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Am Rande vermerkt: Wie der Kanton Aargau auf dem Rücken der Schwächsten spart

In vielen europäischen Ländern wird geflüchteten Menschen heutzutage von breiten Bevölkerungsschichten mit grosser Missgunst entgegengetreten. Verantwortlich hierfür sind unter anderem rechte Parteien, die gezielt Aversionen gegen alles „Auswärtige“ schüren.
Was es bedeutet, wenn auf dem Rücken der schwächsten Mitglieder einer Gesellschaft Stimmungsmache betrieben wird, zeigt nun ein Beispiel aus dem Kanton Aargau. Dort erhalten Asylsuchende und vorläufig Aufgenommene ab 2018 für die Verpflegung nur noch acht statt neun Franken pro Tag.
Hinzu kommen ein Franken pro Tag als Taschengeld sowie ein Kleidergeld von 20 Franken pro Monat. Nachdem das Kantonsparlament die Kürzung im November klar guthiess, hat der Regierungsrat das neue Regime auf Anfang 2018 in Kraft gesetzt. Auch Kindern zwischen 6 und 16 Jahren wird das Verpflegungsgeld um einen Franken gekürzt – auf sieben Franken pro Tag. Für Kinder bis zum vollendeten sechsten Altersjahr bleibt es bei fünf Franken.
Mit der Kürzung des im schweizweiten Vergleich schon tiefen Ansatzes spart der Kanton 1,28 Millionen Franken pro Jahr – ein Witz. In einer an Zynismus nicht zu überbietenden Rede erklärte Regierungsrätin Franziska Roth von der SVP, dass auch Asylsuchende ihren Beitrag zur Sanierung des Staatshaushalts leisten sollten.
Doch lassen sich dank einer solchen Massnahme denn tatsächlich die Finanzen eines Kantons sanieren? Wohl kaum! Dass es hier nicht um eine echte Sparmassnahme, sondern bloss um eine gezielte Demütigung von schutzsuchenden Menschen geht, zeigte denn auch ein Votum aus dem Parlament des Kantons. So hatte eine EVP-Grossrätin – die gegen die Kürzung stimmte – ihre Ratskolleginnen und -kollegen daran erinnert, dass diese als Spesen für ein Mittagessen jeweils 30 Franken bekommen. Ein Beitrag, der für ein geflüchtetes Kind fast eine Woche reichen muss.
Dass der Kanton auf Kosten der Schwächsten spart ist nicht nur unmenschlich. Es führt für diese Menschen auch zu ganz konkreten Problemen im Alltag. Eine Zugfahrt zum Deutschkurs, zur Wohnungs- oder Arbeitssuche oder zum Sport werde noch teurer. Eine Integration der Geflüchteten in die Gesellschaft wird damit gezielt verunmöglicht.
von Georg Lobo
[Am Rande vermerkt] ist eine Serie von Kurzartikeln. Wir wollen damit tagesaktuelles Geschehen kommentieren, einordnen, auf Veränderungen aufmerksam machen. Eine konsequente linke, antikapitalistische Politik zeichnet sich unseres Erachtens nicht nur dadurch aus, die grossen Analysen abzuliefern. Vielmehr gehört es für uns dazu, auch kleinere, unscheinbare Entwicklungen, skandalöse Aussagen und Auffälliges einordnen zu können.
Die kurze Form, der eher flüchtige Charakter und die zeitliche Nähe, die allesamt diese Artikelserie ausmachen, führen dazu, dass die hier geäusserten Einschätzungen vorübergehend sein können und nicht zwangsläufig mit den Ansichten unserer Organisation übereinstimmen müssen. Die Autor*innen und die verwendeten Quellen sind deshalb jeweils gekennzeichnet. Textvorschläge sind jederzeit herzlich willkommen.

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