Das geplante Schweizer CO2–Gesetz ist ungenügend und versucht die Klimakrise auf dem Rücken der Arbeitenden zu lösen. Das Referendum gegen das Gesetz ist wegen den Unterschriften der Klimaleugner:innen zustande gekommen. Darüber dürfen wir uns keine Illusionen machen. Trotzdem ist ein linkes Nein gegen das CO2–Gesetz wichtig. Das linke Referendumskomitee hat immerhin 7000 Unterschriften sammeln können. (Red.)
von Referendumskomitee “Für eine soziale und konsequente Klimapolitik”
Um die Klimaerwärmung mit einer Wahrscheinlichkeit von 60% auf 1.5°C zu begrenzen, dürfen wir auf keinen Fall mehr als 420 zusätzliche Gt CO2-Äquivalente in die Atmosphäre pumpen. Diesen Grenzwert zu überschreiten hätte desaströse Konsequenzen für die globale Gesellschaft und zukünftige Generationen. Um diesen Grenzwert einzuhalten, muss die Schweiz bis 2030 die Klimaneutralität und somit Netto-Treibhausgasemissionen von null erreichen. Aber wir rufen in diesem Zusammenhang die Aussage von Vanessa Nakate, einer ugandischen Klimastreikenden in Erinnerung: “Auch eine Klimaerwärmung von 1.2°C ist für mich und die ugandische Bevölkerung sowie den afrikanischen Kontinent katastrophal.”
Um die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 auf null zu reduzieren und gleichzeitig eine gute Lebensqualität für alle sicherzustellen, ist eine gesamtgesellschaftliche und kollektive ökologische und soziale Transformation unumgänglich. Vor allem müssen wir sofort der Habgier des Schweizer Finanzsektors Grenzen setzen, der mit seinen Investitionen in fossile Energien pro Jahr 22x so viele Treibhausgasemissionen verursacht wie die Schweizer Bevölkerung und Industrie zusammengenommen und damit die Gesellschaft auf einem klimazerstörerischen Kurs festhält. Auch den klima- und umweltzerstörerischen Aktivitäten der transnationalen Konzerne in der Agroindustrie und im Minensektor müssen wir ein Ende setzen. Wie es Steven Tamburini vom Klimastreik Waadt ausdrückt: „Um einen Ausweg aus dieser strukturellen Krise des Kapitalismus zu finden, brauchen wir jetzt einen Krisenplan für das Klima, die Gleichberechtigung, die Arbeitsverhältnisse und die Gesundheit!”
Der Aktionsplan für das Klima, den der Klimastreik am Freitag, dem 8. Januar 2021 vorgestellt hat, skizziert die groben Linien einer solchen Transformation hin zu einer Gesellschaft, die sowohl eine gute Lebensqualität für alle garantiert wie auch die planetarischen Grenzen respektiert.
Wie sollen wir uns angesichts dieses Sachverhalts in Bezug auf das CO2-Gesetz positionieren? Anstatt Wege hin zu einer strukturellen Transformation der Sektoren mit hohen Treibhausgasemissionen aufzuzeigen, verfestigt das CO2-Gesetz die bestehenden klimazerstörerischen und ungerechten Strukturen. Dadurch verunmöglicht es das Gesetz, bis 2030 die Klimaneutralität zu erreichen, und verfehlt sogar das deutlich weniger ambitionierte Ziel des Pariser Abkommens, die Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen.
