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Trumps Sieg und die Herausforderungen für die Linke

Einen Monat nach Donald Trumps Wahlsieg steht dessen neue Regierung und deren Pläne grösstenteils fest. Die Linke steht damit weltweit vor massivsten Herausforderungen. Ashley Smith analysiert die Gründe hinter Trumps Wahlerfolgen und argumentiert, dass die Linke, die sozialen Bewegungen und die Gewerkschaften sich nicht auf die US-Demokrat:innen verlassen können. Stattdessen müssen wir uns gegen alle drohenden Angriffe zusammenschliessen, insbesondere Migrant:innen und Trans-Personen verteidigen und einen unabhängigen Widerstand aufbauen, der sich zu unseren Forderungen bekennt. (Red.)

von Ashley Smith; aus Tempest Magazine

In den letzten vier Jahren haben Joe Biden und seine gesalbte, aber unterlegene Nachfolgerin Kamala Harris versucht, den US-Kapitalismus zu erneuern und die Hegemonie der USA über das Weltsystem wiederherzustellen, insbesondere gegenüber China, aber auch gegenüber Russland und einer Reihe von Regionalmächten.

Ihr Programm liberaler Reformen im Inland ging nicht auf die wirtschaftlichen Missstände der ausgebeuteten und unterdrückten Mehrheit des Landes ein. Ihr Militarismus im Ausland, insbesondere ihre Zusammenarbeit mit Israel beim Völkermord im Gazastreifen, untergrub ihre Popularität weiter und rief bei palästinensischen, arabischen und muslimischen Menschen und ihren Unterstützer:innen Protest und Widerstand hervor.

Mit sozialen Bewegungen, Gewerkschaften, der Linken und reformorientierten Politiker:innen wie Bernie Sanders und Alexandria Ocasio-Cortez, die die Menschen zur Unterstützung von Harris aufriefen, konnte sich Trump als einzige Opposition zu den Demokrat:innen und dem erbärmlichen Status quo darstellen. Sein autoritärer Populismus zapfte die Unzufriedenheit mit Ungleichheit und Militarismus an und bot reaktionäre, bigotte Lösungen für die wahren Probleme der Menschen.

Das hat Trump zum Sieg verholfen, aber nicht durch einen Erdrutschsieg, wie Liberale und die Medien anfangs in Panik behaupteten. In Wirklichkeit hat er gewonnen, weil Harris Unterstützung im Vergleich zu Biden im Jahr 2020 um Millionen gesunken ist, insbesondere bei Arbeiter:innen, People of Color, Frauen und jungen Menschen, von denen einige zu Trump wechselten, während viele einfach zu Hause blieben.

Trumps Sieg bei den Volksabstimmungen war einer der knappsten in der Geschichte, und sein Sieg des Electoral College beruhte auf knappen Vorsprüngen in den sieben Swing States. Hinzu kommt, dass seine Mehrheit im Kongress nur eine Handvoll Sitze im Senat und im Repräsentantenhaus beträgt, und die meisten Menschen sein reaktionäres Programm nicht unterstützen.

Trump hat kein Mandat, wird aber dennoch eines beanspruchen. Und anders als 2016 hat er eine geeinte republikanische Partei sowie ein Kabinett, das aus loyalen Oligarch:innen, Fanatiker:innen, Gauner:innen, Spinner:innen, mutmasslichen Sexualstraftäter:innen und neokonservativen Falken besteht, die entschlossen sind ihr rechtsextremes Programm Projekt 2025 umzusetzen.

Angesichts dieser drohenden Gefahr können sich die Linke, die sozialen Bewegungen und die Gewerkschaften nicht auf die Demokrat:innen verlassen, die für Trumps Sieg verantwortlich sind. Stattdessen müssen wir uns gegen alle drohenden Angriffe zusammenschliessen, insbesondere Migrant:innen und Trans-Personen verteidigen und einen unabhängigen Widerstand aufbauen, der für unsere eigenen Forderungen kämpft.

Eine organische Krise des globalen Kapitalismus

Wie um alles in der Welt konnte Trump, einer der unbeliebtesten Präsidenten in der Geschichte der USA, eine weitere Amtszeit im höchsten Amt des Landes gewinnen? Jemand, der wegen Dutzenden von Straftaten verurteilt wurde und der einen rechtsextremen Aufstand anführte, um die Wahl 2020 zu kippen. Immerhin wurde Harris vom Grossteil der Kapitalistenklasse unterstützt, genoss die Unterstützung des parteiübergreifenden politischen Establishments und führte einen weitaus besser finanzierten und organisierten Wahlkampf als Trump.

Der Hauptgrund ist die tiefe organische Krise des Kapitalismus. Die Grosse Rezession leitete eine lange globale Flaute mit stagnierendem Wachstum und geringer Rentabilität ein, die die sozialen Ungleichheiten in der ganzen Welt vertieft hat. Hinzu kommen verschiedene andere Systemkrisen, von zwischenimperialer Rivalität bis hin zu regionalen Kriegen, globaler Erwärmung, Massenmigration und Pandemien.

Diese organische Krise hat die soziale Ordnung in den Vereinigten Staaten und fast allen anderen Ländern destabilisiert. Sie hat den Widerstand gegen das kapitalistische Establishment geschürt und beispiellose Wellen von Kämpfen ausgelöst, von denen die meisten tragisch verloren wurden. Und die Krise hat die politische Polarisierung nach links, aber – aufgrund unserer unzureichenden Infrastrukturen des Dissenses, der Schwäche der revolutionären Linken und der Unfähigkeit des Reformismus, etwas zu bewirken – vor allem nach rechts verstärkt.

In den Vereinigten Staaten hat die Mehrheit der Menschen in den letzten 15 Jahren in Folge gesagt, dass sich das Land in die falsche Richtung bewegt. In diesem Jahr wiederholten 65 Prozent der Wähler:innen diese Ansicht. Das Gleiche gilt für viele andere Nationalstaaten. Diese tiefe Unzufriedenheit hat zu einer noch nie dagewesenen Opposition gegen die an der Macht befindlichen Regime geführt, seien es rechtsgerichtete wie der brasilianische Jair Bolsonaro, die britische Conservative Party und Narendra Modis Bharatiya Janata Party oder etablierte wie Emmanuel Macrons Ensemble und die Demokrat:innen in den Vereinigten Staaten.

Tatsächlich berichtet die Financial Times, dass «die Amtsinhaber:innen in jedem einzelnen der zehn grossen Länder, die vom globalen Forschungsprojekt ParlGov beobachtet wurden und in denen 2024 nationale Wahlen stattfanden, von den Wähler:innen einen Tritt bekommen haben. Das ist das erste Mal, dass dies in den fast 120 Jahren der Aufzeichnungen passiert ist» .

Das Scheitern von «Bidenomics»

Während die Wurzel der Unzufriedenheit in der Bevölkerung ähnlich ist, ist jedes Land, wie Leo Tolstoi über Familien sagte, auf seine eigene Weise unglücklich. In den Vereinigten Staaten ist Harris Niederlage das direkte Ergebnis des Versagens von Joe Bidens imperialistischem Keynesianismus, den Adam Tooze als «MAGA für denkende Menschen» bezeichnet hat und der keine wirkliche Lösung für die organische Krise des Systems und die massive Ungleichheit bietet.

Wie das Buch The Internationalists von Alexander Ward dokumentiert, haben Biden und sein Beraterstab ihr neues Programm nicht als Reaktion auf Sanders und andere Reformer:innen in der Demokratischen Partei entwickelt, wie viele Linke fälschlicherweise behaupten. Stattdessen schufen sie es nach der Niederlage Hillary Clintons gegen Trump.

Um die rechte MAGA-Bedrohung zu neutralisieren, zielten sie darauf ab, Washingtons imperiale Vormachtstellung wiederherzustellen, indem sie seine Verbündeten für den Grossmachtkampf mit China und Russland zusammenbrachten, eine Industriepolitik mit Subventionen und Zöllen durchführten, um die US-Produktionsbasis, vor allem im Hightech-Bereich, zu sanieren, und milde liberale Reformen durchführten, um den Widerstand der Arbeiter:innen und Unterdrückten von unten zu kooptieren. Bidenomics ist an allen Fronten gescheitert.

Bidens Konjunkturpakete haben zwar das Wachstum wiederhergestellt, aber der grösste Teil des Nutzens kam der Kapitalistenklasse zugute. Währenddessen wurden das Kleinbürgertum, die Arbeiter:innenklasse und die Armen von der Inflation in allen Bereichen getroffen, von Lebensmitteln bis zu Wohnungen. Das Wall Street Journal berichtete: «Die vom Arbeitsministerium ermittelten Verbraucherpreise waren im September dieses Jahres fast 20 Prozent höher als im Januar 2021 – der stärkste Anstieg in einer einzigen Amtszeit seit den ersten vier Jahren von Ronald Reagan.»

Die liberalen Reformen der Regierung, die die soziale Ungleichheit beseitigen sollten, wurden durch den Widerstand des Kongresses blockiert, und diejenigen, die in Kraft gesetzt wurden, waren entweder unzureichend oder wurden, wie die Kindersteuergutschrift, nicht verlängert. Infolgedessen war Biden in den letzten beiden Jahren seiner Amtszeit für Sparmassnahmen zuständig.

Hinzu kommt, dass die Republikaner:innen den Anstieg der Migrant:innen an der Grenze ausnutzten, eine Tatsache, die zum grossen Teil durch die Klimakrise des globalen Kapitalismus, imperialistische Kriege und die Verarmung des globalen Südens verursacht wurde. Sie brachten Zehntausende von Migrant:innen in die Städte und Bundesstaaten der Demokrat:innen und zwangen diese Regierungen, Millionen für die Unterbringung und Versorgung verzweifelter Menschen zu zahlen, während sie für den Rest der multiethnischen Arbeiter:innenklasse wenig taten.

Die Republikaner:innen nutzten den vorhersehbaren Unmut aus, um Migrant:innen und die Demokrat:innen zu beschuldigen, angeblich nicht bereit zu sein, eine repressive Grenzpolitik durchzusetzen, obwohl Biden an der Südgrenze und in der gesamten Region brutal durchgriff. Infolge dieser wirtschaftlichen Missstände sanken Bidens Zustimmungswerte auf knapp 40 Prozent und blieben dort auch in den letzten drei Jahren seiner Präsidentschaft.

Bidens Wiederbehauptung der imperialen Vorherrschaft der USA lief kaum besser. Er stolperte mit seinem chaotischen Rückzug aus Afghanistan, der Washingtons längsten Krieg mit einer Niederlage und der Rückkehr der Taliban an die Macht in Kabul beendete. Er erholte sich, indem er die US-Verbündeten dazu brachte, die Ukraine gegen den Versuch des russischen Imperialismus zu unterstützen, einen Regimewechsel herbeizuführen und dem Land eine halbkoloniale Herrschaft aufzuerlegen.

Doch Biden verspielte diese Gewinne, indem er mit Israel in einem gemeinsamen völkermörderischen Krieg im Gazastreifen kollaborierte, der sich auf das Westjordanland, den Jemen, den Libanon und – am bedrohlichsten – auf den Iran ausgeweitet hat. Dabei haben die Vereinigten Staaten jeden glaubwürdigen Anspruch verloren, die so genannte regelbasierte internationale Ordnung zu verteidigen, als sie gegen die Resolutionen der Vereinten Nationen ihr Veto einlegten, sich dem Internationalen Strafgerichtshof widersetzten und gegen ihr eigenes Leahy-Gesetz verstiessen, das es verbietet, Ländern, die die Menschenrechte verletzen, ungestraft Hilfe zu gewähren.

In Wirklichkeit verwandelte Biden die Vereinigten Staaten in einen «revisionistischen Staat», der das durchführte, was Tooze als «kontrollierte Zerstörung der Ordnung nach dem Kalten Krieg in den 90er Jahren» bezeichnete. Statt die neoliberale Globalisierung zu beaufsichtigen, versuchte er, geopolitische, wirtschaftliche und militärische Allianzen zu schmieden, die auf einen Grossmachtwettbewerb mit China und Russland ausgerichtet sind.

Harris – bezahlte Agentin von Kapital und Imperium

Als senile Verkörperung des verachteten kapitalistischen Establishments war Biden schon vor seiner katastrophalen Debatte zur Niederlage gegen Trump verdammt. Danach führten die Geldgeber:innen und die Parteiführung einen Palastputsch durch, um Harris als ihre auserwählte, nicht gewählte, Kandidatin zu installieren.

Angesichts der hohen Missbilligungsquoten für ihre Regierung stand Harris vor einem entmutigenden und letztlich aussichtslosen Kampf gegen Trump. Sie und ihre Berater:innen sahen ihre beste Chance darin eine knappe Wahl zu gewinnen, als «fröhliche» Version von Biden zu kandidieren, seine Bilanz des imperialistischen Keynesianismus zu verteidigen, bescheidene Reformen für Arbeiter:innen und Unterdrückte anzubieten und sich, wohl wissend, dass dies ein wenig überzeugender Appell war, nach rechts zu wenden, um gemässigte Wechselwähler:innen zu gewinnen.

Das überparteiliche kapitalistische Establishment belohnte Harris, indem es 1 Milliarde Dollar in die Kriegskasse ihres Wahlkampfs steckte, zusätzlich zu den parteinahen Geldgeber:innen. Diese Summe war mehr als doppelt so hoch wie die der Trump-Kampagne, die sich auf eine Handvoll Oligarch:innen wie Elon Musk und ihre Geldgeber:innen verliess, um das Rennen um Geld knapp zu machen.

Gegen Ende des Wahlkampfs baute Harris ihren Spendenvorsprung aus und sammelte das Fünffache dessen, was Trump an Grossspenden in letzter Minute einbrachte. In der Tat festigte Harris den Anspruch der Demokrat:innen, die wichtigste Partei des US-Kapitalismus und Imperialismus und ein Bollwerk gegen Trump zu sein.

Als solche führte sie eine Mitte-Rechts-Kampagne. Sie versprach, «die stärkste, tödlichste Kampftruppe der Welt» aufrechtzuerhalten, griff Trump an, weil er ein republikanisches Anti-Migrantions-Gesetz blockiert hatte, rühmte ihre Leistungen als Staatsanwältin für Recht und Ordnung, kündigte an, dass sie als Waffenbesitzerin bereit sei, jeden zu erschiessen, der es wagt, in ihr Haus einzubrechen, und strich sogar die Ablehnung der Todesstrafe aus dem Parteiprogramm. Harris warb mit der Unterstützung einer Reihe von Neokonservativen, einschliesslich des Kriegsverbrechers Dick Cheney, und tourte mit dessen Tochter, der erzreaktionären Liz Cheney, durch die entscheidenden Wahlkreise.

Harris bot den Arbeiter:innen und den Unterdrückten wenig mehr als Steuererleichterungen für die Armen und Zuschüsse für Erstkäufe von Wohneigentum. Die einzige Ausnahme war ihr Versprechen, Roe v. Wade als Gesetz des Landes zu verankern, eine Reform, die die Demokrat:innen ablehnten, als sie das Weisse Haus und den Kongress kontrollierten, und die sie ohne grosse Mehrheiten in beiden Häusern des Kongresses kaum hätte durchsetzen können.

Sie spielte fast jedes Engagement für unterdrückte Gruppen, die von Trump ins Visier genommen wurden, herunter, insbesondere für Trans-Menschen. Und wenn sie Appelle an die Unterdrückten richtete, waren diese geradezu lächerlich, wie etwa das Versprechen an Schwarze, Gras zu legalisieren und ihnen Kredite für die Gründung von Krypto-Unternehmen zu geben.

Harris versprach, Bidens Projekt der Durchsetzung der US-Hegemonie gegenüber China und Russland fortzusetzen. Und in der Schlüsselfrage Palästina übernahm sie die Taktik ihres Chefs, Krokodilstränen über Israels Abschlachten der Menschen in Gaza zu weinen und einen Waffenstillstand zu fordern, während sie versprach, Tel Aviv zu finanzieren und zu bewaffnen, um den Völkermord fortzuführen.

Wie der Rest des imperialen Establishments blieb sie standhaft in ihrer gemeinsamen Verpflichtung, Israel als Washingtons Stellvertreter zu benutzen, um die so genannte «Achse des Widerstands» zu zerstören, von der Hamas bis zur Hisbollah, den Houthis und dem Iran, um sicherzustellen, dass die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten, nicht China und Russland, den Ölhahn des Nahen Ostens kontrollieren. Um dieses Ziel zu erreichen, war Harris Kampagne bereit, auf die Unterstützung von arabischen, palästinensischen und muslimischen Wähler:innen zu verzichten, auch in dem für die Wahl entscheidenden Bundesstaat Michigan.

Während sie acht Republikaner:innen:innen auf dem Parteitag ihrer Partei ein Podium bot, verweigerte Harris Palästinenser:innen einen Redebeitrag und besass die Frechheit und Ahnungslosigkeit, sich einer Kampagne der «Freude» zu rühmen, während ihre Regierung einen Völkermord durchführte. Sie setzte dem Ganzen noch eins drauf, indem sie Bill Clinton nach Michigan schickte, wo er Israels Massenschlachten als gerechten Krieg rechtfertigte.

Trumps autoritär-populistische Kampagne

Im Gegensatz dazu positionierte sich Trump als Anti-Establishment-Kandidat, der sich gegen die Demokratische Partei und die von ihr verteidigte erbärmliche Ordnung stellt. Nachdem er ein schwaches Feld von Vorwahlgegner:innen mit Leichtigkeit besiegt hatte, vereinte er die Republikanische Partei hinter seinem Projekt des autoritären Populismus und drängte das, was von den traditionellen Konservativen übriggeblieben war, an den Rand oder ganz aus der Partei heraus.

Dabei hat er die republikanische Partei in eine neue rechtsextreme Partei verwandelt, die von abtrünnigen Oligarchen wie Elon Musk und Peter Thiel unterstützt und finanziert wird und ihre Basis in den überwiegend weissen Teilen des Kleinbürgertums und der Arbeiter:innenklasse hat. Er hat ein Netzwerk von Denkfabriken und eine Reservearmee von rechtsgerichteten Politiker:innen, Ideolog:innen, Wahlkampfmanager:innen, Social-Media-Influencer:innen und Randgruppen-Prominenten aufgebaut.

Diese haben Trumps autoritärem Populismus programmatische Kohärenz verliehen, die am deutlichsten im Projekt 2025 zum Ausdruck kommt und im republikanischen Parteiprogramm zusammengefasst ist. Darin wird Trumps wirtschaftliche, soziale und imperiale Strategie in klaren Worten dargelegt.

Um das Wachstum anzukurbeln, versprach er die Einführung von Zöllen, Steuersenkungen für Unternehmen und Reiche und die Deregulierung der Wirtschaft, wobei er behauptete, dass die gestiegenen Gewinne des US-Kapitals nach unten durchsickern und das Los von Kleinunternehmen und der Arbeiter:innenklasse verbessern würden. All dies verband er mit einem reaktionären Sozialprogramm zur Wiederherstellung der Gesellschaftsordnung mit ihren unterdrückerischen Hierarchien von Nation, Ethnie und Geschlecht.

Im Rahmen dieses Projekts drohte er mit der massenhaften Abschiebung von Migrant:innen, einem Krieg gegen «Woke» und «Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion» sowie der Durchsetzung sogenannter traditioneller Familienwerte gegen die «Bedrohung» durch Feminist:innen und Trans-Aktivist:innen. Und natürlich schwor er, eine Hexenjagd gegen die Linke, insbesondere gegen Aktivist:innen der Palästina-Solidarität, zu starten.

Um «Amerika wieder gross zu machen», versprach Trump, die Macht der USA zu stärken, indem er sie aus endlosen Kriegen herauslöst, traditionelle Bündnisse auflöste und diese durch transaktionale Beziehungen zu allen Staaten, sowohl zu Verbündeten als auch zu erklärten Feinden, zu ersetzt. Ebenfalls möchte er die Militärausgaben erhöhen, um die Vereinigten Staaten auf Konfrontationen mit Grossmächten, einschliesslich eines Krieges mit China, vorzubereiten.

Als Meister der Effekthascherei verkaufte Trump dieses autoritär-populistische Programm, dessen Hauptnutzniesser:innen die Reichen wären, als Verteidigung «des kleinen Mannes» gegen die Washingtoner Elite.

Auf seinen Kundgebungen begeisterte er seine Anhänger:innen, vor allem nach dem Attentat, das ihm ein blutiges Ohr einbrachte, indem er sie in «Kampf, Kampf, Kampf»-Sprechchöre verwickelte und göttliche Erlösung forderte, um seine rechtsgerichtete Umgestaltung von Staat und Gesellschaft der USA zu vollenden. Und seine Werbekampagne verband Appelle an wirtschaftliche Missstände und Versprechen, ausländische Kriege zu beenden, mit der schlimmsten Bigotterie, die man sich vorstellen kann.

Diese giftige Mischung aus Ressentiments wurde am besten in einer Anzeige symbolisiert, die verkündete: «Harris ist für sie/ihn; Trump ist für dich». Diese transphobe Anzeige, die eine von vielen war, die Trumps Kampagne mit einem Kostenaufwand von 37 Millionen Dollar, also fast 20 Prozent ihres Gesamtbudgets, schaltete, griff die weit verbreiteten Beschwerden von Kleinunternehmen, Bauunternehmen und Teilen der Arbeiter:innenklasse gegen das Establishment auf und verband sie mit der Sündenbocksuche für eine unterdrückte Gruppe.

Aber Trump zeigte auch Anzeichen seines Alters und seiner geistigen Unfähigkeit, vor allem in der Debatte, die ihn wegen seiner rassistischen, grotesken und absurden Lügen, haitianische Migrant:innen würden in Springfield, Ohio, die Haustiere ihrer Nachbarn fressen, zum Gegenstand des öffentlichen Spotts machte. Darüber hinaus erschöpften seine endlosen, mäandernden Reden bei Kundgebungen selbst seine treuesten Anhänger, von denen viele die Veranstaltungen, einschliesslich des Republikanischen Nationalkongresses, verliessen, bevor er fertig war.

Trumps Auftritte erreichten ihren bizarren Höhepunkt bei einer Bürgerversammlung, als er sein Publikum zwang, seine Lieblingsplaylist zu hören, während er sich wiegte und lächelte. So seltsam Trump auch auftrat, er vergrösserte seine Basis, wie seine Kundgebung im Madison Square Garden zeigte. Es war zwar ein Karneval voller rassistischen und sexistischen Aussagen, aber er zog auch eine Schicht von People of Color an, die von Trumps Angriffen auf die Demokrat:innen wegen ihrer Kriegstreiberei und ihres Versagens, die wirtschaftlichen Bedingungen zu verbessern, angelockt wurden.

Die fehlende Linke

Die Linke hat es nicht geschafft, eine Alternative zu Harris und Trump vorzuschlagen, die die tiefe Opposition gegen beide hätte ausdrücken können. Es ist uns nicht gelungen, aus der grossen Welle des Kampfes von Occupy über die Red State Teachers Revolt, den Women’s March und Black Lives Matter eine unabhängige soziale Organisierung der Arbeiter:innenklasse oder eine neue Partei aufzubauen.

Stattdessen übernahm die Linke die Wahlkampfstrategie von Bernie Sanders innerhalb der Demokratischen Partei. Auf unterschiedliche Weise wurde argumentiert, Sozialisten könnten die Politik der Partei beeinflussen, sie in eine Partei der Arbeiter:innen umwandeln oder eine Ersatzpartei innerhalb der Partei aufbauen, um schliesslich einen schmutzigen Bruch zu inszenieren und eine neue Partei zu gründen.

All das endete in einer Katastrophe. Sanders und der Squad, mit der wichtigen Ausnahme von Rashida Tlaib, wurden bestenfalls als loyale Opposition zur Demokratischen Partei aufgenommen. Das schlimmste Beispiel für diese Degeneration war AOC, die von einer angeblichen sozialistischen Brandstifterin, die mit Sunrise gegen Nancy Pelosi protestierte, zu ihrer Unterstützerin wurde, sie als «Mama Bear» bezeichnete, Harris unterstützte und ohne den geringsten Beweis behauptete, Harris arbeite «unermüdlich» für einen Waffenstillstand in Israels völkermörderischem Krieg.

Die Folgen dieser Strategie für die progressiven und linken Bewegungen waren extrem. Die meisten Bewegungen zerfielen in Wahlkampagnen für die Demokratische Partei, konnten ihre Forderungen nicht durchsetzen und demobilisierten ihre Kämpfe.

Die Ausnahme war die Welle von Gewerkschaftsstreiks und die Palästina-Solidaritätsbewegung. Die Biden-Regierung hat die erste kooptiert und die zweite unterdrückt. Sie behauptete, für die Arbeitnehmer:innen zu sein, übte aber hinter den Kulissen Druck auf Beamte aus, um Abfindungen zu erhalten, zuletzt bei Boeing. Und sie brach den Streik der Eisenbahnarbeiter:innen.

Die Demokrat:innen haben nicht einmal versucht, die Palästina-Solidaritätsbewegung zu vereinnahmen. Biden, die Bürgermeister:innen der Demokratischen Partei und die liberalen Universitätsbosse versuchten, die Bewegung mit Nachrichtensperren, Versammlungsverboten und polizeilicher Unterdrückung zu zerschlagen.

Trotz dieser Tatsache hat die Linke zusammen mit den NGOs und dem Grossteil der Gewerkschaftsbürokratie alle Register gezogen, um für Harris zu werben. Während einige versuchten zu argumentieren, sie sei fortschrittlich (eine Behauptung, die nur haltbar ist, wenn man ihre Komplizenschaft mit dem Völkermord leugnet), recycelten die meisten das gleiche alte Argument des kleineren Übels, dass sie der letzte Schutzwall gegen den Faschismus sei.

Die Linke, die NGO-Bürokratie und die Gewerkschaften haben im letzten Jahr den Grossteil ihrer Zeit, ihres Geldes und ihrer Energie darauf verwendet, die Demokrat:innen in einem vergeblichen Versuch zu unterstützen, Trump zu besiegen, und nicht darauf, unseren Kampf für unsere Forderungen aufzubauen. Allein die Gewerkschaften haben schätzungsweise 43 Millionen Dollar allein für die Harris-Kampagne ausgegeben – und da sind noch nicht einmal all die bezahlten Organisatoren und ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen mitgezählt, die telefoniert, an Türen geklopft und Veranstaltungen organisiert haben, um die Menschen zu überzeugen, die Demokrat:innen zu wählen.

Natürlich schafften es verschiedene Kandidierende von Drittparteien in verschiedenen Bundesstaaten auf die Wahlzettel, aber keiner von ihnen ist in echten sozialen Kräften verwurzelt, und ihre Kampagnen konnten die Linke und die Volkskämpfe nicht mobilisieren. Die einzige partielle Ausnahme waren die palästinensischen, arabischen und muslimischen Stimmen für die Kandidatin der Grünen Partei, Jill Stein, in Michigan.

Der Funhouse-Spiegel

Infolgedessen war diese Wahl ein Spiegel des Volksbewusstseins, der die Menschen zwang, zwischen Harris aus der rechten Mitte und Trump von ganz rechts zu wählen. Es gab keine glaubwürdige linke Alternative auf dem Stimmzettel, die progressive Positionen in sozialen und wirtschaftlichen Fragen vertrat.

Trump hat keinen Erdrutschsieg errungen, wie die Medien zunächst berichteten. Er hat nicht einmal 50 Prozent der Stimmen erhalten. Stattdessen hat er einen sehr knappen Sieg über Harris in der Volksabstimmung und im Electoral College errungen, während die republikanische Partei ähnlich knappe Mehrheiten im Senat und im Repräsentantenhaus erlangt hatte.

Das allein zeigt, dass die Vereinigten Staaten kein rechtslastiges Land sind. Ebenso wie die Tatsache, dass die Wähler:innen in sieben von zehn Bundesstaaten Referenden zum Abtreibungsrecht angenommen und viele andere fortschrittliche Massnahmen im ganzen Land verabschiedet haben.

Aber ohne eine Linke, die solche Positionen vertritt, war die Wähler:innenschaft gezwungen, zwischen zwei schlechten Optionen zu wählen, einem kleineren Übel und einem grösseren. Diese «Wahl» war so unattraktiv, dass trotz einer Rekordsumme von 18 Milliarden Dollar, die für eine Wahl ausgegeben wurde, von der beide Parteien behaupteten, sie sei die wichtigste in der Geschichte, 36 Prozent der Wahlberechtigten nicht gewählt haben. Die meisten von ihnen waren Arbeiter:innen, Arme und überproportional People of Color.

Die beiden Kandidat:innen haben die 64 Prozent, die gewählt haben, in der Mitte gespalten. Im besten Fall hat Trump also die Unterstützung von etwas mehr als 33 Prozent der Wählerschaft, und viele von denen, die für ihn gestimmt haben, haben seine Politik nicht unterstützt, sondern ihn gewählt, weil er der einzige Gegner der Demokrat:innen war, die ihr Elend übersehen haben.

Ausschlaggebend für das Ergebnis war nicht ein massiver Anstieg von Trumps Stimmenanteil, sondern ein starker Rückgang von Harris’ Stimmenanteil im Vergleich zu Bidens Stimmenanteil im Jahr 2020. Sie erhielt 7 Millionen weniger Stimmen und erreichte in mindestens 36 Bundesstaaten ein niedrigeres Ergebnis als Biden. Ganze Teile der traditionellen Basis der Demokrat:innen blieben zu Hause, während einige für Trump stimmten. Harris erhielt weniger Stimmen von Arbeiter:innen, Frauen, Schwarzen, Latin@s und jungen Menschen als Biden im Jahr 2020 und Clinton im Jahr 2016.

Trump steigerte seine Gesamtzahl gegenüber 2020 um etwa 3 Millionen Stimmen, vor allem, weil er einen grösseren Teil seiner Basis unter den nicht traditionellen Wähler:innen für sich gewinnen konnte. Und entgegen der Behauptung, seine Wähler:innen seien sexistisch und rassistisch, verlor Trump im Vergleich zu 2016 und 2020 an Unterstützung bei weissen Männern und weissen Frauen.

Im Gegensatz dazu konnte er seine Stimmen vor allem bei den Latin@s, den schwarzen Männern und den 42 Prozent der jungen Wähler:innen ausbauen. Er gewann die überwiegend von Latin@s bewohnten Bezirke entlang der Grenze zwischen den USA und Mexiko in Texas.

Das Schlüsselthema, das den Ausschlag für die Wahl Trumps gab, war die Wirtschaft. «Am Wahltag», so berichtete die Washington Post, «sagten 68 Prozent der Wähler:innen, dass die Wirtschaft entweder ’nicht so gut‘ oder ’schlecht‘ sei, so die Exit Polls…. 75 Prozent gaben an, dass die Inflation für sie oder ihre Familien eine mässige oder schwere Herausforderung bedeutet.»

In den Umfragen am Ausgang der Wahl nannten 32 Prozent der Wähler:innen die Wirtschaft als wichtigstes Thema, und Trump erhielt 80 Prozent dieser Stimmen. Er gewann eine knappe Mehrheit der Wähler:innen aus Familien mit einem Einkommen unter 100.000 Dollar pro Jahr, während Harris die Mehrheit der Wähler:innen mit einem Einkommen über 100.000 Dollar gewann.

Harris erhielt 80 Prozent der Stimmen von den 34 Prozent, die Demokratie als ihr Hauptanliegen bezeichneten. Bei den beiden entscheidenden anderen Themen der Wahl gewann Trump 90 Prozent der 11 Prozent der Wähler:innen, die Einwanderung als ihr Hauptanliegen bezeichneten, während Harris bei den 11 Prozent, die Abtreibung nannten, offen gesagt unterdurchschnittlich abschnitt und nur 74 Prozent der Stimmen erhielt.

Das erklärt, warum Harris in Staaten wie Arizona und Nevada, die Abtreibungsreferenden verabschiedet haben, verloren hat. Offensichtlich haben die Menschen ihre Stimmen aufgeteilt, indem sie für Abtreibungsrechte, aber auch für Trump gestimmt haben. Dies ist zum Teil das Ergebnis seiner Entscheidung, das Thema herunterzuspielen und zu versprechen, sich gegen ein nationales Verbot zu stellen, aber auch ein Hinweis darauf, dass eine grosse Zahl von Menschen für reproduktive Rechte gestimmt und Harris abgelehnt hat.

Trump hat also eine sehr knappe Wahl gewonnen, bei der es um seine Signalthemen Wirtschaft und Einwanderung ging. Er hat zwar seine Basis erweitert, aber nur knapp, und er hat sicherlich keine neue multiethnische Koalition der Arbeiter:innenklasse geschmiedet.

Verleugnung, Wunschdenken, Schuldzuweisungen und Scham

Trumps Niederlage gegen Harris hat Liberale und Linke auf die Suche nach Antworten geschickt. Einige sollten sofort als ahnungslose Leugnung abgetan werden, wie etwa die Behauptung, Harris unterlegene Kampagne sei «makellos geführt» worden.

Die verschiedenen «hätte, würde, sollte»-Argumente sind ebenso wenig überzeugend. Behauptungen, dass eine Vorwahl eine bessere Wahl hätte hervorbringen können, sind einfach nicht glaubwürdig. Denken Sie daran, dass Clinton und Biden die Sieger:innen der letzten beiden Vorwahlen waren, und sie waren gelinde gesagt erbärmlich. Die erste verlor 2016 gegen Trump und die zweite gewann, aber nur, um die Austerität zu überwachen und einen Völkermord durchzuführen.

Darüber hinaus sind Argumente, dass die Demokrat:innen Sanders oder eine ähnliche Alternative hätten aufstellen sollen und dann gewonnen hätten, ebenfalls nicht plausibel. In Wirklichkeit hätten das Establishment der Demokratischen Partei und ihre kapitalistischen Geldgeber:innen dies nicht zugelassen.

Sie haben sich zusammengeschlossen, um Sanders 2016 zu blockieren und ihn 2020 zu schlagen. Es gibt keine Garantie, dass er besser abgeschnitten hätte als Harris. Sie hat in diesem Jahr in seinem Heimatstaat Vermont sogar mehr Stimmen erhalten als Sanders.

Die Wahrheit ist, dass die Demokrat:innen aus offensichtlichen Gründen schlecht abgeschnitten haben. Sie waren die etablierte Partei, die eine miserable Wirtschaft im Inland beaufsichtigte und sich im Ausland in Kriege stürzte. Diese unsympathische Bilanz erklärt die landesweite Verschiebung hin zu Trump und der republikanischen Partei.

Wir müssen auch die verschiedenen liberalen Kommentator:innen widerlegen, die aus Trumps Sieg den Schluss gezogen haben, dass das Land unrettbar rechts ist. Diese Ablehnung der Hälfte der Wählerschaft als unverbesserlich reaktionär erinnert an Hillary Clintons Verunglimpfung der Trump-Wähler:innen als «Korb von Bedauernswerten» und Bidens Bezeichnung als «Müll».

Das schlimmste Beispiel für dieses Argument stammt aus der Feder von Elie Mystal in The Nation. Er führte den Chor der Beschuldigten und Beschämten an und argumentierte sadistisch, dass die Menschen, die für Trump gestimmt haben, die von Trump geplanten Angriffe «verdienen».

Dieser Snobismus und Sadismus der liberalen Eliten verrät, dass sie sich von den erbärmlichen Bedingungen, unter denen die Arbeiter:innen in unserer Gesellschaft leben, abschotten. Sie können nicht erklären, warum 36 Prozent der überwiegend aus der Arbeiter:innenklasse stammenden Menschen und unverhältnismässig viele People of Color nicht gewählt haben, warum Menschen mit einem Einkommen von weniger als 100.000 Dollar zu Trump tendierten und vor allem, warum Harris Unterstützung durch unterdrückte Gruppen tatsächlich abnahm.

Es besteht kein Zweifel daran, dass Trumps Bigotterie einen Teil seiner Wähler:innen ansprach, aber wie Keeanga-Yamahtta Taylor abschliessend erklärte, war der Hauptgrund für den Anstieg seiner Stimmen und den Rückgang der von Harris, das Versagen der Biden-Regierung, das wirtschaftliche Los der Menschen zu verbessern, und Trumps Behauptung, er könne das. Die Krisen des Kapitalismus und die Unfähigkeit der Demokrat:innen, sie anzugehen, sind schuld an Trumps Sieg, nicht die Wählerschaft.

Die rechte Seite der Demokratischen Partei bringt eine noch verderblichere Version dieses Arguments vor. Sie wirft Harris vor, eine «woke» Kampagne geführt zu haben, die angeblich bigotte Wähler:innen verprellt habe. In Wirklichkeit hat sie einen Anti-Woke-Wahlkampf geführt, der es eifrig vermieden hat, sich Trumps Bigotterie entgegenzustellen, vor allem gegenüber Trans-Personen, der sich an die Rechte und die sogenannten «Gemässigten» anbiederte und der Anti-Migrations-Gesetzgebung, Polizeiarbeit nach Recht und Ordnung und Militarismus propagierte.

Damit hat sie den Kontrast zwischen ihren und Trumps Positionen verwischt, anstatt sie zu differenzieren. Wenn sich die Demokrat:innen weiter in diese Richtung bewegen, wie es einige von der Parteispitze fordern, dann werden sie Trumps Bigotterie weiter festigen, anstatt sie herauszufordern.

Liebe Demokrat:innen, bitte…

Die reformorientierte Linke, ebenfalls erschüttert von den Wahlen, hat den Demokrat:innen im Wesentlichen verzweifelte Ratschläge gegeben, in der Hoffnung, dass diese sie annehmen.

Sie kritisieren Harris zu Recht dafür, dass sie ihre so genannte Basis im Stich liess und sich der Rechten anbiederte, um gemässigte Stimmen in den Vorstädten zu gewinnen. Die schärfste Kritik kam von Bernie Sanders, der Harris vorwarf, den Arbeiter:innen nichts zu bieten, und argumentierte, dass die Demokrat:innen nicht überrascht sein sollten, dass die weissen Arbeiter:innen sie in der Vergangenheit für Trump verlassen hat und dass viele schwarze und lateinamerikanische Arbeiter:innen 2024 dasselbe getan haben.

