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Der Rechtsentwicklung entgegentreten – überall!
Im Januar 2017 findet in Davos das 47. Jahrestreffen des World Economic Forum (WEF) statt. Dieses Treffen vereint die mächtigsten „Wirtschaftsführer“, einflussreiche Politiker*innen sowie die Verantwortlichen von internationalen Institutionen wie IWF, WTO, oder EZB.
Unter dem Motto „Den Zustand der Welt verbessern“ versuchen die Organisator*innen und Teilnehmer*innen des WEF seit Jahrzehnten der Öffentlichkeit zu zeigen, dass sie ernsthaft an der Lösung gesellschaftlicher Probleme interessiert seien. Dabei sind es gerade sie, die als Repräsentant*innen der kapitalistischen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung täglich Armut und Unterdrückung verursachen.
Angesichts des europaweiten Rechtsrutsches, des antifeministischen gesellschaftlichen Rollbacks, der rassistischen Hetze gegen Geflüchtete, der brutalen Spar- und Verarmungspolitik und der kriegerischen Auseinandersetzungen vor den Toren Europas finden wir es unbedingt notwendig, über gesellschaftliche Alternativen zum Kapitalismus zu diskutieren.
Um eine Gegenöffentlichkeit zum WEF zu schaffen, organisiert die Bewegung für den Sozialismus BFS in Zürich am Samstag, 14. Januar 2017 ein alternatives Forum – das Andere Davos. Am Vorabend findet zudem ein Stadtrundgang durchs revolutionäre Zürich vor 100 Jahren statt.
Die Konferenz wird auf Deutsch, Englisch und Französisch übersetzt. Zudem wird während dem ganzen Programm in der Spielbaracke auf dem Kanzleiareal eine Kinderbetreuung organisiert. Anschliessend an das offizielle Programm gibt es am Samstagabend Vokü und eine Soliparty im Provitreff in Zürich.
Freitagabend: 19:00-20:30
[accordion title=“Stadtrundgang durchs revolutionäre Zürich 1917/1918“ close=“1″]Vor 100 Jahren streikten und demonstrierten in Zürich Arbeiterinnen und Arbeiter. Sie protestierten gegen die Verschlechterung ihrer sozialen Lage während des Ersten Weltkriegs. Teuerung und Reallohnverluste, Hunger und sich ausbreitende Armut führten unter den werktätigen Schichten zu Frustration und Wut auf die bürgerliche Obrigkeit. Gleichzeitig erfreuten sich die exportorientierte Industrie, die Banken und die Bauern ausserordentlicher Gewinne. Die soziale Kluft zwischen der Arbeiter*innenklasse und dem Bürgertum driftete drastisch auseinander.
Geprägt und beeinflusst durch die internationalen Ereignisse – vor allem durch die Russische Revolution 1917 – keimte auch in der Schweizer Arbeiter*innenbewegung der Wunsch einer Überwindung der kapitalistischen Gesellschaft auf. Dieser Wunsch äusserte sich in zunehmend radikaler werdenden Forderungen und Aktionen.
Die Ordnungskräfte reagierten auf die Demonstrationen mit brutaler Repression. Militär und Polizei setzten immer wieder ihre Waffen ein und verletzten und töteten protestierende Arbeiter*innen. Über Zürich wurde mehrmals der Ausnahmezustand verhängt und die Stadt zeitweise vom Militär besetzt.
Die Auseinandersetzung spitzte sich in den Jahren 1917 und 1918 zu und führte schliesslich im November 1918 zum ersten und bisher einzigen Generalstreik der Schweizer Geschichte.
Im Rahmen des Anderen Davos 2017 organisiert die Bewegung für den Sozialismus einen historischen Stadtrundgang durchs revolutionäre Zürich zur Zeit des Ersten Weltkrieges. Dabei wollen wir einige für die damaligen Ereignisse zentrale Orte besuchen und der Frage nachgehen, inwiefern es für die revolutionäre Linke heute noch sinnvoll ist, sich mit dieser Periode der Schweizer Arbeiter*innenbewegung zu beschäftigen.
