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Die Forderungen von RiseUpForChange

Heute Nacht wurde das Klimacamp auf dem Bundesplatz in Bern geräumt, das im Rahmen der Aktionswoche RiseUpForChange organisiert wurde. Das Camp hatte zum Ziel inhaltliche Diskussionen mit Aktionen des zivilen Ungehorsams zu kombinieren. Das basisdemokratische Projekt der Klimabewegung wurde durch staatliche Repression vorzeitig aufgelöst. Klar ist aber bereits jetzt: Der Kampf für eine ökologisch nachhaltige und sozial gerechte Welt geht definitiv weiter! RiseUpForChange hat eine Forderungsliste veröffentlicht, die von den Bewegungen Klimastreik, Extinction Rebellion, Collective Climate Justice und Collective Break Free sowie von der Organisation Greenpeace ausgearbeitet wurde. Wir veröffentlichen diese Forderungen auch auf unserer Webseite, denn viele inhaltliche Interventionen des Klimacamps gingen in den letzten Tagen in der oberflächlichen Berichterstattung und der rechten Hetze aus dem Bundeshaus unter. Gleichzeitig geht unsere grösste Solidarität raus an alle heute eingeknasteten Aktivist*innen! (Red.)

von RiseUpForChange

Präambel

Seit Jahren gehen auf der ganzen Welt Millionen für eine nachhaltige und lebenswerte Zukunft auf die Strasse. Die Dringlichkeit des Problems widerspiegelt sich jedoch keineswegs in den politischen Prozessen der Schweizer Politik. So werden Bereiche wie der Agrarsektor oder der Finanzplatz in der Schweizer Klimapolitik nahezu komplett ausgeblendet, obwohl diese massgeblich für die Umweltzerstörung und die Klimakrise verantwortlich sind. Gleichzeitig hängt die Spitze der Wirtschaft immer noch dem Märchen vom ewigen Wachstum an. Sie interessieren sich nicht für unsere Zukunft und möchten nur ihr Geld und ihren Einfluss mehren. Wir, die wir uns um eine lebenswerte Zukunft für alle sorgen, fühlen uns von der Politik im Stich gelassen.

Das bestehende politische und wirtschaftliche System hat bisher versagt, eine Antwort auf die Klimakrise zu liefern. Wir müssen uns von gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Systemen befreien, die Mensch und Natur ausbeuten, nur damit sich einige wenige bereichern können. Es ist an der Zeit, unsere Gesellschaft so umzugestalten, dass eine ökologische und soziale Zukunft möglich ist.

Zur dringend notwendigen Reduktion der Treibhausgase gehört auch eine Reform der demokratischen Prozesse, die auch in der Schweiz von wirtschaftlichen Interessen statt von wissenschaftlichen Erkenntnissen und der partizipativen Mitbestimmung aller dominiert werden. Im Kampf gegen die Klimakrise geht es zudem auch um soziale, wirtschaftliche und politische Gerechtigkeit und internationale Solidarität.

Die letzten Jahre haben gezeigt, dass Demonstrationen nicht mehr ausreichen. Wir sehen uns daher gezwungen, einen Schritt weiter zu gehen und zu einem altbewährten Mittel zu greifen. Friedlicher, massenhafter ziviler Ungehorsam ist und war schon immer ein entscheidender Teil einer selbstbestimmten Gesellschaft und hat in der Vergangenheit grosse Veränderungen herbeigeführt. Wir möchten nicht länger warten. Wie seit Jahren schon sind wir aktiv, werden laut – weil man uns die Zukunft klaut.

Die folgenden Forderungen wurden im Rahmen des Rise up for Change von verschiedenen Organisationen und Bewegungen erarbeitet. Unsere Anliegen sind grundsätzlich sehr ähnlich, weswegen wir uns für das Rise up for Change zusammenschliessen. Trotzdem haben wir als Bewegungen auch unterschiedliche Forderungen und Ansichten, die bei diesen Forderungen nicht alle berücksichtigt werden können. Die Forderungen sind also als gemeinsame Forderungen dieser Bewegungen zu betrachten und sind nicht automatisch die Forderungen der einzelnen Bewegungen.

Landwirtschaft

  1. Bevorzugung klimafreundlicher, agro-ökologischer Methoden und Produkte.
  2. Sicherung gerechter Einkünfte für die kleinbäuerliche Landwirtschaft, welche die Ausübung einer nachhaltigen Landwirtschaft ermöglichen.
  3. Gewährleistung einer ausgeprägten Ernährungssicherheit, Produktion für den heimischen und lokalen Bedarf (gemeinsam von Produzenten und Konsumenten definiert), Sicherstellung der Belastbarkeit der Ernährungssicherheit sowie Minimierung der Transporte durch Umsetzung einer standortangepassten Landwirtschaft (BV Art. 104) (Greenpeace TOP Strategie).