Ein solch bitteres Urteil ist jedoch seltsam, wenn es von Sanders kommt, der sagte, dass Biden «der fortschrittlichste Präsident seit FDR» werden könnte, der seine Regierung während der Wahl für die Durchführung grosser Reformen für die Arbeiter:innen lobte und aggressiv für Kamala Harris warb, indem er sie eine «Progressive» nannte. Unabhängig davon ist Sanders Diagnose der Wahl ungenau, seine Charakterisierung der Vergangenheit der Demokratischen Partei unhaltbar und seine Erwartung, dass ihre Geldgeber:innen und die Parteibürokratie seine Strategie übernehmen würden, unrealistisch.

Denken Sie daran, dass Trump kaum eine Mehrheit der Wähler:innen mit einem Einkommen von weniger als 100.000 Dollar für sich gewinnen konnte und 36 Prozent der Menschen, vor allem aus der Arbeiter:innenklasse, nicht zur Wahl gingen. Er gewann bestenfalls eine signifikante Minderheit der Wähler:innen der Arbeiter:innenklasse. Ausserdem gewann Harris 54 Prozent der Gewerkschaftsstimmen, etwas mehr als Biden im Jahr 2020. Es ist also falsch zu behaupten, die multiethnische Arbeiter:innenklasse sei zu Trump übergelaufen.

Die Behauptung, die Demokrat:innen hätten die Arbeiter:innen «im Stich gelassen», ist ebenfalls unwahr. Als kapitalistische Partei haben sie nie die Arbeiter:innen vertreten, sondern nur an uns um Stimmen appelliert. Sie hat nur dann Reformen durchgeführt, die den Arbeiter:innen und Unterdrückten zugutekamen, wenn sie in den 1930er und 1960er Jahren mit Massenaufständen von unten konfrontiert wurde, und das auch nur, um diesen Widerstand zu kooptieren und die bestehende kapitalistische Ordnung zu erhalten.

Schliesslich ist es bestenfalls naiv zu erwarten, dass die Demokratische Partei den Rat von Sanders annimmt und radikale Reformen im Interesse der Arbeiter:innen anbietet, ohne dass es eine Massenopposition von unten gibt. Wie Senator Chris Murphy twitterte: «Wenn Progressive wie Bernie Sanders aggressiv gegen die Eliten vorgehen, die die Menschen unten halten, werden sie als gefährliche Populisten gemieden. Und warum? Vielleicht, weil echter Wirtschaftspopulismus schlecht für unsere einkommensstarke Basis ist.»

Reformierte Linke, darunter auch Sanders, haben sich dem liberalen Establishment angeschlossen, um die Identitätspolitik der Klassenpolitik entgegenzusetzen. Sanders warnte, dass die Demokrat:innen «ihren Hut nicht an die Identitätspolitik hängen können», und Dustin Guastella hat wiederholt argumentiert, dass sich die Demokrat:innen und die Linke im Allgemeinen auf Klassenfragen konzentrieren und Fragen der Unterdrückung herunterspielen müssen.

Dies ist eine katastrophale Antwort auf die von Trump ausgehende Bedrohung. Er zielt darauf ab, die Arbeiter:innen zu spalten und zu erobern, indem er unterdrückte Gruppen in unserer Klasse ins Visier nimmt. Es ist also ein Fehler, den Widerstand gegen Unterdrückung zu vernachlässigen. Er muss bekämpft werden, um die Arbeiter:innen gegen unseren gemeinsamen Feind zu vereinen.

Ausserdem ist es falsch, wirtschaftliche Forderungen und Forderungen nach Unterdrückung einander gegenüberzustellen. Schwangerschaftsabbrüche kosten Geld. Geschlechtsangleichende Behandlungen kosten Geld. Sexismus am Arbeitsplatz senkt die Löhne von Frauen. Rassismus hat die gleichen Auswirkungen auf People of Color.

Und am offensichtlichsten ist, dass die Kriminalisierung von migrantischen Arbeiter:innen dazu führt, dass diese nicht nur Nicht-Staatsbürger:innen zweiter Klasse wären, sondern auch niedrige Löhne, keine Sozialleistungen und keine Rechtsmittel im Zivil- oder Arbeitsrecht erhielten. Und dieses niedrige Lohnniveau wird dazu benutzt, die Löhne aller Arbeiter:innen zu drücken. Der alte Arbeitsslogan «Was einem schadet, schadet allen» hat die gegenseitige Durchdringung von Ausbeutung und Unterdrückung erkannt und sollte heute mehr denn je der Nordstern der Linken sein.

Schliesslich haben die Demokrat:innen ihren Hut nur symbolisch an die Identitätspolitik gehängt. In Wirklichkeit können sie aufgrund ihres kapitalistischen Charakters weder soziale Unterdrückung noch Klassenausbeutung ernsthaft bekämpfen. Tatsächlich sind sie Agenten zur Aufrechterhaltung des Systems, das sich auf beides stützt, wie ihre jahrzehntelange Bilanz der Grenzpolitik und der Massenabschiebung von Migrant:innen beweist.

Appelle an die Demokrat:innen, ein Klassenprogramm zu verabschieden und voranzutreiben, sind Wunschdenken, das die Illusion sät, dass die Demokratische Partei das Vehikel für die Linke sein kann und sollte, um ihre Forderungen durchzusetzen. Sie ist es nicht und wird es nie sein.


Übersetzung durch die Redaktion

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