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Feministisch gegen den Krieg: Wir sind die Opposition gegen den Militarismus

Am 14. Juni 2022 gingen allein in Zürich ca. 15‘000 Menschen feministisch auf die Strasse, um ein Zeichen gegen das Patriarchat und gegen den Krieg zu setzen: Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine führt zu Tod, Zerstörung und grossem Leid für die Bevölkerung. Besonders stark betroffen sind Menschen, die in patriarchalen Gesellschaften stärker diskriminiert werden wie queere Menschen und Frauen. Als antikapitalistische Feminist:innen stellen wir uns gegen die imperialistische, autoritäre Politik der russischen Regierung und gegen reaktionäre, faschistische und imperialistische Tendenzen auf der ganzen Welt. Alle russischen Truppen müssen raus aus der Ukraine und alle besetzten Gebiete müssen freigegeben werden! Nein zum Krieg!

von BFS Zürich

Feministische Solidarität weltweit

Feminist:innen auf der ganzen Welt stellen sich mit ihren Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit und Selbstbestimmung dem unterdrückerischen und kriegslüsternen Patriarchat entgegen. Sie zeigen damit einmal mehr, wie zentral die internationale Solidarität für die feministischen Bewegungen ist. Mit ihren Demonstrationen schliessen sich die Aktivist:innen auch dem Manifest russischer Feminist:innen an, die bereits kurz nach Kriegsbeginn täglich Widerstand gegen die Repressalien und die Zensur der Regierung geleistet haben. Damit haben sie massgeblich dazu beigetragen, dass der Widerstand gegen den Krieg in der russischen Zivilgesellschaft verankert wurde.

Die feministische Bewegung ist eine der wichtigsten oppositionellen Kräfte in Russland gegen Putins Autoritarismus und kämpft für eine gerechte Gesellschaft mit gleichen Chancen und Perspektiven für alle Menschen, in der Gewalt und militärische Konflikte keinen Platz haben.

Feministische Aktion gegen die Rückkehr der konservativen Rechten

Krieg bedeutet Gewalt, Armut, Vertreibung, Verwüstung von ganzen Regionen, Unsicherheit und fehlende Zukunftsaussichten. Er ist unvereinbar mit den zentralen Zielen der feministischen Bewegungen wie dem Recht auf körperliche Unversehrtheit, der Selbstbestimmung über den eigenen Körper und dem Kampf gegen patriarchale Gewalt. Denn der in Kriegszeiten verstärkte Nationalismus und Chauvinismus birgt die Gefahr, dass scheinbar erreichte Rechte infrage gestellt und angegriffen werden, wie zum Beispiel das Recht auf Abtreibung und das Recht auf Selbstbestimmung über den eigenen Körper und Identität insbesondere von queeren Menschen.

Der aktuelle Krieg des Putin-Regimes gegen die Ukraine wird unter dem Banner der «traditionellen Werte» geführt und so gerechtfertigt. Es ist eine bewusste Strategie, konservative, religiöse und rechte Ideologien zu verbreiten, indem sich der Kreml vom vermeintlich «liberalen Westen» abgrenzt, und Christentum, Konservatismus und Nationalismus stärkt. Aus diesem Grund wird dieser Krieg auch von rechten Kräften in Europa und den USA unterstützt.

Konservative Werte verstärken die Ausbeutung von Frauen und die Unterdrückung von queeren Menschen, deren Lebensstil, Selbstbild und Verhalten nicht den engen patriarchalen Normen entsprechen. Putin und der russische Staat sprechen von «Befreiung», verstärken aber patriarchale Gewalt und Unterdrückung immens. Als Feminist:innen müssen wir uns mit aller Kraft gegen diese Verdrehung der Tatsachen wehren. Deshalb ist der Kampf der ukrainischen und russischen Feminist:innen gegen den Krieg auch unser Kampf!

