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Weltweiter feministischer Widerstand gegen die Angriffe auf das Abtreibungsrecht!

Am Freitag, 24. Juni 2022 hat der US-Supreme Court das grundsätzliche Recht auf Abtreibung gekippt. Diese Verneinung des Rechts auf Selbstbestimmung von Menschen mit Uterus und auf körperliche und psychische Unversehrtheit reiht sich ein in weltweite Angriffe reaktionärer Kräfte. Diese frauenfeindliche Politik kostet täglich viele Menschen das Leben. Auch in der Schweiz wurden kürzlich zwei Initiativen gegen die reproduktive Selbstbestimmung lanciert.

von BFS Zürich

Die Angriffe der SVP auf das Abtreibungsrecht

Nicht nur in den USA, sondern auch in der Schweiz greift die neokonservative Rechte das von der feministischen Bewegung erkämpfte Recht auf Selbstbestimmung über den eigenen Körper an. Nationalrätinnen der SVP haben Ende 2021 gleich zwei Initiativen lanciert, mit denen sie die in der Schweiz gültige Straffreihheit einer Abtreibung ein weiteres Mal einzuschränken versuchen. 

Mit der ersten Initiative wollen sie eine obligatorische eintägige Bedenkfrist vor Abtreibungen einführen, mit der zweiten wollen sie ein striktes Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen, sobald ein Fötus mit intensiver medizinischer Behandlung ausserhalb der Gebärmutter überleben kann, durchsetzen. Auf dem heutigen Stand der Medizin ist das ca. ab der 22. Schwangerschaftswoche möglich. Beide Initiativen zielen also auf die Reduktion von Abtreibungen. Und das nicht etwa indem der Zugang zu Verhütungsmitteln, die Aufklärungsarbeit oder die Selbstbestimmung gestärkt, sondern indem Schwangerschaftsabbrüche erschwert werden.

Anstatt dass wir uns für eine progressive, diskriminierungsfreie Gesetzeslage einsetzen können, sind wir also wieder einmal gezwungen, den eigentlich prekären Status quo zu verteidigen. Denn genau besehen gilt Abtreiben in der Schweiz immer noch als Straftat: Schwangerschaftsabbrüche sind im Strafgesetzbuch geregelt und sind nur unter bestimmten Umständen straflos. Dies gilt in den ersten 12 Wochen der Schwangerschaft nach Geltendmachung einer Notlage und nach einem Gespräch mit einem:r Ärzt:in – die sogenannte Fristenlösung. Nach der 12. Schwangerschaftswoche ist die Straffreiheit nur noch bei schwerer psychischer oder physischer Gefahr gegeben und muss durch ein:e Ärzt:in beurteilt werden. 

Die SVP hat sich schon mehrfach als parlamentarischer Arm der Abtreibungsgegner:innen hervorgetan. 2014 unterstützte sie die Initiative “Abtreibung ist Privatsache”, die forderte, dass die Krankenkasse nicht länger die Kosten für eine Abtreibung übernimmt.  Somit wären legale Schwangerschaftsabbrüche vor allem für prekarisierte Menschen erschwert worden. Der Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung bei einer Abtreibung wäre noch stärker eine Klassenfrage. Diese Volksabstimmung wurde glücklicherweise abgelehnt.

Die Abtreibungsgegner:innen sind international vernetzt…

Christliche Fundamentalist:innen, Rechtskonservative und Völkisch-Rechtsradikale versuchen weltweit, das Recht auf Abtreibung zu unterminieren. Besonders in den letzten zwei Jahren war in verschiedenen Ländern zu beobachten, wie unter dem Radar der öffentlichen Aufmerksamkeit rechtliche Einschränkungen durchgebracht wurden.