Finanzsektor

  1. Transparenz: die sofortige Offenlegung aller von Schweizer Finanzinstituten getätigten Investitionen, Finanzierungen und Versicherungsdienstleistungen, wie auch des Treibhausgas-Fussabdrucks, des Klimapfads und des Absenkpfads (siehe Forderung 2).
  2. Netto 0 bis 2030 und Absenkpfad: Reduktion der direkten und indirekten Treibhausgasemissionen auf Netto Null bis 2030. Dies betrifft die im Inland wie auch im Ausland getätigten Finanzflüsse, Investitionen und Versicherungsdienstleistungen, die direkt oder indirekt zu Treibhausgasemissionen führen. Bis Ende 2020 muss ein Absenkpfad mit klaren Massnahmen publiziert werden.
  3. Ausschluss: einen sofortigen Stopp, beziehungsweise keine Erneuerung aller Finanzierungen, Investitionen und Versicherungsdienstleistungen von und in Projekte und Unternehmen, welche Klima und Lebewesen schaden.
  4. Klimagerechte Finanzflüsse: Ausschliesslich Investitionen, Finanzierungen und Versicherungsdienstleistungen, in und von Projekten und Unternehmen, welche der Förderung einer sozial gerechten und umweltverträglichen Gesellschaft nutzen.

Demokratie

  1. Partizipative Demokratie. Um sicherzustellen, dass die Politik den Bedürfnissen und Visionen der Bevölkerung und nicht den wirtschaftlichen Interessen und der Macht der Reichsten folgt, muss das gegenwärtige politische System alle Bürger*innen (d.h. alle Menschen, die in der Schweiz leben) proaktiv in die Entscheidungsprozesse über die Gestaltung aller Lebensbereiche (z.B. Leben, Arbeit, Gemeinschaften, Umwelt, Zusammenleben, wirtschaftliche Entscheidungen) einbeziehen.
  2. Konsequenter Einbezug wissenschaftlicher Grundlagen in demokratische Entscheidungsprozesse zur Sicherung nachhaltiger Inhalte in der Politik. Um eine nachhaltige Zukunft zu sichern, müssen aktuelle und validierte Erkenntnisse aus den Klima- und Sozialwissenschaften in politische Aushandlungs- und Entscheidungsprozesse einfliessen. Die Wissenschaft muss in der Politik gehört werden und aktuelle wissenschaftliche Informationen müssen allen an den politischen Entscheidungen beteiligten Akteuren zugänglich gemacht werden. Die folgenden Massnahmen könnten dazu beitragen.
  3. Transparenz. Wir wollen sicherstellen, dass unsere Demokratie nicht von den Interessen der Reichsten geleitet und der Einfluss der Wirtschaft auf politische Entscheidungen begrenzt wird.

Klimagerechtigkeit

  1. Die Konsequenzen der Umweltverschmutzung und der Klimakrise müssen gerecht und solidarisch bewältigt werden. Globale Klimagerechtigkeit: Besonders die reichen Länder und ihre Konzerne müssen zur Verantwortung gezogen werden, um mit den negativen Konsequenzen in Ländern des globalen Südens zurechtzukommen. Lokale Klimagerechtigkeit: Die Kosten eines Übergangs zu einer klimafreundlichen Gesellschaft müssen in erster Linie von jenen getragen werden, die die Klimakrise mehrheitlich verursacht haben.
  2. Die Schweiz anerkennt ihre historische und globale Verantwortung für die Klimakrise und handelt entsprechend.
  3. Verbot jeder Art von Diskriminierung sowie diskriminierungsfreier Zugang zu sozialen Ressourcen. Das heisst, dass niemand durch die Klimakrise benachteiligt wird und dass der Übergang zu einer CO2-neutralen Gesellschaft gerecht verläuft. Das heisst, dass Menschen soziale und ökonomische Sicherheit gewährleistet wird.

Infrastruktur und Energie

  1. Umstrukturierung des Energiesektors, um die CO2-Neutralität bis 2030 zu ermöglichen.
  2. Der Verkehr muss von fossilen Brennstoffen entkoppelt werden, unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Bevölkerung.
  3. Produktion, Konsum und Wohnen müssen angepasst werden, um die CO2-Neutralität zu gewährleisten.

Die detailliertere Forderungsliste von RiseUpForChange findet sich hier (nur englisch). Die Bewegung für den Sozialismus hat gemeinsam mit anderen Organisationen die Ökosozialistische Konferenz im Juni 2020 organisiert, an welcher Aktivist*innen aus der ganzen Welt teilgenommen und ein gemeinsames ökosozialistisches Programm verabschiedet haben. Wir sehen diese Forderungen als extrem wichtige Ergänzung und Vertiefung der hier publizierten Forderungen von RiseUpForChange an: 

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