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Am Rande vermerkt: Hayek Club Zürich – neoliberale Fundamentalist*innen

Der Hayek Club Zürich besass die Dreistigkeit, am Mittwoch an der Uni Zürich eine Veranstaltung durchführen zu wollen. Der Club hat sich nach dem neoliberalen Vordenker Friedrich August von Hayek benannt. Gemeinsam mit dem ökonomen Milton Friedman arbeitete dieser in der sogenannten Chicagoer Schule jene Wirtschaftstheorie aus, welche von ihren chilenischen Schülern in der Militärdiktatur in die Tat umgesetzt wurde. Deshalb werden Hayeks Schüler Chicago Boys genannt. Aufgrund massiver Kritik im Vorfeld wurde die Veranstaltung an einen anderen Ort verschoben. In der Einladung des Hayek Club Zürich wurde die neoliberale Gesellschaftsordnung, welche während der Pinochet-Diktatur von 1973 bis 1990 mit brachialer Gewalt erzwungen wurde, als «chilenisches Wunder» und als «40-jährige Erfolgsgeschichte» bezeichnet. Diese sehen die Hayek-Fundamentalist*innen nun durch die aktuelle Protestwelle in Chile bedroht. Die durch den späteren Militärdiktator Augusto Pinochet geputschte Regierung von Salvador Allende wurde lapidar als «gescheitertes sozialistisches Experiment» bezeichnet. Unter welchen Umständen es zum Scheitern kam, wurde nicht erwähnt. Niederträchtiger geht’s fast nicht mehr.

Alleine im Nationalstadion, welches auf dem Bild zu sehen ist, sowie an vielen weiteren Orten wurden während des Putschs und der gesamten Militärdiktatur unzählige politische Gefangene inhaftiert, gefoltert oder ermordet. Ein Wunder ist es höchstens, dass viele standhafte Antifaschist*innen die Folter überlebt haben. Ganz zu schweigen von den unzähligen Chilen*innen, welche ins Exil flüchten mussten.

Nationalstadion in Santiago de Chile während dem Militärputsch 1973.

Das angebliche chilenische Wunder, welches der Hayek Club Zürich zu beobachten scheint, sieht so aus: Chile ist das lateinamerikanische Land, in welchem heute die Schere zwischen Armen und Reichen am weitesten auseinanderklafft. Nirgendwo sonst ist Bildung proportional zu den Einkommen so teuer wie in Chile. Weshalb? Weil der Bildungssektor, wie auch viele weitere staatliche Institutionen, während der Pinochet-Diktatur und in der «demokratischen» Zeit danach komplett privatisiert wurde. Auch von Demokratie kann man genauso wie im Spanischen Staat nicht wirklich sprechen. Während in Madrid immer noch die postfrankistische Verfassung von 1978 gilt, wurde an Chiles Verfassung seit dem Ende der Diktatur noch weniger geändert. Danke Hayek, danke Friedman, danke Chicago Boys!

Einladungstext, welcher vom Hayek Club Zürich auf Facebook veröffentlicht wurde. Unterdessen wurde der Text wieder aus der Facebook-Veranstaltung entfernt.

Ja, das sozialistische Experiment in Chile ist gescheitert. Das könnte aber vielleicht auch damit etwas zu tun haben, dass Allendes Volksfrontregierung nicht immer sehr entschlossen handelte. Oder damit, dass sich der Geheimdienst der weltweit grössten Militärmacht, der USA, gemeinsam mit Pinochet gegen das Projekt der Volksfrontregierung verschworen hat. Es wäre ja auch wirklich blöd gewesen, hätte der westliche Block im Kalten Krieg den Zugriff auf die immensen Bodenschätze in Chile (v. a. Kupfer) verloren. Tja, da muss man halt als gewissenlose*r Hayek-Jünger*in bei dem einen oder anderen Putsch auch mal ein Auge zudrücken. Oder vielleicht ist die Volksfront auch gescheitert, da in Chile vor dem Putsch durch sabotageartige Unternehmerstreiks eine Versorgungskrise ausgelöst wurden. Wäre die lohnabhängige Bevölkerung bewaffnet gewesen, hätte sie dem putschenden Militär am 11. September 1973 vielleicht etwas entgegnen können.

In Friedrich August von Hayeks Sicht war praktisch jede Diktatur gerechtfertigt, solange die Wirtschaft brummt. Ein Club, der sich nach dem österreichischen Ökonomen benennt, muss somit politisch bekämpft werden.

Von Theo Vanzetti (BFS Zürich)

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