Die herrschende Krisenpolitik zeigt schonungsloser denn je, dass im Kapitalismus Profite wichtiger sind als Menschenleben. Das Care-System ist am Limit und das Personal ist überlastet. Dies ist eine direkte Folge der gescheiterten Pandemiebekämpfung der Regierung und des Sozialabbaus der letzten Jahrzehnte. Darum protestieren wir auch an diesem 1. Mai für eine gesellschaftliche Aufwertung der Kinderbetreuung und bessere Arbeitsbedingungen.
von Trotzphase*
Mit 25 Jahren ein Burnout ist in unserem Arbeitsfeld keine Seltenheit. Viele Junge verlassen den Beruf rasch wieder, da die Belastung zu hoch ist. Wir betreuen als Ausgebildete zusammen mit einer Praktikantin, bzw. einem Praktikanten bis zu 12 Kleinkinder und daneben fallen etliche weitere Aufgaben an. Doch das muss nicht sein, genug ist genug!
Wir haben genug von chronischer Unterfinanzierung und Sozialabbau!
Seit Jahren fordern wir Massnahmen gegen den chronischen Personalmangel und die schlechten Arbeitsbedingungen im Kinderbetreuungssektor. Unsere Petition „Weil Kinder mehr Zeit brauchen“ sollte die Politik darauf aufmerksam machen, was es für eine gesunde, faire und nachhaltig gedachte Kinderbetreuung braucht. Der Kanton Zürich erachtete die Petition 2019 in einem Schreiben als nicht erstrebenswert.
Ein aktuelles Beispiel, wie Sparpolitik den Betreuungssektor betrifft, zeichnet sich anhand der geplanten Tagesschulen in der Stadt Zürich ab. Ein wichtiges Ziel der Tagesschulen soll das Fördern von Chancengerechtigkeit sein. Wird beim Ausbau jedoch kein Wert auf genügend ausgebildetes Personal und gute Arbeitsbedingungen sowie angemessene Räumlichkeiten gelegt, wird dieses Ziel komplett verfehlt und am Schluss sind die Kinder die Leidtragenden.
Als Betreuer*innen in einem feminisierten Beruf wissen wir, dass die Profitlogik des Kapitalismus, der Spardruck und die Privatisierungstendenzen unseren Forderungen, Interessen und Rechten entgegenlaufen. Es zeigt sich, dass die gesellschaftlich wertvolle und notwendige Betreuungsarbeit in diesem System nicht wertgeschätzt wird. Kinder werden – wie im Übrigen auch die Gesundheit – als Ware behandelt und ihre Betreuung soll möglichst nichts kosten. Dies ist die Logik eines Gesellschafts- und Wirtschaftssystems, in dem der Profit über das Wohlergehen der Menschen gestellt wird.
„Systemrelevanz“ muss sich endlich auszahlen!
Schon vor der Krise waren wir Kinderbetreuer*innen am Limit. Nach einem Jahr Pandemie, in dem wir die Belastungsgrenze endgültig erreicht haben, kam es zu keinen merklichen Verbesserungen der Arbeitsbedingungen. Die Pandemie verdeutlicht, dass eine grundlegende Reorganisation in der Care-Arbeit längst überfällig ist. Wir alle in der Gesellschaft sind abhängig von Care-Arbeit: Unsere Existenz, der Lebensstandard sowie auch das Wohlbefinden hängen wesentlich davon ab. Deshalb verwundert es doch sehr, dass in diversen Wirtschaftssektoren Geld fliesst, Gewinne erwirtschaftet und Dividenden ausbezahlt werden, jedoch bei uns im Sozialbereich das Budget halbiert, ja sogar seit Jahren kaputtgespart wird.
Wir fordern mehr Respekt, Lohn und Wertschätzung!
Die Art und Weise, wie wir Kinderbetreuer*innen von der Gesellschaft behandelt werden, macht uns wütend. Es kann nicht sein, dass Unternehmer*innen mehr Respekt, Lohn und Wertschätzung bekommen als wir, die dieses System am Laufen halten. Einfühlsame, professionelle Betreuung gibt es nicht umsonst. Wir brauchen einen Weg aus der Privatisierung hin zu einer gesellschaftlichen Verantwortung.
Gleichzeitig motiviert uns diese Ungerechtigkeit für die bevorstehenden Arbeitskämpfe: Mit noch mehr Kraft, Selbstvertrauen und nachdrücklicher denn je werden wir laut und sichtbar sein. Heute und alle Tage.
Wir fordern Politik und Gesellschaft auf, endlich die familienergänzende Kinderbetreuung ins öffentliche Bildungssystem zu integrieren. Damit könnten Eltern und Personal entlastet und einheitliche, hohe Betreuungsstandards eingeführt werden. Deshalb: Kinderbetreuung kollektivieren, jetzt! Schluss mit Sparpolitik! Denn ohne uns steht alles still!
Wir fordern:
- Gute Gesundheit und Betreuung für alle!
- Mehr Anerkennung und Wertschätzung, gute Löhne und genug ausgebildetes Personal!
- Einen angemessenen Betreuungsschlüssel und genügend Raum, um die Kinder bestmöglich zu betreuen!
- Eine Tagesschule mit Qualität – kein erneutes Sparprogramm!
*Die TrΩtzphase ist eine Gruppe ausgebildeter und angehender Fachpersonen FaBe K, Kindererziehung HF aus der familienergänzenden Kinderbetreuung, die gegen die prekären Arbeitsbedingungen in den Kitas und Horten ankämpft. Zusammen mit der Bewegung für den Sozialismus organisiert die Trotzphase verschiedene Aktionen im Rahmen des 1. Mai in Zürich.