Im Zusammenhang mit der Asylgesetzrevision wollen wir auch die Position der ASZ (Autonome Schule Zürich) veröffentlichen. Die ASZ ist ein gemeinsames Projekt von Betroffenen und Unterstützenden, welches partizipativ, basisdemokratisch und selbstverwaltet organisiert ist. Kaum eine andere Organisation kann besser abschätzen, was die aktuelle Asylpolitik und die geplante Revision konkret für die Betroffenen bedeutet. (Red.)
von der ASZ
Asylgesetzrevision: Es kann kein linkes JA geben!
Am 5. Juni wird die Asylgesetzrevision den StimmbürgerInnen der Schweiz zur Abstimmung vorgelegt. In den letzten Wochen haben sich verschiedene mit migrantischen Interessen befasste Organisationen der JA-Parole der parlamentarischen Linken angeschlossen. Darunter Amnesty International Schweiz und Solidarité sans frontières. Die ASZ kann sich diesem Votum nicht anschliessen!
Wir halten die Revision in vielen Punkten für derart mangelhaft, dass wir nicht glauben, dass sie eine Verbesserung der rechtlichen oder tatsächlichen Stellung der Asylsuchenden in der Schweiz bewirken wird – im Gegenteil: Aus verfahrensrechtlicher und menschenrechtlicher Sicht, ist die Revision äusserst bedenklich. Die entscheidenden Gründe dafür sind folgende:
Geschlossene Lager im Nirgendwo
Die Revision sagt nichts darüber, wie die Organisation der Asyl-Lager konkret aussehen wird. Wie sind die Öffnungszeiten geregelt? Gibt es Zäune um die Lager? Disziplinarmassnahmen? Wie sehen die Renitenten-Lager aus? Wer ist für die Sicherheit zuständig? All das wird später in Verordnungen (über die nicht abgestimmt wird) oder in den Hausordnungen der Lager (welche die Lagerbetreiber erlassen) geregelt. Öffnungs- und Schliesszeiten schränken die Bewegungsfreiheit der Asylsuchenden in unnötiger Weise ein. Grosse Lager ausserhalb von besiedelten Gebieten erschweren zudem Organisationen wie der ASZ den Kontakt mit Asylsuchenden. Ohne gesetzliche Garantien muss das Juch-Zentrum als politisches Verkaufsargument erkannt werden: Niemand kann versichern, dass nach der Revision nur schon dieser Standard nicht massiv unterboten wird.
Gratis-Anwalt?
Hauptargument der BefürworterInnen sind, neben der Beschleunigung (dazu unten), die sogenannten Gratis-AnwältInnen, denen die SVP den Kampf angesagt hat. Doch gibt’s die überhaupt? Wir meinen nicht. Denn was die Revision als RechtsvertreterInnen verkauft, gleicht einem Etiketten-Schwindel: Die Aufwendungen der Lager-RechtsvertreterInnen werden pauschal pro Fall abgegolten: Engagiert sich ein/e RechtsvertreterIn also für seine/ihre MandantIn, führt Beschwerden, stellt Fristerstreckungsgesuche und häuft Überstunden an, schreibt er/sie rote Zahlen für seine/ihre Arbeitgeberin (die wiederum von der gegnerischen Seite bezahlt wird, dem SEM. Dieses erteilt nämlich den Auftrag für die Organisation der Rechtsvertretung in den Lagern). Hält eine Lager-Rechtsvertretung eine Beschwerde zudem für aussichtslos, ist sie dazu verpflichtet, das Mandat abzulegen. Dies widerspricht nicht nur den Grundsätzen des Verwaltungsrechts, sondern steht konträr zum Konzept der Interessensvertretung, welche die Kernaufgabe einer/s RechtsvertreterIn ist. Dazu kommt, dass viele der sogenannten Gratis-AnwältInnen schlicht keine AnwältInnen sind, weil sie weder einen Master in Recht noch eine Anwaltsprüfung absolviert haben. Ein/e Gratis-AnwältIn sieht anders aus!
Viel zu kurze Fristen
Eine Beschleunigung des Asylverfahrens ist grundsätzlich begrüssenswert. Jedoch sind die Zeitvorgaben im Gesetzesentwurf so knapp berechnet, dass ein faires Verfahren kaum möglich ist: Schon die Vorbereitungsphase ist sehr kurz; die Taktenphase als eigentliches Hauptverfahren dauert sodann nur acht bis zehn Tage. Ein besonders krasser Einschnitt in die Verfahrensrechte bedeutet zudem die verkürzte Beschwerdefrist bei einer Abweisung des Asylgesuchs auf zehn Kalendertage. Konkret heisst das: Möchte eine asylsuchende Person ihr Recht auf Beschwerde wahrnehmen und ihre Lager-Rechtsvertretung will ihren Fall nicht weiterziehen, muss sie innert zehn Tagen (abzüglich potenziell zweier Samstage und zweier Sonntage sowie der Zeit, die die Lager-Rechtsvertretung zur Prüfung der Beschwerdeaussichten, braucht) eine Rechtsvertretung ausserhalb des Lagers suchen, die alles stehen und liegen lässt, um rechtzeitig eine Beschwerde einzureichen (die von der Lager-RechtsverterterIn zudem bereits als aussichtslos qualifiziert wurde). Das ist zeitlich fast unmöglich und faktisch aussichtslos, weil selbst bei Einhaltung der Frist keine Zeit für die Suche von Beweisen und Argumenten bleibt und der/die RichterIn, welche/r die Beschwerde beurteilt, weiss, dass diese bereits von einer Lager-Rechtsvertretung als aussichtslos qualifiziert wurde.
Vielen Asylsuchenden wird schon heute ihr rechtlich zugesicherter Schutzstatus erst aufgrund von Interventionen aufmerksamer, ziviler Organisationen wie der ASZ gewährt! Die Asyl-Revision wird diese Interventionen erschweren und manchmal verunmöglichen. Sie läuft nicht nur auf die Beschneidung von grund- und verfahrensrechtlichen Ansprüchen der Asylsuchenden hinaus, sondern ist auch eine Massnahme zum sukzessiven Ausschluss der engagierten Zivilgesellschaft vom Bereich des Asylwesens. Eine wirkliche Wahl lässt uns diese Abstimmung nicht!