Menu Schließen

Schweiz: Aufruf von Gewerkschafter*innen zum Stopp der Produktion

Die Unruhe an den Arbeitsplätzen nimmt auch in der Schweiz zu. Auf einigen Baustellen in Genf und Zürich protestieren die Arbeiter*innen gegen die ungenügenden hygienischen Schutzvorkehrungen gegen die Verbreitung des Virus und fordern die Schliessung der Baustellen. Mittlerweile verlangen auch immer mehr Gewerkschafter*innen die Einstellung aller nicht lebensnotwendigen wirtschaftlichen Tätigkeiten. Wir veröffentlichen hierzu einen offenen Brief aus der Westschweiz an den Bundesrat. In der Deutschschweiz getrauen sich die Gewerkschaften noch nicht, diese dringend notwendige Forderung aufzustellen. (Red.)

von Gewerkschafter*innen; aus ssp-vpod.ch

Die unterzeichnenden Gewerkschafter*innen sind der Ansicht, dass die Politik der Unternehmer und des Bundesrates die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Lohnabhängigen in diesem Land ernsthaft untergräbt. Verspätet und nicht einer wirklichen Logik der Prävention folgend, gefährdet sie Menschenleben.

Um die Ausbreitung des Coronavirus zu bekämpfen und damit die Zahl der künftigen Todesfälle zu verringern, reicht es nicht aus Cafés, Coiffeursalons und Kinos zu schließen: alle gesellschaftlich nicht notwendigen und dringenden Produktions- und Dienstleistungstätigkeiten müssen eingestellt werden! Welchen Sinn hat es, den Zugang zu öffentlichen Parks zu verbieten, wenn Hunderttausende von Lohnabhängigen nebeneinander auf Baustellen, in Industriebetrieben oder sogar in Büros arbeiten müssen?

Eine solche Maßnahme ist um so notwendiger, weil die Gefahr einer weiteren Verbreitung des Coronavirus darin besteht, dass die Krankenhäuser überfüllt werden, was wiederum zu einem weiteren Anstieg der Zahl der Todesfälle führen würde.

Bauarbeiter protestieren am 17. März 2020 in Genf und fordern die Schliessung der Baustelle.

Kurzum, wir fordern den Bundesrat auf, die Einstellung aller gesellschaftlich nicht notwendigen und dringenden Produktions- und Dienstleistungstätigkeiten zu beschliessen und allen betroffenen Lohnabhängigen einen ausserordentlichen bezahlten Urlaub (ohne Kompensation von Überstunden und Abzug von Ferientagen) auf unbestimmte Zeit, d.h. bis zum Ende des Gesundheitsnotstandes, zu gewähren. Unser Leben ist mehr wert als ihre Profite!

In der gleichen Logik der Gesundheitsprävention fordern wir, dass in allen Betrieben und Diensten, die aufrecht erhalten werden, geeignete Massnahmen und eine wirkliche Kontrolle über deren Umsetzung ergriffen werden.

Gleichzeitig betonen wir, dass nicht die Lohnabhängigen nicht den Preis für das Coronavirus zahlen dürfen. Wir fordern daher ein Verbot von Entlassungen aufgrund von Produktionsstillständen oder Produktionsdrosselungen sowie die Verlängerung der Arbeitslosenunterstützung. Ebenso fordern wir, dass alle Lohnabhängigen, die ganz oder teilweise entlassen wurden, einschließlich derjenigen mit einem befristeten Vertrag, der Temporärarbeiter*innen und der nach Stundenlohn bezahlten Arbeitskräfte, keine Lohnkürzung erleiden dürfen.

In der Schweiz, einem der reichsten Länder der Welt, ist es durchaus möglich, die Finanzierung dieser Massnahmen zu garantieren. Dies muss zunächst einmal durch Kurzarbeit sichergestellt werden. Es ist auch denkbar, von großen Unternehmen und Aktionär*innen einen „Solidaritätsbeitrag“ zu verlangen. Obwohl sich die wirtschaftliche Situation verschlechtert, muss man sich daran erinnern, dass die Gewinne der Unternehmen, darunter vieler KMU, in den letzten Jahren sehr hoch waren. Nicht umsonst schütten die Aktionäre jedes Jahr mehr Dividenden aus – und dieses Frühjahr 2020 wird keine Ausnahme sein. Und vergessen wir nicht die massiven Steuergeschenke, die große Unternehmen und Aktionäre erhalten haben. Kurz gesagt, es gibt wirklich genug Mittel, um die aktuelle Situation solidarisch zu bewältigen!

