Am feministischen Streiktag organisierte das Revolutionäre Streikkollektiv eine Blockade des Paradeplatzes. Kurze Zeit später griff die Polizei die Blockaden an und verletzte Aktivistinnen u.a. mit Pfefferspray. Mehrere Polizisten rissen ein:e Aktivist:in derart gewaltsam zu Boden, dass sie das Bewusstsein verlor. Die Polizei versucht nun ihr brutales, machoides Verhalten nachträglich zu rechtfertigen und sich als Opfer zu darzustellen. Videoaufnahmen entlarven aber ihre Lügen und zeigen, dass die Gewalt allein von den Männern in Uniform ausging.
von BFS Zürich
Triggerwarnung: Polizeigewalt
Am gestrigen Streiktag blockierten feministische Aktivist:innen über Mittag den Paradeplatz in Zürich, um gegen die chronische Unterfinanzierung des Care-Sektors bei gleichzeitigem Bankenrettungsprogramm zu protestieren. Die Blockaden verliefen vollkommen friedlich, bis nach circa einer halben Stunde die Stadtpolizei völlig grundlos angriff. Dabei wurde eine Person derart brutal verhaftet, dass sie das Bewusstsein verlor. Wir filmten den Übergriff und veröffentlichten ihn kurz darauf:
Innert kürzester Zeit verbreitete sich das Video der Polizeigewalt in den Sozialen Medien. Auch die grossen Tageszeitungen skandalisierten den Vorfall (auch wenn sie ihre Berichterstattung im Verlaufe des Tages teilweise der polizeilichen Medienmitteilung angepasst haben). Die Polizei geriet in Erklärungsnot, sodass sie kurz darauf behauptete, der Polizist sei von einer Demonstrantin getreten worden und wäre deshalb erst eingeschritten. „Dabei wurden die Polizist*innen von den Demonstrierenden bedrängt und einer der Polizisten durch einen Fusstritt gegen das Knie verletzt.“, schreibt die Stadtpolizei in ihrer Medienmitteilung. Der Polizist sei zudem so schwer verletzt worden, dass er ins Spital eingeliefert werden musste und nun „verletzungsbedingt“ bei der Arbeit fehlt.
Die Stadtpolizei wähnt sich damit in Sicherheit, da im kurzen Video das Vor- und Nachspiel der Auseinandersetzung nicht zu sehen sei.
Die Berichterstattung der Tageszeitungen übernahm das Framing der Polizei und auch in den Sozialen Medien verteidigten zunehmend Menschen das Vorgehen der Beamt:innen. Der Einsatz sei gerechtfertigt gewesen, da sicherlich eine Provokation der Aktivist:innen vorausgegangen wäre. Im Tages-Anzeiger erdreistete sich die Medienchefin der Stadtpolizei (Judith Hödl) heute sogar zu behaupten, dass der Täter-Polizist die Aktivistin gar nicht an den Haaren, sondern an der Kleidung „gezogen“ hätte. Dabei lässt das Video diesbezüglich keine Zweideutigkeiten zu. Der Täter-Polizist hat die betroffene Person verantwortungslos an Kopf und Nacken gepackt und zu Boden gezerrt. Ein vorgängiger Tritt gab es nicht.
Wir veröffentlichen hier das ganze Video, welches den Hergang der misogynen Polizeiattacke zeigt. Für alle wird so ersichtlich, dass es sich bei der Erzählung der Polizei um eine dreiste Lüge und eine Umkehr von Ursache und Wirkung handelt. Es gab keinen Anlass für das derartig gewalttätige Einschreiten seitens der Polizei. Das machoide Ausrasten der Polizist:innen ist absolut inakzeptabel.
Nachdem die Polizist:innen die Aktivistin zu Boden und aus der Menge gezerrt haben, bemerkten sie erst, dass sie das Bewusstsein verloren hatte. Zur Polizeiarbeit gehört aber scheinbar keine Nothilfe. Denn die bewusstlose Person wurde von mehreren Beamten in den Polizeigriff genommen und anschliessend meterweit durch die Strassen geschleift und direkt in der Sonne niedergelegt. Schliesslich waren es die einzige involvierte Polizistin und eine weitere Person, die Nothilfe leisteten. Die anderen Polizisten besprühten stattdessen die anderen Aktivist:innen weiterhin mit Pfefferspray aus nächster Distanz – und das gleich neben der bewusstlosen Person. Glücklicherweise konnte die betroffene Person das Spital, in das sie nach der Freilassung gebracht wurde, noch am selben Abend verlassen. Das Vorgehen der Polizist:innen hätte zu schwerwiegenden oder gar bleibenden Verletzungen führen können. Sie nahm dies rücksichtslos in Kauf. Auch dazu liegen uns Videoaufnahmen vor. Sie beweisen die Inkompetenz, Brutalität und Unprofessionalität der Einsatzkräfte. Wir behalten uns vor, auch diese noch zu veröffentlichen.
Halten wir also fest:
- Die Polizei hat die Aktivist:innen mit absolut unverhältnismässiger Härte angegriffen. Dieser Angriff reiht sich ein in eine lange Liste von Polizeigewalt gegen Demonstrierende – vor allem auch gegen feministische Mobilisierungen.
- Der Täter-Polizist wurde nicht durch eine Demonstrantin verletzt, sondern griff aus eigenen Stücken an.
- Die Spitaleinlieferung des Täter-Polizisten war keine medizinische Notwendigkeit, sondern ein taktisches Manöver der Polizei, um das völlig gewalttätige Eingreifen ihrer Einheit nachträglich rechtfertigen zu können.
- Die Stadtpolizei verbreitet absichtlich Lügen und schädigt dadurch die von Polizeigewalt betroffenen Personen zusätzlich.
Wir verurteilen dieses schäbige Manöver der Einsatzkräfte und fordern eine öffentliche Richtigstellung durch die Stadtpolizei Zürich. Der Täter-Polizist ist eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und gehört entlassen. Wir stellen uns gegen jede Form von Polizei(gewalt), insbesondere diese widerlich misogyne und machoide Form. Wir verlangen die sofortige Einstellung des Strafverfahrens gegen die betroffene Person und stattdessen eine angemessene Entschädigung für den beigefügten Schaden.
Pingback:Medienspiegel 15. Juni 2023