In seiner letzten Session hat der Nationalrat das neue CO2-Gesetz angenommen. Alle Parteien bis auf die SVP haben ihre Unterstützung dafür ausgesprochen. Am Freitag, 2. Oktober erklärte die Klimastreikbewegung einiger Kantone (insbesondere in der Romandie) ihre Absicht, das Referendum gegen das neue Gesetz zu lancieren. Die Bewegung für den Sozialismus (BFS/MPS) unterstützt das Referendum. Nachfolgend drei gute Gründe für das Referendum gegen das CO2-Gesetz. (Red.)
von BFS Tessin
Erneut werden nicht diejenigen bezahlen, welche für die Klimakrise verantwortlich sind
Wie so häufig in den letzten Jahren sind die Hauptverantwortlichen für die Umweltbelastung durch das neue CO2-Gesetz nur am Rande betroffen. Wir beziehen uns hingegen auf jene, die mit ihren Entscheidungen die Entwicklung der Umweltbelastung und somit die globale Erderwärmung massgeblich bestimmen: die Grossunternehmen, die Banken, die multinationalen Konzerne, die grossen Handelsgesellschaften.
Nehmen wir die Banken und beginnen mit der Schweizerischen Nationalbank (SNB), welche eigentlich mit gutem Beispiel vorangehen sollte. Nun, die Investitionen der SNB sind für 43,3 Tonnen an CO2-Emissionen verantwortlich, was nahezu dem gesamten jährlichen CO2-Ausstoss der Schweiz entspricht. Auch nicht besser sind da die Credit Suisse (die in den letzten vier Jahren 75 Milliarden Euro an die Industrie für fossile Brennstoffe verliehen hat) und die UBS, die ihre Investitionen in Kohle im letzten Jahr um das Neunfache erhöht hat. Und was soll man bloss zur Tessiner Kantonalbank sagen, die sich wesentlich in der Finanzierung von Förderung und Handel mit Rohstoffen betätigt, einem Kernelement der ökologischen Krise, in der wir leben.
In Kürze: Der Schweizer Finanzplatz verursacht mit seinen Investitionen in bestimmten Sektoren mehr als 20-mal so viel CO2-Emissionen wie die Gesamtbevölkerung des Landes.
Ein Gesetz, welches die Kosten auf die Bevölkerung abwälzt
Das neue CO2-Gesetz hat nach einer inzwischen vorherrschenden Auffassung, bei welcher der ganze Fokus auf der sogenannten «individuellen Verantwortung» liegt, zum Ziel, die Kosten für Umwelteingriffe auf die Bevölkerung abzuwälzen, indem es die Verbrauchsteuern und –abgaben vervielfacht.
In diesem Sinne sieht sie eine Erhöhung des Benzinpreises sowie der Flugtickets vor. Diese Entscheidungen sind fragwürdig, weil diese Maßnahmen einerseits diejenigen belasten werden, die (möglicherweise aufgrund des Fehlens öffentlicher Verkehrsmittel) weiterhin das Auto benutzen müssen; andererseits werden diese Steuern nicht verhindern, dass die Privilegierten die Umwelt weiterhin verschmutzen.
Im Endeffekt wird es die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung sein, welche die Rechnung bezahlt. Unter ihnen sind aufgrund der Abgabenerhöhung auf Brennstoffe vor allem die Mieter*innen (mit fast zwei Dritteln ein Grossteil der Bevölkerung) zu nennen: Nichts in diesem Gesetz wird die Immobilieneigentümer*innen daran hindern, den Anstieg des Heizölpreises oder die Kosten für Renovierungen zur energetischen Verbesserung der Gebäude auf die Mieter abzuwälzen.
Es stimmt, dass das Gesetz die Rückerstattung von zwei Dritteln der erhobenen Steuern (Flugtickets, Heizöl, Benzin, usw.) an die Bevölkerung und die Unternehmen vorsieht: Nichtsdestotrotz bleibt es ein sozial ungerechtes Gesetz.
Ein Gesetz, das Marktmechanismen wie den CO2-Zertifikatehandel fördert
Letzen Endes hält das Gesetz das Prinzip des Emissionshandels aufrecht, das es den reichen Ländern, die für die Klimakrise verantwortlich sind, ermöglicht, die Rechte zur Umweltverschmutzung im eigenen Land zu kaufen und diese mit Maßnahmen an anderer Stelle zu kompensieren. Oder es erlaubt einigen besonders umweltbelastenden Unternehmen (z.B. dem schweizerisch-französischen Zementhersteller Holcim-Lafarge), für einen bestimmten Zeitraum weiter wie gewohnt CO2 auszustossen, indem sie Gutschriften an der Börse für CO2-Zertifikate kaufen – als ob sie so tatsächlich weniger Emissionen produziert hätten.
Das System des Emissionshandels, das vom Kyoto-Protokoll gefordert wurde, 2005 in der Europäischen Union in Kraft trat, und dem die Schweiz anfangs 2020 beigetreten ist, ermöglicht also in Wirklichkeit die Finanzialisierung[1] der CO2-Verschmutzung und stellt somit den Mechanismus dar, mit dem der globale Kapitalismus die CO2-Emissionen verwaltet. Der globale Kapitalismus hat sich damit einen sehr profitablen Markt geschaffen, welcher jedoch überhaupt nicht in der Lage ist, die Emissionen, die seither systematisch zugenommen haben, zu beeinflussen.
Auch in diesem Fall wälzen die Unternehmen die Kosten für den Kauf von CO2-Zertifikaten auf die Preise ihrer Produkte ab: Schlussendlich sind wir es, die für das gute Gewissen und das grüne Image der Unternehmen bezahlen.
Übersetzung durch die Redaktion. Referendumsbogen – CO2-Gesetz
[1] Aufblähung und Stärkung des Finanzmarktes bzw. seiner Akteur*innen sowie eine damit verbundene Durchdringung aller Wirtschafts- und Lebensbereiche mit Finanzmarktmechanismen.