Übersetzung durch die Redaktion. Das Bild stammt von der Unia und zeigt auf, dass es für die Bauarbeiter*innen vielfach unmöglich ist, die geforderten Schutzmassnahmen wie Social Distancing einzuhalten.

Erste Unterzeichner*innen:

Albert Anor, comité Communauté genevoise d’action syndicale (CGAS); Cora Antonioli, vice-présidente nationale SSP; Corinne Béguelin, secrétaire SSP-Genève; Fermin Belza, permanent impôts Union syndicale des Montagnes neuchâteloises; Artur Bienko, secrétaire Unia-Genève; Rodolphe Bongiovanni, secrétaire administratif syndicom; Valérie Borloz, secrétaire Union syndicale vaudoise; Michela Bovolenta, secrétaire centrale SSP; Fabienne Brunner, service juridique syndicom; Virginie Burri, secrétaire SSP-Fribourg; Diego Cabeza, président SIT; Pietro Carobbio, responsable secteur construction Unia-Vaud; Margarita Castro, secrétaire SSP-Genève; Manuela Cattani, co-secrétaire générale SIT; Joana Chena-Basanta, secrétaire SSP-Jura; Natalie D’aoust-Ribordy, secrétaire SSP-Valais; Davide De Filippo, co-secrétaire général SIT; Giuseppe Di Mauro, secrétaire régional médias syndicom; Julien Eggenberger, président SSP-Vaud; Laure Faessler, secrétaire CGAS; Emmanuel Farron, secrétaire Union syndicale cantonale neuchâteloise; Catherine Friedli, secrétaire SSP-Fribourg; Sabine Furrer, secrétaire SSP-Genève; Anna Gabriel, secrétaire Unia-Genève; Dominique Gigon, responsable région romande Syndicom; Paolo Gilardi, comité CGAS; Claude Grimm, secrétaire SSP-Neuchâtel; Michel Guillot, secrétaire régional logistique syndicom; David Gygax, secrétaire SSP-Vaud; Giorgio Mancuso, responsable secteur tertiaire Unia-Vaud; Philippe Martin, secrétaire central SSP; Nicolas Mercier, secrétaire artisanat Unia-Vaud; Anne Michel, co-présidente SSP-Genève; Vanessa Monney, secrétaire SSP-Vaud; Jeanny Morard, secrétaire régional Unia-Valais; Joël Mugny, responsable Syna-Genève, vice-président CGAS; Solenn Ochsner, secrétaire Unia-Neuchâtel; Alejo Patiño, secrétaire Unia-Genève; Maria Pedrosa, secrétaire SSP-Vaud; Noé Pelet, responsable secteur industrie Unia-Vaud; Alessandro Pelizzari, président CGAS; Federico Pisciottano, secrétaire artisanat Unia-Vaud; Jamshid Pouranpir, secrétaire SSP-Trafic aérien Genève; Yasmina-Karima Produit, secrétaire SSP-Neuchâtel; Raphaël Ramuz, secrétaire SSP-Vaud; Véronique Rebetez, responsable régionale Syna Fribourg et Neuchâtel; Lionel Roche, responsable secteur artisanat Unia-Vaud; Beatriz Rosende, secrétaire centrale SSP; Thomas Sauvain, secrétaire général Union syndicale jurassienne; Fabrice Scheffre, co-président SSP-Genève; Sébastien Schnyder, secrétaire industrie Unia-Vaud; Mélina Schröter, secrétaire régionale médias syndicom; Gwenolé Scuiller, secrétaire tertiaire Unia-Vaud; Lionel Simonin, militant SEV; Isabelle Smekens, responsable formation Unia-Vaud; Agostino Soldini, secrétaire central SSP; Catherine Tabary, secrétaire régionale télécom syndicom; Joël Varone, secrétaire CGAS; Jimena Villar, secrétaire artisanat Unia-Vaud; Léa Ziegler, secrétaire SSP-Neuchâtel; Virginie Zurcher, secrétaire régionale logistique syndicom; Gaétan Zurkinden, secrétaire SSP-Fribourg; Guy Zurkinden, rédacteur Services Publics – SSP.

Verwandte Artikel

3 Kommentare

  1. Pingback:Maulwuerfe

  2. Pingback:Schweiz: Aus Verantwortung alle nicht-wesentlichen Betriebe schliessen! ‹ BFS: Sozialismus neu denken – Kapitalismus überwinden!

  3. Pingback:Schweiz: Offensive der Unternehmen gegen die Lohnabhängigen ‹ BFS: Sozialismus neu denken – Kapitalismus überwinden!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert