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#ReclaimVolkshaus: Keine Bühne für Antisemit:innen, kein Geschäft mit braunen Esoteriker:innen!

Das Zürcher Volkshaus war einst ein Ort der Solidarität und des Fortschritts – und gemäss Leitbild ist es dieser Tradition auch heute noch verpflichtet. Doch seit einigen Jahren werden die Volkshaus-Räume zunehmend auch an hochproblematische Gruppen vermietet. Darunter allerlei Scharlatane, Sekten-Gurus und Coronaleugner:innen. Nun soll am 27. und 28. Mai 2023 auch noch der rechtsesoterische Verschwörungskongress «Vision des Guten – Manifest der neuen Erde» über die Bühne des Theatersaals.

von Reclaim Volkshaus

Die Köpfe hinter dem Kongress «Vision des Guten»

Kern des Kongress-«Manifests» ist die Forderung nach einer Ablösung der Demokratie und der Regierungen. Ein neuer Staat soll geschaffen werden, regiert durch sogenannte Weisenräte. Im «Rat der Weisen» des Manifests sitzt das Who-is-Who der deutschsprachigen rechtsesoterischen Szene.

So zum Beispiel Ricardo Leppe, Propagandist der lebensgefährlichen und antisemitischen «Neuen Germanischen Medizin» sowie der rassistisch-völkischen Anastasia-Bewegung. Auf Telegram hat er 41’000 Follower. Er soll auch im Volkshaus auftreten.

Auch die Toggenburger Esoterik-Influencerin Christina von Dreien sowie ihre Managerin Nicola Good sind im Weisenrat und am Kongress dabei. «Christina» (127’000 Youtube-Abos) vertritt Verschwörungserzählungen wie jene der Hohlerde, der Reptilienmenschen oder der «Corona-Inszenierung». Auch behauptet sie, die Mobilfunktechnologie 5G manipuliere Menschen so, dass sie sich «verhalten, wie von denen gewünscht, die die Fäden ziehen auf diesem Planeten». Managerin Good wiederum glaubt, dass der «Kampf» zwischen «Guten» und «Angstmachern» jetzt ausgebrochen sei und dass daraus ein Systemsturz folgen müsse.

Abermals soll auch «Historiker» und «Weisenrat» Daniele Ganser im Volkshaus seine Theorien vermarkten können. Der Star der deutschsprachigen Verschwörungsgläubigen ist längst zum Putin-Apologeten geworden. Applaus erntet er zunehmend von der radikalen Rechten, zu der er kaum noch Distanz wahrt. Schon 2015 plauderte Ganser angeregt mit Karl-Heinz Hoffmann, dem verurteilten Gründer der rechtsterroristischen «Wehrsportgruppe Hoffmann», sowie dem rechtsextremen Querfront-Propagandisten Jürgen Elsässer.

Auch unter den geladenen Redner:innen ist Dieter Broers. Der Bestsellerautor und Esoteriker ist ebenfalls in rechtsradikalen Kreisen unterwegs. So nahm er u.a. 2014 am «Jahresendtreffen» des Holocaustleugners und Reichsbürgerideologen Ernst Köwning teil. Am selben Treffen war neben Broers auch Frank Willy Ludwig zugegen, einer der bekanntesten Anastasianer («Uhranerbe Germania») sowie ein Rassist und völkischer Siedler.

Im «Weisenrat» des Manifests sitzt ausserdem Rüdiger Dahlke. Es gibt kaum eine Verschwörungstheorie, die der Arzt und Esoterikunternehmer nicht zu Geld machen würde. Unter anderem predigt er die «Corona-Verschwörung», die «Chemtrail-Verschwörung» oder dass die Ursachen für Krankheiten allein in der Psyche der Erkrankten liegen würden. Ausserdem bewirbt er die gefährliche «Lichtnahrung» oder auch die «Reinkarnationstherapie». Er vertritt auch Thesen der rassistischen Physiognomik, nach der die Kopf- und Körperform Aufschluss über Denkfähigkeit sowie Persönlichkeitseigenschaften gebe. Dahlke tritt seit Jahren an Kongressen auf, die den organisierten Rechtsradikalismus und Antisemitismus mit der Esoterik-Szene zusammenbringen. Er war auch in Youtube-Sendungen des Reichsbürger- und Q-Anon-Propagandisten Heiko Schrang zu Gast.

«Weisenrat» ist auch Franz Hörmann, ein deutscher Reichsbürger, der mit dem Appenzeller Sekten-Führer Ivo Sasek (AZK) verbunden ist. Hörmann war Mitglied der aufgelösten antisemitischen Kleinstpartei DDP. Diese forderte ein «Europa der Vaterländer» und war gegen das «globale Finanzkartell». Heute ist Hörmann Finanzsprecher der Kleinpartei «Deutsche Mitte». Diese verfolgt einen breiten verschwörungsideologischen und antiisraelischen Kurs, bezieht sich explizit auf Q-Anon und verherrlicht unter anderem den belarusischen Diktator Alexander Lukaschenko. Hörmann selbst wurde wegen Holocaustleugnung von der Wirtschaftsuni Wien kurzzeitig suspendiert.

