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Judas and the Black Messiah: Ein Film über Fred Hampton

Im Februar 2021 erschien der Film «Judas and the Black Messiah». Er handelt von Fred Hampton, dem Vorsitzenden der Black Panther Party (Panthers) in Chicago. Gerade weil der Film neu ist, aber in den 1960er-Jahren spielt, und weil viele Probleme im Zusammenhang mit Polizei und Rassismus in den USA seit Jahrzehnten nicht ernsthaft gelöst werden, ist der Film enorm brisant.

von Bruno Brooklyn und Theo Vanzetti (BFS Zürich)

Spoilerwarnung: Wir weisen darauf hin, dass im Folgenden die Handlung rund um Fred Hamptons wahre Geschichte wiedergegeben wird.

Es ist Sommer 2020. Wir sehen auf den sozialen Medien eines Bekannten aus Chicago einen Schnappschuss von einer BlackLivesMatter-Demonstration. Jemand in der Demo hält eine Pancarta mit dem Spruch «Bad cops kill. ‘Good’ cops watch.» (siehe Bild) hoch. Treffender könnte man den rassistischen Charakter der US-amerikanischen Polizei und insbesondere des Chicago Police Departments wohl kaum zusammenfassen. Egal ob Stadtpolizei oder FBI, alle haben Wurzeln in einem Staatswesen, welches von weissen Amerikaner:innen und für die Interessen der bis heute überwiegend weissen Bourgeoisie der Vereinigten Staaten einsteht. Die Funktion, diese Interessen zu verteidigen, nimmt die Polizei bis heute ein, was uns 2020 erneut auf tragische Art und Weise aufgezeigt wurde. Rest in Power George Floyd, Breonna Taylor und alle anderen von der Polizei Ermordeten!

«Böse Bullen töten. ‘Nette’ Bullen schauen zu.»
Mickey Roche, Chicago, 2020.

Fred Hampton starb 1969 im Alter von gerade einmal 21 Jahren. Aber bereits damals war er in der Chicagoer-Westside so etwas wie ein Volksheld. Die im Filmtitel angetönte biblische Analogie des Messias, welcher von Judas verraten wird, ist keine Übertreibung. Der Protagonist des Films ist nicht Hampton – der Messias –, sondern William O’Neal, welchem die Rolle des Judas zufällt. O’Neal, ein FBI Spitzel, schafft es, Teil von Hamptons innerstem Kreis von Vertrauten zu werden und liefert ihn aus. Dies endet damit, dass Hampton vom FBI im Schlaf ermordet wird.

O’Neal, ein gerissener Autodieb, wird am Anfang der Handlung bei seiner nicht ganz legalen Arbeit erwischt und vom FBI verhört. Der FBI-Agent erpresst ihn. Entweder blüht ihm jahrelang Knast oder er spioniert für die Polizei. Darauffolgend erzählt der Film, wie O’Neal nach und nach das Vertrauen der Panthers gewinnt, bis er schliesslich zu Hamptons Sicherheitschef aufsteigt. Bis zum Schluss bleibt er als Verräter unentdeckt.

Neben den wichtigen Informationen über Hamptons tragischen Tod ist der Film durchaus auch inspirierend. Der enthusiastische Hampton schafft es zum Beispiel, mit der sogenannten Rainbow Coalition Rassismus zu überwinden. Er verbündet sich nicht nur mit den puerto-ricanischen Young Lords gegen die Polizei, sondern auch mit armen Weissen, welche anfangs des Films noch mit der konföderierten Flagge zu sehen sind. Leider stellt der Film nicht dar, inwiefern Hampton den jahrhundertealten Rassismus innerhalb der bewegten 1960er-Jahre wirklich zum Wackeln brachte, oder ob es sich bei der Rainbow Coalition eher um ein Zweckbündnis gegen den Staat handelte.

Vor allem Hamptons fesselnde Rhetorik hielt uns vor dem Bildschirm im Bann. Man kann sich vorstellen, wie das damals vor Ort gewesen sein muss. Doch man sollte die Panthers nicht einfach über den grünen Klee loben. So stellt der Film auch die fragwürdigen Erziehungsmethoden in Parteischulen (Kinder politische Parolen repetitiv nachsprechen lassen) und den befremdenden Anführerkult («Chairman Fred! Chairman Fred!») dar. Doch im grossen Ganzen bleibt zu sagen, dass die Panthers extrem Vieles taten, was der Staat sträflich vernachlässigte und teils bis heute nicht tut: Verhindern, dass Kinder hungern müssen, die eigene Community gegen die mörderische Polizei verteidigen und allgemein den nicht weissen oder allgemein armen Einwohner:innen Chicagos eine Perspektive der Selbstermächtigung aufzeigen.

Die eingangs erwähnte Parole, dass angeblich nette Bullen ihren Kolleg:innen beim Töten zusehen, trifft auch auf den FBI-Agenten zu, welcher O’Neal erpresst und beauftragt. Er versucht ihm immer wieder einzureden, dass man ja auch beim FBI für eine USA frei von Rassismus sei, dies aber nicht mit der Waffengewalt der Panthers zu erreichen sei. Er geht sogar so weit, die Panthers mit dem Ku-Klux-Klan gleichzusetzen, ganz im Sinn der bürgerlichen Extremismustheorie. Ob der weisse FBI-Agent diesen Blödsinn selbst glaubt oder nicht, spielt eigentlich gar keine Rolle. Er ist ein Schreibtischtäter, welcher den ‘good cop’ zum Besten gibt und kein Problem damit zu haben scheint, dass Hampton sowie weitere Panthers vom FBI kaltblütig ermordet werden.

Diesen Film sollte man unbedingt schauen. Er ist aber nichts für schwache Nerven, da er äusserst brutal ist, genauso wie die wahre Geschichte um Hampton und O’Neal. Nachdem – für unseren Geschmack zu bildhaft – dargestellt wurde, wie Hampton ermordet wird, endet der Film mit folgender Bemerkung: O’Neal hat Anfang 1990er-Jahre sein Schweigen gebrochen und ein Interview gegeben. Nachdem dieses im Fernsehen ausgestrahlt wurde, nahm er sich selbst das Leben.

Judas and the Black Messiah (2021)
Regie: Shaka King
Drehbuch: Shaka King und Will Berson

Ebenfalls sehr spannend ist Judas and the Black Messiah: The Inspired Album. Unter anderem hörbar auf Spotify.

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