Wann: Freitag, 13. Januar 2017 um 19 Uhr
Wo: Helvetiaplatz, Zürich[/accordion]
Samstag: Eröffnung 10:15-11:00
[accordion title=“Das Andere Davos 2017“ close=“1″]Das Ziel des Anderen Davos ist es der Vernetzung der Herrschenden unsere solidarischen Ideen und die kollektive Organisierung von unten entgegenzusetzen. Wir wollen Aktivist*innen aus verschiedenen sozialen Bewegungen und unterschiedlichen politischen Zusammenhängen aus verschiedenen Teilen der Welt zusammenbringen, mit ihnen diskutieren, um schliesslich gemeinsam Perspektiven und Anstösse für eine solidarische Welt gewinnen zu können. Unsere Gäste kommen dieses Jahr aus Deutschland, Italien, Frankreich, Spanien, Grossbritannien, Griechenland, Polen, Ungarn, der Türkei und dem Libanon.
Unter dem Motto der Rechtsentwicklung entgegentreten – überall! wollen wir uns unter anderem mit der feministischen Bewegung gegen das Abtreibungsverbot in Polen, den kriegerischen Auseinandersetzungen in der Türkei und in Syrien, dem antirassistischen Widerstand gegen das europäische Migrationsregime in Ungarn und Griechenland, dem Kampf gegen die Austeritätspolitik, die Arbeitsmarktreformen und dem damit verbundenen Rechtsrutsch in Frankreich, Spanien, Italien, Grossbritannien und Deutschland, sowie mit den Mobilisierungen gegen die Sparpolitik in der Schweiz auseinandersetzen.
Mit Aktivist*innen der Bewegung für den Sozialismus[/accordion]
Samstag: Workshops 1 11:00-13:00
[accordion title=“Weisser Saal: Die Migrationspolitik an den EU-Aussengrenzen“ close=“1″]Die europäische Migrationspolitik ist geprägt von Mauern, Stacheldrähten und Gefängnissen. Wer diese Hindernisse überwindet und es in die EU schafft, wird nicht selten wieder zurückgeschafft. Wer nicht auf der Reise stirbt, wird vom EU-Migrationsregime unter Umständen in lebensgefährliche Regionen ausgeschafft. Gleichzeitig wird von europäischen Werten, von Willkommenskultur und humanitärer Tradition gesprochen.
Seit 2015 wird ein Grenzabschnitt nach dem anderen geschlossen, der Weg nach Mittel- und Nordeuropa wird kontinuierlich erschwert, die Reise wird gefährlicher. Das reaktionäre und menschenrechtswidrige Abkommen der EU mit der Türkei vom März 2016 und das Dublinsystem sind einzelne Elemente einer Politik, die darauf ausgerichtet ist, möglichst viele Geflüchtete an den EU-Aussengrenzen aufzuhalten. Jene, die dennoch ankommen, sollen nach der Ankunft wenn möglich in den Staaten an der EU-Aussengrenze bleiben. Die EU setzt zwecks der Kontrolle der Migrationsbewegung darauf, dass diese Staaten möglichst repressiv gegen Geflüchtete vorgehen. Die gestiegenen Flüchtlingszahlen gehen einher mit einem europaweiten Rechtsrutsch. Dieser ermöglicht es wiederum die Repression an der EU-Aussengrenze politisch zu rechtfertigen und zu verstärken.
Wir wollen die Migrationspolitik der EU von ihrer Aussengrenze her analysieren und laden dazu zwei Aktivist*innen aus Griechenland und Ungarn ein. Ungarn erreichte ab Sommer 2015 mediale Aufmerksamkeit durch die ultrarepressive Flüchtlingspolitik der rechten Regierung. Doch wie lässt sich der Rechtsrutsch in Ungarn erklären und welche Rolle spielt das Land in der europäischen Migrationspolitik? In Griechenland hingegen verwaltet eine angeblich linke Regierung die katastrophalen Zustände, in denen Migrant*innen in Griechenland leben müssen. Was spielt die EU für eine Rolle und was hat der antirassistische Widerstand mit dem Kampf gegen die Austeritätspolitik zu tun?
Mit Ioanna Gaitani, griechische Aktivistin der Organisation Deport Racism, Mitglied der Internationalistischen Arbeiterlinken DEA und ehemalige Parlamentsabgeordnete von Syriza und Salome Schaerer, Aktivistin der Organisation Migszol in Ungarn und Doktorandin an der Central European University in Budapest.
Empfohlene Artikel auf sozialismus.ch:
Griechenland: Flüchtlingspolitik – Brutalität als Mittel der Abschreckung, von Thanasis Kourkoulas
Flucht und Migration: Die Grenzen des Kapitalismus, von Martin Haller[/accordion]
[accordion title=“Zimmer 20: Feminismus als Notwendigkeit gegen den Rechtsrutsch“ close=“1″]Im Kontext der Krise und deren Nachwirkungen sind Austeritätspolitik sowie Angriffe auf die Menschen-, Arbeits- und Bürger*innenrechte zu beobachten. Damit einher geht der Aufschwung der extremen Rechten in vielen Teilen Europas.
Einmal mehr sind die Frauen von dieser gesellschaftlichen und politischen Rechtsentwicklung und den daraus folgenden Angriffen auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen besonders betroffen. Einerseits von der Krisenpolitik der Regierungen, deren Sparmassnahmen speziell auf die Care-Sektoren, das Bildungswesen und die darin beschäftigten Arbeiter*innen – mehrheitlich Frauen – abzielen. Andererseits gewinnen die Gesellschafts- und Wertevorstellungen rechtskonservativer Kreise an Einfluss, was sich in antifeministischen und sexistischen Forderungen und Provokationen zeigt.
Den Inbegriff für Angriffe auf feministische Errungenschaften bilden Gesetzesvorstösse, welche das Recht auf Abtreibung limitieren oder ganz abschaffen wollen. Im Dezember 2013 veröffentlichte die konservative Regierung des Spanischen Staates ein Gesetzesentwurf, der das Recht auf Abtreibung extrem einschränken sollte. Aufgrund massiven Widerstands wurde dessen Einführung verunmöglicht. In Polen wurde im September 2016 von der Regierung sogar ein totales Abtreibungsverbot initiiert. In den folgenden Wochen wurde es von feministischen Aktivistinnen mit dem „schwarzen Protest“ erfolgreich verhindert – mit der solidarischen Unterstützung der Mehrheit der Bevölkerung.
In diesem Workshop wollen wir die Kopplung von Rechtsrutsch, rechter Krisenpolitik und den Angriffen auf die Rechte der Frauen aufzeigen. Die antifeministischen Bestrebungen werden als Ausdruck der neoliberalen Krise kontextualisiert. Exemplarisch wird eine polnische Aktivistin von der erfolgreichen, emanzipatorischen Bewegung berichten. Anschliessend wollen wir in der Diskussion gemeinsam erarbeiten, wie unser tagtäglicher Kampf gegen diese reaktionäre Entwicklung aussehen kann.
Mit Zośka Marcinek, Aktivistin und Streikführerin der Bewegung „schwarzer Protest“ aus Warschau,
und Franziska Schutzbach, Dozentin für gender studies an der Universität Basel sowie feministische Bloggerin.
Empfohlene Artikel auf sozialismus.ch:
Polen: Schwarzer Protest, von Katarzyna Bielinska[/accordion]
[accordion title=“Zimmer 23: Arbeitsmarktreformen und Rechtsrutsch in Europa“ close=“1″]Dass die Auswirkungen der Krise auf die Lohnabhängigen abgewälzt werden sollen, zeigt sich, neben den Sparmassnahmen im öffentlichen Bereich, auch in massiven Angriffen auf die Arbeitsbedingungen und Rechte der Lohnabhängigen. Dies geschieht unter anderem durch neoliberale Arbeitsrechtsreformen wie das „loi travail“ in Frankreich 2016 oder die „reforma laboral“ im Spanischen Staat 2012. So dürfen spanische Unternehmen seit 2012 bereits bei schlechten Wirtschaftsprognosen Tarifverträge aussetzen, Massenentlassungen vornehmen, Gehälter senken und die Arbeitsbedingungen verschlechtern. Eingesetzt wurde diese Reform nach dem Wahlsieg des konservativ-wirtschaftsliberalen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy mit wohlwollender Unterstützung der EU.
