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Offener Brief an Bundesrat Ignazio Cassis: Konsequenter Umweltschutz und Demokratie-Unterstützung in Peru

Bundesrat Ignazio Cassis mit Ana Gervasi, der früheren Aussenministerin Perus

Bundesrat Ignazio Cassis reist diese Tage nach Peru. Aus diesem Anlass schreibt ihm das Colectivo Jaguar, ein Netzwerk von Aktivist:innen aus der südamerikanischen Diaspora in der Schweiz, einen offenen Brief. Das Colectivo Jaguar verlangt darin von Cassis, dass er bei seinem Besuch Position bezieht gegen die repressive Politik der gegenwärtigen peruanischen Regierung sowie gegen die Geschäftspraktiken des Rohstoffkonzerns Glencore in Peru. Eine Reihe von Organisationen, darunter die Bewegung für den Sozialismus BFS/MPS, unterstützt das Colectivo Jaguar dabei. (Red.)

von Colectivo Jaguar

Schweiz, 2. Juli 2024

Sehr geehrter Herr Bundesrat Ignazio Cassis

Mit grossem Interesse haben wir von Ihrem bevorstehenden Besuch in Peru und der geplanten Feier am 11. Juli 2024 in Lima erfahren. 

Diese Reise bietet eine wertvolle Gelegenheit, die bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und Peru zu stärken und wichtige Themen anzusprechen, die sowohl für die Schweiz als auch für Peru von Bedeutung sind. 

In diesem Zusammenhang möchten wir Sie eindringlich bitten, sich während Ihres Aufenthalts in Peru aktiv gegen das geplante Anti-NGO-Gesetz (Ley de Creación de la Agencia Peruana de Cooperación Internacional – APCI. LEY Nº 27692) auszusprechen. Die Schweiz hat eine grosse Verantwortung, sich hier aktiver als mit nur einem Tweet (12. Juni auf X mit EU Account) zu positionieren. Es braucht eine Strategie sowie konkrete Massnahmen, welche die Schweiz umsetzen wird, falls dieses Gesetz trotzdem in Kraft tritt.

Am 5. Dezember 2022, zwei Tage vor der Entmachtung Pedro Castillos, haben die Schweiz und Peru ein Abkommen über das Programm “Incentivo Presupuestario Descentralizado para Gobiernos Locales” unterzeichnet. Der Schweizer Beitrag zum Programm beläuft sich auf 11,4 Mio. CHF. Ein Drittel davon soll gemäss unseren Informationen direkt an Nichtregierungsorganisationen (NGOs) gespendet werden. Ziel des Programms ist es, Peru dabei zu unterstützen, bis 2050 einen modernen, effizienten, transparenten und dezentralisierten Staat aufzubauen. Das beinhaltet, dass die lokalen Regierungen über die Struktur, die Instrumente und die Kapazitäten verfügen, um die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger in den Vordergrund zu stellen und zu einer nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung sowie zur Armutsbekämpfung beizutragen. Das geplante Anti-NGO-Gesetz verhindert jedoch die wichtige und essenzielle Arbeit der NGOs und zentralisiert die Macht des Staates. Das Anti-NGO-Gesetz widerspricht also dem Schweizer Engagement in Peru fundamental. Wir fordern Sie deshalb dazu auf, es auf Ihrer Reise explizit zu kritisieren.

Darüber hinaus möchten wir Sie bitten, während Ihres Besuchs den Fall Antamina-Mine und die Aktivitäten von Glencore in Peru anzusprechen. 

Es ist von grosser Bedeutung, dass die betroffenen Gemeinschaften im Wassereinzugsgebiet der Antamina-Mine Gehör finden und dass Glencore zur Verantwortung gezogen wird, um sicherzustellen, dass Glencores Geschäftspraktiken den höchsten ethischen und ökologischen Standards entsprechen. Dazu gehört auch, dass Glencore die Verantwortung für die Folgen der Umweltzerstörung übernehmen und umweltschädigende Aktivitäten sofort einstellen muss. Darüber hinaus muss Glencore auch die gesundheitlich betroffenen Personen ernst nehmen und sofortige Massnahmen gegen die weitere Kontaminierung durchsetzen. 

Am 17. Februar 2024 fand in der Provinz Huarmey (Region Ancash, nahe der Antamina-Mine, die zu 30% Glencore gehört) eine öffentliche Anhörung statt, nachdem bei 150 Personen hohe Arsenkonzentrationen im Blut festgestellt wurden, wie das Gesundheitsministerium mitteilte. Die Situation in der Provinz Huarmey ist ernst, denn Tests haben ergeben, dass Kinder und schwangere Mütter, die an den Tests teilgenommen haben, hohe Arsenkonzentrationen im Blut haben. Es braucht weitere Messungen der Auswirkungen der Bergbauaktivitäten im gesamten Wassereinzugsgebiet bis hin zur Küste, um das Ausmass der Verschmutzung und der Erkrankung von Mensch und Umwelt erfassen zu können.

Wir fordern Sie auf, Herr Bundesrat, dass Sie den Dialog mit den betroffenen Gemeinschaften führen. Es kann nicht sein, dass sich Glencore hier herauswinden kann. Es braucht langfristige Lösungen, die losgebunden sind von der korrupten Politik, welche zur Zeit das Land beherrscht. Zu diesen Lösungen müssen auch die Schweiz und weitere Länder beitragen, die die in Peru tätigen multinationalen Konzerne, Banken und Versicherungen beheimaten. Um das zu erreichen, braucht es eine klare Kritik des Anti-NGO-Gesetzes, eine ebenso klare Kritik der gesundheitsschädlichen Praktiken Glencores sowie eine aktive Zusammenarbeit mit den Gesundheitsbehörden in der Provinz Huarmey und dessen Einzugsgebiet.

Aus all diesen Gründen fordern wir Sie, Herr Bundesrat Cassis, dazu auf, mit Ihrem Besuch ein starkes Zeichen gegen das problematische NGO-Gesetz zu setzen und gleichzeitig Verantwortung für die Umweltzerstörung des Rohstoffabbaus zu übernehmen, um aktiv etwas zu verändern. Die Schweiz betont regelmässig ihre humanitäre Tradition und ihren Einsatz für nachhaltige Entwicklung. Wir fordern Sie dazu auf, nach diesen Grundsätzen zu handeln und den peruanischen Gemeinschaften auf Augenhöhe zu begegnen. Wir unterstützen gerne bei der Vermittlung zu den Betroffenen Personen, damit wir eine Situation wie in Sambia vermeiden können.

Wir danken Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen eine gute Reise.

Mit freundlichen Grüssen

Colectivo Jaguar, lateinamerikanisch-schweizerisches Diaspora Kollektiv aus der Schweiz
Sociedad Civil Peruanos en Ginebra, Peruanische Zivilgesellschaft aus Genf

Mit Unterstützung von
Bewegung für Sozialismus BFS/MPS,
Revolutionäres Klima Kollektiv Basel,
Outrage Collectif,
Collectif SudGlobal,
Debt for Climate,
Silure

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