Sexualisierte Gewalt ist eine Kriegswaffe

FLINTA (Frauen, Lesben, inter, non-binäre, trans-, agender-Personen), die auf der Flucht sind oder in Konfliktgebieten bleiben, sind – ebenso wie kriegsgefangene Soldat:innen – massenhaft sexualisierter Gewalt ausgesetzt. Vergewaltigungen werden in Kriegszeiten strategisch eingesetzt, um Leid und Schrecken zu verbreiten und in patriarchaler Logik den Feind zu demütigen.

Aus der Ukraine sind bis im Mai 2022 mehr als 6.8 Millionen Menschen geflüchtet. Die Flucht ist für FLINTA besonders gefährlich, da sie in dieser vulnerablen Situation häufig Gewalt und Ausbeutung erleben. So sind am häufigsten FLINTA und Kinder vom Menschenhandel betroffen. Das weiss auch die Schweizer Grenzschutzbehörde, welche Flyer zu dieser Thematik verteilt. Vor dem Hintergrund, dass die Schweiz Teil vom europäischen Migrationsregime ist, wirkt dies aber zynisch. Wirklich effektiv wären direkte und sichere Fluchtrouten. Solche direkten Routen existieren zwar derzeit für viele Flüchtende aus der Ukraine – ob sie tatsächlich sicher sind, ist allerdings fraglich und sowieso sind sie nur offen für diejenigen, die als weiss durchgehen. Alle anderen werden hingegen systematisch an der Flucht aus der Ukraine gehindert. Wir fordern nicht nur sichere Fluchtrouten frei von sexuellen Übergriffen und Ausbeutung für Ukrainer:innen, sondern für alle Menschen, unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrer Hautfarbe oder ihrer Herkunft und egal, vor welchem Krieg, welcher Katastrophe oder aus welch anderen Gründen sie flüchten.

Care-Arbeit ist (im Krieg) Frauensache

Derzeit fliehen vor allem FLINTA und Kinder aus der Ukraine, da alle wehrfähigen Männer gezwungen werden, sich an der militärischen Verteidigung des Landes zu beteiligen. Das Bild «Frauen fliehen – Männer bleiben» ist jedoch verkürzt.

Darüber hinaus harren viele FLINTA in den bombardierten und belagerten sowie in den von Kriegsereignissen noch verschonten Städten aus. Sie stellen die immer schwieriger werdende Versorgung sicher und pflegen Kinder, Kranke und ältere Menschen. Im Überlebensmodus fungieren sie als moralische Stütze, indem sie sich ständig um ihre (männlichen) Angehörigen kümmern. Zugleich können sie aber diese Aufgaben nur unter psychisch und physisch unzumutbaren Bedingungen erfüllen. Zusammen mit der Zerstörung der zivilen Infrastruktur hat dies langfristige fatale Folgen für die ukrainische Gesellschaft. Deshalb fordern wir den sofortigen Erlass der Auslandsschulden der Ukraine. Der Schuldenerlass würde eine Absage an die bisherige Politik des Internationalen Währungsfonds bedeuten. Dieser hat der Ukraine mit seinen erzwungenen Reformen und Konditionen eine neoliberale und unsoziale Wirtschaftspolitik aufgezwungen, unter dem Kriegsdruck die Rechte der Arbeiter:innen ausgehöhlt und die Ungleichheit im Land dadurch weiter zementiert. Das Gegenteil müsste aber der Falle sein: Milliarden für Care-Arbeit statt Aufrüstung weltweit!

In den letzten zehn Jahren hat die feministische Bewegung eine enorme mediale, gesellschaftliche und kulturelle Aufmerksamkeit erlangt. Es ist an der Zeit, diese öffentliche Präsenz in politische Macht umzuwandeln: „Wir sind die Opposition gegen den Krieg, das Patriarchat, den Autoritarismus und den Militarismus. Wir sind die Zukunft, die sich durchsetzen wird.“ (aus dem oben erwähnten Manifest russischer Feminist:innen)

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