So wurde in Polen 2021 per gerichtlichem Präzedenzfall eine Handhabung geschaffen, mit der Abtreibungen nur noch nach Vergewaltigungen oder bei Lebensgefahr für die schwangere Person straffrei sind. Dies wird nun in der Praxis immer weiter verschärft, obwohl 2016 der feministische Black Protest noch ein gesetzliches Totalverbot von Abtreibungen verhindert hatte. Heute sind auch ukrainische Geflüchtete betroffen, die in Polen keine Schwangerschaften – nicht zuletzt infolge sexualisierter Kriegsgewalt – abbrechen dürfen.

In den US-Bundesstaaten Texas, Alabama und Arkansas wurde das Abtreibungsrecht im Jahr 2021 ebenfalls verschärft, in Texas hin bis zu einem totalen Verbot nach der 6. Schwangerschaftswoche. Und nun mit dem Entscheid des Supreme Court werden den Bundesstaaten gar keine Grenzen mehr zur Einschränkung des Abtreibungsrecht gesetzt – ein fatales Signal für alle Menschen mit Uterus und für die internationale Staatengemeinschaft, dass reaktionäre Politik auf dem Rechtsweg durchsetzbar ist.

Die Abtreibungsgegner:innen sind dabei über Landesgrenzen hinweg bestens vernetzt. So steht der mit der SVP verbandelte “Marsch fürs Läbe” mit gleichnamigen Vereinen in Deutschland, Portugal, Frankreich, Österreich und den USA in Kontakt. Das Netzwerk “Agenda Europe” war massgeblich am Gesetzesentwurf zum Verbot von Abtreibungen in Polen 2016 sowie am Gesetzesentwurf zur Verschärfung der Rechte im spanischen Staat 2014 beteiligt. 2013 gegründet, agiert das Netzwerk sowohl im Europaparlament als auch auf Länderebene durch seine Mitgliederorganisationen. Putinnahe Oligarchen, die heute den Krieg gegen die Ukraine unterstützen und sich gegen Frauen- und LGBTIQA-Rechte stellen, gehören ebenfalls zu den Financiers der europäischen Abtreibungsgegner:innen. Also nicht nur die SVP hat es sich zum Ziel gemacht, die Abtreibungsrechte zu verschärfen, Frauen die Rolle als Gebärmaschinen zuzuschreiben und die Rechte von Queers zu verschlechtern. Es ist deshalb wichtig, die SVP-Initiativen nicht als harmlose Spinnerei ewig Gestriger zu verstehen. Denn sie sind im internationalen Kontext vernetzter  Abtreibungsgegner:innen und patriarchaler Reaktion zu verorten.

… aber auch unser Kampf ist international!

Neben den stetigen Angriffen haben unsere Genoss:innen vielerorts aber bahnbrechende Erfolge erkämpft. So wurden Abtreibungen nach jahrzehntelangen feministischen Kämpfen zum Beispiel in Irland 2018, Argentinien 2020 und in Kolumbien diesen Februar (teilweise) legalisiert. Und das deutsche Parlament schaffte erst letzte Woche einen aus der Nazi-Zeit stammenden Paragrafen ab, der Ärtz:innen verbat, über Abtreibungsmöglichkeiten zu informieren.

Als linke, emanzipatorische Kräfte ist es für uns elementar, das Abtreibungsrecht zu verteidigen und jede Verschärfung zu bekämpfen. Doch wir wissen auch: Ein Gesetz bzw. Straffreiheit alleine reicht nicht aus, um unabhängig darüber entscheiden zu können, ob wir schwanger sein wollen oder nicht. Deshalb kämpfen wir auch hier weiter, unsere Forderung nach Selbstbestimmung hört nicht bei der Fristenlösung auf: Neben unserem Widerstand gegen die stetigen Angriffe auf das Abtreibungsrecht wie aktuell die beiden SVP-Initiativen führen wir den Kampf fort für Lebensbedingungen, die eine selbstbestimmte Entscheidung für oder gegen eine Schwangerschaft ermöglichen. “My body my choice” ist und bleibt eine feministische, antikapitalistische und antifaschistische Forderung!

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