Vor dem Superheldenfilm „Marvel’s Black Panther“ im Kino Abaton in Zürich wurden zwei Trailer gezeigt. Der eine für „Avengers: Infinity War“ (ebenfalls von Marvel), der andere für „Solo: A Star Wars Story“. Sowohl das „Marvel Cinematic Universe“, wie auch die „Star Wars“-Reihe gehören zu den kommerziell erfolgreichsten Film-Franchises und Merchandise-Marken aller Zeiten. Beide sind in Besitz der Walt Disney Company. Daneben besitzt Disney den Animationsfilm-Pionier Pixar mit Marken wie „Cars“, welche einen immensen Absatzmarkt im Bereich Kinderfilme, vor allem aber bei Spielzeugen und Kinderbekleidung bedienen. Vor kurzem verkündete Disney ausserdem die Übernahme von 20th Century Fox, einer der grössten Produktionsfirmen im Film- und Fernsehbereich. Damit festigt die Walt Disney Company ihre fast schon monopolartige Vormachtstellung in der Entertainment-Branche. Daneben führt Disney verschiedene Freizeitparks, welche ebenfalls immense Gewinne einspielen. Die Mitarbeiter*innen des Konzerns sehen davon jedoch wenig. Anfang März 2018 demonstrierten die Angestellten des kalifornischen „Disney Land Resort“ und fordern einen „existenzsichernden Lohn“.
von Elyas Berg (BFS Zürich)
Wem nützt die „Diversity“ in Actionfilmen?
Zurzeit läuft gerade der viel diskutierte Actionfilm „Black Panther“ im Kino. Der erste kommerzielle Superheldenfilm mit einer schwarzen Hauptfigur. Auch fast alle Nebendarsteller*innen, wie auch der Regisseur, die Drehbuchautoren und der Produzent des Titelsongs, Rapper Kendrick Lamar, sind dunkelhäutig.
Der Film ist Ausdruck einer Veränderung in der Unterhaltungsindustrie. Gerade für dunkelhäutige Kinder hat ein solcher Film bestimmt eine grosse Bedeutung. Auch die Handlung hat politisch durchaus spannende Aspekte. So will beispielsweise der Black Panthers Widersacher Killmonger die fortschrittliche Technologie des fiktiven afrikanischen Landes „Wakanda“ dazu nutzen, dass sich Schwarze auf der ganzen Welt von ihren Unterdrückern befreien können. Die Internetseite Klasse gegen Klasse hat eine längere Kritik zum Film verfasst. Sie kommen zum Schluss: „Black Panther aus dem Marvel Cinematic Universe ist nicht nur ein Film über einen schwarzen Superhelden. Es ist auch ein Film mit starken Women of Colour und einer klar empowernden Absicht. Dennoch verherrlicht er die kapitalistische Welt. Unter den Black Panthers hätte es in Wakanda keinen König gegeben!“.
Das Ajour Magazin beschäftigt sich in einem vor Kurzem erschienen Artikel noch vertiefter mit der Entwicklung in der Film- und Fernsehbranche hin zu „Diversity“ (auch bezüglich weiblicher Heldinnen, beispielsweise in den neuen „Star Wars“-Filmen). Auf die Frage, ob das plötzliche Einkehren des Diversity-Konzepts in Hollywood als positiv gewertet werden kann oder nicht, soll an dieser Stelle gar nicht nachgegangen werden. Eines steht nämlich ausser Frage: solche Actionfilme bringen Geld ein. Im Falle von „Black Panther“ und „Star Wars“ sehr viel Geld. Je mehr Leute sich von den Filmen angesprochen fühlen (auch durch das Diversity-Konzept) desto besser. Besser für wen? In diesem Fall für die Walt Disney Company und deren Aktionär*innen.
Von klein bis gross – alle kaufen Disney-Produkte
Die Marvel-, wie auch die „Star Wars“-Filme spielen beide in einem grösseren Universum und sind Teile einer Reihe mit wiederkehrenden Charakteren und einem fortlaufenden Handlungsverlauf. 2009 wurde Marvel Comics für 4 Milliarden US-Dollars von Disney aufgekauft. Seitdem veröffentlicht Disney jährlich 2-3 Filme, welche im „Marvel Cinematic Universe“ spielen, jeder von ihnen ein Blockbuster. Durch die wiederkehrenden Charaktere und die fortlaufende Handlung sind die Filme Erfolgsgaranten. Der erfolgreichste von ihnen „Marvel’s The Avengers“ spielte 2012 weltweit über 1.5 Milliarden US-Dollars ein.
2012 kaufte sich Disney mit der Übernahme von Lucasfilm Ltd. für nochmals gut 4 Milliarden US-Dollar eine weitere Franchise-Marke, welche sie seitdem mit einem ähnlichen Konzept vermarktet: „Star Wars“. Der erste „Star Wars“-Film wurde 1977 veröffentlicht. Bis zum Verkauf an Disney wurden damit über 37 Milliarden US-Dollars verdient. Den grössten Teil davon durch Spielzeuge und andere Merchandise-Produkte. Doch auch 40 Jahre später kennt jedes Kind (und auch alle Erwachsenen) „Star Wars“. Von LEGO’s über Cornflakes bis T-Shirts und Kinderbücher: Die Marke ist allgegenwärtig. In Zürich lief der Film „Star Wars: The Force Awakens“ 2015 beispielsweise in gut jedem dritten Kinosaal. Mit einem Einspielergebnis von 2.1 Milliarden US-Dollars übertraf Disney damit sogar noch den erfolgreichsten Marvel-Film „The Avengers“.