Direkt zu spüren bekommen dies beispielsweise die Angestellten im Tourismusbereich sowohl in der Hotellerie wie auch in der Gastronomie im Spanischen Staat. Es existieren fast nur unsichere, befristete Arbeitsverhältnisse und die Löhne stehen unter ständigem Druck. Gleichzeitig werden in vielen Betrieben der Arbeitsaufwand und die Arbeitsstunden erhöht.
Der Arbeitsmarkt Deutschlands wurde bereits 2003-2005 durch die „Agenda 2010“ reformiert und liberalisiert. Der Kündigungsschutz wurde gelockert und Sozialversicherungskosten wurden von Unternehmen zu den Angestellten verlagert. Im Zuge der „Agenda 2010“ und auch der globalen Krise ab 2008 wurden viele Arbeitsverhältnisse umstrukturiert. Fixe Anstellungen wurden ersetzt durch Leiharbeit und andere atypische Anstellungsformen wie Minijobs oder Werkvertragsarbeit. In Deutschland und Spanien ermöglichen diese Werkzeuge, wie auch die niedrigen Sozialleistungen und die hohe Arbeitslosigkeit, den Unternehmen Lohndumping zu betreiben.
Der hohe Druck auf die Lohnabhängigen führte und führt in beiden Ländern zu Widerstand. Der Widerstand der Angestellten im Tourismusbereich im Spanischen Staat konnte bereits einige Erfolge erzielen, sieht sich aber aufgrund des geringen Schutzes der Angestellten massiver Repression ausgesetzt. Widerständige, protestierende Angestellte werden einfach entlassen und so mundtot gemacht. In Deutschland ist in den letzten fünf Jahren ebenfalls eine Zunahme an Protesten und Streiks in öffentlichen und privaten Betrieben festzustellen.
Der Workshop soll diese Entwicklungen verknüpfen und den generellen Kontext der Angriffe auf die Lohnabhängigen im Rahmen der Krise und der europaweiten Rechtsentwicklung beleuchten.
Mit Alejandro Garcia, Gewerkschafter und Arbeiter bei McDonald’s in Granada,
und Lito Bareac, Mitglied von Revolta Global und der Gewerkschaft IAC aus Barcelona.
und Michael Sankari, Gewerkschafter und Aktivist der Internationalen Sozialistischen Organisation aus Deutschland.
Empfohlene Artikel auf sozialismus.ch:
Deutschland: Welche Antworten auf den Aufstieg der Rechten?, von Wladek Flakin
Deutschland: Die AfD als Partei der kleinen Leute?, von Klaus Weiherer und Martin Haller[/accordion]
[accordion title=“Zimmer 24: Sparpakete – Sozialabbau – Widerstand. Erfahrungen aus der Schweiz“ close=“1″]Seit dem Winter 2016 setzt die Regierung des Kantons Zürich ein umfassendes Kürzungspaket zur Reduktion der staatlichen Ausgaben durch. Und damit ist Zürich nicht alleine. In vielen Kantonen und auch auf Bundesebene sind wir mit Kürzungsprogrammen konfrontiert. Mit der Argumentation, man müsse ein ausgeglichenes Budget durchsetzen, wird massiv bei den öffentlichen Dienstleistungen und Betrieben gespart. Mit dem Aufstieg des Neoliberalismus sind in allen industriell entwickelten Ländern politische Kräfte aufgekommen, die die öffentlichen Ausgaben reduzieren und vormals staatliche Wirtschaftsaufgaben privatisieren wollen.
Besonders betroffen sind dabei jeweils die Bildung, der Gesundheitssektor und die staatliche Infrastruktur, beispielsweise der öffentliche Verkehr. Sektoren, die gerade für Menschen mit niedrigem Einkommen wichtig sind und die eine einigermassen stabile Grundversorgung garantieren könnten. Dass es diese Grundversorgung gibt, ist wie auch bei der Einführung von sozialen Absicherungen wie Altersvorsorge oder Arbeitslosenversicherung, das Resultat von sozialen und politischen Kämpfen. Angriffe darauf sind also immer auch Angriffe vom Bürgertum auf die lohnabhängige Mehrheit der Gesellschaft.
In Zürich bildete sich als Reaktion auf die Abbaupläne ein Bündnis, das versucht hat, möglichst viele Angestellte und Nutzer*innen der vom Abbau betroffenen Bereiche, zusammenzubringen. Gerade an den Schulen und den Universitäten konnte dadurch ein sichtbarer Protest aufgebaut werden. Doch mit der Unternehmenssteuerreform III sind die nächsten umfassenden Kürzungsprogramme schon abzusehen.
In diesem Workshop wollen wir einen Einblick in die Bewegung gegen den Sozialabbau in Zürich geben. Diese wollen wir dann mit verschiedenen Erfahrungen aus anderen Städten und Ländern vergleichen und herausarbeiten, wie man Sozialabbau entgegentreten kann und wie ein solcher Widerstand mit dem Kampf für eine solidarische, gerechtere Gesellschaft zu verknüpfen ist.
Mit Aktivist*innen der Bewegung für den Sozialismus, dem Schüler*innen-Netzwerk „Schluss mit Kürzen“ und der Studierendenorganisation „kritische Politik“.
Empfohlene Artikel auf sozialismus.ch:
Schweiz: Die Sozialabbaupolitik hat System, von BFS Zürich
Zürich: Stoppen wir die Abbaupolitik der Regierung, von BFS Zürich[/accordion]
Samstag: Workshops 2 15:00-17:00
[accordion title=“Weisser Saal: Revolution, Krieg und Imperialismus – aktuelle Entwicklungen in Syrien, Türkei und Irak“ close=“1″]Wer heute seinen Blick in die Region um Euphrat und Tigris, den beiden mächtigen Strömen Vorderasiens richtet, wird sehr schnell überfordert, vom Leid, den Gräueln, aber auch von der militärischen, sozialen und politischen Komplexität der Region, in der seit einigen Jahren auch der selbsternannte Islamische Staat IS (auch Daesh genannt) sein Unwesen treibt.
In der Region prallen Interessen aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Die Diktatur um Baschar al-Assad versucht mit äusserster Brutalität und tatkräftiger Unterstützung aus Russland die Kontrolle über ganz Syrien zurückzuerlangen. Wladimir Putin wiederum versucht durch das Eingreifen in den syrischen Bürgerkrieg seine Präsenz am Mittelmeer dauerhaft zu stabilisieren, mit dem Ziel, dass Russland wieder ein ernstzunehmender Player im imperialistischen Kampf der Grossmächte wird. Die USA sind durch viele Jahre grausamen Krieges in der Region tief in deren Geschicke verstrickt und haben während Jahren zusammen mit den Golfmonarchien und der Türkei islamistische Rebellengruppen unterstützt. Gleichzeitig bekämpfen die USA Daesch aus der Luft. Die Türkei wiederum hat eigene Pläne und träumt unter dem zunehmend diktatorisch regierenden Präsidenten Recep Tayyip Erdogan von einer Ausdehnung des eigenen Machtgebietes hin zu einem neuen Osmanischen Reich. Im Irak stehen sich de facto drei Landesteile gegenüber, wobei sich die Trennung zwischen Schiit*innen, Sunnit*innen und den Kurd*innen auch militärisch niederschlägt. Und während die Autonome Region Kurdistan im Irak wirtschaftlich und militärisch eng an die Türkei gebunden ist, führt die türkische Regierung im eigenen Land einen Krieg gegen die kurdische Minderheit. Während sich die PKK militärisch dagegen wehrt und der politische Widerstand je länger desto mehr zerschlagen wird, haben sich mit der PKK verbündete Kräfte in Syrien ihre eigene Autonomieregion Rojava erkämpft.
Ist Rojava die Antwort auf die anderen, zunehmend aussichtslosen Konstellationen? Was ist von der syrischen Revolution übrig? Was bedeutet die zunehmende Aggression der Türkei in allen drei Ländern? Diesen und weiteren Fragen wollen wir in diesem Workshop nachgehen.
Mit Gilbert Achcar, libanesischer Aktivist, Professor an der SOAS (School of Oriental and African Studies in London), Autor unter anderem von Morbid Symptoms – Relapse in the Arab Uprising (2016)
und Emre Öngün, französisch-türkischer Aktivist, Autor diverser Artikel über die Türkei, Kurdistan und Syrien, Leitungsmitglied der Organisation Ensemble.
Empfohlene Artikel auf sozialismus.ch:
Türkei/Syrien: Solidarität mit der linken Oppositionsbewegung, von BFS Basel
Syrien: USA von der türkischen Offensive überrumpelt?, von Axel Gehring
Syrien: Wo bleibt die internationale Solidarität?, von Sophia Deeg[/accordion]
[accordion title=“Zimmer 20: Von Jeremy Corbyn bis Brexit: Welche Perspektiven bieten sich der Linken in England?“ close=“1″]Seit September 2015 ist Jeremy Corbyn Chef der britischen Labour Party. Er wurde mit einer Mehrheit von 59 Prozent der Stimmen gewählt. Seit der Ära von Tony Blair stand die britische Sozialdemokratie symbolisch für Privatisierungen und Reformen, die den Interessen der Arbeiter*innenklasse widersprachen. Die Wahl von Corbyn überraschte daher sowohl die Kommentator*innen wie die Aktivist*innen, steht der neue Labour-Chef doch für die Abkehr von dieser Politik. Viele junge Menschen haben daher seit September 2015 hoffnungsvoll versucht, sich in die Labour Party einzubringen.
Im Juni 2016 stimmte die Mehrheit der Wähler*innen im Vereinigten Königreich für den Brexit. Mit fremdenfeindlichen Parolen gelang es der UKIP und weiteren konservativen Kräften, die wirtschaftlichen und sozialen Probleme auf nationalistische Forderungen zu reduzieren. Für die britische Linke wiederum war es ausserordentlich schwer, die Ablehnung der EU zu betonen und gleichzeitig einen Brexit von rechts nicht zu befürworten.
Welche Perspektiven bieten sich den Aktivist*innen, die mit den Folgen der Brexit-Abstimmung und einer sich verschärfenden Austeritätspolitik zu kämpfen haben? Wie kämpfen sie gegen den zunehmenden Post-Brexit-Rassismus? Wie kämpft das Gesundheitspersonal in Grossbritannien gegen die Verschlechterung der Bedingungen im öffentlichen Gesundheitswesen National Health Service (NHS)?
Wir wollen in diesem Workshop Möglichkeiten diskutieren, wie die Kämpfe gegen die Austerität, gegen Rassismus sowie gegen den Abbau beim NHS miteinander verbunden werden können.
Mit Omar Raii, Vorstandsmitglied der britischen National Union of Students, Aktivist bei Workers‘ Liberty und der Bewegung Momentum innerhalb der Labour Party
und Emma Runswick, Medizinstudentin und Aktivistin gegen die Privatisierung des NHS.
Empfohlene Artikel auf sozialismus.ch:
Grossbritannien: Die Linke nach dem Brexit, von Angela Klein
Grossbritannien: Der Brexit-Sieg ist ein Desaster, von Socialist Resistance[/accordion]
[accordion title=“Zimmer 23: Austeritätspolitik in Italien und Griechenland“ close=“1″]In Griechenland haben jahrelange Kämpfe sozialer Bewegungen Anfang 2015 zur Wahl der Syriza-Regierung geführt. Kurzzeitig entstand die Hoffnung, dass sich die Regierung um Alexis Tsipras dem Kürzungsdiktat von EU, EZB und IWF widersetzen würde. Doch in Anbetracht der Tatsache, dass sich die neue Regierung schon von Beginn ihrer Amtszeit über die demokratischen Mechanismen der eigenen Partei hinwegsetzte, ist es rückblickend leider nicht überraschend, dass die Parteiführung um Tsipras die Anti-Austeritätsbewegung verraten hat. Seit Juli 2015 fungiert die Syriza-Regierung als willfährige Vollstreckerin dessen, was EU, EZB und IWF ihr vorschreiben.
Die Linke Plattform innerhalb von Syriza – aufgrund deren Einfluss Syriza vor Regierungsantritt konsequent gegen die Austeritätspolitik eingetreten war – trat nach der Kapitulation der Regierung aus der Partei aus. Im September 2015 gründeten diese linken Kräfte (darunter die Internationalistische Arbeiterlinke DEA) ein neues Projekt namens Volkseinheit. In welcher Situation befinden sich die Anti-Austeritätsbewegung und die Volkseinheit aktuell?
Vieles was in Griechenland bereits geschehen ist (der Kollaps der Finanzinstitute sowie deren Rettung durch den Staat oder die Verschuldung des Staates und daraus resultierende drastische Kürzungen bei Gesundheits- und Sozialleistungen), könnte in Italien demnächst folgen. Bankenanalyst*innen sind sich einig, dass die italienischen Finanzinstitute jederzeit implodieren könnten. Eine Folge wäre eine allgemeine Verschärfung der gesellschaftlichen Krise.
Was kann die Linke den Angriffen der herrschenden Klasse auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Lohnabhängigen entgegensetzen? Wie sehen die politischen Kräfteverhältnisse in Italien aus? Und was können italienische Genoss*innen aus den Geschehnissen in Griechenland lernen? Wie ist die Situation der einzelnen Länder in einen gesamteuropäischen Kontext einzuordnen? Und inwiefern haben sich die Voraussetzungen, zum Beispiel durch den Brexit, in letzter Zeit verändert?
Mit Nikos Anastasiadis, Lehrer, Gewerkschafter und Aktivist der Internationalistischen Arbeiterlinken DEA in Griechenland
und Antonello Zecca, Aktivist der Sinistra Anticapitalista aus Italien.
Empfohlene Artikel auf sozialismus.ch:
Griechenland: Die zweite Kapitulation, von Paul Michel
Griechenland: Die Kapitulation von Syriza war vermeindlich, von Antonis Davanellos[/accordion]
[accordion title=“Zimmer 24: Demos, Streiks und Blockaden: Die Proteste gegen das „loi travail“ in Frankreich“ close=“1″]Frankreich hat 2016 eine der grössten sozialen Mobilisierungen der letzten Jahre erlebt. Es formierte sich eine Bewegung, die sich gegen die Einführung eines neuen Arbeitsgesetzes richtete. Das Gesetz hatte eine Schwächung der Gewerkschaften, eine Aufweichung des Kündigungsschutzes sowie weitere Flexibilisierungen des Arbeitsrechts zum Ziel.
Ab März 2016 begannen sich Schüler*innen und Studierende zu mobilisieren. Dem Protest schlossen sich weitere gesellschaftliche Schichten an. Zusammen besetzten sie öffentliche Plätze im ganzen Land, um über den Widerstand gegen das „loi travail“, aber auch über weitergehende gesellschaftliche Fragen zu diskutieren.
Dieser Platzbesetzungsbewegung mit dem Namen „nuit debout“ schlossen sich im Mai auch die organisierten Sektoren der Arbeiter*innenbewegung an. Insbesondere bei der Bahn, in den Häfen und in den Öl-Raffinerien wurde regelmässig gestreikt. Zufahrten zu den Industriekomplexen wurden blockiert, was das Land zeitweise an den Rand einer Benzinknappheit führte.
Seit den Attentaten in Paris im November 2015 gilt in Frankreich der Notstand. Er erlaubte es der Regierung unter dem sozialdemokratischen Präsidenten François Hollande ausserordentliche, repressive Massnahmen gegen die Bewegung anzuwenden. Die brutale Polizeirepression sorgte weit über Frankreich hinaus für Aufsehen. Es gelang der Polizei trotzdem immer wieder die Bewegung dadurch zu spalten und zu schwächen. Ein besonderer Gesetzesartikel erlaubte es der Regierung schliesslich im September 2016 das Gesetz per Dekret am Parlament vorbei durchzuboxen. Seither ist auch der Widerstand zusammengebrochen.
Im Workshop wollen wir mit Aktivist*innen der Bewegung gegen das „loi travail“ darüber diskutieren, warum die Bewegung trotz der Beteiligung hunderttausender Menschen das Gesetz nicht verhindern konnte und welche Schlüsse aus dieser Niederlage gezogen werden müssen.
Mit Robin Cantaloube, Student und Aktivist der Nouveau Parti Anticapitaliste NPA aus Toulouse
und Philippe Poutou, Automobilarbeiter, Gewerkschafter und Präsidentschaftskandidat der Nouveau Parti Anticapitaliste NPA in Frankreich.
Empfohlene Artikel auf sozialismus.ch:
Frankreich: Nuit Debout, von Bernard Schmid
Frankreich: Schüler*innen als Teil des Widerstands, von BFS Jugend Zürich[/accordion]
Samstag: Abschlussplenum, 18:00-20:00
[accordion title=“Weisser Saal: Der Rechtsentwicklung entgegentreten – überall!“ close=“1″]Seit dem Ausbruch der Weltwirtschaftskrise 2007/2008 erleben wir auf der Welt und insbesondere in Europa eine starke Verschiebung der politischen Kräfte nach rechts. In verschiedenen Ländern sind Parteien und Bewegungen gross geworden, deren Programm auf Rassismus, Fremdenhass und der Glorifizierung von sogenannt „alten Werten“ wie der Familie basiert. In Ungarn und Polen sind diese Kräfte bereits an der Macht, in Deutschland, Frankreich und Grossbritannien haben sie erschreckenden Zulauf. Die Sozialdemokratie in den jeweiligen Ländern beugt sich immer öfters diesem Druck von rechts und entwickelt selbst menschenverachtende Programme. Eine Alternative von links, sinnvolle Antworten auf die Krise des Kapitalismus und die Ausweglosigkeit eines Systems, das auf Ausbeutung und Unterdrückung basiert, findet sich nur in kleinen Ansätzen.
Es ist wenig erstaunlich, dass auch die selbsternannten „Eliten“ am WEF wieder offen und sogar im Titel des diesjährigen Annual Meeting von Leadership sprechen. In Zeiten der Krise werden wieder gesellschaftliche Modelle denkbar, die auf starke Führungen bauen, Hierarchien vertiefen und sich aufmachen, die sozialen Errungenschaften des letzten Jahrhunderts rückgängig zu machen.
In Griechenland laufen trotz einer angeblich „linken“ Regierung die Angriffe auf die lohnabhängige Bevölkerung mit voller Kraft weiter. Die Kapitulation von Syriza war und ist ein schwerer Schlag für die Bewegung gegen die sozialen, politischen und ökonomischen Angriffe.
In Frankreich wiederum haben die Angriffe ebenfalls zugenommen. Im mittlerweile per Dekret durchgedrückten neoliberalen Arbeitsrecht sind viele Elemente enthalten, die den Menschen in der Schweiz, in Deutschland oder in Griechenland bekannt vorkommen dürften.
Für Grossbritannien lassen sich ebenfalls Entwicklungen festhalten, die auf fehlende Antworten von links hindeuten. Dass der Brexit schlussendlich angenommen wurde, bleibt ein Zeichen der wachsenden populistischen Rechten, die es geschafft hat, die wirtschaftliche Krise mit einer Ablehnung des Fremden zu verknüpfen. Da nützen alle Umdeutungsversuche wenig. Natürlich sind die erwähnten Elemente nicht die einzigen. Einhergehend mit dem Aufstieg des Rechtspopulismus, mit dem Hochhalten der Familie als Kern der Gesellschaft, sind auch immer wieder Angriffe auf die erkämpften Rechte der Frauen beobachtbar.
Alle diese Phänomene sind nicht unabhängig voneinander zu betrachten. Ausserdem deuten sie alle darauf hin, dass es die antikapitalistische Linke verpasst hat, eigene Antworten auf drängende Fragen zu geben. Wir wollen zum Abschluss des Anderen Davos der Frage nachgehen, wie solche Antworten aussehen müssten, wer sie zu geben hat und wie man damit der Rechtsentwicklung entgegentreten kann.
Mit
Emma Runswick, Medizinstudentin und Aktivistin gegen die Privatisierung des NHS in England.
Philippe Poutou, Präsidentschaftskandidat der Nouveau Parti Anticapitaliste NPA in Frankreich.
Zośka Marcinek, Aktivistin und Streikführerin der Bewegung „schwarzer Protest“ aus Warschau.
Emre Öngün, französisch-türkischer Aktivist und Direktionsmitglied der Organisation Ensemble.
Michael Sankari, Gewerkschafter und Aktivist der Internationalen Sozialistischen Organisation aus Deutschland.
Ioanna Gaitani, Aktivistin der Organisation Deport Racism und der Internationalistischen Arbeiterlinken DEA aus Griechenland.
Aktivist*innen der Bewegung für den Sozialismus BFS.[/accordion]