Das Gesetz lässt den Hauptverantwortlichen der Schweizer Treibhausgasemissionen freies Spiel. Die Aufgabe, die Treibhausgasemissionen zu reduzieren, wird auf die Bevölkerung und die kleinen Unternehmen abgeschoben. Für die grossen Erzeuger von Treibhausgasemissionen sieht das Gesetz finanziell attraktive Kompensationsmöglichkeiten vor. Zudem können sie sich mit Emissionszertifikaten das Recht erkaufen, weiter Treibhausgas zu emittieren. Somit ist das Gesetz nicht nur ungerecht, es ist zudem unwirksam: Kompensieren ist nicht gleich reduzieren. Wir stellen uns gegen diese Alibi-Umweltpolitik, die in Wahrheit ein neoliberales Wirtschaftsprogramm ist. Wie Aurélie Rossat vom Klimastreik Neuenburg ausführt: „Angesichts der Kräfteverhältnisse und den vorherrschenden Strukturen in der institutionellen Politik haben wir keinerlei Hoffnung, dass das Parlament ein besseres Gesetz hervorbringen kann.“
Es gibt nur eine Möglichkeit, die Klimakatastrophe und somit immer häufigere und grössere Überschwemmungen, Dürreperioden und Brände abzuwenden: Wir müssen das Kräfteverhältnis umkehren um uns somit die Möglichkeit geben, eine solidarische und ökologische Gesellschaft zu schaffen, in welcher unsere Gesundheit und das planetarische Gleichgewicht an erster Stelle stehen, und nicht die Interessen der grossen Vermögen und Unternehmen. Um dies zu erreichen, müssen wir das System mit einem Generalstreik lahmlegen. Auf dieses Ziel arbeitet der Klimastreik mit seinem Aufruf zu einem ersten grossen Aktions- und Streiktag am 21. Mai 2021 im Rahmen des Strike for Future hin. „Alle politischen Kräfte, die in unserem Referendumskomitee vertreten sind, unterstützen den Strike for Future aktiv. Wir haben das Referendum mit diesem strategischen Horizont ergriffen“, so Sophie Mascher vom Klimastreik Neuenburg.
Mit ca. 7000 eingereichten Unterschriften haben wir es nicht geschafft, das Referendum aus eigener Kraft zustande zu bringen. Der Hauptgrund hierfür ist ein System, welches sich als Demokratie bezeichnet, aber in welchem das Geld entscheidet, wer seine Interessen durchsetzen kann. Die Öl- und Autolobby und die SVP haben die finanziellen Mittel um Flyer an Haushalte zu verschicken und Menschen für die Unterschriftensammlung anzustellen. Uns steht nur unser eigenes freiwilliges Engagement zur Verfügung. Wir, ein Referendumskomitee welches sich aus sozialen Bewegungen und politischen Organisationen zusammensetzt, die sich für die Interessen der grossen Mehrheit der Bevölkerung einsetzen, haben nicht die finanziellen Mittel der bürgerlichen Klimawandelleugner*innen. Die Covid-Krise, und die fahrlässige Art, wie sie von den Autoritäten behandelt wurde, haben diese Ungleichheiten noch verschärft. Obschon die täglichen Infektionszahlen diejenigen der ersten Welle bei weitem überstiegen, und einige Kantone die Unterschriftensammlungen auf kantonaler Ebene suspendiert haben, hat es der Bundesrat unterlassen, die Referendumsfristen auf nationaler Ebene auszusetzen.
Wir müssen diese Politik, welche die Interessen der grossen Vermögen und Unternehmen vor die Gesundheit und das Wohlergehen der Bevölkerung und den Klimaschutz stellt, bekämpfen. Unser Referendum gegen das CO2-Gesetz und für einen sozialen und konsequenten Klimaschutz ist Teil dieser Strategie, die wir mit dem Aktionsplan für das Klima und dem Strike for Future am 21. Mai fortsetzen. „Wenn wir heute dennoch die von uns gesammelten Unterschriften einreichen, so tun wir dies, um ein Zeichen zu setzen gegen die klimazerstörerische Politik, für welche die Öl- und Autolobby und die SVP einstehen. Vor allem aber wollen wir aufzeigen, dass eine soziale und ökologische Transformation möglich ist!“, so Mattia De Lucia vom Klimastreik Zürich.
Der Text wurde am 11. Januar 2021 als Pressemitteilung verschickt.