Doch auch bei kleineren Kindern ist Disney sehr präsent. 2006 kaufte Disney die Animations-Produktionsfirma Pixar auf. Dem folgte beispielsweise die Veröffentlichung der Animationsfilme „Cars“ und dessen Fortsetzung „Cars 2“. Sie spielten zusammen gut eine Milliarde US-Dollar ein. Etwas eindrücklicher sind allerdings die Gewinne aus Merchandise-Verkäufen zu den Filmen: Über 10 Milliarden US-Dollar. Gefühlt jedes zweite Kleinkind besitzt unzählige überteuerte „Cars“-Produkte. Von Spielzeugautos über T-Shirts, Unterhosen, Socken bis zu Zahnbürsten oder Trinkflaschen. Die andere, weibliche Hälfte läuft in „Frozen“-Kleidern rum. Der Film über die Eiskönigin wurde ebenfalls von Disney produziert und gehört zu den finanziell erfolgreichsten Merchandise-Marken für Kinder aller Zeiten.
Das Wachstum muss auch bei Disney weitergehen
Walt Disney gibt sich natürlich noch nicht zufrieden, ganz nach kapitalistischer Wachstumslogik. Ende 2017 übernahmen sie für 56 Milliarden US-Dollars einen grossen Teil des Traditionsstudios 20th Century Fox. Damit gehören ihnen weitere erfolgreiche Franchise-Marken wie „X-Men“, „Avatar“ oder „The Simpsons“. Disney setzt damit einen Trend fort, welcher in der ganzen Film- und Fernsehbranche zu beobachten ist: Auf altbewährtes Material setzen und dieses bis zum Gehtnichtmehr ausschlachten. Neue originale Geschichten sind kaum noch gefragt. Warum auch, wenn alle paar Monate ein „Star Wars“, „Marvel“, „Pixar“ oder „Avatar“-Film rausgebracht werden kann. Mit Erfolgsgarantie in Milliardenhöhe.
Andere Filmproduktionsfirmen, wie beispielweise Warner Bros. oder Universal Pictures setzten auf ähnliche Strategien. Filmserien wie „Harry Potter“ oder „Fast and the Furious“ werden bis ins Unendliche weitergezogen. Einige kleinere Player, wie beispielsweise der Streaming-Service Netflix, probieren dem etwas entgegen zu setzen. Netflix setzt erfolgreich auf neue einfallsreiche und originale Eigenproduktionen. Doch Disney hat auch auf diesem Gebiet schon Pläne in petto. Disney plant einen eigenen Streaming-Dienst zu lancieren und will Netflix die Lizenz für sämtliche Disney-Marken (inkl. 20th Century Fox, Pixar etc.) entziehen.
Alles in allem fährt Disney finanziell eine äusserst erfolgreiche Strategie. 2017 verzeichneten sie (unter anderen auch wegen der Steuerreform von Trump) einen Gewinn von 4.4 Milliarden US-Dollar.
Das wahre Gesicht des Disney-Konzerns
In der Handlung von „Black Panther“ gibt sich Disney relativ gesellschaftskritisch. Die Unterdrückung und Ausbeutung von Schwarzen in den USA oder die Flüchtlingspolitik vieler Länder wird beispielsweise kritisiert. Am Ende des Films setzt der König von Wakanda die technischen und finanziellen Mittel dazu ein, Community-Centers für die Armen in den US-Ghettos aufzubauen und weltweite Entwicklungs- und Flüchtlingshilfsprogramme zu unterstützen. Doch wie sieht es in Wirklichkeit aus? Selbstverständlich ist das Gegenteil der Fall. Auch die Walt Disney Company wirtschaftet nach knallharter kapitalistischer Profitlogik.
Dass die Mitarbeiter*innen kaum etwas von den horrenden Gewinnsummen sehen, ist keine Überraschung. Eine Gruppe von Arbeiter*innen des kalifornischen Disneyland Resort demonstrierte Anfang März 2018 vor dem Shareholder-Treffen der Walt Disney Company unter dem Slogan #stopdisneypoverty. Die involvierten Gewerkschaften veröffentlichten zuvor eine Umfrage, welche besagt dass 73% der gut 30’000 Arbeiter*innen im Disneyland Resort nicht genug verdienen würden, um für existenzsichernde Güter, wie Lebensmittel, Benzin oder Miete aufzukommen. Eine Angestellte berichtet beispielsweise, dass sie seit kurzem obdachlos ist, weil ihr der Disney-Konzern nicht genügend Lohn zahlt, um für ihre Miete aufzukommen (siehe Twitter-Video). Die Gewerkschaften fordern einen Mindestlohn von 15 US-Dollars pro Stunde. Disney zeigt sich bisher jedoch uneinsichtig.
Dieser Gegensatz von Gewinnen in unvorstellbaren Summen und der fehlenden Bereitschaft den Mitarbeiter*innen wenigstens einen existenzsichernden Lohn zu zahlen, entlarvt einmal mehr die Unmenschlichkeit der kapitalistischen Wirtschaftsordnung. Denn Disney ist kein Einzelfall. Ähnliche Zustände sind selbstverständlich auch bei anderen Konzernen der Unterhaltungsindustrie, wie auch in allen anderen Branchen, zu beobachten.