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Wir haben ausgesorgt – feministische Revolution sofort!

Von Chile über Rojava, Sudan, Algerien, Irak, Libanon, Iran, Indien, Sri Lanka ziehen Frauen* auf die Strassen und sind an vorderster Front der Aufstände. Auch in der Schweiz erlebt die feministische Bewegung mit dem Streik vergangenen Jahres einen Aufschwung, wie wir ihn vorher nur in unseren wildesten Träumen für möglich gehalten hätten. Es wird immer deutlicher, dass Frauen* endgültig genug haben und sich gegen faschistische und kolonialistische Regierungen, gegen Gewalt und Femizide und gegen neoliberale Privatisierungsangriffe und die totale Erschöpfung zur Wehr setzen.

von BFS Frauen*/FTIQ[1]

Wir sind auch nach dem 14. Juni wütend, weil die Haus- und Sorge-Arbeit zusätzlich zur zermürbenden Lohnarbeit immer noch genau gleich viel und genau gleich unbezahlt ist – überall auf der Welt wird sie tagtäglich hauptsächlich von weiblich sozialisierten Menschen geleistet. Ohne diese Arbeit könnten weder Frau* noch Mann* am nächsten Tag wieder arbeiten gehen, der Kapitalismus würde in sich zusammenbrechen. Die Arbeiter*innen wären nämlich gar nicht mehr in der Lage, arbeiten zu gehen: ohne Kochen kein Essen, ohne Putzen ein langsam zerfallendes Haus, ohne emotionale Arbeit, Zuhören und Verständnis zeigen unzufriedene und verzweifelte Menschen. Sowieso gäbe es auch bald überhaupt keine Arbeiter*innen mehr, denn es würden ja gar keine neuen mehr „produziert“: Wenn keine* auf die Kinder aufpasst, keine* sie stillt, keine* sie gesundpflegt, oder wenn sie gar nicht erst auf die Welt gebracht werden, dann gibt es auch bald keine Arbeiter*innenschaft mehr. Diese vom Kapitalismus als „wertlos“, „natürlich“ und „frei verfügbar“ angesehene reproduktive und soziale Arbeit, die unbezahlt bleibt, ist also widersprüchlicherweise die eigentliche Grundlage des Profits – und essentiell für das Überleben des Kapitalismus.

Wir Frauen* befinden uns deshalb in der Lage, durch einen Streik am Arbeitsplatz UND Zuhause, durch die Niederlegung sämtlicher Arbeit (bezahlter sowie unbezahlter), die alltägliche Reproduktion dieses Systems zu blockieren. Doch von der von uns geleisteten Arbeit (bezahlt sowie unbezahlt), vor allem von der Sorgearbeit, hängt nicht nur unser eigenes Wohlbefinden ab, sondern auch das unserer Familie oder derjenigen, die wir beruflich betreuen. Deshalb machen wir unermüdlich weiter, selbst wenn wir schon vollkommen erschöpft sind, durch die schier endlosen Tage, durch diese doppelte Ausbeutung unserer Arbeitskraft.

Genauso wie die Arbeit der Frauen* im Kapitalismus als „natürliche Ressource“ angesehen werden und wir bis zur Erschöpfung ausgebeutet werden, werden auch die Ressourcen der Natur behandelt. Der Kapitalismus ist also durch die Ausbeutung dieser Ressourcen verantwortlich für die Krise der sozialen Reproduktion UND die Klimakrise. In beiden Fällen sind wiederum insbesondere Frauen* betroffen. Denn vor allem in Ländern des globalen Südens sind die Frauen* die ersten, welche von den Auswirkungen des Klimawandels, von den kapitalistischen Ver- heerungen betroffen sind, indem sie beispielsweise die Kranken gesund pflegen oder jeden Tag mehrere Kilometer weiter bis zur nächsten Wasserstelle laufen müssen, die noch nicht privatisiert worden ist.

Doch sind es eben auch wir Frauen*, die sich gegen diese Erschöpfung auflehnen, den Widerstand organisieren, die Wut auf die Strasse tragen – und sowohl in der feministischen als auch in der ökologischen Bewegung das Potential zur Überwindung des Kapitalismus.

Wir BFS Frauen*/FTIQ orientieren uns am «Manifest des Feminismus für die 99%» und fordern:

  1. Die Wiederaneignung, Beibehaltung und Intensivierung des feministischen Streiks als internationalistische Kampfform, «demanding both bread and roses»!
  2. Die Überwindung des (neo-)liberalen Feminismus und seinen falschen Versprechen: Frauen*kampf heisst Klassenkampf! oder: «Our answer to lean-in feminism is kick-back feminism!»
  3. Wir erkennen die Ursache für die gesellschaftliche Krise, für die Krise der sozialen Reproduktion im Kapitalismus und bekämpfen diesen als ganzes System. Wir wollen und brauchen einen antikapitalistischen Feminismus.
  4. Kämpfe rund um die soziale Reproduktion sind Zentrum der Klassenkämpfe! Die soziale Reproduktion darf nicht länger der Produktion untergeordnet werden. Wir fordern eine Kollektivierung der Care-Arbeit.
  5. Jegliche Form von Gewalt aufgrund des Geschlechts ist verbunden mit dengewaltvollen kapitalistischen Verhältnissen – und somit auch der Kampf gegen diese Gewalt.
  6. Wir wollen eine tatsächliche Befreiung der Sexualität und Geschlechts- identität(en) – und nicht bloss eine scheinbare innerhalb kapitalistischer Normierung.
  7. Unser Feminismus ist antirassistisch und antiimperialistisch: «by struggling in and through our diversity, can we achieve the combined power we need […] to transform society»!
  8. Keine Ökologie ohne Feminismus! Die Emanzipation und die Abwendung der ökologischen Katastrophe sind EIN Kampf!
  9. Die kapitalistischen Regierungen – egal ob Männer* oder Frauen* – verursachen Krieg, neokoloniale Interventionen, strukturelle Ungerechtigkeit und Austeritätsprogramme. Wir sagen: Not in our name und stehen in internationalistischer Solidarität.
  10. Wir bringen die vielfältigen sozialen Bewegungen in einem breiten antifaschisti- schen, antikapitalistischen, feministischen Widerstand, Aufstand zusammen: «we pledge to play a major role in shaping our future.»

[1] 1 Wir befinden uns in einem Orientierungsprozess, weshalb wir uns zurzeit BFS Frauen* und BFS FTIQ nennen. FTIQ steht für Frauen, Transpersonen, Intermenschen und Queers. 

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2 Kommentare

  1. Li Reinhardt

    Mich stört an euern sehr guten Initiativen, dass ihr „den Kapitalismus“ als Hauptursache des Elends versteht. Ich denke, es ist viel eher das PATRIARCHAT ; denn ausbeuterische Strukturen begannen schon lange VOR dem Kapitalismus. z.B. mit dem Beginn der HYKSOS-Kriege im Alten Ägypten (ab ca. 1500 VOR Chr.!) oder mit dem Beginn und der gewaltsamen Durchsetzung des Islam (ab 6./7. Jh. NACH Chr.), oder mit der Gewalt, die Karl d.Gr. (um 800 nach Chr.) und andere Christen in Europa einsetzten, um die Heiden zu christianisieren… und ab dem sog. Hohen Mittelalter mit den Herren und Königen, Kaisern, und Päpsten, die sich, – meist mit Gewalt ! – ihr vermeintliches Recht erkämpften…. Ja, eigentlich beginnt das ganze Elend des Patriarchats genau mit dem Beginn der sog. „geschichtlichen Zeit“; also etwa ab 3000 (oder sogar ab ca. 3200 oder 3500 ?) VOR Chr. : Nämlich ab DANN GIBT ES ERSTMALS MÄNNLICHE HERRSCHER und männliche Götter !
    Ja. — was gab es denn vorher ?? Gab es etwa „GAR. NIX“ ? wenn keine Männer herrschten? Wohl kaum !
    Na, das ist doch wohl schnell erzählt : Es gab ausschliesslich WEIBLICHE Leiterinnen der (noch relativ kleinen) Menschengruppen, die friedlich übers Land zogen, Früchte, Beeren, Gemüse, Wurzeln und Kräuter sammelten und ein paar Äckerchen mit Getreide oder Zwiebeln bepflanzten und mit ihren Kindern, Schwestern und Müttern ein friedliches, ruhiges Leben führten… (Und ihre Kinder Pflanzenkunde und Biologie lehrten, wovon wir noch heute zehren und die genau gleichen Dinge konsumieren!)
    Also schliesse ich, dass es das PATRIARCHAT ist, was zu Überbevölkerung, Gewalt, Krieg und Ausbeutung führte. Und der Kapitalismus ist EINE VARIANTE davon; zwar eine sehr schlimme ! – Aber die patriarchalen. RELIGIONEN sind es mindestens ebenso !!!!
    Ich würd‘ mich freuen, wenn ihr darüber mal nachdenken mögt und die Kapitalismus-Geschichte in eine PATRIARCHATS-story umschreibt. Ist das zuviel verlangt ?

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