Ebenfalls als «Weisenrat» fungiert Traugott Ickeroth, ein Sprachrohr der Q-Anon Bewegung in Deutschland, u.a. mit seinem Kanal «Der Sturm ist da» (30’000 Follower auf Telegram). Gegen ihn gab es kürzlich Hausdurchsuchungen, mutmasslich wegen einer möglichen Beteiligung am versuchten Reichsbürgerputsch der «Patriotischen Union» (Heinrich XIII. Prinz Reuss). Diese Patriotische Union bestand aus ehemaligen und aktuellen NPD- und AfD-Mitgliedern und anderen Personen aus der Szene der Q-Anhänger:innen, Verschwörungsideologien und Reichsbürger.

Ickeroth war auch eng verbandelt mit dem verstorbenen Holocaustleugner Ernst Köwning (aka Der Honigmann) und pflegt gute Kontakt zur Neonazi-Partei «Die Rechte» sowie zur notorischen Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck. In dem vom deutschen Verfassungsschutz beobachteten Holocaustleugner-Zentrum «Rittersgut Guttmannshausen» hielt Ickeroth im Oktober 2021 ein Referat zum «Transformationsprozess aus spiritueller Perspektive und die Rolle Deutschlands». Vor ihm sprach der mehrfach verurteilte Holocaustleugner Arnold Höfs zum «Dolchstoss im Jahre 1918 und seinen Folgen».

Viele der oben genannten waren auch schon zu Gast bei Jo Conrad, dem Talkmaster der Reichsbürger-Bewegung (bewusst.tv). Conrad war früher an einem ähnlichen «Weisenrat»-Projekt beteiligt. Es hiess «Fürstentum Germania».

Das Volkshaus scheut sich Verantwortung zu übernehmen

Das Volkshaus ist ein offener Ort für die Allgemeinheit. Doch es darf nicht zum Steigbügelhalter für antisemitische, rassistische und antidemokratische Propagandist:innen werden. Das Verschwörungsmilieu ist in den letzten Jahren bedrohlich gewachsen. Es wäre nichts als verantwortungslos, diesen Kräften einen zusätzlichen und derart symbolträchtigen Ort für die Vernetzung und Organisierung zu überlassen. Jedes Geschäft mit diesen Kreisen muss Tabu sein – das gilt auch und besonders für das Volkshaus! Auch punkto Sicherheit schafft das Volkshaus unnötig Probleme. Denn wo sich eifrige Verschwörungsgläubige und Antisemit:innen versammeln, werden Anwohnende und besonders Minderheiten unweigerlich einer Gefahr ausgesetzt. Das ist schlicht fahrlässig.

Doch der Volkshaus-Vorstand will offenbar an der Veranstaltung festhalten. Man übe schliesslich «keine Zensur» und sei für «Meinungsäusserungsfreiheit» (vgl. WOZ vom 30. März). Welch hanebüchene Argumentation! Zur Erinnerung: Zensur ist immer staatliches Handeln und bezweckt die Kontrolle von Information. Wenn also eine private Stiftung ihre Räumlichkeiten nicht an jede:n Spinner:in vermieten will, ist das noch längst keine Zensur, sondern nichts als vernünftig und zudem ihr gutes Recht. Und noch eine Erinnerung: Im Volkshaus-Leitbild heisst es, man behalte sich eine Absage vor «bei Veranstaltungen, die gegen die Grundprinzipien der Toleranz und des Respekts verstossen». Worauf warten, also?

Der Stiftungsrat des Volkshauses besteht fast ausschliesslich aus Exponent:innen von SP, AL und Gewerkschaften. Sollten sie den antisemitischen, rechtsesoterischen und aufklärungsfeindlichen «Kongress» weiterhin protegieren, verlieren sie jede Glaubwürdigkeit. Sie würden zu Handlanger:innen von Rechtsradikalen und Demagogen – für eine Handvoll Mieteinnahmen.

So darf es im Volkshaus nicht weitergehen! Wir fordern die sofortige Auflösung des Mietvertrags für diesen «Kongress». Auch braucht es offenbar dringend eine grundsätzliche Revision der Vermietungskriterien. Wenn die Veranstaltung nicht abgesagt wird, sehen wir uns gezwungen, eine Gegenmobilisierung vorzubereiten.

Unterschreibt die Petition zur Auflösung des Mietvertrages für den Kongress «Vision des Guten»!

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