Die Reform der 2. Säule ist für alle Versicherten schädlich und nur für Swiss Life gewinnbringend. Eine ausführliche Analyse der BVG-Revision, über die in der Schweiz am 22. September 2024 abgestimmt wird.
von Guido Freda; alencontre.org
A. Lohnprozente ≠ Lohnprozente?
1. Auf den ersten Blick überraschend, spiegelt diese seltsame Ungleichheit, 1Fr ≠ 1Fr, die Stellung der bürgerlichen Parteien zur Finanzierung der Altersvorsorge über Lohnbeiträge wider: Lohnprozente wären gut, um ihr Projekt BVG 21 zu finanzieren, aber dieselben Beiträge wären schlecht, um AHV x 13 zu finanzieren!
Gäbe es diese Ungleichheit, so wäre das Gegenteil der Fall: Die Erhöhung der Lohnbeiträge um 0,4%, welche ausreicht, um mittelfristig AHV x 13 zu finanzieren, bedeutet für eine Person, die 2’000 Fr. pro Monat verdient, 8 Fr. pro Monat, für eine Person, die 3’000 Fr. pro Monat verdient, 13 Fr. pro Monat und für eine Person, die 4’000 Fr. pro Monat verdient, 17 Fr. pro Monat.
Für BVG 21 hingegen werden dieselben Personen im Durchschnitt mindestens[1] 92, 138 bzw. 184 Franken pro Monat einzahlen! Bestenfalls werden sie dann bei 40 vollen Beitragsjahren 540, 810 bzw. 1080 Franken pro Monat erhalten.
Dank AHV x 13 werden Personen, die – wie bereits erwähnt und frühestens ab 2026 – monatlich 8, 13 bzw. 17 Franken mehr als heute einzahlen, ab 2026 eine Rente von 1465, 1747 bzw. 1961 Franken pro Monat erhalten. Die Aufbesserung dank AHV x 13 beläuft sich somit auf 119, 140 bzw. 159 Franken pro Monat. Bei all diesen Personen wirkt sich jeder zusätzliche Franken, den sie monatlich in die AHV einzahlen, im Durchschnitt zehnfach auf die Rente aus.
BVG 21 ist also für Geringverdiener, insbesondere für Frauen, sehr nachteilig, da es ihren Lohn, der ohnehin nicht zum Leben ausreicht, noch stark schmälert. Warum also bekämpfen die bürgerlichen Parteien AHV x 13, unterstützen aber BVG 21? Die Erklärung ist einfach: Diese Parteien treten als Stellvertreterinnen jener 8 % der erwerbstätigen Bevölkerung auf, welche in die AHV mehr einzahlen als sie erhalten[2]. Den Gipfel der Heuchelei erreichten jene, welche die Beschneidung des Lohnes der Kassiererin durch Lohnbeiträge bemitleideten, aber im Parlament für BVG 21 stimmten und dabei vorgaben, ebendieser Kassiererin helfen zu wollen. Wie der ehemalige Bundesrat Hans-Peter TSCHUDI zu sagen pflegte: „Die Reichen brauchen die AHV nicht, aber die AHV braucht die Reichen.“ Im Bundesparlament haben die Rechtsparteien ein einziges Anliegen: Diejenigen, welche die AHV schon jetzt am wenigsten benötigen selbst vor den geringsten neuen Beiträgen zu schonen. Während der Covid-Epidemie hatten die Vertreter:innen dieser Parteien den Mund voll, um die Verdienste von Kassiererinnen und Krankenschwestern zu würdigen. Heute wollen sie sie dazu zwingen, sehr hohe Beiträge zu zahlen, und zwar für Renten, welche sie erst nach 40 Jahren und nur dann im vollen Betrag erhalten, wenn sie kinderlos bleiben und nie arbeitslos werden.
Sicherlich ist für einen Teil der Frauen im Niedriglohnbereich, selbst wenn sie Kinder haben, der Zwang, 100 % zu arbeiten, sehr stark. Darüber hinaus sind es sie, welche am ehesten von Arbeitslosigkeit betroffen sind.
2. Der Propaganda der Rechtsparteien zufolge bedeutete eine Erhöhung der AHV-Renten, bei der die Rentenerhöhung „zusätzlich“ durch Lohnprozente finanziert wird, „die jungen Leute zweimal für dumm zu verkaufen.“[3]
Verdient jedoch jemand 2000 Fr. pro Monat, so muss sie gemäss BVG 21 über 40 Jahre insgesamt 44’160 Fr.einzahlen. Um denselben zusätzlichen Rentenbetrag (540 Fr. pro Monat) von der AHV zu erhalten müsste sie ihren AHV-Beitrag nur um 36.50 Fr. pro Monat erhöhen, d.h. 17’541 Fr. über dengleichen Zeitraum.
Verdient jemand 5000 Fr. pro Monat, so muss sie gemäss BVG 21 über 40 Jahre insgesamt 110’400 Fr einzahlen. Um denselben zusätzlichen Rentenbetrag (1’350 Fr. pro Monat) von der AHV zu erhalten müsste sie ihren AHV-Beitrag nur um 157 Fr. pro Monat erhöhen, d.h. 75’406 Fr.über dengleichen Zeitraum.
Verdient jemand 7000 Fr. pro Monat, so muss sie gemäss BVG 21 über 40 Jahre insgesamt 154’560 Fr einzahlen. Um denselben zusätzlichen Rentenbetrag (1’890 Fr. pro Monat) von der AHV zu erhalten müsste sie ihren AHV-Beitrag nur um 267 Fr. pro Monat erhöhen, d.h. 128’039 Fr.über den gleichen Zeitraum.
Der Medianlohn belief sich2022 in der Schweiz auf 6788 Fr. pro Monat für eine Vollzeitbeschäftigung[4]. Die Hälfte der Lohnabhängigen haben somit mindestens einen solchen Lohn erhalten. Für weit mehr als die Hälfte der Lohnabhängigen (in Wirklichkeit für 92% der Lohnabhängigen, wie bereits erwähnt[5]) ist die AHV viel günstiger als das BVG. BVG 21 ist sogar noch viel schlechter, weil es die Jungen dazu zwingt, ihr ganzes Leben lang viel mehr zu einzuzahlen, als es sie kosten würde, eine Verbesserung der AHV zu finanzieren. Dasselbe gilt für die bescheidene Verbesserung der Invaliditäts- und Hinterbliebenenleistungen des BVG durch BVG 21, eine Verbesserung, welche kraft einer Erhöhung der AHV/IV-Leistungen zu weitaus geringeren Kosten für die Betroffenen zu erhalten wäre (siehe auch C 6 unten).
Man kann also die Bemerkung an den Absender zurückschicken: Es ist die NZZ, welche die jungen Leute zweimal für dumm verkauft – mit Ausnahme jener 8 %, als deren Vertreterin sie auftritt. Und nicht einmal sicher ist es, dass all jene 8 % Topverdiener:innen, wie von der NZZ befürwortet, jegliche finanzielle Verantwortung für die Renten der restlichen Gesellschaft von sich weisen, denn ohne diese gesellschaftliche Arbeit erhielten sie weder Bildung, noch Gesundheitsfürsorge, noch könnten sie zuweilen sogar, wie während der COVID-Zeit, dank den Krankenschwestern und auch anderen wesentlichen Dienstleister:innen, einfach nur überleben.
3. Das BVG, mit oder ohne BVG 21, zeichnet sich nicht bloss durch eine beinahe gänzlich fehlende Solidarität aus. Im Gegensatz zum BVG berücksichtigt die AHV nämlich Jahre, in denen Eltern Erziehungs- oder Betreuungsaufgaben wahrnehmen, indem sie einerseits Beitragslücken vermeidet, die zu Rentenkürzungen führen, und andererseits im Fall der Betreuung von Angehörigen und der Erziehung von Kindern für diese Aufgabe ein Einkommen dem individuellen Konto der versicherten Person zuweist[6]. Bei Arbeitslosigkeit zieht während der Entschädigungszeit „die Kasse den vom Arbeitnehmer geschuldeten Beitragsanteil an die AHV […] vom Betrag der Entschädigung ab und entrichtet ihn zusammen mit dem Arbeitgeberanteil an die AHV.“[7] Die Leistungen, insbesondere die Rentenleistungen, der AHV werden somit auch durch Zeiten der Arbeitslosigkeit nicht geschmälert. Das Gegenteil gilt für das BVG: Eine arbeitslose Person zahlt keine Beiträge für die Altersvorsorge. Diese wesentlichen Mängel des BVG sind ein weiterer Grund, seinen durch BVG 21 vorgesehenen Ausbau abzulehnen.
4. Die Propagandisten der Rechtsparteien behaupten des Weiteren, die AHV bewirke eine „versteckte Umverteilung„. Doch wer hat sich als erster für den Finanzierungsmechanismus der AHV eingesetzt? Der freisinnige Bundesrat Walther STAMPFLI[8]! Ein Bürgerlicher soll also den versteckten Mechanismus erfunden haben, der heute vom offiziellen Organ der Schweizer Bourgeoisie, der NZZ, angeprangert wird? Das kann nicht ihr ernst sein[9].
5. Jeder BVG-Ausbau, und namentlich BVG 21, ist kurz gesagt nichts anderes als ein Griff in die Tasche der durch die Teuerung schon gebeutelten Lohnabhängigen[10] – ganz zu schweigen von den im Mietpreisindex wenig oder gar nicht berücksichtigten Mieten und Krankenkassenprämien. Für alle jungen Menschen ist die Erhöhung der obligatorischen BVG-Beiträge im Vergleich zur Aufbesserung kraft AHV x 13 (siehe 1 und 2 oben) ein so großer Nachteil, dass sie einer Zumutung gleichkommt. Noch nachteiliger ist BVG 21 für junge Menschen mit prekärer Arbeit oder Teilzeitarbeit, insbesondere für sehr niedrige Löhne, die zum Teil bislang überhaupt nicht BVG-pflichtig waren. Mit der für sie typischen Heuchelei haben die Vertreter:innen der Rechtsparteien, die bei früheren Abstimmungen vorgaben, die Rente der „Migros-Kassiererin“ zu verteidigen, AHVx13 bekämpft, sie werden aber die Annahme von BVG 21 befürworten: so verteidigen sie nicht die Kassiererin, sondern ihre eigene Schatulle[11], sowie die Gewinne der Lebensversicherer.
6. Die einzigen, die von der Erhöhung der BVG-Beiträge profitieren werden, sind denn auch die Finanzintermediäre, vor allem die Lebensversicherer, und allen voran SWISS LIFE (siehe: https://alencontre.org/suisse/non-a-lpp-21-oui-a-avs-x-13.html). Sie werden ihre ohnehin schon unverschämten Profite noch weiter steigern, dank dem irreführenden Mechanismus der sogenannten „Legal Quote“, der 2004 vom freisinnigen Bundesrat Hans-Rudolf MERZ frei erfunden wurde[12]. Anstatt den versicherten Personen eine Mindestquote vom Gewinn des Versicherers zu garantieren, belässt die Verordnung des unsäglichen MERZ den Versicherern bis zu 10% des Nettokapitalertrags und der Risiko- und Kostenprämien (Prämien, die sie wohlbemerkt nach Belieben selbst festlegen können, sogar bis zum Doppelten der Schadenkosten). Diese Bestimmung ist in Europa einzigartig, sogar im Bereich der privaten Einzelversicherung, wobei das BVG eine obligatorische Kollektivversicherung ist!
B. Die angemessene Deckung des Existenzbedarfs – ein seit 1972 uneingelöstes Versprechen
Bei der entscheidenden Abstimmung über das Rentensystem am 3. Dezember 1972 versprachen die Behörden dem Volk, dass die Renten der AHV/IV (erste Säule)[13] in Zukunft den „Existenzbedarf in angemessener Weise“ decken würden; Außerdem versprachen die Behörden, eine obligatorische Berufsversicherung (zweite Säule[14]) einzuführen, dank welcher «die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise» ermöglicht werden sollte. Dies mit dem Ziel, die Initiative der Partei der Arbeit (PdA)[15] zu bekämpfen; diese Initiative verlangte Renten, die mindestens 60% des durchschnittlichen Jahreseinkommens der besten fünf Jahre des Versicherten erreichen[16].
Laut Bundesrat versteht man unter Existenzbedarf «nicht das biologische Existenzminimum schlechthin, unter dessen Grenze Leben und Gesundheit eines Menschen bedroht wären, sondern «einen unter den heutigen Gegebenheiten vertretbaren höheren Betrag, der erforderlich ist, um den alten Leuten einen einfachen, aber menschenwürdigen Lebensabend zu ermöglichen»[17].
Die Ergänzungsleistungen (EL) wurden bereits 1966 eingeführt, um die Leistungen der AHV/IV zu ergänzen, wenn diese ungenügend sind, insbesondere wenn es sich um Teilrenten handelt (Beitragslücke aufgrund einer unvollständigen Beitragsdauer)[18]. Diese bedürftigkeitsabhängigen Leistungen galten bis zum 1er Januar 2008[19] als provisorisch, in der nie erfüllten Erwartung, dass die Versprechen von 1972 von den Behörden eingehalten würden. Obwohl es sich um eine Sozialversicherung handelt, werden die EL seitens der bürgerlichen Mehrheitsparteien im Parlament zunehmend als Sozialhilfe behandelt. So müssen die Erben der Empfänger sie seit 2021 zurückerstatten, auch wenn sie zu Recht bezogen wurden, mit Ausnahme eines Freibetrags von 40’000 Franken.
Wie Anne-Sylvie DUPONT jedoch 2021[20] festhielt, „besteht heute ein breiter Konsens darüber, dass die Renten der AHV/IV, einschließlich der Vollrenten, das Verfassungsziel“ der angemessenen Deckung des Existenzbedarfs nicht erreichen. Die seit 1972 wortbrüchigen Bundesbehörden halten das Volk weiterhin zum Narren. Das Volk begann dies zur Kenntnis zu nehmen, als es am 3. März 2024 der Einführung einer dreizehnten AHV-Rente zustimmte[21].
C. Die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise
1. Im Gegensatz zur AHV/IV (erste Säule), in der die Erwerbstätigen für die Rentner:innen zahlen, sieht das Finanzmodell[22] der zweiten Säule, die 1985 durch das BVG[23] obligatorisch wurde, vor, dass jede Person für sich selbst Beiträge zahlt, mit einer gemeinsame Anlage und Verwaltung des Vorsorgekapitals, und mit einer begrenzten Solidarität, insbesondere im Hinblick auf das Invaliditäts- und Todesfallrisiko. Die angesammelten Kapitalien sind beträchtlich, 1159 Milliarden Franken im Jahr 2021[24], aber ihre Rendite ist in den letzten Jahren gesunken. Zusammen sollen die erste und die zweite Säule dafür sorgen, dass die gewohnte Lebenshaltung „in angemessener Weise“ fortgesetzt werden kann.
Vergleicht man die erste und die zweite Säule, so stellt man fest, dass die durchschnittliche AHV-Rente (erste Säule) im Jahr 2022 1874 Franken pro Monat betrug[25]. Das Bundesamt für Statistik weist darauf hin, dass sich die Höhe der AHV-Renten zwischen den Geschlechtern nur geringfügig unterscheidet[26]. Es ist sogar so, dass die durchschnittliche Jahresrente für Frauen etwas höher ist (3,7%) als für Männer[27]. In der beruflichen Vorsorge (zweite Säule) sind die Unterschiede hingegen gross: Frauen erhalten deutlich seltener eine Rente aus der 2. Säule als Männer (49,4 % gegenüber 69,8 %) und wenn sie eine Rente erhalten, ist diese um rund 46 % niedriger als die eines Mannes.
2. Die Lohnbeiträge von Geringverdiener:innen zu erhöhen, indem man die ohnehin schon zu niedrigen Einkommen (siehe A oben) stark schmälert, wie es BVG 21 tut, ist also eine doppelt falsche „Lösung„. Für Personen, die Niedriglöhne erzielen und/oder zerklüftete Karrieren haben, würde die Rente aus der zweiten Säule auch mit BVG 21 bei weitem nicht ausreichen, um zusammen mit der AHV auch nur den Existenzbedarf angemessen zu decken. Andererseits wird BVG 21 die bestgestellten 8 %[28] der Erwerbsbevölkerung im Gegensatz zur AHV von jeglicher finanzieller Verantwortung für die Rente dieser Personen befreien. Und dies, obwohl diese Menschen ohne die Arbeit der übrigen Gesellschaft weder Bildung, noch Gesundheitsfürsorge geniessen, noch sogar ihr blosses Überleben sichern könnten.
3. Der Anteil der obligatorischen beruflichen Vorsorge (d.h. das vom BVG erforderte Minimum) an den Kapitalien der Zweiten Säule kann auf etwa 40%[29] geschätzt werden, der Rest entfällt auf die überobligatorische Vorsorge, welche Leistungen über das BVG-Minimum hinaus erbringt. Die obligatorische Vorsorge macht somit einen nicht unerheblichen Teil der Renten aus. Die Senkung des Rentenumwandlungssatzes durch BVG 21, von 6.8% auf 6%, wird zu einer Senkung des obligatorischen Teils der Renten um 11,76% führen; sie ist somit ein Angriff auf die Leistungsgarantie (60% des Erwerbseinkommens[30]), die 1972 versprochen und bei der Einführung des BVG 1985 erneuert wurde.
Wie der Bundesrat feststellt, „Rund 12 Prozent der Versicherten sind für die Altersleistungen nur nach den Mindestbestimmungen der obligatorischen Vorsorge versichert. Weitere rund 20 Prozent sind stark vom Mindestumwandlungssatz betroffen, da der überobligatorische Anteil an ihrem Altersguthaben gering ist.“[31]
Die maximale Rente gemäss dem BVG-Obligatorium, für eine Person, die während 40 Jahren auf dem gesetzlich vorgeschriebenen maximalen Lohnanteil (maximaler sogenannter koordinierter Lohn von Fr. 5206.25 pro Monat, was einem AHV-Lohn von Fr. 7’350 pro Monat entspricht) Beiträge bezahlt hat, beläuft sich Ende 2024 auf Fr. 2203 pro Monat[32]. Die minimale BVG-Rente (bei einem AHV-Lohn von Fr. 1837.50 pro Monat), ebenfalls bei voller Beitragsdauer von 40 Jahren, beträgt Fr. 133 pro Monat. Ein Lohn unter 1837.50 pro Monat ist gemäss BVG nicht beitragspflichtig[33].
Bei denselben Löhnen betragen die AHV-Renten (ohne 13. Rente) Fr. 2450 bzw. Fr. 1225 pro Monat.
4. Was die Renten der weitergehenden Vorsorge betrifft (Renten, die über das BVG-Minimum hinausgehen, überobligatorische Vorsorge), so sind diese in den letzten Jahren bereits stark gesunken. Schon damals niedriger als der obligatorische Umwandlungssatz von 6.8%, betrug der überobligatorische Umwandlungssatz im Jahr 2014 durchschnittlich 6.05%: „[…] Zwischen 2014 und 2022 wurden die Umwandlungssätze [weiter] im Durchschnitt von 6.05 auf 5.21% gesenkt, was einer Senkung um rund 14% entspricht.“[34]
5. Ein Teil der Bürgerlichen, zu deren Sprachrohr sich die NZZ machte, wollte die Senkung des Umwandlungssatzes im BVG-Obligatorium sogar nicht einmal ausgleichen. Ihr Argument: Die „armen Schlucker“ leben länger, sie erhalten also eine geringere Rente, aber über einen längeren Zeitraum, so dass sie nichts verlieren! Diesem Argument «à la Marie-Antoinette» (das Volk hat kein Brot? Es soll doch Kuchen essen) leistete die Mehrheit des Parlaments keine Folge. Die Senkung der gesetzlichen Mindestrenten musste also durch Übergangsleistungen ausgeglichen werden[35], solange bis das angesparte Kapital über 40 Jahre wieder auf ein Niveau steigt, das die Senkung der Renten durch die Senkung des Umwandlungssatzes ausgleichen kann. Aber die Übergangsleistungen müssen durch Beiträge finanziert werden. Wie soll das geschehen? BVG 21 macht hier ein weiteres Geschenk an die Reichsten, die mehr als 176’400 Fr. pro Jahr verdienen. Der Bundesrat sah vor, dass sich alle Löhne bis 860’400 Fr. pro Jahr an der Finanzierung der Ausgleichsmassnahmen für die Senkung des Umwandlungssatzes beteiligen sollten[36]. Die bürgerlichen Parteien beschlossen jedoch, den Teil der Löhne, der über 176’400 Fr. liegt, von jeglicher diesbezüglichen Abgabe zu befreien. Dieses schockierende Beispiel für „verkürzte Solidarität und verkürzte Steuergerechtigkeit zugunsten der Besserverdienenden“ ist ein weiterer Grund, BVG 21 abzulehnen.
6. Da sich die rechten Propagandisten der Unbeliebtheit einer Erhöhung der Lohnbeiträge für das BVG bewusst sind, stellen sie nun (mit Ausnahme einer Minderheit des SGV und der SVP) die Ausweitung des Vorsorgeschutzes auf einen Teil der Niedriglöhne in den Vordergrund, insbesondere von Frauen und von prekär oder teilzeitlich beschäftigten Lohnabhängigen. In diesem Punkt ist die Täuschung am offensichtlichsten. Die Eintrittsschwelle in das BVG wird nämlich durch BVG 21 von 22’050 Fr. pro Jahr auf 19’845 Fr. gesenkt, wovon 80% versichert sein würden. Von diesem Eintrittslohn von 1’653.75 Fr. pro Monat wird der beitragspflichtige (versicherte) Lohn 1’323 Fr. pro Monat und der BVG 21-Beitrag für die Versicherte im Durchschnitt 76 Fr[37] pro Monat betragen, was zum aktuellen AHV/IV-Beitrag von 84 Fr. pro Monat hinzukäme. Die aktuelle AHV-Rente für diesen Lohn beträgt Fr. 1’336 pro Monat[38]. Bestenfalls kann die betreffende Versicherte nach 40, nie durch Arbeitslosigkeit unterbrochenen Beitragsjahren mit einer BVG 21-Rente von 427 Fr. pro Monat rechnen. Würde sie diese zusätzlichen 76 Fr. nicht in eine Pensionskasse, sondern in die AHV einzahlen, so erhielte sie eine zusätzliche monatliche AHV-Monatsrente von 607 Fr., d.h. insgesamt also 1943 Fr. pro Monat[39]! Hier zeigt sich das Ausmaß der Desinformation, die von rechten Kreisen betrieben und leider von einigen bürgerlichen Frauenverbänden übernommen wird.
7. Die Frage lautet daher: Wie kann man in Zukunft die sinkenden Rentenleistungen der zweiten Säule ausgleichen? Die Volksabstimmung vom 3. März 2024 weist den Weg: Die Leistungen der AHV müssen erhöht werden, und zwar über die notwendige, aber bescheidene Verbesserung hinaus, die AHV x 13 mit sich gebracht hat. Muss man sich in der Zwischenzeit damit abfinden, den Rentenumwandlungssatz im BVG zu senken? Neben dem oben erwähnten Rückgang der Kapitalrenditen führen die bürgerlichen Propagandisten die steigende Lebenserwartung als Argument für die Senkung des obligatorischen Umwandlungssatzes an, wie dies bereits im überobligatorischen Bereich geschehen ist.
D. Wer lebt länger und bei guter Gesundheit, wer wird frühpensioniert?
1. Die Lebenserwartung bei guter Gesundheit hängt vom sozioökonomischen Status ab. In der Schweiz hat sich die Kluft zwischen den Bildungsniveaus zwischen 1990 und 2014 vergrößert; der Unterschied zwischen Personen mit obligatorischem und denen mit höherem Bildungsstand stieg bei Männern von 7,6 auf 8,8 Jahre und bei Frauen von 3,3 auf 5 Jahre[40] . Nun findet man die Personen, die am frühesten in Pension gehen, mehrheitlich im Banken- und Versicherungssektor[41], es sind also dieselben Leute, welche den Rest der Bevölkerung dazu auffordern, länger zu arbeiten. Dies geschieht mit aktiver Unterstützung der jungen FDP[42], deren Mitglieder sich aufgrund ihres politischen Engagements[43] zweifellos erhoffen, selber frühzeitig in Pension gehen zu können, wenn sie an der Reihe sind.
Dass die Privilegierten früher in Rente gehen können als andere und darüber hinaus länger bei guter Gesundheit leben, gehört für die Bourgeoisie zur „natürlichen Ordnung„. Die NZZ stellt unwiderlegbar fest: „Reiche können sich natürlich mehr leisten als Arme„[44]. Wer sich gegen die oben genannten Ungleichheiten wehren will, dem hält die Zeitung ein schlagendes Argument entgegen: „Wer das als Skandal empfindet, müsste per sofort das Privateigentum weitgehend abschaffen. Wozu das führt, hat die Geschichte eindrücklich gezeigt.“[45]
2. Die Unterschiede in der Lebenserwartung, insbesondere in der Lebenserwartung bei guter Gesundheit, werden von der NZZ vor allem auf das individuelle Verhalten zurückgeführt. Zwar könne die soziale Stellung von Menschen mit niedrigem Bildungsniveau zu einer geringeren Lebenserwartung beitragen, weil sie aus finanziellen Gründen auf nötige Gesundheitsleistungen verzichten, räumt der Journalist ein. Er weist jedoch darauf hin, dass die Ursache für ihr niedriges Bildungsniveau in ihrem «früheren Bildungsverhalten» liegen könnte. Seine Schlussfolgerung ist trotzdem „großzügig“: „das ginge relativ weit.“
Es sei daran erinnert, dass jede Form von staatlicher Rente, auch im Kapitaldeckungsverfahren, von den Neoliberalen abgelehnt wird, mit Ausnahme einer minimalen, bedarfsabhängigen „Säule“, „um die Armut zu lindern.“[46] So erwähnte die Weltbank[47] 1994 positiv die Übernahme des chilenischen Rentenmodells, das aus einer freien individuellen Wahl der Rentenfonds bestand – eine „freie Wahl„, die Anfang der 1980er Jahre durch die Diktatur des Generals Pinochet erzwungen worden war. Ein im Auftrag des Bundesamts für Sozialversicherungen erstellter Bericht stellte über das chilenische Modell fest: „Die freie Wahl der Vorsorgeeinrichtung in Chile sollte durch den Wettbewerb zwischen den Einrichtungen zu einer Senkung der Verwaltungskosten führen. Die Verwaltungskosten stiegen jedoch aufgrund der steigenden Zahl von Mutationen und der Ausgaben für Marketing und Werbung. Außerdem hat die Zahl der AFPs [Administradoras de fondos de pensiones] kontinuierlich abgenommen, was zu einer Marktkonzentration auf die drei größten AFPs führte. Individuelle Sparkonten sind zudem stark den Marktschwankungen ausgesetzt, wodurch die Versicherten finanziellen Risiken ausgesetzt sind.„[48]
3. Die Lebenserwartung ergibt sich aus „Biometrische[n] Grundlagen, auch Sterbetafeln genannt, [sie] enthalten Sterbe- und Invalidisierungswahrscheinlichkeiten, die in einer Messperiode erfasst wurden. Die gebräuchlichsten sind die BVG-Tafeln, welche neben den Daten der Pensionskasse des Bundes (PUBLICA) ausschliesslich Daten privatrechtlicher Vorsorgeeinrichtungen umfassen. Die heute aktuellen BVG-Tafeln (BVG 2020) sind im Dezember 2020 publiziert worden. Die VZ-Tafeln hingegen beruhen auf Daten von Vorsorgeeinrichtungen öffentlich-rechtlicher Arbeitgeber, wobei die neuesten Tafeln (VZ 2020) im Dezember 2021 publiziert wurden.„[49] Diese Tafeln erfassen jedoch nicht jene biometrischen Grundlagen, welche insbesondere die Berufsgruppen mit dem relativ niedrigsten Bildungsniveau und/oder der körperlich anstrengendsten oder unregelmässigsten Arbeitsbelastung betreffen, zu denen das Hotel- und Gastgewerbe, das Baugewerbe und der Verkauf gehören. „Die Lebenserwartung wird von den Vorsorgeeinrichtungen auf der Grundlage von Sterbetafeln festgelegt, die von privaten Dienstleistungsunternehmen herausgegeben werden. Darauf kann nur nach Bezahlung einer erheblichen Lizenzgebühr zugegriffen werden, was in Widerspruch zum Postulat transparenter Grundlagen für die Gesetzgebung steht„, wie der Bundesrat feststellte[50]. Der Bundesrat wollte daher dem Bundesamt für Statistik erlauben, diese Daten zu sammeln, um gezielte versicherungstechnische Grundlagen zu erstellen, was jedoch von der bürgerlichen Mehrheit des Parlaments abgelehnt wurde[51]. Unter Berücksichtigung dieses Datenmaterials würde man feststellen, dass gerade die Berufsgruppen mit dem relativ niedrigsten Bildungsniveau und/oder der körperlich anstrengendsten Arbeitsbelastung, auch die kürzeste Lebenserwartung haben. Zudem sind für diese Berufsgruppen die Leistungen aus der zweiten Säule oft nahe dem BVG-Leistungsminimum (siehe C 3 oben). Daher würde die Senkung des Umwandlungssatzes von 6,8 auf 6 % gerade jene Personen, welche durch das Rentensystem bereits am stärksten benachteiligt sind, in schockierender Weise treffen. Da mangels geeigneter biometrischer Grundlagen nicht erwiesen ist, ob und in welchem Ausmaß sich die Lebenserwartung einer Person mit niedrigem Bildungsstand, die einer der oben genannten Berufsgruppen angehört, signifikant erhöht hätte, rechtfertigt sich die Senkung des Umwandlungssatzes in keiner Weise. Die Ablehnung des Vorschlags des Bundesrates bezüglich der Erstellung versicherungstechnischer Grundlagen ist ein weiterer Grund, die von BVG 21 erzwungene Leistungssenkung zu verwerfen.
E. Der Gegensatz zwischen Erwerbstätigen und Pensionierten in der zweiten Säule, oder: wie man den Arbeitskollegen 39-mal eine Runde Bier spendiert, aber bei der 40sten Runde noch selber die Zeche zahlen muss.
1. Die obenerwähnten Unterschiede zwischen den Berufsgruppen relativieren auch das von der Bourgeoisie immer wieder bemühte Argument der angeblichen Umverteilung zwischen aktiven Versicherten und Rentenbezüger:innen: die vermeintlich Begünstigten könnten sich nämlich als benachteiligt erweisen, lägen Sterbetafeln vor, welche ihre tatsächliche Lebenserwartung aufzeigen, und nicht diejenige, die sich aus einem Durchschnitt aller Berufe ergibt. Diese angebliche Umverteilung hat übrigens vor kurzem sogar laut der Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge[52] ein Ende gefunden. Abgesehen davon ist die Zerschneidung des menschlichen Lebens in Salamischeiben nach Altersklassen, über alle sozialen Schichten hinweg, eine ideologische Mystifizierung[53]. Hinter dieser Zerschneidung verbergen sich aber auch andere Unterschiede als die bereits erwähnten zwischen Individuen und Berufsgruppen. Nehmen wir ein Beispiel aus dem Bereich der Kollektivlebensversicherung in der Zweiten Säule, wo einige Daten öffentlich zugänglich sind.
2. Die Mehrheit der im Privatsektor der Zweiten Säule unterstellten Personen ist bei einem Lebensversicherer versichert, nämlich 1’957’970[54]. Davon waren im Jahr 2022 610’922 Erwerbstätige bei einem Lebensversicherer für alle Risiken (Alter, Invalidität, Tod) gedeckt, 325’170 bei SWISS LIFE, 284’871 bei anderen Versicherern[55]. SWISS LIFE verbuchte 2022 1,92 Milliarden als Rückstellung für zukünftige Rentenumwandlungssatzverluste[56], davon 1,479 Milliarden im obligatorischen Bereich und 441,8 Millionen im überobligatorischen Bereich (dieser niedrigere Betrag erklärt sich durch die Senkung des Umwandlungssatzes im überobligatorischen Bereich, siehe C 4 oben)[57]. Diese Beträge decken die Differenz zwischen dem Altersguthaben der versicherten Personen zum Zeitpunkt der Pensionierung und dem Betrag, der versicherungsmathematisch notwendig ist, um die Rente während der vorgesehenen Dauer, gemäß den biometrischen Tabellen und mit der voraussichtlichen Kapitalrendite über diese Dauer (dem sogenannten technischen Zinssatz) auszuzahlen. Nur, wer hat diese Rückstellung finanziert? Selbstredend die Erwerbstätigen, denn nach der Pensionierung zahlt man keine Beiträge mehr. Die Rechtsparteien beeilen sich, hinzuzufügen: Die Jungen zahlen für die Alten! Aber wer hat die Langlebigkeitsrückstellung von SWISS LIFE in Höhe von 1,92 Milliarden finanziert? Die Antwort ist klar: Während ihres gesamten Arbeitslebens genau dieselben Personen, die neu in Pension gegangen sind und denen die Rechtsparteien vorwerfen, die Jungen auszuplündern!
3. Es gibt also eine Form von Schizophrenie – von der NZZ und den Wohlhabenden stark gefördert – bei denjenigen, die sich über die im versicherungsmathematisch hohen obligatorischen Umwandlungssatz angeblich liegende Ungerechtigkeit aufregen: Dieselbe Person, die im Erwerbsleben aktiv war, wird eines Tages Pensionierte:r der Zweiten Säule, nachdem sie für ihre eigene Rente – und für die Invaliditäts- und Hinterbliebenenleistungen der von diesen Risiken Betroffenen – Beiträge gezahlt hat. Das verbreitete Unwissen über die“Identität Erwerbstätiger – zukünftiger Rentner“ hat unangenehme Folgen, welche durch den starken Rückgang der Renten im überobligatorischen Bereich veranschaulicht werden (siehe C 4 oben): Von einem Jahr auf das andere, und in einigen Pensionskassen ebenso plötzlich wie massiv, ohne jeglichen schrittweisen Übergang, wurde Neupensionierten ein erheblicher Teil ihrer erwarteten reglementarischen Rente gekürzt, obwohl sie während ihres ganzen Arbeitslebens Rückstellungen für die Zunahme der Lebenserwartung finanziert hatten! Und dies weshalb? Einfach um die sogenannten „Arbeitgeber:innen“ von jeglicher Verantwortung für das 1972 gegebene – und 1985 erneuerte – Leistungsversprechen zu entbinden, und sie von jeglichem zusätzlichen, selbst hälftig von den Lohnabhängigen getragenen Beitrag zur Sicherung des Rentenniveaus zu entlasten. Diese Behandlung von Neurentner:innen im überobligatorischen Bereich hat somit zur Diskreditierung der Zweiten Säule beigetragen. Die Rechtsparteien hofften, in Zukunft könne so die Dritte Säule die Versicherten noch stärker ausplündern als die Zweite Säule. Das Volk hat sich nicht täuschen lassen, und hat am 3. März das Ruder in Richtung der Ersten Säule, der AHV, herumgerissen.
4. Wie hat SWISS LIFE die Rückstellung von 1,92 Milliarden für zukünftige Rentenumwandlungssatzverluste finanziert? Hauptsächlich durch Risikoprämien, die sich auf mehr als das Doppelte der erwarteten Schadenskosten belaufen können[58]. Diese Art der Finanzierung der Langlebigkeit hat für SWISS LIFE einen klaren Vorteil: Je höher die Risikoprämie (und/oder die Kostenprämie), desto höher der Anteil, den der Versicherer als rechtmäßigen Gewinn behalten kann (bis zu 10% der diesbezüglichen Prämie, gemäß der vom unsäglichen Hans-Rudolf MERZ erlassenen, höchst seltsamen Mindestquote oder legal quote[59]). Im Gegensatz zu dem, was nämlich manchmal sogar in akademischen Kreisen behauptet wird, führt eine zu hohe Prämie zwar zu einem höheren Überschuss (Einnahmen minus (Ausgaben plus Rückstellungen)), aber dieser höhere Überschuss geht nicht vollständig an die Versicherten: Der Versicherer darf bis zu 10 % der höheren Prämie behalten. Im Jahr 2022 hat SWISS LIFE, in Vorbereitung der bevorstehenden Rentenabstimmungen, den Zugriff auf das Geld der Versicherten „großzügig“ auf 5% der Risiko- und Kostenprämien zuzüglich des Nettokapitalertrags beschränkt, was immerhin 137,888 Millionen ausmacht. Der Börsenkurs betrug am 20. März 2020 Fr. 278,70, heute Fr. 633[60]. Den Versicherten der obligatorischen Zweiten Säule sei gedankt![61]
5. Was nun, wenn wir den Umwandlungssatz bei 6,8 Prozent belassen? Wird es dann, wie die bürgerlichen Propagandisten prophezeien, Schwefel und Feuer regnen? Diese ständig wiederkehrende Panikmache wurde 2010 und 2017 vom Volk völlig zu Recht ignoriert. Erstens sind von Gesetzes wegen Rückstellungen gebildet worden, wie die erwähnte von SWISS LIFE, welche es erlauben, den Umwandlungssatz unverändert zu belassen. Eine Senkung des Umwandlungssatzes würde lediglich SWISS LIFE erlauben, den aufgrund der Solvenzregeln in der Lebensversicherung gebundenen Anteil ihres Eigenkapitals, der sich auf die obligatorische zweite Säule bezieht, zu senken und den Differenzbetrag an ihre Aktionäre auszuschütten. Hat SWISS LIFE dies nötig? Die Entwicklung ihres Börsenkurses scheint dies nicht zwingend zu belegen. Die Erwerbstätigen – und die „Arbeitgeber:innen“ – werden einfach weiterhin die Rückstellungen für zukünftige Rentenumwandlungssatzverluste aufstocken müssen, von denen sie als künftige Rentner:innen selbst profitieren werden, ohne jegliche Schizophrenie. Dies in Erwartung eines gerechteren Systems der Altersvorsorge (siehe F unten).
6. Nebst der Verteidigung des bisherigen obligatorischen Leistungsniveaus wird die Beibehaltung des heutigen Umwandlungssatzes einen weiteren, aus ebendiesem Grund von den Rechtsparteien verhassten Vorteil haben: eine solidarische Finanzierung innerhalb der Lohnstruktur. Selbst wenn sich die Versicherung der höchsten Löhne allmählich von der Versicherung der übrigen Löhne losgelöst hat, indem die Unternehmen getrennte Pensionskassen für Führungskräfte einrichten – was bei der Einführung des BVG im Jahr 1985 undenkbar gewesen wäre – und selbst wenn das Bundesgericht für Führungskräfte aus steuerlichen Gründen eingerichtete Kassen mit nur einem einzigen Versicherten (!) zulässt[62], so hat eine vollständige Trennung zwischen obligatorischer und überobligatorischer Vorsorge noch nicht stattgefunden. Die sogenannten umhüllenden Kassen, welche beide Vorsorgearten vereinen, haben es den „Arbeitgeber:innen“ nämlich ermöglicht, durch die Schmälerung des Überobligatoriums die Mindestleistungen des Obligatoriums weiterhin zu erfüllen und so einen angemessenen Beitrag zur Finanzierung der Altersrenten zu vermeiden. Eine weiter fortschreitende Trennung beider Vorsorgearten würde den Ausstieg aus einer Zweiten Säule erleichtern, welcher ohnehin die Luft ausgeht (siehe F unten). Inzwischen hat die oft stark geschrumpfte überobligatorische Vorsorge zur Folge, dass selbst Personen, welche mehr als den Medianlohn verdienen, sich der Vorteile einer Beibehaltung des jetzigen obligatorischen Umwandlungssatzes bewusst werden. Naturgemäss versuchen die Rechtsparteien, die Spaltungen zu vergrößern, indem sie lautstark verkünden, dass die besser Verdienenden die Geringverdienenden in den umhüllenden Kassen subventionieren. Was für ein Skandal, sagen sie. Nur ist es so, dass die besserverdienende Person ebenfalls ein BVG-Minimalguthaben hat und sich darüber freut, dass zumindest ein Teil ihrer Vorsorge vor den Folgen des versicherungsmathematisch begründeten Kahlschlags bewahrt wird. Das aufkeimende Bewusstsein für diesen Zusammenhang wird von den Rechtsparteien sehr ungern gesehen: so haben sie deswegen, und nicht nur aus Spargründen, die BVG-Vorlage des Bundesrates stark gekürzt, welche allen versicherten Personen Übergangsleistungen auszahlen wollte[63]. Sie wollten das in dieser Vorlage enthaltene Umlageelement (wo Erwerbstätige wie in der AHV direkt für die Rentner:innen zahlen, ohne die Finanzintermediäre zu bereichern) im Keim ersticken, weil es der Funke einer besseren Zukunft des Rentensystems hätte werden können. Das Volk hat diesen Funken am 3. März 2024 neu entfacht.
7. Hinzu kommt, dass die Beibehaltung des Umwandlungssatzes bei 6,8% einen weiteren Vorteil hat: Da Frauenlöhne im Durchschnitt niedriger sind als Männerlöhne, kommt das Element der Solidarität für den Jahreslohnanteil unter 88’200 Fr. proportional stärker den Frauen zugute. Die immer wieder geäußerte Drohung, Pensionskassen zu gründen, die sich strikt auf die obligatorische Vorsorge beschränken, um jegliche Solidarität auszuschalten, wurde bislang kaum in die Praxis umgesetzt, nicht zuletzt wegen der damit verbundenen Kosten.
F. Welche Bestandteile könnte man für einen Ausstieg aus der obligatorischen Zweiten Säule skizzieren?
1. Während wir den Kampf gegen die ungerechte BVG 21-Vorlage führen, ist es sinnvoll, damit zu beginnen, ernsthaft über einen Ausstieg aus der Zweiten Säule nachzudenken. Wir sollten uns vor vorgefertigten Antworten hüten, denn Vorlagen, so gut sie auch sein mögen, die aber nicht zu Ende gedacht sind, können jeden Fortschritt für Jahrzehnte zum Scheitern verurteilen. Der Teufel steckt im Detail. Die Garantie der wohlerworbenen Rechte war und bleibt der entscheidende Punkt eines jeden Systemwechsels, eines schrittweisen Ausstiegs – denn nur einen solchen kann es geben – aus dem System des Kapitaldeckungsverfahrens. Zu Unrecht hatten die bürgerlichen Parteien behauptet, dass die wohlerworbenen Rechte, obwohl in der 1972 abgelehnten Initiative der Partei der Arbeit (PdA) explizit erwähnt, durch die Initiative nicht angemessen geregelt worden seien.
2. a) Die Garantie der wohlerworbenen Rechte bis zum letzten Rappen ist umso wichtiger, als die kapitalgedeckte kollektive Altersvorsorge – ebenso wie die Invaliditäts- und Hinterbliebenenleistungen – ein versicherungstechnisch kollektives Element enthält, das sich dem Bewusstsein der Versicherten oft entzieht. So sind die Erben eine:r früh verstorbenen Pensionierten oft erstaunt, dass sie nichts vom Kapital des Verstorbenen erhalten, obwohl dessen Rente auf Grundlage einer durchschnittlichen Lebenserwartung im Ruhestand berechnet wurde. Manche, wie Jacques-André SCHNEIDER, haben zu Recht auf einen „Aneignungs- oder gar individuellen Kontrolltraum“ hingewiesen, der bei Personen angeregt wird, die zwar kollektiv, aber im Beitragsprimat versichert sind (d. h. im BVG-System, wo ein durch Beiträge geäufnetes „Altersguthaben“ in individueller Äquivalenz die Leistungen definiert). Dieser Autor fährt fort: „Die [in der Schweiz mittlerweile sehr selten gewordenen] Leistungsprimatpläne, insbesondere wenn sie durch kollektive Anlagen finanziert sind, rufen diese Versuchung weniger oft hervor, da sie bis zum Tod und darüber hinaus für die Hinterbliebenen die Zahlung einer sofort definierbaren Rente im Verhältnis zum persönlichen Lohn versprechen„[64]. Dieser Aneignungstraum prallt mit der Realität zusammen, wenn sich jemand dafür entscheidet, im Rentenalter ein Kapital zu erhalten, wozu sie von Scharlatanen der „Finanzindustrie“ ermutigt wird: Wenn diese Person das Glück hat, lange zu leben, wird dieses Kapital, selbst bei den erwarteten Börsenrenditen, höchstwahrscheinlich nicht ausreichen, um ihr bis ans Ende ihrer Tage ein ausreichendes Einkommen zu sichern. Dasselbe gilt für die Dritte Säule oder für das sogenannte System der individuellen „freien Wahl“ der Anlagen in der Zweiten Säule[65]. Diesen Systemen ist gemeinsam, dass sie das Risiko für die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise nach der Pensionierung auf die versicherte Person abwälzen, ohne jeglichen kollektiven Schutz und zum einzigen und alleinigen Vorteil der Finanzvermittler:innen, deren Verwaltungsgebühren bei individuellen Produkten viel saftiger sind als bei kollektiven Anlagen. Aus demselben Grund bekämpfen Banken und Versicherungen die Ausweitung der umlagefinanzierten Renten (siehe auch 4 unten).
b) Aufgrund des Kräfteverhältnisses ist es besser, schrittweise vorzugehen, um die Leistungen der derzeitigen AHV allmählich auszubauen.
c) Wenn die Bedingungen reif sind, sollte sich der Übergang vom BVG-Kapitaldeckungsverfahren zu einer verbesserten AHV auf das BVG-Minimum beschränken, da es sonst schwierig ist, die wohlerworbenen Rechte zu sichern. Die Unterschiede im Vorsorgeschutz zwischen verschiedenen Gruppen von Lohnabhängigen und verschiedenen Wirtschaftszweigen sind derart groß, dass die Suche nach einer gerechten Übertragung der Rentenansprüche von einem System auf das andere einem Prokrustesbett gliche.
d) Die sehr wenigen Kassen, welche noch ein Leistungsprimat vorsehen, könnten sich, wenn sie in allen Punkten die Mindestanforderungen der verbesserten AHV erfüllen, dafür entscheiden, außerhalb des neuen Systems zu bleiben.
e) Während einer Übergangszeit sollte ein Rückkauf der Leistungsansprüche ermöglicht werden, um insbesondere die Probleme im Zusammenhang mit dem Vorbezug für Wohneigentum und mit dem Vorsorgeausgleich im Falle einer Scheidung zu lösen.
f) Zur Veranschaulichung: Um die maximalen Renten der obligatorischen BVG-Minimalvorsorge von Fr. 24’633 pro Jahr oder 2’052,75 pro Monat durch höhere AHV-Renten zu ersetzen, müssten die AHV/IV-Beiträge um rund 84% von 10,1% auf 18,48% erhöht werden (mit einer proportionalen Erhöhung der anderen Finanzierungsquellen, siehe 8, https://alencontre.org/suisse/non-a-lpp-21-oui-a-avs-x-13.html). Der derzeitige durchschnittliche obligatorische BVG-Beitrag über alle Altersklassen hinweg beträgt 12,5% des koordinierten Lohns, wobei hier nur der Altersanteil berücksichtigt wird[66]. Der maximale koordinierte Lohn beläuft sich auf Fr. 5206,50 pro Monat, was einem AHV-Lohn von Fr. 7’350 pro Monat entspricht. Auf diesem Lohn entspricht der durchschnittliche aktuelle BVG-Beitrag von 12,5 % des koordinierten Lohns 8,84 % des AHV-Lohns. Der Ersatz der obligatorischen BVG-Beiträge durch Beiträge für eine verbesserte AHV würde also mit einer leichten Verringerung des finanziellen Aufwands, von 18,94% auf 18,48% einhergehen. Diese Einsparung wäre bei niedrigeren Löhnen sogar noch grösser: Zum Beispiel beträgt der durchschnittliche BVG-Beitrag für einen Lohn von 4000 Fr. pro Monat 5,8% des AHV-Lohns, während ein zusätzlicher AHV-Beitrag von 3,97%, d.h. 13,98% anstatt der heutigen 10,1%, ausreichen würde, um die BVG-Rente zu ersetzen, die eine versicherte Person bei voller Beitragsdauer erwarten kann.
3. Die sich für Jahrzehnte schicksalhaft erwiesene negative Entscheidung von 1972 wurde durch mehrere Faktoren begünstigt: a) die bereits starke Entwicklung privater Pensionskassen zum Zeitpunkt der Abstimmung[67].
b) die Entscheidung eines dominanten Flügels der Gewerkschaftsbürokratie und der Sozialistischen Partei, die sich aus der Politik des Arbeitsfriedens und der Beteiligung an Bundes- und Kantonsregierungen mit der kapitalistischen Bourgeoisie ergab, die zu dieser Zeit das Kapitaldeckungsverfahren befürwortete[68]; die Sozialistische Partei (in der es dennoch eine Strömung gab, die die Initiative der Partei der Arbeit befürwortete) und der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) stellten sich gegen die Initiative der PdA[69] (und zogen dann ihre eigene Initiative mit ähnlichem Inhalt zurück), da sie für eine 2. Säule waren und da sie den Antikommunismus teilten, der in der Deutschschweiz seit 1922 im SMUV[70], einer wichtigen Gewerkschaft im SGB, und seit 1924-25 allgemein vorherrschte.
c) eine Illusion: Die Illusion eines Teils der Sozialdemokratie, dass die Entwicklung von Pensionskassen den Lohnabhängigen ermöglichen würde, durch die paritätische Verwaltung irgendeinen Einfluss auf die kapitalistische Wirtschaft zu erlangen[71], erweist sich heute in der Tat voll und ganz als eine solche. Diese Illusion wurde zu Recht von Jost STEIGER[72], der später der Revolutionären Marxistischen Liga (RML) beitrat, scharf kritisiert. Die späteren Mitglieder der RML hatten – als sie noch Mitglieder der PdA/POP waren – Unterschriften für die Initiative Für eine wirkliche Volkspension gesammelt.
Haben die Gewerkschaften und die Bewegung der Lohnabhängigen aufgrund der 1159 Milliarden, die heute in der zweiten Säule angespart sind, irgendeinen Einfluss auf die Managemententscheidungen der Schweizer Wirtschaft, insbesondere der großen Unternehmen? Wer würde es wagen, dies ernsthaft zu behaupten?
4. Wie unter anderem die Studienabteilung einer Bank, die von dem neoklassischen Ökonomen Patrick ARTUS geleitet wird, feststellt: „Die „moderne“ Tendenz des angelsächsischen Kapitalismus besteht darin, eine hohe Kapitalrendite durch die Verzerrung der Einkommensverteilung zum Nachteil der Lohnabhängigen zu erzielen. In Ländern mit dieser Tendenz des Kapitalismus steigt der Anteil der Gewinne am BIP strukturell an, das Wachstum der Lohnsumme wird gebremst und die Rendite der Kapitalisierung (wenn sie stark in Aktien investiert wird) ist höher als die Umlagerendite. Die Entscheidung für das Umlageverfahren ist dann nur in den Ländern logisch, die dem „angelsächsischen“ Kapitalismus „widerstehen“ und in denen sich die Einkommensverteilung nicht zu Ungunsten der Löhne verschiebt.„[73]
Selbstverständlich sind es nicht „die Länder„, sondern die Lohnabhängigen – sofern sie für ihre Interessen organisiert sind -, welche die von ARTUS hervorgehobene Verzerrung verhindern.
Es ist daher für die Lohnabhängigen in diesem Land ungünstig, weiterhin auf eine Verzerrung der Verteilung des Wohlstands zu ihren Ungunsten zu setzen und der Schizophrenie zwischen Erwerbstätigen und Rentner:innen die Schizophrenie zwischen Lohnabhängigen und Aktionär:innen hinzuzufügen.
5. Eine dritte Art der Schizophrenie ist der Gegensatz zwischen Mieter:innen und Versicherten, vor allem für Personen, die gleichzeitig Mieter:in von SWISS LIFE, dem größten privaten Immobilienbesitzer der Schweiz[74], und über SWISS LIFE für die berufliche Vorsorge versichert sind. Sie werden dieses Jahr eine Rendite von 1.25% auf ihrem Altersguthaben erhalten, aber es wird für sie ein schwacher Trost sein, zu erfahren, dass das Bundesgericht neu eine Miete als nicht missbräuchlich anerkennt, die de:r Vermieter:in eine Rendite von 3.75% (2% über dem hypothekarischen Referenzzinssatz) verschafft. Bis 2020 betrug die zulässige Rendite 0,5% über dem Referenzzinssatz, aber das Bundesgericht hielt es für angebracht, seine Rechtsprechung zu ändern, wobei es sich von einer parlamentarischen Initiative des FDP-Nationalrats Feller[75] anregen ließ. Es ist daher verständlich, dass sich der Kurs der SWISS LIFE-Aktie zwischen 2020 und 2024 mehr als verdoppelt hat (+127%).
6. Das Ruder in Richtung mehr Umlageverfahren und weniger Kapitaldeckungsverfahren herumzureißen entspricht also einem dreifachen Gebot in Bezug auf das Rentensystem: 1. Leistungen zu gewährleisten, die nicht nur den Existenzbedarf angemessen decken – was bis heute nicht der Fall ist – sondern auch eine Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise ermöglichen. Selbstredend muss bei Geringverdienenden die Ersatzquote (das Verhältnis zwischen der Altersrente und dem früheren Erwerbseinkommen) 100% und nicht 60 % betragen, da es unmöglich ist, mit einem Einkommen von weniger als 4000 Fr. pro Monat zu leben. 2. Eine nachhaltige Finanzierung der Renten sicherstellen, denn im Gegensatz zu den Fabeln, welche es mit dem Horten von Haselnüssen durch Eichhörnchen vergleichen, schützt das Kapitaldeckungsverfahren in keiner Weise vor den Auswirkungen des demografischen Wandels[76], wie das Rentendebakel in der Zweiten, überobligatorischen Säule beweist[77]. Was das Verhältnis zwischen aktiven Beitragszahlenden und Altersrentner:innen betrifft, so hat es sich bei weitem nicht so stark verändert, wie die bürgerlichen Propagandisten behaupten: es ist von 3,5 zu 1 auf etwa 3 zu 1 gesunken, siehe den Artikel von Benoît Blanc[78]. 3. Die unlösbaren Widersprüche, die Schizophrenie, in welche das kapitalgedeckte Rentensystem die Lohnabhängigen, die künftigen Rentner:innen verstrickt: Erwerbstätige gegen Rentner:innen, Lohnabhängige gegen Aktionär:innen, Mieter:innen gegen Versicherte, müssen durch einen Übergang vom Kapitaldeckungsverfahren zum Umlageverfahren (AHV-System) überwunden werden. In der Tat kann die Gesellschaft ohne einen sozialen Schutz, der dieses Namens würdig ist, keine im wahren Sinn menschliche Gesellschaft werden. (4. April 2024)
[1] Indem man den Durchschnitt der beiden Altersklassen bildet. In diesen Zahlen sind Risiko- und Kostenbeiträge nicht berücksichtigt; letztere machen 5.2% der Prämien aus (Quelle: Finma, Rechnungslegung der beruflichen Vorsorge 2022). Die Verwaltungskosten der AHV belaufen sich im Vergleich dazu nur auf 0.5% der Einnahmen (Quelle: Jahresbericht AHV-Statistik 2021, S. 2). Zu den Risikobeiträgen (oder -prämien) siehe auch E 4 unten.
[2] Siehe https://sozialesicherheit.ch/de/einkommensbezogene-umverteilung-in-der-ahv/ und https://alencontre.org/suisse/non-a-lpp-21-oui-a-avs-x-13.html, Punkt 8.
[3] NZZ vom 28. März 2024.
[4] https://www.bfs.admin.ch/bfs/fr/home/statistiques/travail-remuneration/salaires-revenus-cout-travail.html
[5] Siehe https://sozialesicherheit.ch/de/einkommensbezogene-umverteilung-in-der-ahv
[6] Art. 29sexies und 29septies AHVG.
[7] Art. 22a AVIG.
[8] 1884-1965, im Bundesrat zwischen 1940 und 1947. Nach seinem Ausscheiden aus dem Bundesrat arbeitete er in leitenden Funktionen in der Industrie und im Finanzsektor. Er war ein Gegner Nazi-Deutschlands, schützte aber nach Kriegsende den Faschisten – und Waffenhändler im Dienste der Nazis – Waldemar PABST (Jahrbuch für solothurnische Geschichte 2011, S. 14). Dieser hatte die Ermordung von Rosa LUXEMBURG und Karl LIEBKNECHT angeordnet und überwacht (siehe u. a. Der Spiegel, Nr. 16/1962, S. 38-44, Interview mit PABST), als Deutschland von den Sozialdemokraten Friedrich EBERT und Gustav NOSKE regiert wurde. PABST hatte unter der Verantwortung des Letzteren seine Tat begangen.
[9] Die NZZ wirft der AHV vor, sie erwecke bei der Mehrheit der Lohnabhängigen „fälschlicherweise das Gefühl, ihre Rente verdient zu haben„! Ist dieser Vorwurf begründet? Der Großteil des neu erschaffenen gesellschaftlichen Reichtums wird von den Lohnabhängigen erarbeitet, da der Anteil der echten Selbstständigen in den Industrieländern nebensächlich ist. Der Mehrwert, der ausschließlich von den Lohnabhängigen produziert wird, wird von den Eigentümern der Produktionsmittel angeeignet (und zu einem kleinen Teil an die Topmanager weitergegeben, in Form von Gehältern, welche die Kosten ihrer Ausbildung um ein Vielfaches übersteigen und es ihnen ermöglichen, ihrerseits Kapital zu akkumulieren). Diese private Aneignung des gesellschaftlich produzierten Reichtums wird als „Kapitalrendite“ beschönigt – ein ideologischer Begriff, denn Kapital ist hier nichts anderes als tote Arbeit (welche nicht nur im Produktionsapparat aufbewahrt wird, sondern auch in Geldform, in Form von blossen Ziehungsrechten auf den Mehrwert (Aktien), die sich als wertlos erweisen können – siehe Swissair oder Credit Suisse – oder in verschiedenen Formen von fiktivem Kapital). Mehr als ein Drittel des jährlich produzierten Reichtums wird so den Lohnabhängigen vorenthalten (das ist weit mehr als der Zehnte, der im aristokratischen Ancien Régime von Adel und Klerus erhoben wurde), und nur etwa ein Drittel dieses Drittels wird in die Wirtschaft reinvestiert. Der Rest dient der Akkumulation oder den Konsumausgaben der Kapitalistenklasse. Die Mehrheit der Lohnabhängigen ist also nicht zu Unrecht der Meinung, dass sieihre Rente verdient hat, sondern sie hat allen Grund zur Annahme, dass sie während ihres Arbeitslebens ausgebeutet wurde und auch nach der Pensionierung gegenüber den Kapitalbesitzern und ihren engsten Untergebenen stark benachteiligt ist. Hinzu kommt, dass die private Aneignung von Erfindungen oder Patenten im Widerspruch zur Entwicklung der Wirtschaft steht, ganz zu schweigen von der menschlichen Gesundheit, und dass es in diesem Bereich Sozialisierungstendenzen gibt, wie z. B. die Ausbreitung freier Software beim Betrieb von Computersystemen, insbesondere von Supercomputern und Mobiltelefonen (z. B. Linux). Letztendlich und vereinfacht ist der Kapitalismus ein soziales Verhältnis, beruhend darauf, dass eine Mehrheit ihre Arbeitskraft verkaufen muss, und dass dieselbe Mehrheit diese Notwendigkeit als naturgegeben oder rechtfertigbar verinnerlicht hat. Selbstredend wird dies durch die von den stalinistischen und sozialdemokratischen Bürokratien begangenen Verbrechen erleichtert.
[10] „Der Schweizer Nominallohnindex stieg im Jahr 2022 gegenüber 2021 um durchschnittlich 0,9%. Unter Berücksichtigung einer durchschnittlichen jährlichen Inflationsrate von +2,8% sanken die Reallöhne um 1,9% (97,3 Punkte, Basis 2020 = 100)„, https://www.bfs.admin.ch/bfs/fr/home/statistiques/travail-remuneration/salaires-revenus-cout-travail/indice-salaires.gnpdetail.2023-0387.html.
[11] Molière, Der Geizhals, Œuvres Complètes, 3e partie, Ausgabe von 1855, S. 111.
[12] Vor seiner Wahl in den Bundesrat war er Präsident des Verwaltungsrats des Versicherers Helvetia Patria (2002-2003).
[13] Im bei dieser Abstimmung angenommenen Drei-Säulen-System der Alters-/Invaliden-/Hinterbliebenenvorsorge, Art. 34quater der alten Verfassung, übernommen durch Art. 111, 112 und 113 der Verfassung von 1999.
[14] Gesetz über die berufliche Vorsorge, seit 1985 in Kraft.
[15] Unterstützt von den POCH (Progressive Organisationen der Schweiz), der Revolutionären Marxistischen Liga und der Autonomen Sozialistischen Partei des Tessins.
[16] GREBER Pierre-Yves, Droit suisse de la sécurité sociale, S. 160.
[17] DUPONT Anne-Sylvie in MARTENET/DUBEY (Hrsg.), Commentaire romand de la Constitution fédérale, N28 zu art. 112 Cst, mit Bezug auf die Botschaft von 1971, S. 1628, Fn. 37 (deutsch BBl 1971 Bd. II, S. 1616).
[18] DUPONT Anne-Sylvie, N 12 zu Art. 112a BV.
[19] Siehe Art. 112a BV.
[20] Professorin an den Universitäten Neuenburg und Genf; a.a.O., N 31 zu Art. 112 BV. So auch, unter vielen anderen, HELBLING Carl, Personalvorsorge und BVG, 7. Auflage, S. 23.
[21] Die Frage der Deckung des Existenzbedarfs ist bis in die Reihen der SVP-Wähler spürbar. Ihr historischer Anführer, der Milliardär Christoph BLOCHER, hatte im Januar 2024, als er zur 13. AHV-Rente befragt wurde, seine Gleichgültigkeit gegenüber den wirtschaftlichen Schwierigkeiten seiner eigenen Wählerschaft deutlich zum Ausdruck gebracht. Er erklärte: „Ich hätte gerne eine 13. AHV-Rente, und sogar eine 14. und 15.!“. Diese scherzhafte Ausdrucksweise wurde nicht von seiner gesamten Wählerschaft goutiert. BLOCHER, ehemaliger Verwaltungsratspräsident der Firma EMS-Chemie AG, gründete und leitete seit 1982 die „Arbeitsgruppe Südliches Afrika“ (ASA): Er sagte: „Die Apartheid interessierte uns nicht.“ Und weiter: „L’apartheid nous était évidemment étranger“ (Die Apartheid war uns selbstverständlich fremd), vgl. Le Temps vom 22. Dezember 2005. Das Apartheidregime war BLOCHER, wie übrigens auch der Schweizer Regierung, derart „fremd„, dass er jegliche dieses Regime betreffende Sanktion erfolgreich abwehrte, siehe insbesondere Le Temps vom 20. Juli 1998.
[22] Die wirtschaftliche Realität sieht anders aus, siehe https://alencontre.org/suisse/non-a-lpp-21-oui-a-avs-x-13.html, 6.
[23] Dabei wurden jedoch Geringverdiener und insbesondere ein beträchtlicher Teil der weiblichen Beschäftigten ausgeschlossen.
[24] Pensionskassenstatistik 2021.
[25] https://www.bsv.admin.ch/bsv/fr/home/assurances-sociales/ahv/statistik.html
[26] www.bfs.admin.ch/bfs/fr/home/statistiques/situation-economique-sociale-population/egalite-femmes-hommes/revenu/ecart-rente.html
[27] Dieses Ergebnis ist unter anderem auf den hohen Anteil verwitweter Frauen zurückzuführen, die im Durchschnitt eine höhere Rente erhalten (ebd.).
[28] Siehe A 1 oben.
[29] https://www.asip.ch/de/newsroom/socialnewsroom/post/296-berufliche-vorsorge-diese-begriffe-mussen-sie-kennen.
[30] Unter Einbezug der Ersten und Zweiten Säule.
[31] Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG-Reform 21), Bundesblatt 2020 9817.
[32] Aktualisierte Zahlen auf der Grundlage der Eckwerte der beruflichen Vorsorge, Marie-Claude SOMMER, Bereich Mathematik MAS, Bundesamt für Sozialversicherungen.
[33] Art. 2 Abs. 1 BVG. BVG 21 will Löhne ab Fr. 1653.75 pro Monat der Beitragspflicht unterstellen, BBl 2023 785. Wie bereits unter A. Lohnbeiträge ≠ Lohnbeiträge? erörtert, schmälert diese „Lösung“ die niedrigen Löhne stark, mit einem ungewissen und unverhältnismässigen Ergebnis.
[34] Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge, Bericht über die finanzielle Lage der Vorsorgeeinrichtungen im Jahr 2022, S. 17.
[35] Die in BVG 21 vorgesehenen Übergangsleistungen gleichen nicht in allen Fällen die durch die Senkung des Umwandlungssatzes verursachte Rentenkürzung aus, siehe unter anderen https://www.pwc.ch/de/insights/finanzdienstleistungen/bezugsrahmen-bvg-reform.html
[36] BBl 2020 9873.
[37] Hinzu kommen Risiko- und Kostenbeiträge, die sich insgesamt auf etwa 20 Franken pro Monat oder mehr belaufen werden. Insgesamt verlangt die Rechte von prekär Beschäftigten, insbesondere von teilzeitbeschäftigten Frauen, einen Beitrag von mehr als hundert Franken pro Monat, während ein geringerer Beitrag an die AHV eine fast eineinhalb Mal höhere Rente zur Folge hätte!
[38] Ohne 13. Rente, ledige Person ohne Kinder, daher ohne zusätzliche Erziehungsgutschrift.
[39] N.B. Die zusätzliche AHV-Rente wird in diesem Beispiel nicht verzehnfacht, da angenommen wird, dass die Beiträge auf Löhnen über 19’845 Fr. pro Jahr unverändert bleiben.
[40] Remund A. & Cullati, S. (2022). Ungleichheiten in der Lebenserwartung bei guter Gesundheit in der Schweiz seit 1990. Social Change in Switzerland, N°31. doi: 10.22019/SC-2022-00005; Zusammenfassung : https://www.socialchangeswitzerland.ch/?p=3043
[41] https://www.bfs.admin.ch/bfs/fr/home/statistiques/travail-remuneration/activite-professionnelle-temps-travail/age-generations-retraite-sante/activite-professionnelle-retraite/age-moyen-sortie-marche-travail.assetdetail.16724776.html; Das niedrigste Durchschnittsalter beim Ausscheiden aus dem Arbeitsmarkt ist im Bereich „Finanz- und Versicherungswesen“ zu verzeichnen und liegt sogar unter dem des Baugewerbes, das jedoch über eine Vorruhestandsregelung verfügt, die unter restriktiven Bedingungen ab 60 Jahren gilt.
[42] FDP. Die Liberalen. „Frei und verantwortlich, seit 1894„.
[43] Die Renteninitiative der Jungfreisinnigen verlangte die Erhöhung des Rentenalters für Männer und Frauen auf 66 Jahre, wobei das Rentenalter dann entsprechend der Lebenserwartung weiter steigen sollte. Sie wurde im Juli 2021 eingereicht und in der Volksabstimmung am 3. März 2024 mit 74,72 % der abgegebenen Stimmen abgelehnt.
[44] NZZ vom 3. Februar 2024.
[45] Die Länder, welche die Ideologie der NZZ am konsequentesten umgesetzt haben, sind die USA seit der Wahl von Ronald REAGAN 1980 und das Vereinigte Königreich seit der Wahl von Margaret THATCHER 1979. Letztere erklärte: „Die Gesellschaft existiert nicht. Es gibt nur die Familie„. Ihre Politik wurde unter der sozialliberalen Regierung von Tony BLAIR (1997-2007) im Wesentlichen fortgesetzt und sogar noch vertieft. An diesen Beispielen lassen sich die Auswirkungen auf die Lebenserwartung, die öffentliche Gesundheit und das Bildungswesen deutlich erkennen. Unter der Regierung von Frau THATCHER verweigerte der nationale Gesundheitsdienst (NHS) Patienten über 50 Jahren die Dialyse (vgl. Over 50 and Uremic = Death, https://karger.com/nef/article-pdf/31/3/189/3174022/000182644.pdf). Ein weiteres Beispiel für die weit verbreitete Armut im Vereinigten Königreich ist die neulich festgestellte Gewohnheit von weniger wohlhabenden Engländern, sich selber die Zähne herauszureissen, weil es im öffentlichen Gesundheitswesen an Zahnärzten mangelt und sie sich keinen privaten Zahnarzt leisten können, https://www.independent.co.uk/news/health/nhs-dentists-diy-tipping-point-b2140457.html.
[46] „To alleviate poverty„, Averting the Old Age Crisis, A World Bank Policy Research Report, S. 239.
[47] Ibid., passim. Für eine aus dem Blickwinkel der neoklassischen Wirtschaftstheorie geübte Kritik an der Bevorzugung des Kapitaldeckungsverfahrens im obengenannten Bericht der Weltbank siehe einen anderen, vom Internationalen Währungsfonds veröffentlichten Bericht: Nicholas BARR, Reforming pensions: Myths, Truths, and Policy Choices, https://www.imf.org/external/pubs/ft/wp/2000/wp00139.pdf.
[48] Aspects de la sécurité sociale, Faisabilité du libre choix de la caisse de pension Étude comparative sur l’individualisation et le transfert du risque à l’assuré, Forschungsbericht Nr. 10/05, David Pittet, Meinrad Pittet und Jacques-André Schneider, S. 32f.
[49] Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge, Bericht über die finanzielle Lage der Vorsorgeeinrichtungen im Jahr 2022, S. 20.
[50] BBl 2015 83.
[51] Siehe auch AB 2015 SR 855 ff.
[52] Bericht über die finanzielle Lage der Vorsorgeeinrichtungen im Jahr 2022, S. 40-42.
[53] Die Einteilung der Gesellschaft in Altersgruppen hat zum Ziel, die zunehmende Einkommens- und vor allem Wohlstandskluft zwischen den sozialen Klassen aller Altersgruppen verschleiern. Siehe unter vielen anderen Beispielen The Economist, 30.3.2024, S. 28; es scheint, als erschiene diese Wochenzeitung nicht im selben Land, wo ein 87-jähriger Rentner an den Folgen eines Beckenbruchs starb, nachdem er 17 Stunden lang vergeblich auf einen Rettungswagen gewartet hatte, https://www.independent.co.uk/news/health/ambulance-delays-wait-nhs-glangwili-hospital-b2260228.html. Die Bourgeoisie ist von einer Generation zur nächsten mit sich selbst solidarisch und mit einem echten Selbst- und Klassenbewusstsein ausgestattet (siehe insbesondere Michel PINÇON, Monique PINÇON-CHARLOT, Sociologie de la bourgeoisie). Sie muss also verhindern, dass die Klasse der Lohnabhängigen ihrerseits ein solches Selbstbewusstsein entwickelt, indem sie den Lohnabhängigen falsche Spaltungen vorgaukelt (das derzeit beliebteste Mittel ist nicht nur das nationale, sondern auch das „identitäre“ Kriterium: „falsche Flüchtlinge“, „falsche Arbeiter“, „falsche Schweizer“; sogar „Remigration“ der „falschen Deutschen“, auf Initiative einiger Mitglieder der Allianz für Deutschland, AFD, und des Propagandisten Martin SELLNER, der kürzlich von der Aargauer Sektion der Jungen SVP eingeladen wurde). Diese Spaltungen sind insofern künstlich, als sie die Emanzipation der Klasse der Lohnabhängigen und somit die Entwicklung der gesamten Menschheit behindern. Darauf hat Marx schon vor über anderthalb Jahrhunderten hingewiesen, wie Kevin ANDERSON feststellt: „Während der 1860er Jahre wurden diese Fragen zentral für Marx‘ Beurteilung der Arbeiterbewegung in den beiden mächtigsten kapitalistischen Ländern, Großbritannien und den Vereinigten Staaten. Er kam zu dem Schluss, dass die Gewerkschaftsbewegungen in den kapitalistischen Ländern des Zentrums, die sich weigern würden, progressive nationalistische Bewegungen gegen unterdrückerische Regierungen wirksam zu unterstützen, oder die sich weigern würden, den Rassismus gegen ethnische Minderheiten in ihren eigenen Ländern zu bekämpfen, Gefahr liefen, ihre eigene Entwicklung zu verzögern oder sogar zum Stillstand zu bringen.“ Marx at the Margins, On Nationalism, Ethnicity, and Non-Western Societies (Marx an den Rändern, Über Nationalismus, ethnische Zugehörigkeit und nicht-westliche Gesellschaften), Kevin B. ANDERSON, Chicago, 2010, freie Übersetzung.
[54] Von den insgesamt 4’477’775 müssen noch die 626’829 bei öffentlich-rechtlichen Kassen Versicherten abgezogen werden: https://alencontre.org/suisse/non-a-lpp-21-oui-a-avs-x-13.html.
[55] Finma, Betriebsrechnung berufliche Vorsorge 2022.
[56] Die Rückstellungen betreffen auch die Zunahme der Lebenserwartung, der mit dem Wechsel der versicherungstechnischen Grundlagen Rechnung getragen wird. BRECHBÜHL/FRETZ, N11 ff zu Art. 65b BVG, in: BVG und FZG, Kommentar zum schweizerischen Sozialversicherungsrecht, SCHNEIDER/GEISER/GÄCHTER, 2. Auflage.
[57] Ibid.
[58] Aus Gründen der Transparenz hatte der Bundesrat vorgeschlagen, die Risikoprämien auf das Doppelte der erwarteten Schäden zu begrenzen und eine neue Prämienkomponente einzuführen, die dazu dienen sollte, den Rentenumwandlungssatz zu garantieren, BB 2015 280. Die Mehrheit des Parlaments lehnte dies ab.
[59] https://alencontre.org/suisse/non-a-lpp-21-oui-a-avs-x-13.html, 2 ff.
[60] 2. April 2024, 13:41 Uhr
[61] Versicherte, die sich über ihre durch Merz‘ Legal Quote legalisierte Ausplünderung beschweren wollen, werden durch das Schweizer Arbeits[un]recht abgeschreckt (https://alencontre.org/suisse/non-a-lpp-21-oui-a-avs-x-13.html, Endnote 6, und das zitierte Bundesgerichtsurteil). Die betroffenen Unternehmen, die meisten von ihnen KMU, werden die Lebensversicherer ohnehin nicht verlassen wollen oder können, entweder wegen Gegengeschäften in anderen Versicherungszweigen (zum Nachteil ihrer Lohnabhängigen), wegen der Kosten eines Anschlusswechsels, oder weil sie selbst von den angeblichen Vorteilen einer «Vollkaskoversicherung», für die sie viel zu viel bezahlen, getäuscht werden, siehe https://alencontre.org/suisse/non-a-lpp-21-oui-a-avs-x-13.html, 3.
[62] Siehe für ein Beispiel, wo das Fuder überladen wurde, BGE 9C_613/2022.
[63] BBl 2020 9809 ff.
[64] So Jacques-André SCHNEIDER, Les régimes complémentaires de retraite en Europe, 1994, S. 219.
[65] Ein System, welches in Chile von General Pinochet nach dem Staatsstreich von 1973 eingeführt wurde, siehe Aspects de la sécurité sociale, Faisabilité du libre choix de la caisse de pensions, Étude comparative sur l’individualisation et le transfert du risque à l’assuré, Rapport de recherche n° 10/05, David Pittet, Meinrad Pittet und Jacques-André Schneider, S. 20 ff.
[66] Der Gesamtbeitrag an die 2. Säule ist unter Berücksichtigung der Risiko- und Kostenkomponenten deutlich höher, siehe A 6 oben.
[67] Das Vermögen der Pensionskassen machte 1941/42 31% des BIP aus, 1970 waren es 40,8% und 2022 148%. Diese Entwicklung wurde insbesondere durch zwei Faktoren begünstigt: (i) die Einführung neuer Steuern, insbesondere auf Kriegsgewinne, während der beiden Weltkriege, verbunden mit der Möglichkeit, Zuweisungen an Pensionskassen vom Unternehmensgewinn voll abzuziehen; (ii) das Fehlen der vollen Übertragbarkeit von Rentenansprüchen zwischen einer Pensionskasse und der anderen ( sogenannte Freizügigkeit), war bis 1995 ein Mittel (sog. goldene Ketten) für die «Arbeitgeber», um die Lohnabhängigen an das Unternehmen zu binden, und dies zu einer Zeit, nach 1945, in der bis zu einem Drittel der Belegschaft jedes Jahr in der Maschinenindustrie den Arbeitsplatz wechselte (siehe Jost STEIGER, Le deuxième pilier, service social ou affaire lucrative? Grounauer, Genf, 1978, S. 78 ff; Jacques-André SCHNEIDER, a.a.O., 1994, S. 317 ff; Carl HELBLING, Personalvorsorge und BVG, 6. Ausgabe, 1995, S. 30; Romolo MOLO, Aspects des fondations collectives et communes, 2000, S. 10; Matthieu LEIMGRUBER, Solidarity without the state? Cambridge 2008, S. 64 ff).
[68] Siehe die zitierten Werke von STEIGER und LEIMGRUBER sowie Pietro BOSCHETTI, L’affaire du siècle, le 2e pilier et les assureurs, Neuchâtel 2023.
[69] LEIMGRUBER, S. 254 ff.
[70] Schweizerischer Metall- und Uhrenarbeiterverband. Im Jahr 2004 schloss er sich mit dem Verband Handel, Transport und Lebensmittel und der Gewerkschaft Industrie und Bau zur UNIA zusammen.
[71] Eine Illusion, die insbesondere von dem Waadtländer Staatsrat André GAVILLET (im Staatsrat zwischen 1970 und 1981) aufrechterhalten wurde. Siehe für die Meinung dieser Strömung zum Beispiel Domaine public, 3. März 1972: „Nie eine solche Chance. Weite Bereiche der Schweizer Wirtschaft sind nun in Reichweite der Kontrolle der Gewerkschaftsbewegung und der Lohnabhängigen.“
[72] Siehe insbesondere Le deuxième pilier, service social ou affaire lucrative? Grounauer, Genf, 1978. Jost STEIGER hat während seinem ganzen, langen Leben (1917-2007) mit Mut, stetiger Entschlossenheit und kluger Weitsicht für den Sozialismus und gegen die stalinistische und sozialdemokratische Bürokratie gekämpft. Ohne jegliches Sektierertum war er oft in Einheit mit Lohnabhängigen und mit Organisationen tätig, die von diesen Bürokratien beeinflusst wurden, so oft dies für die Verteidigung der Interessen der Arbeiterklasse nützlich sein konnte.
[73] Bank Natixis, Economy Flash vom 29. August 2018.
[74] https://ch.swisslife-am.com/de/home/media/news/corporate/company-news/2020/20201208_marie_seiler.html
[75] BGE 147 III 14, Erw. 8.4. Das Bundesgericht begründet die Änderung seiner Rechtsprechung mit einer angeblich „ungenügenden Rendite für Pensionskassen, die ihren Versicherten Renten zahlen müssen„. Der Hypothekarzinssatz im Jahr 2019 betrug 1.25%, die zulässige Nettorendite auf in Immobilien angelegtem Pensionskassenkapital 1.75% und der Mindestzinssatz gemäss BVG zwischen 2017 und 2023 1%. Zudem sind Pensionskassen, auch auf ihren Immobilienerträgen, von allen Steuern befreit, als Gegenleistung dafür, dass ihre Einkünfte ausschließlich der Vorsorge dienen (Art. 80 BVG). Sie dienten also als Vorwand, um andere Immobilienbesitzer zu begünstigen. Der FDP-Nationalrat Feller ist seit 2007 Generalsekretär des Westschweizer Hauseigentümerverbands.
[76] Alterung der Bevölkerung, steigende Lebenserwartung.
[77] Die Ausnahme von diesem Debakel sind einige wenige erfolgreiche Abwehrkämpfe, wie die Verteidigung der leistungsorientierten Renten der CPEG (Pensionskasse des Kantons Genf) durch eine Volksabstimmung im Jahr 2019. In diesem System, das in der zweiten Säule in der Schweiz sehr selten geworden ist, hängen die Renten nicht von einem individuell angesammelten Kapital ab, sondern werden auf der Grundlage des früheren Einkommens festgelegt, hier auf 60% des versicherten Gehalts.
[78] https://alencontre.org/suisse/suisse-avs21-et-demographie-lart-de-transformer-de-pseudo-evidences-en-parfaites-tromperies.htmlps://www.pwc.ch/de/insights/finanzdienstleistungen/bezugsrahmen-bvg-reform.html
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