schutzbach, bei welcher auch weitere bürgerliche Medien mitzogen. Um den ihnen Unliebsamen beizukommen, wünschen sich die Rechten vermutlich wieder ein Berufsverbot für Linke und sonstige Andersdenkende wie in den 80er Jahren zurück.

Wie weiter? – Was können wir tun?

In Anbetracht der bürgerlichen Mehrheiten im Bundesparlament und in vielen Kantonparlamenten, und keiner absehbaren Gegenwende zur Rechtsentwicklung, lassen sich aufgrund der Visionen und Strategien von Avenir Suisse noch gravierendere Verschlechterungen im Schweizer Bildungswesen vermuten. Gerade wenn wir Student*innen, Forscher*innen und anderen Angestellten an Hochschulen so schlecht organisiert und aktiv wie selten zuvor scheinen. Doch auch hier gibt es Pläne, dies zu ändern. Am 24. März wird es zum ersten Mal seit langem eine schweizweite Demonstration gegen Kürzungen im Bildungsbereich und für eine emanzipatorische und partizipative Bildung geben. In der Woche vor der Demo wird es zudem in vielen Städten Aktionen und Veranstaltungen zu diesem Thema geben. Mehr Infos dazu gibt es auf bildungsaufstand.ch.
Nebst diesen konkreten Aktionen gibt es aber auch schwierigere Aufgaben zu lösen. Um den Angriffen der Bürgerlichen und Rechten entgegentreten zu können braucht es eine organisierte, vernetzte und starke Gegenstimme. Diese müssen wir aufbauen.


Dieser Text ist in der Hochschulzeitung der Bewegung für den Sozialismus imÜbrigen erschienen. Die Zeitung wird in Papierform in den kommenden Tagen an verschiedenen Universitäts- und Hochschulstandorten verteilt.
Quellen:
https://www.avenir-suisse.ch/publication/hochschulraum-schweiz/ (2018)
https://www.avenir-suisse.ch/publication/neue-wege-zur-hochschulfinanzierung/ (2004)
[1]   Dem Autor ist unklar wie sich dies mit der Forderung von Avenir Suisse nach einer Entpolitisierung der Hochschulgremien vereinbaren lässt. Diese Forderung ist sowieso absurd/Ausdruck der neoliberalen Hegemonie über den Begriff „politisch“. Bildung ist immer politisch!

Verwandte Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert