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Der American Dream der Basler Autolobby

Die Verwirklichung des American Dreams der Basler Autolobby bahnt sich an. Ganz nach amerikanischem Vorbild soll mitten in der Klimakrise unter der Stadt Basel ein neuer Autobahnabschnitt gebohrt werden. Dieser auch von Bund und Kanton gewünschte «Rheintunnel» wäre jedoch viel mehr als nur eine Tunnelröhre.

von Pablo Rossi (BFS Jugend Basel)

Während den 10 Jahre dauernden Bauarbeiten soll ein 11 Kilometer langes Tunnelsystem unter der Stadt Basel entstehen, welches sich von einem Tunnelportal in Birsfelden bis an die Dreirosenmatte respektive an die deutsche Grenze erstreckt. Die neue Umfahrung würde eine Verdoppelung der bestehenden Autobahnspuren bedeuten, da die Osttangente ebenfalls im Betrieb bleiben soll, obwohl dies anfangs noch zur Debatte stand. Durch den Ausbau der Spuren verspricht sich der Bund sowie die Basler Regierung eine Verkehrsentlastung um 30% auf der Osttangente. 

Der Bau des Rheintunnels würde die Dreirosenanlage mit Baustellen besetzen und über 150 Familiengärten in Birsfelden nachhaltig zerstören. Die Ausweitung des Autobahnnetzes würde die Treibhausgasemissionen erhöhen.

Mehr Spuren, weniger Stau

Die Ursache für Staus ist nicht die mangelnde Kapazität unserer Strassen, sondern die enorm ineffiziente Nutzung des physisch verfügbaren Raumes durch den motorisierten Individualverkehr.

Bereits seit den Sechzigern ist bekannt, dass der Kapazitätsausbau von Automobilinfrastruktur zur mittel- bis langfristigen Stauverringerung ausnahmslos kontraproduktiv ist. Der Ausbau von Autoinfrastruktur erzeugt immer einen höheren Kapazitätsbedarf als zuvor, der wiederum zu gravierenden Staus führt. Dieses Phänomen heißt «Induzierte Nachfrage». «Induziert», weil Autofahrenden versprochen wird, die sechste Autobahnspur oder das revolutionäre neue Strassenkonzept behebe den Verkehrsstau, weshalb sie eher geneigt sind, die neue Infrastruktur zu verwenden und dabei wieder zu deren Aus- und Überlastung beitragen. Das ist kein hypothetisches Szenario oder eine pessimistische Prognose von Autokritiker:innen, sondern ein wissenschaftlich dokumentiertes Phänomen, welches seit gut einem halben Jahrhundert überall auf dem Planeten, wo auch immer Automobilinfrastruktur gebaut wird, stattfindet. 

Die Ursache für Staus ist nicht die mangelnde Kapazität unserer Strassen, sondern die enorm ineffiziente Nutzung des physisch verfügbaren Raumes durch den motorisierten Individualverkehr. Es ist unmöglich, genug Kapazitäten auf unseren Transportwegen zu schaffen, um jede:r in der Schweiz arbeitstätigen Person einen Staufreien Pendelalltag zu ermöglichen. Deshalb ist der Versuch, Stauzeiten durch einen Kapazitätsausbau zu verringern, vollkommen unsinnig und kontraproduktiv. Der «Rheintunnel» ist nicht im Interesse der Pendler:innen, denn ihr Arbeitsweg wird durch dieses Projekt nicht verkürzt. Die Hoffnungen von Bund und Stadtregierung sind also unsinnig. Das Verkehrsaufkommen wird sich mit einer doppelten Spurenanzahl verdoppeln – und der Stau somit lediglich breiter. 

Eine Zumutung für Mensch und Natur

Das erhöhte Verkehrsaufkommen durch den vom Bund geplanten schweizweiten Autobahnausbau bedeutet einen Anstieg der Treibhausgasemissionen durch den Autoverkehr. Schon heute zerstören Umweltkatastrophen, die ihren Ursprung in der Klimakrise haben, die Lebensgrundlagen von mehreren Millionen Menschen. Ein Anstieg der Emissionen im globalen Norden verschärft diese Zerstörung nur, weshalb jeder Autobahnausbau für Menschen im globalen Süden eine grössere Bedrohung ihrer Existenz bedeutet. Die Tatsache, dass vom Bund bis zu den Kantonen alle Behörden dieses Projekt befürworten, zeugt von einem kompletten Desinteresse von Seiten des Schweizer Staates, auch nur ansatzweise die Klimakrise einzudämmen.

Aber auch grosse Teile der Basler Bevölkerung haben kein Interesse am Rheintunnel. Die zehnjährigen Bauarbeiten würden die Dreirosenmatte, die einzige grosse Grünfläche im Matthäusquartier, in einen Lager- und Parkplatz für Baumaschinen und Baumaterial verwandeln. In einer Stadt wie Basel, in der es an allen Ecken und Enden an Grünflächen mangelt, würde das Wegfallen der Dreirosenmatte eine Verschlechterung der Lebensbedingungen bedeuten. Ausserdem bedroht dieses Projekt hunderte Freizeitgärten sowie ein Sportplatz in Birsfelden, die den Bauarbeiten zum Opfer fallen könnten. Eine solche Entwicklung darf nicht unbeantwortet bleiben, denn unsere Grünflächen sind wichtiger als jeder Zentimeter Autobahn.

Der Autobahnausbau wäre alles andere als ein Schnäppchen. 2’600’000’000 Franken soll der neue «Rheintunnel» kosten. Zwei Komma Sechs Milliarden Franken. Mit dem gleichen Geld könnte der Bund in Basel ein Jahr lang täglich vier Döner an alle Anwohner:innen verteilen, 123 Millionen Arbeitsstunden nach Basler Mindestlohn bezahlen, sowie unzählige weitere Programme lancieren, die sinnvoller wären als ein Autobahnausbau. Gleichzeitig werden jedoch trotz rekordhohen Fahrgastzahlen Zugticketpreise um 3,7% erhöht. Das Geld für Mobilität ist da, aber für wen?

Rheintunnel verhindern!

Der Autobahnausbau wirkt auf den ersten Blick wie ein unbewusster Fehler ignoranter Politiker:innen. Bei genauerem Hinsehen ergibt der Ausbau jedoch Sinn. In unserer Gesellschaft sind nicht jene mächtig, die den gesellschaftlichen Reichtum produzieren, oder die am meisten von der Klimakrise betroffen sind, sondern Miliardäre und Grosskonzerne, die mit ihren riesigen Vermögen politische Entscheidungsprozesse lenken können. Autokonzerne, die über Jahrzehnte ein riesiges Kapital anhäufen konnten, sowie die Bauindustrie, die in der Schweiz schon lange boomt, können durch ihre wirtschaftliche Macht Klimaschutz verhindern und Projekte wie den «Rheintunnel» durchsetzen. Dieser Autobahnausbau stellt für diese Industrien ein Milliardengeschäft dar. Mehr Strassen kurbeln die Autoverkäufe an und der Bau leitet Steuergelder direkt in die Bauindustrie. Der Bund stellt sich einmal mehr in die Dienste von Grosskonzernen. Der «Rheintunnel» ist ein Grund mehr, jegliche Illusionen einer klimagerechten, gemeinwohlorientierten Regierung aufzugeben und bestärkt die Gewissheit, dass Klimagerechtigkeit eine Enteignung aller Schlüsselindustrien bedingt.

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1 Kommentar

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